Aktuelle Debatte – Schutz der Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg vor Terror-Anschlägen! Die Ereig nisse in Halle und Limburg werfen auch Sicherheitsbe denken in Baden-Württemberg auf. – beantragt von der Fraktion der AfD
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für diese Aktu elle Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Dazu kommt die Redezeit der Regierung. Für die Aussprache stehen je Fraktion zehn Minuten zur Verfügung. Ich darf die Mitglieder der Regierung bitten, sich an diese Redezeiten zu halten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das, was sich vor wenigen Tagen in Halle ereignet hat, war ein brutaler terroristischer Akt, den man eventuell hätte verhindern können, wenn die Sicherheitsmaßnahmen rechtzeitig gegriffen hätten. Eine Debatte, um uns, der AfD, eine Schuld an dem vergangenen Terrorakt in Halle zu unter stellen, ist daher an politischer Hilflosigkeit und Verzweiflung nicht zu überbieten, meine Damen und Herren.
Das, was einige Fraktionen während der gestrigen Antisemi tismusdebatte zum Besten gegeben haben, vertieft die Gräben in unserer Gesellschaft, löst aber keinesfalls die tatsächlichen Probleme.
Den Angriff in Halle bezeichnete die CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer als „Alarmzeichen“ – etwas wenig, unfassbar. Alarmzeichen hatten wir schon früh genug, meine Damen und Herren. Seit 2015 sind in den EU-Staaten weit über 40 schwere islamistische Anschläge verübt worden, bei denen mehr als 350 Menschen brutalst ums Leben gekom men sind. Dabei ist auffällig, dass fast alle dieser Täter wegen anderer Delikte bereits vorbestraft waren.
Alarmzeichen gab es auch in Stuttgart, als im Fasanenhof ein Mensch mit einer Machete auf offener Straße seinen Mitbe wohner hingerichtet hat. Alarmzeichen gab es in der letzten Woche in Limburg und dann in Halle, als der Täter, Ste phan B., vor seinem Terroranschlag ein mehrseitiges Mani fest ins Netz gestellt hat oder stellen ließ, in dem er seine An schlagspläne und die Motivation offenkundig dargelegt hatte.
Da kommt die erste Frage von uns an den Innenminister und an den Justizminister. Im Jahr 2017 hat Bayern die Artikel 17 und 20 seines Polizeiaufgabengesetzes geändert. Sie haben dort eine Gewahrsamschaft für Gefährder eingeführt, und zwar nicht nur für islamistische Gefährder, sondern für Ge fährder aller Art, die unsere demokratische Grundordnung be schädigen oder angreifen wollen. Das gibt es ja aus den un terschiedlichsten Anlässen.
Ich frage die Minister, warum eine solche Forderung nicht auch hier in Baden-Württemberg ins Parlament eingebracht wird. Ich denke, für die Prävention wäre das ein wesentlicher Baustein und eine Erleichterung für die Justiz. Diese Forde rung hat bereits vor zwölf Jahren der damalige Bundesinnen minister Wolfgang Schäuble von der CDU aufgestellt, damals allerdings nur für islamistische Straftäter und Extremisten. Die Bayern haben das auf alle Gefährder ausgeweitet.
Das ist meine erste Frage, und ich hoffe, dass Sie in Ihren heu tigen Ausführungen dazu auch Stellung beziehen werden.
Genug Alarmzeichen hatten Sie. Also, warum haben die Si cherheitsbehörden nicht präventiv reagiert, um das Schlimms te zu verhindern? Warum berichtet man kurz nach dem Atten tat in erster Linie über den angeblich rechtsradikalen Täter, dessen Motive übrigens bis heute unklar sind? Ob er ein Amokläufer war, ob er allein oder als Mitglied einer Gruppe gehandelt hat, ob er Linksextremer, Rechtsextremer, Reichs bürger, IS-Kämpfer war, das alles wissen wir bis heute nicht. Das liegt alles noch in der Aufklärung und im Dunkeln. All das sind Vermutungen.
Warum haben Sie nicht in erster Linie über den mangelnden Schutz der Synagogen und anderer Gotteshäuser gesprochen, obwohl es die Pflicht jedes demokratischen Staates ist, diese Einrichtungen sowie die körperliche Unversehrtheit und das Leben seiner Bürger zu schützen?
Deswegen sagen wir klar: Sie haben versagt, die Sicherheits behörden haben an dieser Stelle versagt.
Diese schreckliche Attacke, die aus Hass und Aggression re sultierte, ist wie alle anderen gleichartigen Taten aufs Schärfs te zu verurteilen.
