(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Kollege Epple liest Zeitung! – Vereinzelt Heiterkeit – Gegenruf von der CDU: Ist das verboten?)
Lippenbekenntnisse, die in diese Richtung gehen, gibt es seit der Volksabstimmung. Es stellt sich nur die Frage, Herr Mi nisterpräsident: Wie glaubwürdig sind diese Bekundungen? Da muss man – das sage ich in aller Deutlichkeit – nach wie vor Zweifel haben.
Nein. – Zum einen haben Sie in einem Buchinterview er klärt, Sie würden sich heimlich freuen, wenn dieses Projekt doch noch scheitert. Das war lange nach der Volksabstim mung.
Zum Zweiten wurden die ganzen Briefe aufgezählt, die Sie in diesem Jahr schon in dieser Sache geschrieben haben, ein schließlich des Kirchner-Schreibens.
Herr Kollege Hauk hat völlig recht. Die einzig vernünftige Antwort wäre die gewesen, die Herr Kollege Hauk zitiert hat – im Übrigen auch der Kollege Schmiedel –, nämlich dass es dann notwendig ist, zu klagen.
Was am eindeutigsten gegen die Annahme spricht, dass es Ih nen ernst ist mit diesen Bekundungen, ist, dass Sie Ihren Ver kehrsminister nach wie vor frei in seiner Guerillataktik gegen dieses Projekt laufen lassen.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Oje! – Zuruf des Ministers Winfried Hermann)
Herr Ministerpräsident, Sie sind der Regierungschef. Sie müs sen das irgendwann unterbinden oder diesen Verkehrsminis ter aus Ihrem Kabinett schmeißen. Diese beiden Möglichkei ten haben Sie realistischerweise.
Wir bilden uns ja gar nicht ein, dass er irgendwann einmal ver steht, dass er eine Projektförderungspflicht hat. Wir gehen da von aus, dass er noch am Tag der Einweihung versucht, Stutt gart 21 zu verhindern.
Aber Sie, Herr Ministerpräsident, haben die Pflicht und Schul digkeit, dies im Interesse des Landes zu verhindern.
Was den Kirchner-Brief anlangt, Herr Ministerpräsident: Sie haben ja sehr elegant erklärt, es seien die Vorwürfe der Kol legin Razavi. Herr Ministerpräsident, es waren nicht die Vor würfe der Kollegin Razavi, sondern es waren die Vorwürfe des Kollegen Schmiedel, gegen die Sie sich hier verwahrt ha ben.
Ihr eigener Koalitionspartner hat angekündigt, zusammen mit den beiden Oppositionsfraktionen gegen Sie und Ihre Frakti
on eine Klage durchsetzen zu wollen. In welchem Zustand be findet sich denn Ihre Koalition, Herr Ministerpräsident? Da geht es doch zu wie bei Hempels unterm Sofa.
und so den Eindruck erweckt, es sei alles in Ordnung. Mitt lerweile haben wir den Eindruck, Herr Kollege Schmiedel: Sie sind immer nur gegenüber der dpa stark, aber im Parla ment rutscht Ihnen dann das Herz in die Hose; da sind Sie dann wieder der treue Gefolgsmann des Regierungschefs. Aber diesen Konflikt haben Sie, und den müssen Sie in irgend einer Art und Weise einmal lösen, meine Damen und Herren. Dieses Land verdient eine einheitliche und klare Positionie rung seiner Regierung.
Worin Sie recht haben, Herr Ministerpräsident, ist Ihre Kritik am Bundesverkehrsminister. Auch ich halte dessen Äußerung vom heutigen Tag für inakzeptabel.
(Beifall bei der FDP/DVP und den Grünen sowie Ab geordneten der CDU und der SPD – Abg. Nicole Ra zavi CDU: Wir auch!)
Man kann nicht unabhängig von der Sprechklausel nun plötz lich erklären: „Baden-Württemberg muss sich beteiligen, und wenn sich Baden-Württemberg nicht beteiligt, dann steigen die Fahrpreise.“ Meine Damen und Herren, das ist dem Pro jekt nicht dienlich, und an dieser Stelle widerspreche ich dem Bundesverkehrsminister in aller Deutlichkeit.
Aber, Frau Kollegin Sitzmann, so einfach wie Sie kann man es sich auch nicht machen. Sie haben erklärt: Der Kostende ckel gilt; mehr Geld gibt es nicht.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns schon über ein paar Dinge unterhalten. Wir müssen uns beispielsweise über die Ergebnisse und die Folgen der Schlichtung unterhalten. An der Schlichtung war nicht allein die Bahn beteiligt; dort saßen alle beieinander, einschließlich der Stuttgart-21-Geg ner.
Deshalb kann man nun nicht erklären: „Alles, was bei der Schlichtung diskutiert wurde, und alles, was sich aus der Schlichtung heraus entwickelt, ist einzig und allein das Pro blem der Bahn.“ Da ist die Verantwortung schon größer.
Dasselbe gilt für den Filderbahnhof. Sie können nicht einer seits als große, demokratische Bürgerregierung, die Sie mit Ihrer angeblichen Politik des Gehörtwerdens immer sein wol len,
Filderdialoge inszenieren und der Bevölkerung vorgaukeln, sie habe ein Mitspracherecht, und dann, wenn es ein Ergeb nis dieses Filderdialogs gibt, erklären, alles, was daraus nun folgt, sei Problem der Bahn. Verträge zulasten Dritter abzu schließen ist kein Gebaren ehrbarer Kaufleute, meine Damen und Herren.
Im Übrigen muss man bei dieser Entwicklung auch über die Rolle der Landesregierung und insbesondere über die Rolle des Verkehrsministers reden.
Sie können nicht einerseits ständig mit aller Kraft und mit al len Möglichkeiten, die Ihnen zur Verfügung stehen, ein sol ches Projekt, für das Sie eigentlich eine Projektförderungs pflicht haben, torpedieren und sabotieren und andererseits die Kosten, die daraus entstehen, bei der Bahn abwälzen und gleichzeitig noch erklären: „Wir haben ja immer gesagt, es wird teurer.“ Das ist eine heuchlerische Politik. So geht es nicht, meine Damen und Herren.
Sie müssen endlich mit der Strategie aufhören, zwischen ei nem „guten Winfried“ und einem „bösen Winfried“ zu unter scheiden.
Das taugt vielleicht bei der Vernehmung eines kleinen Gano ven in einem „Tatort“-Krimi. Aber ein Land kann man auf die se Art und Weise nicht regieren. Stimmen Sie sich endlich un tereinander ab; nehmen Sie Ihren Verkehrsminister an die Kandare, Herr Ministerpräsident!
Die Volksabstimmung gilt auch für Kabinettsmitglieder, mei ne Damen und Herren. Das ist völlig klar.