Protokoll der Sitzung vom 17.10.2019

Mitglieder der Hochschule haben in dieser Situation eine Re solution erlassen, unterzeichnet und öffentlich gemacht – ein Agitationsmittel, das nirgends geregelt und vorgesehen ist und einer Rechtsgrundlage entbehrt. Es hat sich auch nicht wirk lich als Mittel zur Befriedung einer solch schwierigen Situa tion in Ludwigsburg erwiesen.

Das Ministerium hat in dieser schwierigen Situation dann mit der Einsetzung einer Kommission reagiert. Um hoheitliche Informationsrechte ausüben zu können, wurde diese Kommis sion formaljuristisch als Verwaltungshelferin des Ministeri ums ausgestaltet. Inhaltlich hat die Kommission aber nach al len Zeugenaussagen zu diesem Aspekt unabhängig agiert.

Wie ist jetzt die Rolle des Ministeriums in dieser schwierigen Gemengelage zu bewerten? Zur Zusammenarbeit mit dem Mi nisterium hat sich die Ausschussvorsitzende schon geäußert. Offen gesprochen: Es ist schon ärgerlich, dass zwei Mal Ak ten nachgeliefert werden mussten. Ich als Parlamentarierin ha be mich in dieser Situation auch nicht wirklich ernst genom men gefühlt.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP/DVP so wie Abgeordneten der AfD)

Letztlich – auch das muss man sagen – wurde aber keine In formation vorenthalten.

(Zuruf: Sie haben nichts gemerkt!)

Inhaltlich hat sich das Ministerium in einem Spannungsfeld bewegt, einem Spannungsfeld zwischen Hochschulautonomie und Rechtsaufsicht. Jetzt kommt der Hochschulautonomie ei ne große Bedeutung bei. Es ist das Grundgesetz, das in Arti kel 5 die Freiheit von Forschung und Lehre gewährleistet und unter den Schutz der Ewigkeitsgarantie stellt. Aber auch Rechts aufsicht ist nicht nur „nice to have“, sondern sie ist notwen dig, gerade da, wo in erheblichem Umfang Steuergelder ver ausgabt werden.

In diesem beschriebenen Spannungsfeld eröffnet sich jetzt ein Handlungsspielraum, in dem es nicht nur den einen einzig richtigen Weg gibt, sondern unterschiedliche Möglichkeiten, vom Start ins Ziel zu kommen. Das Ministerium hat sich da bei zunächst sozusagen auf der einen Seite des Spielfelds – Hochschulautonomie – bewegt, großes Vertrauen in die Hoch schule gesetzt und sie darauf verwiesen, die ihr obliegenden Verwaltungsaufgaben auch auszuführen. Als später dann an der HTWG in Konstanz in größerer Zahl Zulagen falsch ge zahlt wurden, hat das Ministerium eine deutlich strengere Auf sicht ausgeübt. Zwischenzeitlich wurde im Ministerium ein Referat eingerichtet, das sich der rechtlichen Unterstützung von Hochschulen und der Hochschulaufsicht widmen soll. Auf dem Spielfeld der Handlungsoptionen wurde im Grunde ge nommen von der einen Seite auf die andere gewechselt.

Aber auch wenn beides rechtlich möglich ist und man hinter her immer schlauer ist: Ich hätte mir von Anfang an etwas mehr an Aufsicht gewünscht, mehr Begleitung und mehr Rü ckendeckung in einer schwierigen Situation mit vielschichti gen Problemen.