Juden und Christen haben eine gemeinsame Geschichte, die sie stark miteinander verbindet. Unsere Partei, die AfD, tole riert keine Glaubenspraxis, die sich durch Gewalttaten gegen die jüdisch-christlichen Grundlagen unserer Kultur richtet, meine Damen und Herren.
Nun kommen wir zur Sicherheit in Baden-Württemberg. Wir fragen Sie, Herr Innenminister Strobl: Hätte dieses schreckli che Verbrechen am höchsten Feiertag der Juden auch in Ba den-Württemberg verübt werden können? Die AfD sagt: Ja, das könnte sehr wohl auch in Baden-Württemberg passieren.
Sie sprachen in den vergangenen Tagen von einem Notfall szenario nach einem verübten Terroranschlag. Wir fragen Sie, Herr Innenminister: Wo ist Ihr Sicherheitskonzept in der Prä vention, bevor ein Terroranschlag überhaupt geplant und durch geführt werden kann?
Wir erwarten von Ihnen, dass alle Auffälligkeiten in den so zialen Interaktionen von Menschen rechtzeitig erkannt wer den.
Als Sie Ihre Kriminalstatistik 2018 vorgestellt haben, sagten Sie, dass Baden-Württemberg in Bezug auf die Sicherheit die Spitze aller Bundesländer darstelle. Dann beweisen Sie uns, dass es so ist.
Sie und andere Politiker sprechen immer wieder vom Sicher heitsgefühl. Aber jeder fühlt anders. Wir auch. Wir wollen die Fakten.
Wir vermuten, dass leider nicht alle notwendigen Schutzmaß nahmen realisierbar sind. Erstens haben wir entschieden zu wenig Sicherheitsbeamte. Zweitens ist das vorhandene Per sonal nicht ausreichend auf die Gefährdungslagen eingestellt, und drittens vermuten wir, dass Ihnen nicht ausreichend finan zielle Ressourcen zur Verfügung stehen, um die gestiegenen Anforderungen an Präventionsmaßnahmen zu erfüllen.
Sie sind bereits seit Jahren gezwungen, Freibäder, Volksfeste und alle größeren Veranstaltungen zu schützen. Jetzt wollen Sie und sollen Sie Synagogen, Moscheen und Kirchen schüt zen.
Aktuell, meine Damen und Herren, steht uns ein noch wesent lich größeres Problem ins Haus. Mit dem Konflikt in Nordsy rien wachsen in Deutschland und auch in Baden-Württemberg die Spannungen zwischen Kurden und Türken, und es ist zu befürchten, dass dieser Konflikt zu hoher Gewaltbereitschaft auf deutschen Straßen führt – auch in Baden-Württemberg.
Unser NATO-Partner, die Türkei, ist völkerrechtswidrig in Nordsyrien einmarschiert. Durch die Kriegshandlungen ent steht eine neue Flüchtlingswelle, der sich Hunderte, wenn
Herr Innenminister, wollen Sie weiterhin zulassen, dass Deutsch land erpressbar bleibt, dass der türkische Staatspräsident die alleinige Entscheidungsgewalt darüber hat, wie viele Flücht linge inklusive IS-Terroristen in den nächsten Wochen und Monaten nach Deutschland und Baden-Württemberg einströ men werden? Müssen sich die Bürger in Baden-Württemberg darauf einstellen, dass sich die Bundeswehr nach Artikel 5 des NATO-Vertrags an den völkerrechtswidrigen Kriegshandlun gen beteiligen muss? All das sind Fragen, die Sie uns im An schluss hoffentlich beantworten können.
(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Stellen Sie diese Fragen im Bundestag! Da bekommen Sie sie beantwortet!)
Sie werden hier nicht mit der billigen Aussage davonkom men: „Sie werden das im Bundestag beantwortet bekommen.“ Wir sind für Baden-Württemberg verantwortlich, für badenwürttembergische Bürger,
und wir wollen für diese Bürger Antworten vom Innenminis ter und vom Justizminister, meine Damen und Herren.
Sie werden es irgendwann verstehen müssen: Nur ein Staat, der seine Grenzen schützt, kann auch eine innere Sicherheit gewähren.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kol legen! Sehr geehrter Herr Gögel, Ihre Rede ist nichts anderes als der nächste – ich füge hinzu: untaugliche – Versuch, auch mit Blick auf die gestrige Debatte, von Ihrer erheblichen po litischen Mitverantwortung für die Entwicklung in diesem Land abzulenken.