Protokoll der Sitzung vom 10.10.2013

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Sie wissen: Wir haben im Land vom Bund gerade für Straßen tendenziell immer weniger Geld zu erwarten.

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Was stellen die Verkehrsminister fest? So großartig neu ist diese Erkenntnis, glaube ich, nicht. Vielmehr ist es ein weite res Statement, ein weiterer plakativer Akt, nämlich die For derung an jemanden, der bezahlen soll, was wir benötigen. Das ist politisch natürlich immer eine Hausaufgabe, die rela tiv einfach zu erledigen ist.

Nichtsdestotrotz möchte ich noch einmal in den Mittelpunkt stellen: Einmal reden die Verkehrsminister von einem Recht auf Mobilität. Das grenzt fast schon an eine Grundrechtsfor derung. Das kann man gelegentlich hinterfragen, aber es be steht in dieser Gesellschaft sicherlich ein großes Bedürfnis nach Mobilität.

Vor allem wird die Bedeutung für Wirtschaft und Wachstum herausgestellt. In den Mittelpunkt ist die Frage zu rücken, wa rum diese Verkehrsinfrastruktur erhalten und ausgebaut wer den muss. Die Antwort lautet: Weil wir nur so den Wohlstand erhalten können. Gerade Baden-Württemberg als exportori entiertes Land muss seine Güter letztlich an die Häfen brin gen. Die Mitarbeiter müssen mit dem Flugzeug durch die Welt geschickt werden, damit sie als Monteure unterwegs sind, da mit sie Aufträge erhalten und anderes mehr. Nur wenn diese Verkehrsinfrastruktur erhalten bleibt, können wir in BadenWürttemberg unseren Wohlstand sichern und erhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU und der Grünen)

Dafür steht die SPD; dafür steht sie seit Jahren.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Und die CDU!)

Das ist auch keine neue Erkenntnis. Die entscheidende Frage ist nur: Wie setzen wir das um? Im Grunde ist nun das Inter essante, dass die Verkehrsminister erstmals auch Wege auf zeigen – Wege, über die man im Einzelnen sicherlich streiten kann.

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Da geht es zum einen um mehr Haushaltsmittel. Das ist mög lich. Alle Parteien haben das als Forderung aufgestellt. Sie ha ben es eben in der Vergangenheit nicht umgesetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Wir machen das; das sei deutlich gesagt. Wir haben das im Bund gemacht. Wir haben das – da greife ich jetzt gleich vor – im Land gemacht. Wir geben mehr für den Erhalt und den Unterhalt von Straßen aus,

(Abg. Nicole Razavi CDU: Das stimmt eben nicht!)

als Sie das in der Vergangenheit getan haben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das ist eine nicht zu leugnende Tatsache. Das zeigt, dass wir, die Koalition, verantwortlich handeln für die Zukunft dieses Landes, und zwar auf allen Feldern, ganz besonders auch im Bereich des Verkehrs.

Eine andere Forderung heißt: 500 Millionen € zurück zur DB AG. Das ist der Ramsauer-Bonus, der Ramsauer-Soli: Die DB AG muss jährlich 500 Millionen € an den Bundeshaushalt abzwacken. Das ist ein Unfug höchster Güte. Nebendran ver gammeln die Weichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Genau! Stellwerke!)

Das Schienennetz vergammelt. Die Forderung, die die CDU hier an sich selbst stellt, ist richtig. Es ist immer wieder er staunlich, welche Fähigkeiten diese Partei diesbezüglich ent wickelt.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Deswegen sind wir so gut!)

Sie sind nur nicht mehr glaubwürdig im Laufe der Zeit.

Dann wurde erwähnt, wir brauchten mehr Mittel für das GVFG. Baden-Württemberg hat hierzu bereits einen Bundes ratsantrag eingereicht, Herr Minister; auch dafür noch einmal herzlichen Dank. Wir brauchen mehr dynamisierte Regiona lisierungsmittel, sonst kracht der SPNV, der ÖPNV zusam men. Damit wäre dann gar nichts gewonnen.

Als Nächstes steht da: Erhöhung der Lkw-Maut, Absenkung der Tonnagegrenze und Erweiterung auf das nachgeordnete Straßennetz. Das wird sicherlich eine „heiße Kiste“. Aber es gilt auch festzuhalten – wie es im Detail ist, weiß ich nicht –, dass Lkws mit ihrer Achslast die Straße ganz, ganz wesent lich mehr belasten als Pkws. Unter dem Aspekt der Verursa chergerechtigkeit ist der Gedanke richtig, die Lkw-Maut aus zuweiten. Wie, in welchem Ausmaß, in welchem Stil sei da hingestellt, aber unter dem Gesichtspunkt der Verursacherge rechtigkeit ist der Gedanke richtig.

Dann enthält dieser Beschluss etwas Tolles: Er beerdigt näm lich ein schwarz-grünes Projekt, die Pkw-Maut. Diese wird mit diesen Beschlüssen beerdigt. Das ist eine großartige Sa che, für die die SPD schon immer eingetreten ist. Herzlich willkommen im Klub!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. An dreas Schwarz GRÜNE)

Sie von der CDU in Baden-Württemberg – nur in BadenWürttemberg – setzen seit zehn Jahren auf diese Schimäre und behaupten, dann sei mehr Geld vorhanden. Gleichzeitig wol len Sie die Kfz-Steuer um dieses Volumen senken. Wo soll dann mehr Geld da sein? Sie ersetzen nur eine Einnahme durch eine andere und machen das Ganze noch viel ungerech ter. Deswegen haben wir die Pkw-Maut immer abgelehnt. Die Verkehrsminister sind jetzt offensichtlich auch zu dieser Er kenntnis gekommen.

