Protokoll der Sitzung vom 07.03.2013

Der Ministerpräsident hat am heutigen Tag gesagt, er teile die se Einsicht.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Kollege Epple liest Zeitung! – Vereinzelt Heiterkeit – Gegenruf von der CDU: Ist das verboten?)

Lippenbekenntnisse, die in diese Richtung gehen, gibt es seit der Volksabstimmung. Es stellt sich nur die Frage, Herr Mi nisterpräsident: Wie glaubwürdig sind diese Bekundungen? Da muss man – das sage ich in aller Deutlichkeit – nach wie vor Zweifel haben.

(Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE: Die Mehrkos ten!)

Nein. – Zum einen haben Sie in einem Buchinterview er klärt, Sie würden sich heimlich freuen, wenn dieses Projekt doch noch scheitert. Das war lange nach der Volksabstim mung.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig!)

Zum Zweiten wurden die ganzen Briefe aufgezählt, die Sie in diesem Jahr schon in dieser Sache geschrieben haben, ein schließlich des Kirchner-Schreibens.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Alles gute Brie fe! Alles sehr gute Briefe!)

Herr Kollege Hauk hat völlig recht. Die einzig vernünftige Antwort wäre die gewesen, die Herr Kollege Hauk zitiert hat – im Übrigen auch der Kollege Schmiedel –, nämlich dass es dann notwendig ist, zu klagen.

Was am eindeutigsten gegen die Annahme spricht, dass es Ih nen ernst ist mit diesen Bekundungen, ist, dass Sie Ihren Ver kehrsminister nach wie vor frei in seiner Guerillataktik gegen dieses Projekt laufen lassen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Oje! – Zuruf des Ministers Winfried Hermann)

Herr Ministerpräsident, Sie sind der Regierungschef. Sie müs sen das irgendwann unterbinden oder diesen Verkehrsminis ter aus Ihrem Kabinett schmeißen. Diese beiden Möglichkei ten haben Sie realistischerweise.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Mannomann!)

Wir bilden uns ja gar nicht ein, dass er irgendwann einmal ver steht, dass er eine Projektförderungspflicht hat. Wir gehen da von aus, dass er noch am Tag der Einweihung versucht, Stutt gart 21 zu verhindern.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP/ DVP und der CDU – Zurufe von den Grünen)

Aber Sie, Herr Ministerpräsident, haben die Pflicht und Schul digkeit, dies im Interesse des Landes zu verhindern.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Was den Kirchner-Brief anlangt, Herr Ministerpräsident: Sie haben ja sehr elegant erklärt, es seien die Vorwürfe der Kol legin Razavi. Herr Ministerpräsident, es waren nicht die Vor würfe der Kollegin Razavi, sondern es waren die Vorwürfe des Kollegen Schmiedel, gegen die Sie sich hier verwahrt ha ben.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Tho mas Marwein GRÜNE: Die Rede wird nicht besser!)

Schon vergessen? Ihr eigener Koalitionspartner hat Ihnen ei nen beispiellosen Affront vorgeworfen.

(Zurufe von den Grünen: Was? – Zuruf des Staatsse kretärs Jürgen Walter)

Ihr eigener Koalitionspartner hat angekündigt, zusammen mit den beiden Oppositionsfraktionen gegen Sie und Ihre Frakti

on eine Klage durchsetzen zu wollen. In welchem Zustand be findet sich denn Ihre Koalition, Herr Ministerpräsident? Da geht es doch zu wie bei Hempels unterm Sofa.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Dazu kein Wort von Ihnen. Auch der Kollege Schmiedel hat dieses Thema sehr elegant umschifft

(Zuruf von der CDU: Wie immer!)

und so den Eindruck erweckt, es sei alles in Ordnung. Mitt lerweile haben wir den Eindruck, Herr Kollege Schmiedel: Sie sind immer nur gegenüber der dpa stark, aber im Parla ment rutscht Ihnen dann das Herz in die Hose; da sind Sie dann wieder der treue Gefolgsmann des Regierungschefs. Aber diesen Konflikt haben Sie, und den müssen Sie in irgend einer Art und Weise einmal lösen, meine Damen und Herren. Dieses Land verdient eine einheitliche und klare Positionie rung seiner Regierung.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Worin Sie recht haben, Herr Ministerpräsident, ist Ihre Kritik am Bundesverkehrsminister. Auch ich halte dessen Äußerung vom heutigen Tag für inakzeptabel.

