Protokoll der Sitzung vom 26.02.2014

Finanzen und Wirtschaft zu dem Antrag des Rech nungshofs vom 24. Oktober 2013 – Prüfung der Rech nung des Rechnungshofs (Epl. 11) für das Haushalts jahr 2011 durch den Landtag – Drucksachen 15/4247, 15/4582

Berichterstatter: Abg. Karl Klein

c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Finanzen und Wirtschaft zu dem Antrag des Ministeri ums für Finanzen und Wirtschaft vom 27. November 2012 – Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württem berg für das Haushaltsjahr 2011 – Drucksachen 15/2782, 15/4583

Berichterstatter: Abg. Karl Klein

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort erteile ich zunächst Herrn Rechnungshofpräsident Munding.

Frau Präsi dentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordne ten! Vorneweg möchte ich mich bei allen Mitgliedern des Fi nanz- und Wirtschaftsausschusses und dessen Vorsitzendem Karl Klein ganz herzlich bedanken. Sie haben zeitnah in fünf Sitzungen unsere Denkschrift 2013 zusammen mit den Ver tretern der Landesregierung und uns beraten. Sie haben sich Ihre Aufgabe dabei nicht leicht gemacht. Jeden einzelnen Bei trag haben Sie sich vorgenommen. Sie sind inhaltlich tief ein gestiegen, waren fachkundig, sorgfältig und, wo notwendig, akribisch. Wir fühlen uns mit unseren Vorschlägen fraktions übergreifend bei Ihnen gut aufgehoben. Dafür ganz herzlichen Dank.

Lassen Sie mich auf einige Themen unserer Denkschrift und einige unserer Sonderberichte, die wir an Sie gerichtet haben, eingehen.

Zunächst zu den Personalausgaben: Sie sind mit weit über 40 % die Achillesferse des Landeshaushalts. Einen Anteil der Personalausgaben von 10 % wie beim Bund oder von 25 % wie bei den Kommunen ist in den Ländern nicht zu erreichen. Darin unterscheidet sich das Land grundlegend von den an deren Gebietskörperschaften, da es andere Aufgaben hat. Un sere Kernaufgaben sind immer personengebunden, von der Schule über die Wissenschaft bis hin zur Polizei oder zur Jus tiz. Eine menschenleere Fabrik ist machbar, ein Klassenzim mer ohne Lehrer nicht.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Es ist vielleicht denkbar, aber jedenfalls nicht erstrebens wert.

Ein bloßes „Weiter so!“ bei den Personalausgaben ist aber des halb trotzdem nicht möglich. Denn wie der Herr Finanzminis ter in der Debatte letzte Woche gesagt hat,

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Der schwänzt!)

sind die Personalausgaben der Markstein, an dem man bei der Haushaltskonsolidierung nicht vorbeikommt.

Trotz aller Einspardiskussionen haben wir im Land über die Jahre hinweg immer noch einen kontinuierlichen Stellenauf bau, aber noch keinen Stellenabbau. Von 2008 bis heute be trägt der Aufbau rund 5 500 Stellen, davon 2 800 Stellen im Kernhaushalt, 2 700 Stellen in den ausgelagerten Landesbe trieben.

Auch die Zahl der k.w.-Stellen geht hoch, und zwar von 11 000 auf rund 17 000.

(Abg. Manfred Hollenbach CDU: Was?)

Würde ein Teil dieser k.w.-Stellen nicht fristgerecht abgebaut oder verlängert, bedeutete dies nicht nur keine Einsparungen, sondern, weil nicht in die Finanzplanung eingestellt, zusätz liche neue Ausgaben.

Deshalb hält nach meiner bescheidenen Ansicht der Minister präsident zu Recht an dem Ziel des Abbaus von 11 600 Lehrer stellen fest. Diese Zahl entspricht im Übrigen in etwa genau den k.w.-Stellen, die im Etat des Kultusministeriums etatisiert sind.

Ein weiterer Punkt: Gerade weil es so schwer fällt, die Zahl der Stellen zurückzufahren, sollte man wenigstens dort, wo neue Maßnahmen angegangen werden, besonders genau hin schauen. Also: kein Gesetzentwurf ohne Angaben zu den Kos ten und zu den Folgen.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Wer neue Regeln schafft, sollte nicht nur die Folgen, sondern wenigstens ungefähr auch die Kosten beziffern können. Sie wissen, ich spiele auf das neue Personalvertretungsgesetz an. Wenn Kosten berechenbar sind, dann wären sie es dort gewe sen.

Meine Damen und Herren, von der Kostenschätzung zum The ma Aufgabenkritik: Über Jahre hinweg diskutieren wir über polizeifremde Aufgaben. Mit dem Landespolizeiorchester ha ben wir eine dieser Aufgaben in der Denkschrift herausgegrif fen. Hier stellt sich schon die Frage: Setzen wir die richtigen Schwerpunkte, wenn wir das Landespolizeiorchester in einer Situation für tabu erklären, in der gleichzeitig die Polizei gro ße Anstrengungen und auch Kosten auf sich nimmt, um mehr Beamte in die Basisdienststellen, in die Reviere zu bringen, in der die Polizei gleichzeitig noch einen zusätzlichen Perso nalbedarf geltend macht? Ich denke, da wäre ein bisschen mehr Aufgabenkritik im Bereich der polizeifremden Aufga ben – Stichwort Polizeiorchester – notwendig gewesen.