(Beifall bei der CDU und der SPD sowie Abgeord neten der AfD und der FDP/DVP)

Was machen wir jetzt daraus? Die W-Besoldung zeichnet sich dadurch aus, dass die Grundvergütung um Leistungsbezüge erhöht werden kann. Auch wenn die Festsetzung von Leis tungsbezügen nicht nur in Ludwigsburg fehlerhaft erfolgt ist, stellen wir den Grundsatz der W-Besoldung nicht infrage. Auch für Veränderungen an Aufbau und Struktur der Hoch schule für öffentliche Verwaltung und Finanzen geben die Er kenntnisse des Untersuchungsausschusses keinen Anlass. Wir sprechen uns aber dafür aus, Hochschulen dabei zu unterstüt zen, juristische und betriebswirtschaftliche Kompetenz auf zubauen und Governance-Prozesse auszubilden, und wir se hen Anlass, über eine Stärkung der Position des Kanzlers an den Hochschulen nachzudenken, ihm etwa eine Widerspruchs möglichkeit gegen rechtswidrige oder wirtschaftlich nicht ver tretbare Maßnahmen zu eröffnen, ebenso wie zu prüfen, wel che Möglichkeiten bestehen, die W-Besoldung zu vereinfa chen, um Anwendungsfehler zu reduzieren.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir ab schließend zweierlei: einen aktuellen Blick auf die Hochschu le für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg zu werfen und Danke zu sagen.

Die Ermittlungsbeauftragte, der ich an dieser Stelle herzlich für ihre Arbeit und das dabei gezeigte Fingerspitzengefühl danken möchte, sieht die Hochschule in Ludwigsburg auf ei nem guten Weg. Ich teile diese Einschätzung und wünsche der Hochschule, dass sie den eingeschlagenen Weg in ruhigem Fahrwasser zu neuen Ufern fortsetzen kann.

Zum guten Schluss möchte ich mich bei allen bedanken, die dem Untersuchungsausschuss in mehr als zwei Jahren ihre Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt haben, allen voran bei unserer Vorsitzenden, Sabine Kurtz, für die gute und stringen te Führung des Untersuchungsausschusses,

(Beifall bei der CDU, der AfD, der SPD und der FDP/ DVP – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

bei den Obleuten der anderen Fraktionen und allen Mitglie dern des Untersuchungsausschusses aus meiner Fraktion, ne ben der Kollegin Kurtz namentlich den Kollegen Lorek und Klein, den parlamentarischen Beratern der CDU-Fraktion, Christoph Keckeisen und Tim Stephan, und allen Mitarbei tern im Ausschussbüro und in der Landtagsverwaltung. Bei aller Auseinandersetzung, die wir in der Sache geführt haben, war unsere Zusammenarbeit doch immer von einem guten per sönlichen Miteinander geprägt. Dafür darf ich Ihnen allen meinen herzlichen Dank sagen.

Vielen Dank, dass Sie mir so ruhig zugehört haben.

(Beifall bei der CDU, den Grünen, der SPD und der FDP/DVP sowie des Abg. Klaus Dürr AfD)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Podeswa das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Annähernd acht Jahre nach der Gewährung rechtswidriger Zulagen an Professoren der Hochschule Ludwigsburg und nach 23 Sit

zungen des Untersuchungsausschusses liegt also nun der Ab schlussbericht vor. Zusammengefasst: Das wesentliche Attri but im Ergebnis der Arbeit des Untersuchungsausschusses ist das eines politischen Versagens. Ministerin Bauer hat es ver säumt, mit den durch ihr Amt gegebenen Möglichkeiten die in der Zulagenaffäre Ludwigsburg und in der nachfolgenden Hochschulkrise aufgetretenen Konfliktlagen souverän zu lö sen.

Die offensichtliche – offensichtliche! – Rechtswidrigkeit bei der Zulagenvergabe an der Hochschule für öffentliche Ver waltung und Finanzen in Ludwigsburg durch den aus seinem Amt scheidenden Rektor Walter Maier im Jahr 2011 ist zwei felsfrei, ebenso zweifelsfrei, wie es die Umstände der Kalt stellung der neu gewählten Reformrektorin Dr. Claudia Stöck le in sinistrem Zusammenspiel mit dem – und durch das – Wirtschaftsministerium von Ministerin Bauer sind.

(Abg. Marion Gentges CDU: Ich glaube, das Wirt schaftsministerium hatte wenig damit zu tun! – Ge genruf des Abg. Anton Baron AfD: Das war ein Ver sprecher!)