(Beifall bei der FDP/DVP und den Grünen sowie Ab geordneten der CDU und der SPD – Abg. Nicole Ra zavi CDU: Wir auch!)

Man kann nicht unabhängig von der Sprechklausel nun plötz lich erklären: „Baden-Württemberg muss sich beteiligen, und wenn sich Baden-Württemberg nicht beteiligt, dann steigen die Fahrpreise.“ Meine Damen und Herren, das ist dem Pro jekt nicht dienlich, und an dieser Stelle widerspreche ich dem Bundesverkehrsminister in aller Deutlichkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Aber, Frau Kollegin Sitzmann, so einfach wie Sie kann man es sich auch nicht machen. Sie haben erklärt: Der Kostende ckel gilt; mehr Geld gibt es nicht.

(Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Genau! – Weitere Zurufe von den Grünen)

Meine Damen und Herren, wir müssen uns schon über ein paar Dinge unterhalten. Wir müssen uns beispielsweise über die Ergebnisse und die Folgen der Schlichtung unterhalten. An der Schlichtung war nicht allein die Bahn beteiligt; dort saßen alle beieinander, einschließlich der Stuttgart-21-Geg ner.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Auch der damalige FDP-Wirtschaftsminister!)

Deshalb kann man nun nicht erklären: „Alles, was bei der Schlichtung diskutiert wurde, und alles, was sich aus der Schlichtung heraus entwickelt, ist einzig und allein das Pro blem der Bahn.“ Da ist die Verantwortung schon größer.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das sind aber keine 2 Milliarden €!)

Dasselbe gilt für den Filderbahnhof. Sie können nicht einer seits als große, demokratische Bürgerregierung, die Sie mit Ihrer angeblichen Politik des Gehörtwerdens immer sein wol len,

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Wir sind es!)

Filderdialoge inszenieren und der Bevölkerung vorgaukeln, sie habe ein Mitspracherecht, und dann, wenn es ein Ergeb nis dieses Filderdialogs gibt, erklären, alles, was daraus nun folgt, sei Problem der Bahn. Verträge zulasten Dritter abzu schließen ist kein Gebaren ehrbarer Kaufleute, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Im Übrigen muss man bei dieser Entwicklung auch über die Rolle der Landesregierung und insbesondere über die Rolle des Verkehrsministers reden.

(Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Der hat sich kor rekt verhalten!)

Sie können nicht einerseits ständig mit aller Kraft und mit al len Möglichkeiten, die Ihnen zur Verfügung stehen, ein sol ches Projekt, für das Sie eigentlich eine Projektförderungs pflicht haben, torpedieren und sabotieren und andererseits die Kosten, die daraus entstehen, bei der Bahn abwälzen und gleichzeitig noch erklären: „Wir haben ja immer gesagt, es wird teurer.“ Das ist eine heuchlerische Politik. So geht es nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Sie müssen endlich mit der Strategie aufhören, zwischen ei nem „guten Winfried“ und einem „bösen Winfried“ zu unter scheiden.

(Heiterkeit der Abg. Nicole Razavi CDU)

Das taugt vielleicht bei der Vernehmung eines kleinen Gano ven in einem „Tatort“-Krimi. Aber ein Land kann man auf die se Art und Weise nicht regieren. Stimmen Sie sich endlich un tereinander ab; nehmen Sie Ihren Verkehrsminister an die Kandare, Herr Ministerpräsident!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Lachen des Abg. Peter Hofelich SPD)

Die Volksabstimmung gilt auch für Kabinettsmitglieder, mei ne Damen und Herren. Das ist völlig klar.