Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Staatssekretär Jürgen Walter: Richtig! Sehr gut!)

Ich habe es Ihnen ja gestern schon gesagt: Liberale gehen der Sache gern etwas auf den Grund. Deshalb warten Sie doch erst einmal ab.

(Staatssekretär Jürgen Walter: Manchmal seid ihr auch auf Grundeis gestoßen!)

Fragt man genauer nach, wird die positive Bewertung meist damit begründet, dass Frau Bauer im Grunde all das fortfüh re, was ihre Amtsvorgänger aus der christlich-liberalen Ära begonnen haben.

(Staatssekretär Jürgen Walter: Ich habe gewusst, dass es ein vergiftetes Lob ist! – Zurufe von den Grünen: Ah!)

Dazu gibt es Folgendes anzumerken. Erstens: Die Wissen schaftsministerin hat das Vorgefundene fortgeführt. Das spricht ganz offensichtlich dafür,

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Fürchtet die Ge schenke der Danaer!)

dass ihre Amtsvorgänger nicht ganz danebenlagen.

(Abg. Johannes Stober SPD: Verfasste Studierenden schaft!)

Deshalb ist es zweitens sehr zu begrüßen, dass im Wissen schaftsbereich nicht ständig das Rad neu erfunden wird und stattdessen Kontinuität und Verlässlichkeit großgeschrieben bleiben. Ich möchte betonen, dass uns diese Kontinuität und Verlässlichkeit im Bildungsbereich auch sehr guttun würden.

Mit dem Solidarpakt wurde unter der CDU-FDP/DVP-Lan desregierung eine Arbeitsteilung zwischen Staat und Hoch

schulen erreicht, nach der der Staat für verlässliche finanziel le Rahmenbedingungen sorgt und ansonsten die Hochschulen eigenständig mit den ihnen zur Verfügung stehenden Ressour cen wirtschaften.

Aus Sicht der FDP/DVP hat sich der Solidarpakt mit den Hochschulen bewährt und sollte über das Jahr 2014 hinaus fortgeführt werden. Die spannende Frage aber ist: Lässt sich dieser Kurs der verlässlichen finanziellen Rahmenbedingun gen auch mittel- oder gar längerfristig durchhalten? Oder an ders gefragt: Werden die zur Verfügung gestellten Mittel bei spielsweise auch im Jahr 2020 noch ausreichen, damit unse re Hochschulen und Forschungseinrichtungen im internatio nalen Wettbewerb um die beste Forschung und Lehre weiter hin mithalten können?

Es gilt ja, sich nicht auf den Lorbeeren der für unsere Hoch schulen so erfolgreich verlaufenden Exzellenzwettbewerbe auszuruhen, sondern die Grundlagen für eine Fortsetzung die ses Erfolgskurses zu sichern.

Aber wenn man sich die Weichenstellungen, die die grün-ro te Landesregierung für die Finanzierung des Wissenschafts bereichs vorgenommen hat, einmal näher ansieht, kommen ei nem doch gehörige Zweifel, ob Ihr Haushalt, Frau Bauer, nicht doch auf Sand gebaut ist.

(Zuruf von den Grünen: Nein, nein!)

Man darf ja nicht vergessen, dass auf den Wissenschaftsbe reich zusätzliche Aufgaben zukommen. Insbesondere gilt es, im Interesse der künftigen Studierenden und im Interesse der Fachkräftesicherung den aktuellen Stand des Hochschulaus baus zu halten.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

An dieser Stelle zeigen sich auch schon sehr deutlich die en gen finanziellen Grenzen, die dem Wissenschaftsbereich ge setzt sind.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Schuldenbrem se!)

Das Programm zum Ausbau der Masterstudienplätze – die lo gische Folge des Ausbaus der Studienanfängerplätze in den vergangenen Jahren – ist vollständig abhängig vom Abbau der Anfängerplätze. Mit anderen Worten: Für jeden zusätzlichen Masterstudienplatz muss erst ein Bachelorstudienplatz abge baut sein.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht!)

Das ist natürlich alles andere als ein bedarfsgerechter Master studienplatzausbau und sowieso etwas ganz anderes, als was Sie im Wahlkampf versprochen haben.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Das war alles korrekt!)

Völlig unklar bleibt auch, wo der Ministerpräsident denn noch vor 2020 den Rotstift im Wissenschaftsbereich ansetzen will, wie er angekündigt hat. Vielleicht sollten Sie ihm klarmachen, dass er das besser bleiben lassen sollte.

Dass ein so auf Kante genähtes Programm keine Lösung ist – erst recht nicht angesichts der Tatsache, dass die Hochschu len in vielen Bereichen seit Jahren Überlast fahren –, ist Ih nen bewusst, Frau Ministerin. Aber statt nach wirksamen Lö sungsansätzen zu suchen, machen Sie es sich sehr einfach und rufen nach dem Bund.

