Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

Die Diskussion heute dreht sich um die Frage – – Die FDP/ DVP bestreitet, dass es sich beim Nationalpark um ein prio ritäres Projekt handelt. Da muss ich Ihnen sagen, dass Ihre Haltung aus unserer Sicht nicht zutrifft.

Wir reden hier über einen entscheidenden Bestandteil in einer verantwortlichen Naturschutzstrategie, über den Prozess schutz, der erhebliche Auswirkungen auf den Artenschutz hat. Das attestieren uns namhafte Experten wie vor Kurzem Pro fessor Klaus Töpfer – der zweite Bundesumweltminister in der Geschichte der Republik; er ist bekanntlich von der CDU – und viele andere. Die Aufforderung an uns, auch diesen As pekt im Artenschutz mit abzudecken, ist keine Erfindung die ser Landesregierung.

(Abg. Winfried Mack CDU: Hat auch niemand be hauptet!)

Das stammt aus einem Auftrag der Vereinten Nationen, der Europäischen Union, der Biodiversitätsstrategie, der Bundes kanzlerin und anderen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Aber Sie sind gescheitert! Das ist ein Unterschied!)

Insofern geht es hier nicht um „nice to have“, sondern um ei ne zentrale Frage der Landespolitik.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Mar kus Rösler GRÜNE: Bravo!)

Das ist eine ganz zentrale Verantwortung, die wir bei der Fra ge Artenschutz haben. Es ist egal, ob man das „Bewahrung der Schöpfung“ oder „Erhalt der Biodiversität“ nennt. Es geht um eine Verantwortung, die wir haben, hier die richtigen Schritte einzuleiten. Da werden wir weltweit beobachtet.

Professor Töpfer hat in seiner beindruckenden Rede im Lin den-Museum einen direkten Zusammenhang zwischen unse rem Handeln hier und dem Handeln in den Entwicklungslän dern hergestellt und hat den Bogen von der Serengeti bis zum Amazonas gezogen,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber keine Löwen!)

um zu verdeutlichen, welche Dimension von Verantwortung wir hier haben. Das ist der Hintergrund, vor dem wir diese Diskussion führen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Da hätten Sie aber gründ licher arbeiten müssen!)

Jetzt geht es um die Frage, die Sie hier stellen: Gibt es bei ei ner solchen Frage ein regionales oder ein örtliches Vetorecht? Das ist das Thema, das Sie uns jetzt hier ins Buch schreiben.

(Abg. Peter Hauk CDU: Nein! Die Frage stellt sich uns so nicht! Das sagen wir nicht! Das sagen Sie doch!)

Die Frage, wer zum Schluss entscheiden muss, ist klar gere gelt.

(Abg. Peter Hauk CDU: Entschuldigung, das hat nie mand bestritten! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sie lenken ab! – Abg. Peter Hauk CDU: Reine Ab lenkungsmanöver!)

Da macht auch die Politik des Gehörtwerdens keine Ausnah me: Eine solche Entscheidung ist von nationaler Bedeutung. Sie wird dem Land zugeordnet und muss vom Land entschie den werden.

(Abg. Peter Hauk CDU: Sie hören nicht zu! Das ist das Problem!)

Ich will an einem Beispiel verdeutlichen, was eigentlich pas siert, was auf eine schiefe Ebene kommt, wenn wir uns auf ein Konzept von Beteiligung einigen, das Beteiligen, Mitneh men und Diskutieren verwechselt mit Entscheiden und dem Einräumen von Vetorechten.

Es gibt ein zweites Thema – hier schaue ich den Landtagsab geordneten Beck an –, über das im Kreis Freudenstadt in den letzten Wochen und Monaten genauso heiß diskutiert wurde wie über das Thema Nationalpark. Der Landkreis Freuden stadt betreibt zwei Krankenhäuser, die defizitär sind, und hat jetzt mit einer Mehrheit des Kreistags und mit dem Landrat – jeweils unter erheblicher Beteiligung von CDU-Akteuren – eine ganz schwierige Entscheidung getroffen, nämlich eines der beiden Häuser in Horb zu schließen, um den Kranken hausstandort Kreis Freudenstadt zu retten.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Der Land rat darf nicht mitstimmen!)

In Horb ist man empört. Die Bevölkerung in Horb hat auf grund dieser Schließung massive Ängste. Ich frage Sie: Was macht der Kreistagsabgeordnete Beck, was macht eine ver antwortliche Kreispolitik, wenn jetzt in Horb zu einer Frage, für die die Gemeinde nicht zuständig ist, ein Meinungsbild er stellt wird und die Bürgerinnen und Bürger dort ebenso wie beim Nationalpark mit großer Mehrheit sagen würden: „Das wollen wir nicht“?

(Zuruf des Abg. Norbert Beck CDU)

Würde der Kreistag in Freudenstadt seiner Verantwortung ge recht, wenn er an dieser Stelle sagte: „Ja, dann eben nicht“?

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Fragen haben Sie landauf, landab,

(Abg. Peter Hauk CDU: Nein! Diese Frage stellt sich uns nicht! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist ein Ablenkungsmanöver!)

wenn Sie so, wie Sie es hier einfordern, Abstimmungsprozes se auf Ebenen verlagern, die unterhalb der zuständigen Ebe ne liegen.

Herr Hauk, Sie haben jetzt gesagt, Sie hätten diesen National park immer positiv begleitet.

(Abg. Peter Hauk CDU: Wir haben gesagt, wir ste hen dem positiv gegenüber!)

