Auch die Förderung der Schulen in freier Trägerschaft, die Sie jahrelang versäumt haben und für die Sie nie einen Stufenplan erstellt haben, werden wir kontinuierlich ausbauen, damit am Ende der Legislaturperiode eine Förderquote von 80 % keine Frage mehr ist, sondern eine Grundsätzlichkeit. Dieses Ziel werden wir weiterverfolgen.
Wir sind noch lange nicht am Ende. Wir wissen, dass es noch viele Punkte gibt, die wir nicht allein umsetzen können, wie beispielsweise den Ganztagsschulausbau an allen Schulen und die Inklusion. Wir brauchen alle, die sich an den Bildungsauf gaben beteiligen können. Der Bund ist hier ebenso gefordert wie die Länder und die Kommunen. Daher fordere ich Sie auf, sich mit dem Bund zusammenzusetzen und eine Möglichkeit im Hinblick auf das Kooperationsverbot zu schaffen. Ich glau be nicht, dass wir das mit einer CDU-geführten Bundesregie rung schaffen. Daher brauchen wir im nächsten Jahr den Wechsel im Land.
In Deutschland, Herr Dr. Bullinger. – Wir brauchen den Wechsel, damit in Baden-Württemberg Bildungsgerechtigkeit
weiter Einzug halten kann. Denn mit einer CDU-geführten Bundesregierung wird es das nicht geben, meine Damen und Herren.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine Damen und Herren! Meine Herren und Damen von der Opposition, immerhin haben Sie es heute zustande ge bracht, dass sich der 14. Dezember nach meinem politischen Empfinden als einer der peinlichsten Tage in meiner mittler weile 25-jährigen politischen Karriere erweisen wird.
Es ist eine unwürdige Debatte, die jetzt übrigens, Herr Wa cker, noch ihre Fortsetzung findet, indem Sie hier noch nicht einmal irgendeine inhaltliche Aussage machen, sondern im Grunde mit den alten Worthülsen kommen. Das ist schade, weil diese Debatte uns die Aufmerksamkeit für die wichtigen Punkte nimmt,
Dieser Kultusetat ist nämlich sowohl bildungs- als auch fi nanzpolitisch richtungweisend. Er ist nichts anderes als der Ausdruck eines Bildungsetatsanierungsprogramms. Er macht nämlich Schluss mit den von Ihnen hinterlassenen versteck ten Lasten. Er macht Schluss mit unfinanzierten Maßnahmen, mit ungedeckten schwarz-gelben Schecks auf die Zukunft – Schecks, die jetzt fällig werden. Wir werden in 17 Tagen da von reden müssen, dass die von Ihnen eingeführte Klassen teilersenkung – die uns 230 Millionen € kostet – nicht mehr finanziert ist. In 48 Tagen ist die Frage der Pädagogischen As sistenten fällig; das sind zusammen mit der ersten Tranche 60 Millionen € – von Ihnen eingeführt, aber nicht finanziert. In den nächsten sieben Jahren sind es, wenn man es genau be trachtet, 8 685 von Ihnen gestrichene Lehrerstellen – nicht ku muliert ein Gegenwert von 625 Millionen €.
Es stimmt: Wir sagen Ihnen das immer wieder. Weil Sie es nicht kapieren, setze ich mittlerweile auf Teletubby-Pädago gik in diesem Haus. Man muss es Ihnen immer wieder sagen, damit es bei Ihnen irgendwann ankommt.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Gott, sind Sie arrogant!)
Das hat nichts mit Arroganz zu tun. Das hat etwas mit Ent setzen zu tun. Ihre Fraktionsvorsitzenden stellen sich hier hin und ziehen über Griechenland her, dass die Griechen in unse rem Bundesland zu Recht entsetzt sind, und gleichzeitig neh men Sie nicht zur Kenntnis, dass sich Ihre Abschlussbilanz al lein im Kultusetat auf summa summarum minus 988 Millio nen € beläuft. Das ist Ihr Bildungsbankrott. Das ist nichts an deres als die Abschlussbilanz einer schwarz-gelben KultusBad-Bank.