Fehlentscheidungen und Versäumnisse Einzelner haben vor allem deshalb erheblich zum Entstehen der Konfliktlage und zu deren Eskalation beigetragen, weil sie teilweise über Jah re nicht erkannt und von der politischen Führung im Wissen schaftsministerium nicht korrigiert wurden. Die Hochschul leitung in Person von Frau Dr. Stöckle wurde nicht ausrei chend durch Ministerin Bauer unterstützt. Frau Dr. Stöckle wurde bei der Lösung und Aufarbeitung der bei Amtsantritt vorgefundenen Probleme zu sehr alleingelassen.

Nach Bekanntwerden der Hinweise auf die Rechtswidrigkeit der Zulagengewährung bestand konkreter Anlass zur Prüfung und zur Nachschau. Dem ist das Ministerium eindeutig nicht nachgekommen. Frau Ministerin Bauer, die seit Mai 2011 un unterbrochen die Leitung des Ministeriums innehat, muss sich diese Unterlassung zurechnen lassen. Wer denn sonst?

Kritik an der verzögerten Aufarbeitung sowie der Haltung und dem Handeln des Wissenschaftsministeriums unter der grü nen Ministerin Bauer haben die Obleute der Fraktion der AfD im Landtag von Baden-Württemberg sehr frühzeitig erhoben. Frau Ministerin Bauer hat dem Untersuchungsausschuss eine vorbehaltlose und vollständige Aufklärung zugesagt, diese Zu sage aber nicht erfüllt. Das wurde auch von den Vorrednern schon angedeutet.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Bis auf einen!)

Vorwerfen lassen muss sich Frau Ministerin Bauer im Einzel nen eine insgesamt schleppende Aufklärung, die Verweige rung der Vorlage von Gutachten, die nicht vollständige Über gabe von Akten, die Einflussnahme auf Zeugen, die Tatsache, dass sie nach Bekanntwerden der rechtswidrigen Umstände keinen Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft gestellt oder zu mindest den Rechnungshof eingeschaltet hat, und den man gelnden Willen, vor Ort, an der Hochschule, eine einvernehm liche Lösung zu finden.

Das schwerste Versäumnis ist aus unserer Sicht aber, dass die meisten Beteiligten, sowohl aufseiten der Ministerialverwal tung als auch – in Übernahme dieser Haltung – an der Hoch schule selbst, den Schwerpunkt die ganze Zeit auf das Aussit

zen der Zulagenproblematik und das Verstreichenlassen von gesetzlichen Handlungsfristen gelegt haben. In ihrer Verant wortung gegenüber dem Steuerzahler und ihrer Fürsorge pflicht gegenüber den Professoren wäre es aber, statt schlicht auf den strafrechtlichen Ausgang zu warten, angezeigt gewe sen, proaktiv für eine möglichst einvernehmliche Bereinigung der Zulagenproblematik in Ludwigsburg einzutreten. Das hät te auch den erheblichen Renommeeverlust der Hochschule in Ludwigsburg verhindert.

Eine materielle Verständigung hätte, wie auch der Staatsan walt im Rahmen der Vernehmung mitteilte, zudem die Mög lichkeit geschaffen, die laufenden strafrechtlichen Ermitt lungsverfahren einzustellen. Die Ludwigsburger Professoren – 13 Professoren – acht Jahre im Nachhinein, ebenso wie Frau Dr. Stöckle, zum Bauernopfer zu machen ist unverantwort lich; mehr noch, es ist unanständig.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Heinrich Fiecht ner [fraktionslos])

Das Versagen der Ministerin Bauer kommt die Steuerzahler im Südwesten teuer zu stehen. Abschließende Zahlen liegen noch nicht vor. Es kann aber festgestellt werden, dass allein im Bereich des Landtags, im Bereich der Landtagsverwaltung der Aufwand für den Untersuchungsausschuss bei gut 1,5 Mil lionen € lag. Der Aufwand in den Ministerien, in der Justiz sowie bei Dritten

(Zuruf der Abg. Marion Gentges CDU)

für die Durchführung des Verfahrens und die Begleitung der parlamentarischen Untersuchung steht dem nicht nach: 3 Mil lionen €. Zuzüglich der immer noch gezahlten, offensichtlich rechtswidrigen Zulagen,

(Abg. Bernd Gögel AfD: Ja, genau!)

beläuft sich der Schaden für den Steuerzahler auf gut 5 Mil lionen €. Die Einstellung der Grünen ist ja bekannt und durch den Ministerpräsidenten schon mehrfach unterstrichen wor den: An diesen läppischen 5 Millionen € wird Baden-Würt temberg sicherlich nicht verarmen.