(Zuruf des Staatssekretärs Jürgen Walter)

Es bietet sich aus Ihrer Sicht ja auch an, den Schwarzen Pe ter dorthin zu schieben. Denn im Bund regieren ja die Kon servativen und die Liberalen. Doch im Grunde wissen Sie ge nau, dass der Bund für die Hochschulfinanzierung gar nicht zuständig ist. Sie wissen auch, dass der Bund, obwohl er in dieser Legislaturperiode über 12 Milliarden € zusätzlich für Bildung aufwendet und vieles – wie die Exzellenzinitiative – freiwillig mitfinanziert, auch keinen Dukatenesel zur wunder samen Geldvermehrung in einem Berliner Keller versteckt hält und bei ihm genauso wie bei den Ländern 2020 die Schul denbremse greift.

Da wäre es aus Sicht der FDP/DVP-Fraktion klüger, die ba den-württembergische Landesregierung nähme eine konse quente Haltung für den Wettbewerbsföderalismus im Bil dungsbereich ein und würde sich eindeutig zu ihrer Verant wortung für die Hochschulen bekennen.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Tun wir doch!)

Dann hat man im Übrigen auch einen besseren Stand gegen über dem Bund, wenn einmal über eine neue Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern verhandelt wird. Denn nur wer für einen Bereich verantwortlich ist, kann auch mit Recht die nötige Finanzausstattung für die Erfüllung seiner Aufgaben einfordern. Wenn Sie in dieser Frage eine ähnlich klare Posi tion wie Ihr Ministerpräsident einnehmen, haben Sie uns Li berale an Ihrer Seite.

Wo Sie uns aber nicht an Ihrer Seite haben, ist Ihr ideologie geleiteter Kurs in der Frage der Studiengebühren.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Zu kritisieren ist aus Sicht der FDP/DVP vor allem, dass Sie sich bislang jeglicher Prüfung von Alternativen zu einer To talabschaffung von Studiengebühren verweigert haben.

(Zuruf des Staatssekretärs Jürgen Walter)

Dabei sind nachlaufende Studiengebühren, die erst ab einer bestimmten Einkommensgrenze zur Rückzahlung fällig wer den, durchaus eine Möglichkeit,

(Zuruf des Staatssekretärs Jürgen Walter)

Sozialverträglichkeit mit einer angemessenen finanziellen Be teiligung der Studierenden an ihrem Hochschulstudium zu verbinden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Jawohl!)

Nach außen die Monstranz der Studiengebührenfreiheit her umzutragen, aber gleichzeitig den Verwaltungskostenbeitrag

schleichend zu erhöhen, wie Sie es mit diesem Haushalt an gefangen haben, ist dagegen eher scheinheilig.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Nutzen Sie deshalb die Chance, die Ihnen die FDP/DVP mit dem vorliegenden Entschließungsantrag eröffnen möchte, und erarbeiten Sie mit Experten ein Konzept nachlaufender Stu diengebühren für Baden-Württemberg.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Dieses Thema ist durch!)

Sie wissen ganz genau, dass es auch in Ihren Reihen einige Sympathisanten für dieses Modell gibt. Wenn Sie schon eine Regierung des Gehörtwerdens sein wollen, dann hören Sie doch wenigstens auf Ihre eigenen Überzeugungen in diesem Bereich.

In der Tat ist es ja nicht so, dass eine Vollkompensation der Studiengebühren erfolgt wäre. Sie haben bei Ihrer Pro-KopfKompensation nämlich nicht 500 €, sonder nur 280 € ange setzt, vor allem weil hier die Befreiung aufgrund der Ge schwisterregelung eingerechnet wurde.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Dauer haft und zuverlässig!)

Eine Geschwisterbefreiung wäre aber bei nachlaufenden Stu diengebühren obsolet, sodass den Hochschulen mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden könnten. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen: Die rund 170 Millionen € an Kompensationsmitteln würden an anderer Stelle im Hoch schulbereich dringend gebraucht.

Es gibt noch einen weiteren Bereich, um den wir Liberalen uns Sorgen machen: die Innovation, also im weiteren Sinn das Ergebnis eines fruchtbaren Zusammenspiels von Wirtschaft und Wissenschaft. In einem freien Spiel der Kräfte zwischen Theorie und praktischer Anwendungsorientierung entstehen Ideen und Konzepte oftmals auch ungeplant als Nebenpro dukt. Das hier bestehende Potenzial ist von großer strategi scher Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft und damit unseres Wohlstands. Deshalb ist es aus Sicht der FDP gefährlich,

(Staatssekretär Jürgen Walter: Der FDP/DVP!)

wenn schleichend die Forschungsfreiheit eingeschränkt wird, indem der Staat mit positiven Begriffen wie „Nachhaltigkeit“ steuernd eingreift.