Wir sind aber mehr als nur Ihre Insolvenzverwalter. Das ist doch das, was Sie ärgert: Die Landesregierung hat trotz schwieriger Rahmenbedingungen in dieser kurzen Zeit große Erfolge erzielen können. Wir haben schon davon gesprochen: 364 Millionen € für den Ausbau von Kinderkrippen und Ta gespflege, 32 Millionen € für Sprachförderung, und 25 Milli onen € haben wir für die Schulsozialarbeit extra bereitgestellt.
Ja, lesen Sie es nach! Aber Sie tun es ja nicht. – Was Sie am meisten ärgert, ist doch, dass wir durch die Gemeinschafts schule eine pädagogische Innovationskraft freigesetzt haben.
Herr Kern, dass wir den Elternwillen gestärkt haben, indem wir die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft ha ben, ist ein Beitrag zu mehr Freiheit und Wahlrecht der Eltern und Kinder. Das vergessen die Liberalen sehr schnell.
Wir haben die Aufgabe, unser Bildungssystem zukunftssicher und gerechter zu machen. Es ist kein Ruhmesblatt, dass Ba den-Württemberg immer noch das Land ist, das laut einer Stu die von Bertelsmann Spitzenreiter bei den Ausgaben für Nach hilfe ist. 131 € monatlich pro Haushalt sind kein Pappenstiel, meine Damen und Herren. Es hat sich am Dienstag dieser Wo che durch die aktuellen Ergebnisse bei TIMSS und IGLU nochmals bestätigt: Wir können es uns nicht erlauben, dass Talente der – immer weniger werdenden – Kinder in unserem Land aufgrund eines schmalen Geldbeutels verloren gehen. Hier müssen wir gegensteuern. Denn Sie haben in all den Jahr zehnten versagt, was das Bildungssystem angeht.
Sie haben doch an dieser Stelle noch nicht einmal zur Kennt nis genommen, dass selbst die Wirtschaft – Handwerkskam mern, Südwestmetall – uns bei der Gemeinschaftsschule un terstützt, Herr Kollege Wacker. Denn die Kultusministerin hat völlig recht, und zwar nicht nur mit Blick auf den Fachkräf temangel, wenn sie sagt – Frau Präsidentin, ich darf mit Ihrer Erlaubnis zitieren –:
Kein Kind darf zurückbleiben. Jedes Mädchen, jeder Jun ge muss durch frühe, konsequente und intensive Förde rung die Chance bekommen,
den jeweils bestmöglichen Bildungsabschluss zu schaf fen, um optimal auf das Leben vorbereitet zu sein.
Wunderbar. Ich freue mich, dass ich wenigstens einmal in meinem Leben von Ihnen Zustimmung bekomme. – Wenn Sie
aber jetzt vor diesem Hintergrund einmal den Etatentwurf und das Beiheft dazu richtig lesen, Herr Röhm, dann werden Sie feststellen, dass wir diese Strategie konsequent umsetzen.
Im Wesentlichen geht es diesmal um drei G’s. Es geht um Grundschule, es geht um Ganztagsschule, und es geht um Ge meinschaftsschule.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Es geht nicht um das Gymnasium? – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Und um das Gymnasium!)
Wir wollen die Grundschule stärken, weil wir gezielt auf frü he Förderung setzen. Das ist übrigens die konsequente Fort setzung unseres Investierens in Sachen Orientierungsplan und frühkindliche Bildung. Wir sind der Überzeugung, dass jeder Euro, jede Stelle, die wir in den Vorschul- und in den Primär bereich investieren, später auch den weiterführenden Schulen zugutekommt.