Genauso wird für absehbare Zeit das Monstrum der strecken abhängigen Maut abgelehnt. Das ist klar; denn dies wäre in absehbarer Zeit überhaupt nicht realisierbar, um den Rück stand aufzuholen.

Insoweit sehen gerade wir von der SPD uns von diesen Be schlüssen bestätigt. Wir brauchen mehr Geld, und wir haben eine sinnvolle Perspektive zur Finanzierung des Ganzen. Man darf aber gespannt sein, was bei den Koalitionsverhandlun gen an zusätzlichen Haushaltsmitteln für Schiene, für Straße, für Wasserwege herauskommt und welchen Anteil wir in Ba den-Württemberg davon erhalten werden.

So viel in der ersten Runde.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Zuhörerbereich hat inzwischen eine Delegation der Schweizerischen Bundesversammlung Platz genommen. Ich begrüße sehr herzlich Herrn Nationalrat Thomas Aeschi vom Kanton Zug, Frau Nationalrätin Christa Markwalder aus dem Kanton Bern sowie Herrn Ständerat Raphael Comte vom Kanton Neuenburg.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Die Gäste sind Mitglieder der Parlamentariergruppe U 35, das heißt, sie sind alle jünger als 35 Jahre.

Des Weiteren begrüße ich sehr herzlich die neue Generalkon sulin in Stuttgart, Frau Irene Flückiger Sutter. Sie nimmt heu te zum ersten Mal an einer Plenarsitzung des Landtags als Eh rengast teil. Herzlich willkommen!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Schweizer Par lamentarier besuchen heute den Landtag, um die seit vielen Jahren bestehenden parlamentarischen Kontakte weiter zu ver tiefen und mit Vertreterinnen und Vertretern der Fraktionen und der Landesregierung aktuelle grenzüberschreitende Fra gen zu erörtern.

Liebe Gäste aus der Schweiz, ich darf Sie im Landtag von Ba den-Württemberg noch einmal herzlich begrüßen und will kommen heißen und Ihnen einen angenehmen und informati ven Aufenthalt wünschen.

Ihnen, sehr verehrte Frau Generalkonsulin Flückiger Sutter, wünsche ich im Namen des Landtags für Ihre sehr anspruchs volle Aufgabe in Baden-Württemberg viel Kraft und Erfolg. Herzlich willkommen!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Haußmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein herzliches „Grüß Gott“ auch von meiner Seite an die Gäste aus der Schweiz. Wir können ja von der Verkehrspolitik der Schweiz durchaus einiges lernen und machen uns gerade ein wenig auf den Weg in diese Richtung.

Ziel der Verkehrsministerkonferenz sei es, so heißt es in dem Papier, „die Grundlagen von Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Mobilität für Deutschland sicherzustellen sowie den Ver mögensverzehr von Verkehrsinfrastruktur zu beenden“. Das muss eigentlich jeder Kaufmann in seinem Unternehmen ma chen, wenn es dauerhaft existieren soll, und das muss, denke ich, auch Maßgabe der Verkehrspolitik und der Verkehrsinf rastrukturfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland sein. Jetzt muss sich beweisen, ob das mit diesen Beschlüs sen auch umgesetzt werden kann. Ich sage es an dieser Stel le: Zweifel sind durchaus angebracht.

Die Infrastruktur in Deutschland hat ein finanzielles Volumen von 603 Milliarden €. Es gibt über 230 000 km Autobahnen, Bundesstraßen sowie Landes- und Kreisstraßen, über 450 000 km Gemeindestraßen, 33 000 km Bundesschienen

wege und 10 000 km Bundeswasserstraßen. Der Fehlbedarf allein für den Erhalt und die Sanierung ist mit 7,2 Milliarden € pro Jahr ermittelt worden. Darin sind wohlgemerkt die Kos ten für die Brückensanierungen noch nicht enthalten. Die Bruttoinvestitionen sind seit 20 Jahren rückläufig. Ich denke, dass es insofern jetzt wichtig ist, dass die Politik verloren ge gangenes Vertrauen zurückerwirbt. Denn mit der Einführung der Lkw-Maut hat man gleichzeitig die steuerfinanzierten Zu schüsse reduziert, und dadurch ist natürlich auch ein Verlust von Vertrauen in die Politik entstanden. Neue Finanzierungs wege insbesondere über Nutzergebühren dürfen nicht mehr dazu führen, dass im Gegenzug die steuerfinanzierten Antei le reduziert werden. Das darf nicht sein, wenn man Vertrauen zurückerwerben möchte.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wenn man die Ergebnisse der Kommission der Verkehrsmi nisterkonferenz bewertet, so ist es positiv, dass man einen ein stimmigen Beschluss erreicht hat. Das ist eine wichtige Grundlage. Ich halte es auch für sehr positiv, dass jetzt die Nutzerfinanzierung und auch die Mehrjährigkeit von Projekt finanzierungen über ein Sondervermögen etabliert und auch gefördert werden. Ansonsten kann man wohl sagen: Das, was erreicht wurde, ist der kleinste gemeinsame Nenner. Ein mu tiger Schritt sieht sicherlich anders aus.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was ist denn jetzt noch mutiger?)

Wir sind schon ein wenig verwundert, wenn wir lesen, dass Verkehrsminister Hermann in der Presse erklärt, er sei sehr zufrieden; dies sei ein revolutionäres Ergebnis; es sei zukunft weisend. Ich habe noch im Kopf, wie er sich im Hinblick auf eine Pkw- und eine Lkw-Maut auf möglichst allen Straßen ge äußert hat, woraufhin ihn der Spitzenkandidat Trittin zurück gepfiffen hat. Demgegenüber sind es doch erheblich kleinere Brötchen, die jetzt gebacken werden.