Aufgabenkritik heißt aber nicht Kritik an Personen, sondern Bildung von Prioritäten. Dies gilt auch für den gesamten Be reich der Förderpolitik. Ich will nur auf die Förderprogram me im Umfang von rund 980 Millionen € abheben, die das Land selbst beeinflussen und gestalten kann, nicht auf das ge samte Volumen von 4,3 Milliarden €.

In einem Sonderbericht zum Landescontrolling haben wir Ih nen die Schwerpunkte im Einzelnen dargestellt. Überrascht waren wir allerdings von der Reaktion der Landesregierung auf unsere Vorschläge, wonach keine generelle gesetzliche Befristung stattfinden solle und kein einzelnes Programm ver zichtbar oder reduzierbar sei. Immerhin hätte eine gesetzliche Befristung die Chance gegeben, politisch von Zeit zu Zeit Pro

gramme neu auf den Prüfstand zu stellen und Konsequenzen zu ziehen. Sie wäre auch ein Signal, dass Förderprogramme im Normalfall keine Dauereinrichtungen sein sollten oder werden sollten.

Ich möchte gern noch auf ein Ihnen altbekanntes Thema, näm lich die IT-Neuorientierung, eingehen. Das Kabinett hat Mit te letzten Jahres das Grobkonzept und die Einsetzung eines CIO beschlossen und diesen bereits im Vorgriff mit Aufgaben betraut. Wir haben uns von dieser Entscheidung in der Tat ei nen Durchbruch erwartet; da ziehen wir durchaus auch an ei nem Strang, Herr Staatssekretär Rust. Indes: Die Suche nach dem CIO lässt leider noch auf sich warten.

In der Zwischenzeit formieren sich die Ressortinteressen wie der. Aber bei der IT gilt: Die Ressortinteressen sind auch in ihrer Summe nicht mit dem Landesinteresse identisch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Muhterem Aras GRÜNE und Claus Schmiedel SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD zu CDU und FDP/ DVP: Da klatscht ihr! Ihr habt ja nie etwas gemacht!)

Das gemeinsame Ziel, mit der IT-Bündelung am Ende struk turell 40 Millionen € pro Jahr einsparen zu können, rückt da mit in weitere Ferne. Einen Stillstand oder gar ein Rollback können wir uns in dieser Frage aber nicht leisten.

Sorge bereitet auch, dass man neben dem künftigen IT-Lan desbetrieb, dem einheitlichen Systemhaus, ohne Not dauer haft ein eigenes Rechenzentrum der Steuerverwaltung instal lieren will. Als Rechnungshof sind wir den Weg mitgegangen, zunächst beide Rechenzentren, das IZLBW und das Rechen zentrum der Steuerverwaltung – jedes für sich –, zu konsoli dieren – aber unter der Prämisse, dass eine spätere Bündelung nicht ausgeschlossen, sondern möglich sein sollte.

Ich denke, da sind uns die fünf Länder im Norden der Repu blik weit voraus. Diese betreiben mit Dataport nicht nur ein gemeinsames, sondern ein einheitliches Landessystemhaus. Ich habe bislang nirgends gehört, dass deshalb die Finanzge richte dort Steuerbescheide für ungültig erklärt oder aufgeho ben hätten.

Meine Damen und Herren, in einem weiteren Beitrag thema tisieren wir die implizite Verschuldung im Landeshaushalt. Implizite Verschuldung ist ein Leitthema, das wir in unseren Berichten immer wieder aufgegriffen haben. Ich erinnere an die Pensionsverpflichtungen, die Notwendigkeit der Vorsor ge und der Rücklagenbildung. Dabei haben wir sogar Zustim mung von allen Fraktionen des Hauses bekommen – leider nicht synchron, sondern in unterschiedlichen Legislaturperi oden.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Hört, hört! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Trotzdem ist das, denke ich, nach wie vor ein gemeinsames Interesse und ein gemeinsames Ziel.

Nehmen Sie als weiteres Beispiel impliziter Verschuldung den Sanierungsstau bei den Universitäten. Diesmal greifen wir mit den Brückenbauwerken

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

einen neuralgischen Punkt des Straßennetzes im Land heraus. Wir sind dankbar, dass Sie postwendend reagiert und die Mit tel im Nachtrag um 25 Millionen € erhöht haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Damit haben Sie die von uns empfohlenen 20 Millionen € so gar übertroffen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

So etwas kommt nicht oft vor.

(Zuruf von der SPD: Kam früher nicht vor! – Zuruf: Gab es nie bei der CDU! – Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU zu Grünen und SPD: Ihr habt einen Hau fen Steuern eingenommen! – Gegenruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Und Sie wohl gar nichts! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Hätten wir diese Steu ereinnahmen gehabt, hätten wir es auch gekonnt!)

Mit der Teilprivatisierung der Justizvollzugsanstalt Offenburg haben wir ein ordnungspolitisches Thema nochmals aufge griffen. Die Entscheidung, meine Damen und Herren, für die Privatisierung war nach dem damaligen Kenntnisstand auch aus unserer Sicht wirtschaftlich gerechtfertigt

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)

und wird von uns deshalb nicht im Nachhinein beanstandet,

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf von der SPD zur FDP/DVP: Ist noch nicht fertig!)

auch wenn sie im Nachhinein etwas teurer als die staatliche Lösung ausgefallen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zurufe: Ah!)

Allerdings sprechen jetzt die wirtschaftlichen Argumente für die Rückführung in die staatliche Regie.