Wir werden deshalb auch die Ganztagsbetreuung ausbauen. Wir streben 2013 einen Pakt mit den Kommunen an, um den Bedarf bis 2020 zu decken. Aufgrund der finanziellen Rest riktionen fokussieren wir uns zunächst auf die Grundschulen. Das ist aber auch richtig; denn wir denken damit die Ganz tagsbetreuung konsequent weiter, von der Krippe über den Kindergarten bis in den Primärbereich hinein. Andernfalls nämlich würden wir in dieselbe Betreuungsfalle hineintappen, in die wir in Deutschland durch die Einführung des Eltern gelds ohne einen parallelen Ausbau der Krippeninfrastruktur im Grunde bereits hineingeraten sind.
Diese Ausweitung des Ganztagsschulangebots ist übrigens tausendmal sinnvoller, es ist ein viel besseres Angebot als Ihr Betreuungsgeld aus Neandertalerzeiten, Herr Röhm. Das muss ich Ihnen sagen. Wir haben deshalb im Haushalt auch die Mit tel für Baumaßnahmen für Ganztagsschulen um insgesamt 14 Millionen € erhöht.
Schließlich zum Ausbau der Gemeinschaftsschule: Ja, meine Damen und Herren, wir sind stolz auf die Erfolge, die diese neue Schulform bereits in dieser kurzen Zeit erzielen konnte. Einzügige Schulen haben nach ihrer Umwandlung in Gemein schaftsschulen zwei- bis dreizügig starten können. Viele El tern in unserem Land können sich vorstellen, ihre Kinder auf diese Schulart zu schicken. Ich habe als Beleg bereits die Mannheimer Studie vom November angeführt. Dieser Studie zufolge sagen allein 67 % aller Eltern von Kindern mit Real schulempfehlung und übrigens auch 42 % aller Eltern von Kindern mit einer Gymnasialempfehlung: Jawohl, ich kann mir vorstellen, mein Kind auf eine Gemeinschaftsschule zu schicken. Das ist bemerkenswert für eine Stadt, die diese Schulart im Grunde noch gar nicht anbieten kann.
Dies stellt für eine Großstadt aufgrund der innovativen Päda gogik mit Fokus auf das individuelle Lernen ein attraktives Bildungsangebot dar. Kollegin Boser hat aber völlig recht, wenn sie sagt: Für den ländlichen Raum ist das noch wesent lich bedeutender.
Denn diese Schulform ist die Chance dafür, dass auch in Zei ten zurückgehender Schülerzahlen die Möglichkeit zum Er reichen aller Abschlüsse in erreichbarer Entfernung aufrecht erhalten werden kann.
Aber klar ist an dieser Stelle übrigens auch, dass diese Schul art in einem Wettbewerb steht. Sie steht in einem Wettbewerb in Sachen Qualität, und sie steht natürlich in einem Wettbe werb bezüglich der Perspektiven. Für die SPD hat bei der Ge nehmigung neuer Gemeinschaftsschulen die Frage nach der Qualität des pädagogischen Konzepts absoluten Vorrang. Der Wunsch nach Standortsicherung ist völlig legitim, aber dies darf nicht auf Kosten der Qualität gehen.
Hierfür brauchen wir dann eben auch die regionale Schulent wicklungsplanung. Pädagogische Qualität wie finanzielle Re striktionen verlangen in Zeiten deutlich zurückgehender Schü lerzahlen verlässliche Rahmenbedingungen. Schulträger brau chen Investitionssicherheit. Klar ist: Wir werden nicht jede Schule erhalten können. Aber wir können – gerade mit der Gemeinschaftsschule – so viele Standorte aufrechterhalten, wie es pädagogisch sinnvoll und natürlich finanziell auch möglich ist.
Im Zentrum unseres Bestrebens steht in der Tat der Aufbau eines Zweisäulenmodells. Wir investieren in alle Schularten, indem wir den Bildungsplan überarbeiten.