Damit sich so etwas nicht wiederholt, plädieren wir, die AfD, dafür, dass bei Regelverstößen im Bereich der Personal-, Haushalts- und Wirtschaftsführung grundsätzlich der Rech nungshof eingeschaltet werden muss.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Nur eine externe Aufklärung ermöglicht ein im Ansatz objek tives Bild.

Die AfD-Fraktion legt in ihrem eigenen Abschlussbericht den Fokus auf einen Aspekt, den die Vertreter von Grün, von Schwarz, von Rot und von Gelb übergehen, da sie damit ihr eigenes Versagen offenbaren müssten:

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Boah!)

Der Zulagenaffäre liegt eine verfehlte Reform der Professo renbesoldung aus dem Jahr 2002 zugrunde,

(Abg. Marion Gentges CDU: Nein! – Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

welche also noch auf die schwarz-gelbe Landesregierung zu rückgeht. Grün-Rot hatte sich bei der Professorenbesoldung zum Ziel gesetzt, die Besoldung an den Hochschulen umfas send zu modernisieren. Das offen angestrebte und kommuni zierte Ziel war es, den Kampf um die besten Köpfe zu gewin nen. Tatsächlich aber war das – inoffizielle – Ziel, Einsparun gen an den Hochschulen zu realisieren. Namhafte Fachleute, nicht nur einzelne, haben diese Reform als großes gesetzli ches Unglück bezeichnet. Unter Fachleuten der Materie wur de dem Reformpaket deshalb mit bitterer Note als wirklicher Charakter der eines „Professorenbesoldungseinsparungsge setzes“ zugeschrieben.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2012 die Beden ken letztendlich bestätigt und eine überfällige Anpassung der Grundgehälter nach oben entschieden. Für die Betroffenen in Ludwigsburg kam diese „W-Besoldung 2.0“ allerdings zu spät.

Allgemein stellt es sich für die besten Köpfe, welche man als Professoren gewinnen will, wenig attraktiv dar, Zulagen le diglich zeitlich befristet unter Ausschluss der Berücksichti gung bei der Altersversorgung gewährt zu erhalten. Eine Po litik, die es den Leistungsträgern verwehrt, nachhaltig von den Früchten ihrer Erfolge zu profitieren, missversteht die Anfor derungen an eine lebensgerechte Vergütung.

Auf der Ebene des Bundes war diese Notwendigkeit auch schon bekannt und wurden daraus Konsequenzen gezogen. Im Bund wurden die Grundgehaltssätze für Professoren nicht nur angehoben, sondern es wurde durch Aufnahme von Dienstalterszulagen eine natürliche Gehaltsentwicklung der Bezüge der Hochschullehrer ermöglicht. Dem Vorbild des Bundes sind auch eine ganze Reihe weiterer Länder gefolgt wie beispielsweise Bayern, Sachsen, Hessen und andere. Das Besoldungsniveau in Baden-Württemberg fällt demgegenüber sehr deutlich zurück, genauso wie die Qualität von Forschung und Lehre.

Wann endlich will sich die grün-schwarze Landesregierung dazu bequemen, allgemein erkannte Missstände zu beseiti gen? Wann? Eine Orientierung am Vorbild des Bundes drängt sich geradezu auf. Aber auch hier können wir bislang nur ein weiteres Versagen der Ministerin Bauer feststellen.

Es wäre wirklich ein Glück, wenn die Frau Ministerin die Bür ger und die Professoren in Baden-Württemberg von ihrer Ar beitsverweigerung befreien würde.

(Beifall bei der AfD)