Lassen Sie mich einmal zitieren. Im Januar haben Sie auf ei ner großen CDU-Veranstaltung in Baiersbronn, die Sie hier selbst angeführt und als konstruktives Ermuntern der Region dargestellt haben – –

(Lachen des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Darüber berichtete die „Südwest Presse“ am 25. Januar:

„Wir wollen nicht neutral sein“, bekannte Peter Hauk.

(Abg. Peter Hauk CDU: Nein!)

„Wir wollen nicht, dass ganze Dörfer entvölkert werden.“

(Abg. Dr. Patrick Rapp CDU: Aus dem Zusammen hang gerissen darf man das nicht bringen! Armselig! – Weitere Zurufe)

Das beschreibt schon noch einmal Teile der Diskussion. Ich glaube, der entscheidende Punkt ist jetzt: Wir müssen wieder zuordnen, worum es bei dieser Debatte geht und worum nicht.

Wir haben in zwei Jahren intensiver Diskussion mit den Men schen vor Ort viel am Konzept eines Nationalparks gearbei tet. Aber ich attestiere: In den sieben Gemeinden, in denen Meinungsbilder erstellt wurden, haben wir die positive Un terstützung im Sinne eines Bekenntnisses „Ich will diesen Na tionalpark“ nicht erreicht. Das ist völlig richtig. Dieser Pro zess war trotzdem nicht umsonst. Ich attestiere Ihnen, dass Sie mit Zitaten, die Sie jetzt aus dem Zusammenhang herausneh men,

(Abg. Dr. Patrick Rapp CDU: Wie Sie auch!)

den Eindruck erwecken, wir hätten da ein Veto in den Raum gestellt. Das haben wir aber nie. Sie haben – ich weiß nicht, wie oft – auch hier im Landtag in Regierungsbefragungen, in Anfragen von Abgeordneten versucht, mich in der Frage fest zulegen: Was machen Sie, wenn Gemeinden dagegen stim men? Sie haben mich kritisiert – andere würden sagen: be schimpft – dafür, dass ich immer gesagt habe: Es gibt kein Ve torecht in der Region, sondern zum Schluss muss der Land tag entscheiden.

Wir haben der Region einen gemeinsamen Entwicklungspro zess zugesagt. Dazu stehe ich; da haben wir offensichtlich ein anderes Konzept als Sie, Herr Hauk. Als ich mein Amt ange treten habe, habe ich einen 17 000 ha großen Suchraum, den die Fachverwaltungen in Ihrer Amtszeit definiert haben, vor gefunden. Ich wollte nicht mit einem fertigen Gesetzentwurf in die Region und sagen: „Das ist es.“ Vielmehr haben wir verabredet, mit den gewählten Vertretern, also mit den Land räten und dem Oberbürgermeister, ein Verfahren durchzufüh ren.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist Ihr Problem, dass Sie gescheitert sind!)

Wir reden an dieser Stelle überhaupt nicht von Scheitern, Herr Hauk, sondern wir reden von einem zweijährigen Pro zess mit der Region, in dem ein Konzept entwickelt wurde. Die Bürgerinnen und Bürger waren aufgerufen, sich in einen Prozess einzubringen, der bis jetzt schon ganz konkrete Er gebnisse hat. Wir haben in dieser Diskussion aus Vorschlägen aus der Region ein Beteiligungsmodell für den Nationalpark entwickelt, das in Deutschland einmalig ist. Wir haben in der Frage der wirtschaftlichen Auswirkungen Ergebnisse erzielt.

Es ist richtig: Der Gesetzentwurf liegt noch nicht auf dem Tisch. Aber das ist gerade der Lauf dieses Prozesses, dass er, wenn er noch gemeinsam entwickelt wird, noch nicht auf dem Tisch liegen kann.

Wir haben bei der Frage des Erhalts der Wanderwegeinfra struktur mit der Einbindung von Aktiven, beispielsweise im Schwarzwaldverein, in dieser Diskussion gemeinsame Lösun gen für Probleme, die die Menschen vor Ort bewegt haben, entwickelt.

Der aktuelle Vorschlag des Borkenkäfermanagements – ein Vorschlag von ForstBW – wurde in dieser Diskussion mit den Menschen vor Ort entwickelt, die hier Bedenken haben. Nicht jeder Einzelne schließt sich diesem Vorschlag an, aber er ist in der Diskussion entstanden, wurde durch das Gutachten überprüft und ist eine Reaktion auf zwei Jahre intensive Dis kussionen und Anfragen durch die Menschen aus der Region.

Das Gleiche gilt für die Entwicklung eines Konzepts, wie man den Naturpark und den Nationalpark optimal miteinander ver bindet. Auch das ist ein Ergebnis dieser zweijährigen Diskus sion und davon, dass Menschen hier Bedenken geäußert und sich eingebracht haben.

(Abg. Peter Hauk CDU: Und wo ist das vorzufinden? Übernehmen Sie alles aus den Arbeitskreisen?)

Das gilt für eine ganze Reihe weiterer Punkte.

Wir befinden uns jetzt in einer Situation, in der wir sagen: Der nächste Schritt muss jetzt sein, einen konkreten Vorschlag zu machen. Ich bin bereit, mit Ihnen zu diskutieren, Herr Hauk, ob es richtig war, dass die Landesregierung zwei Jahre inten siv mit der Region diskutiert hat, oder ob wir gleich einen kon kreten Vorschlag mit einer Kulisse, die 10 000 ha umfasst, hät ten auf den Tisch legen sollen.