Vor einem Jahr, im Oktober 2012, fand das Symposium „Gu te Entscheidungen in der Universitätsmedizin“ in Ulm statt. Arbeitsgruppen wurden eingesetzt. Wie lauten die Schlussfol gerungen des Symposiums für die Zukunft unserer Universi tätsklinika?
Welche Ergebnisse liegen aus den Arbeitsgruppen vor? Wel che Pläne hat die Landesregierung? Wie sieht der Zeitplan aus? Die entscheidenden Antworten sind Sie uns bisher schul dig geblieben.
Sie führten einen umfassenden Dialogprozess – so wurde uns mitgeteilt –, dessen Ergebnissen Sie nicht vorgreifen wollen. Dieser Dialogprozess scheint das Parlament jedenfalls nicht einzubeziehen.
Der Stil der Beantwortung der Großen Anfrage ist indiskuta bel. Die Antwort ist, kurz gesagt, eine Zumutung. Ich enthal te mich einer deutlichen schwäbischen Formulierung, um kei nen Rüffel von der Frau Präsidentin zu erhalten, würde sie aber gern verwenden.
14 von 24 Fragen zusammenzufassen und auf einer Dreivier telseite zu beantworten ist ungehörig. Ein solcher Umgang mit dem Parlament ist nicht akzeptabel.
Vor allem aber – und darum geht es – wird die Beantwortung unserer Großen Anfrage der Bedeutung der Universitätsme dizin in keiner Weise gerecht.
Herr Staatssekretär, als Vertreter der Landesregierung haben Sie heute die Gelegenheit, die Fragen zu beantworten und Ih re Pläne für die Universitätsklinika darzulegen.
Wie wollen Sie eine dauerhafte Finanzierung der Investitio nen, die an den Uniklinika erforderlich sind, sicherstellen? Wie groß ist der Sanierungsbedarf? Sie haben es geschafft, in der Antwort keinerlei Zahlen dazu zu nennen.
Sie wollen – so Ihre Antwort – über „eine Optimierung der Entscheidungsstrukturen und sonstigen gesetzlichen Rahmen bedingungen“ nachdenken. Ist dabei nach einem Jahr schon etwas herausgekommen? Welche Lösungen gibt es in ande ren Bundesländern und im Ausland? Welche Anregungen wol len Sie davon aufgreifen? Auf diese Frage sind Sie gar nicht eingegangen.
Hat der umfassende Dialogprozess schon zu Einsichten ge führt? Und welche Ergebnisse liegen aus den Arbeitsgruppen vor?
Zweieinhalb Jahre sind seit Ihrem Regierungsantritt und fast ein Jahr ist seit dem Symposium zur Zukunft der Universitäts medizin ins Land gegangen, und nichts ist passiert. Wollen Sie etwa nichts ändern? Sollen die Uniklinika auf sich gestellt bleiben? Sie sind in der Pflicht, gesetzgeberisch und haushal terisch tätig zu werden, um die Zukunft der Universitätsme dizin in Baden-Württemberg zu sichern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In Ihrer Großen An frage zur Zukunft der Universitätsmedizin in Baden-Württem berg spricht die CDU ein wichtiges Thema an.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Klaus Herrmann CDU: Sie haben die falsche Anfrage gelesen!)
(Heiterkeit und Beifall des Abg. Gernot Gruber SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Das ist Verärgerung und nicht Humor!)
Unsere Auffassung wird von vielen Fachleuten geteilt. Dies wurde beim Ulmer Symposium sehr deutlich. Nicht einseitig, sondern im großen Bereich schließen sich die Fachleute der Auffassung an, dass die Neufassung des Gesetzes wichtig ist. Aber es ist nicht sinnvoll, überhastet vorzugehen. Wir brau chen einen guten Beteiligungsprozess und Zeit für die fachli che Debatte.
Zum anderen stehen aktuell zwei sehr große hochschulpoliti sche Brocken im Raum: die Novelle des Landeshochschulge setzes und der Solidarpakt III. Danach sind Zeit und Kapazi tät vorhanden, um sich mit dem Universitätsmedizingesetz zu befassen. Unsere Fraktion wird sich im nächsten halben Jahr intensiv damit auseinandersetzen, was aus unserer Sicht die richtigen politischen Eckpfeiler sind.
