Ich will jetzt nicht beim Beispiel mit dem Kleinkind bleiben, sondern darauf hinweisen, dass solche Reaktionen nach Er kenntnissen der Forschung im Bereich der Erwachsenen et was mit dem Thema Inthronisierung zu tun haben. Fällt Ihnen da etwas auf?
Im Prinzip ist klar, diese Haltung ist plausibel und auch er klärbar. Aber Sie sollten nun, fast zwei Jahre nach Verlust der Regierungsverantwortung, diese Position verlassen, sich wie der konstruktiv einbringen und dialogorientiert und zielorien tiert mit uns arbeiten.
Die Hoffnung habe ich nicht aufgegeben, weil ich weiß, dass Trotz eine Entwicklungskonstante ist. Deswegen habe ich noch Hoffnung, dass wir diesen Weg in absehbarer Zeit wie der einmal gemeinsam beschreiten können.
Herr Präsident, meine Kollegin nen und Kollegen! Herr Minister, wenn einem die Argumen te ausgehen, dann wird man pampig, dann wird man persön lich und versucht, die anderen zu diskreditieren.
(Beifall bei der CDU – Abg. Muhterem Aras GRÜ NE: Futterneid der CDU! – Zuruf des Ministers Rein hold Gall)
Wissen Sie, was Ihr Problem ist? Es ist nicht nur Ihr Problem, sondern das Problem zieht sich durch das ganze Regierungs handeln. Ihr Problem ist: Sie haben einfach noch nicht begrif
fen, dass Sie Ihr Regierungshandeln hier auch begründen, ver teidigen und sich der Diskussion stellen müssen. Sie empfin den es als Majestätsbeleidigung, wenn wir uns sachlich mit Ihren Argumenten und mit Ihren Plänen auseinandersetzen. Davon müssen Sie und Ihre Kollegen allmählich wegkom men.
Jetzt sage ich Ihnen aber auch eines: Wenn Sie das hier mit uns machen, ist das meinetwegen noch eine politische Ausei nandersetzung. Wir sind Profis genug und können damit um gehen.
Aber das Schlimme ist: Sie loben sich für Ihre Politik des Ge hörtwerdens; Herr Sckerl sprach vorhin von einem Beteili gungsverfahren, das einmalig sei.
Bei uns hingegen laufen reihenweise die Leute auf und sagen, sie würden, wenn sie sich kritisch zur Polizeireform äußerten, wenn sie sich trauten, ein kritisches Wort zu sagen, auf Wei sung des Ministeriums vorgeladen.
(Minister Reinhold Gall: Ich habe Sie schon x-mal aufgefordert, einmal Ross und Reiter zu nennen, weil es nicht stimmt! Es stimmt einfach nicht, was Sie da erzählen! Das ist Unfug! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ross und Reiter! Nennen Sie die Fälle! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Glück FDP/DVP – Minister Reinhold Gall: Das ist Unfug, was Sie erzählen! – Abg. Karl Zimmer mann CDU: Deeskalation!)
Herr Minister, ich sage es jetzt einmal in aller Deutlichkeit: Ich könnte Ihnen hier aus dem Gedächtnis Ross und Reiter nennen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)
Ich werde mich bei den Leuten noch einmal erkundigen, ob sie damit einverstanden sind, dass ich Ihnen die Fälle persön lich nenne. Aber hier mache ich es nicht.
Zu Ihren Ausbildungsstandorten: Ich habe mich ganz bewusst nicht auf Bayern bezogen, Herr Minister. Das haben Sie ge macht.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Aber Bayern ist der Anlass für Ihren Antrag! – Zuruf der Abg. Muh terem Aras GRÜNE)
Aber interessant ist: Die Bayern haben gemerkt, dass ihre Re form einen Schwachpunkt hat. Sie hatten dort den Obersatz „sortenrein“ und haben gemerkt: Das funktioniert nicht. Da raufhin haben sie eine Korrektur vorgenommen. Jetzt lese ich plötzlich „sortenrein“ bei Ihnen – bei der neuen Ausbildungs kapazität, Trennung von Ausbildung und Einsatz.
Ich will Ihnen eines sagen. Sie selbst haben diese 30-km-Zo ne als „heimatnah“ definiert. Das ist okay, auch wenn man da rüber reden könnte. Wenn Sie aus der Entfernung 40 km ma chen, bekommen Sie ganz andere Werte. Das ist also eine ge griffene Zahl von Ihnen. Aber okay, ich ziehe sie einmal her an.
Nach Ihrer Definition würden zwei Drittel aller Polizeischü ler in Bruchsal „heimatnah“ ausgebildet. Warum? Dort liegt der Ballungsraum Karlsruhe, liegt der Ballungsraum RheinNeckar, liegt Mannheim. Das ist das ganze Gebiet, in dem wir einen polizeilichen Schwerpunkt haben und in dem wir jun ge Polizisten brauchen, die dort, weil sie dort zu Hause sind, auch gern ihr Berufsleben verbringen möchten. Da müssen wir ein Angebot schaffen. Was machen Sie? Sie streichen die ses Angebot. Das Gleiche gilt in anderen Bereichen auch. So geht das einfach nicht.
Herr Präsident, gestatten Sie mir ein Letztes. Herr Minister, Sie und auch andere Redner sprachen vorhin von den acht Ausbildungsstandorten. Darüber kann man in der Tat reden.
Da ist die Hochschule mit dabei, da ist die Akademie der Po lizei mit ihrer Außenstelle dabei. Wir sprechen heute über fünf Ausbildungsstellen für die Grundausbildung. Aber wenn Sie schon die acht Ausbildungsstandorte ansprechen, sage ich Ih nen einmal eines: Wir tragen keine fachliche Scheuklappe – das unterscheidet Ihre Politik ganz grundlegend von unserer
Politik –, sondern wir sehen nach dem Rat der Fachleute das Gesamte des Landes. Deswegen haben wir z. B. – übrigens in Großer Koalition mit Ihnen, als Herr Birzele Innenminister war –
Anfang der Neunzigerjahre eine Außenstelle der Akademie der Polizei in Wertheim gegründet. Es wäre fachlich nicht zwingend notwendig gewesen, sie dort anzusiedeln. Warum haben wir das gemacht? Weil das eine Konversionsmaßnah me war und weil wir damit auch Strukturpolitik für dieses Land betrieben haben.