Dazu gehört eine angemessene, nicht zu bürokratische Lei tungs- und Kontrollstruktur. Die Uniklinik als eigenständiges Format zwischen Klinikbetrieb, Forschungseinrichtung und Wirtschaftsunternehmen zu positionieren, das alles muss gut austariert sein.
Ich möchte noch ein Thema ansprechen, welches in der Gro ßen Anfrage nicht behandelt wurde, das aber wesentlich für
die Zukunft der Unikliniken ist: die bundesweite Finanzie rungssituation. Ministerin Bauer hat sich im Sommer auf Bun desebene für einen Systemzuschlag für die Unikliniken ein gesetzt – eine wichtige Initiative. Wir wollen, dass die beson deren Belastungen und Leistungen der Unikliniken als Häu ser der Maximalversorgung und Einrichtungen für Forschung, Lehre, Fortbildung und Innovation in der Krankenhausfinan zierung angemessen berücksichtigt werden.
An den Unikliniken gibt es Extremkostenfälle – denken Sie nur an solche Fälle wie Ehec –, werden seltene Erkrankungen behandelt und wird umfassende Notfallversorgung geleistet. Dies muss sich in der Kostenerstattung niederschlagen.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Geld von anderen wol len, das ist immer leicht!)
Ebenfalls nicht angesprochen wird in der Großen Anfrage die Situation der Beschäftigten an den Unikliniken. Gerade vor dem Hintergrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen und eines Personalnotstands leisten das Pflegepersonal, die Ärzteschaft sowie die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Verwaltung eine engagierte und verantwortungsvolle Arbeit. Denken Sie nur daran: Im Zeitraum von 2002 bis 2011 ist ei ne Steigerung der Patientenzahl um 17,8 % im stationären Be reich und um 43,4 % im ambulanten Bereich zu verzeichnen. Dagegen ist die Zahl der Ärzte und der Pflegerinnen und Pfle ger in diesem Zeitraum nur um 20,3 bzw. um 15,1 % gestie gen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Missverhältnis hinweisen: Während die Kosten und die Investitionen für Ge rätemedizin steigen, wird im Gegenzug die von Ärzten auf gewendete Zeit für direkten Patientenkontakt, die Sprechme dizin, nicht entsprechend honoriert. Hinzu kommt, dass in Deutschland mehr als in anderen europäischen Staaten ope riert wird. Dem Faktor Mensch stärker Rechnung zu tragen halte ich bei aller moderner Technik für eine große Heraus forderung in der Universitätsmedizin.
Die anstehende Akademisierung von Medizinern in Gesund heitsfachberufen kommt noch hinzu. Gemeint sind Kranken pflege, Geburtshilfe, Physio-, Ergo- und Logotherapie. Der Wissenschaftsrat empfiehlt, 10 bis 20 % eines Ausbildungs jahrgangs in diesem Bereich an Hochschulen auszubilden, um den steigenden Anforderungen an die Qualifikationen in die sen Berufen langfristig gerecht zu werden. Die Qualität der Unikliniken wird nicht nur durch gut ausgebildete und quali fizierte Medizinerinnen und Mediziner gewährleistet, sondern insbesondere auch durch qualifizierte Fachkräfte in Pflege und Therapie. Wir müssen die Debatte um diese Berufe führen, und das tun wir am kommenden Montag mit einer Anhörung.
Die qualifizierte und interprofessionelle Zusammenarbeit muss in engem Austausch und in enger Abstimmung mit der Universitätsmedizin erfolgen, damit eine gemeinsame Spra che gefunden werden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Feld, welches zu gestal ten ist, ist groß und interessant. Ich lade Sie ein, dies gemein sam mit uns anzugehen.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU schüttelt den Kopf. – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Eine Frechheit! Ein Jahr lang ist nichts passiert! – Gegenruf des Abg. Martin Rivoir SPD: Ein Proll!)
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Es ist schon ein bisschen merkwürdig, wenn zum jetzigen Zeitpunkt im Rahmen einer Großen An frage zur Universitätsmedizin in Baden-Württemberg sehr vie le Fragen – nach den Aufsichtsräten, nach der Gewährträger haftung usw. – gestellt werden.