Protokoll der Sitzung vom 17.10.2019

lungsansprüche reduziert werden sollten, und jetzt wieder die Rolle rückwärts zur ganz großen Lösung. Wir machen hier sachorientierte Politik, und wir nehmen die Betroffenen da bei sehr ernst.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jürgen Filius GRÜNE)

Ich habe von Anfang an auch betont, dass wir beim weiteren Umgang mit dem Bildungszeitgesetz die Diskussion auf die Resultate einer ergebnisoffenen Evaluation stützen werden. Das ist uns wichtig, und selbstverständlich wird auch das Ver hältnis zwischen Kosten und Nutzen des Gesetzes Teil dieses Prozesses sein.

Nachdem ich im Frühjahr den Bericht zur Evaluation öffent lich vorgestellt habe, konnten die Interessenvertreter hierzu Stellung nehmen. Ich habe auch persönliche Gespräche mit Befürwortern und Kritikern des Gesetzes geführt, um ein voll umfängliches Bild zu erhalten. Im nächsten Schritt findet jetzt die politische Diskussion über das Bildungszeitgesetz statt, die regierungsinterne Abstimmung über die weitere Marsch richtung beim Vorgehen mit Blick auf das Bildungszeitgesetz. Das Ergebnis dieses politischen Prozesses kann und werde ich heute nicht vorwegnehmen.

Neben der Abschaffung des Bildungszeitgesetzes haben Sie auch die Abschaffung des Landestariftreue- und Mindestlohn gesetzes gefordert. Wir haben hierüber anlässlich des Gesetz entwurfs der Fraktion der AfD zur Aufhebung des Tariftreue- und Mindestlohngesetzes für öffentliche Aufträge in BadenWürttemberg schon ausführlich diskutiert.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Auch hierzu befinden wir uns in einem Beteiligungsprozess. Auch hierzu wollen wir die Beteiligten hören, und wir neh men sie ernst. Es ist uns wichtig, dass wir uns ein vollumfäng liches Bild von der jeweiligen Situation und der Einschätzung verschaffen und damit eine solide Basis generieren, um zu ei ner sinnvollen Entscheidung zu kommen.

Seien Sie also versichert, dass wir alles tun, um in beiden Fäl len die bestmögliche Lösung für den Wirtschaftsstandort Ba den-Württemberg zu finden, und dies auch im Sinne des Ab baus überflüssiger Bürokratie.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Mir liegt noch eine Wort meldung von Herrn Abg. Dr. Schweickert vor. Sie sind auch der Einzige, der noch Redezeit hat.

Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Ich habe deshalb gesagt: „Wir schauen uns das mal an“, weil ich auch wissen wollte, wie die politischen Mitbewerber in einer solchen Situation auf so et was eingehen.

Herr Schoch hat gesagt, der Zeitpunkt des Antrags – es ist ja kein Antrag, es ist ein Gesetzentwurf – würde nicht passen. Es gäbe ja ganz viele Vorschläge, was man ändern könnte. Wenn ich diese Änderungsvorschläge zusammennehme, muss ich sagen: Das ist wie bei einem Auto. Irgendwann ist es so

viel, dass ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, und dann kann man halt nicht mehr an Einzelsachen herumdoktern, Herr Schoch.

Der Kollege Paal hat – vielleicht entlarvend – erwähnt, das würde ja gar nicht so viel Bürokratie ausmachen, schließlich würden ja nur 1 % das Bildungszeitgesetz überhaupt nutzen.

(Lachen der Abg. Carola Wolle AfD)

Lieber Kollege Paal, genau das ist ja der Grund, warum man das Bildungszeitgesetz nicht braucht.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP/DVP und der AfD)

Sie insistieren immer wieder auf Bürokratieabbau. Kollege Paal hat auf die 51 Vorgaben hingewiesen. Es wird geredet. Genau das ist ja mein Ansatzpunkt. Aber wo wurden sie denn abgeschafft? Es wurden ganze zwei Vorschläge genannt, wo diese Landesregierung in dreieinhalb Jahren Bürokratie abge baut hat. Bei der LBO-Novelle können wir uns darüber strei ten, inwieweit das bei den Fahrradstellplätzen tatsächlich zum Bürokratieabbau geführt hat, wenn man das jetzt auf die un teren Baurechtsbehörden geschoben hat.

(Abg. Claus Paal CDU: Zweistelliger Millionenbe trag!)

Das andere ist – da bin ich mit dem Kollegen Born wahr scheinlich sogar einer Meinung –, dass ich es nun schon mu tig finde, wie die regierungstragenden Koalitionsparteien hier Formulierungen verwenden wie – ich zitiere, ich habe mir das alles mitgeschrieben –: „Wir machen keinen Schnellschuss“, „Wir nehmen uns Zeit“, „transparent“, „umfassendes Begleit programm“.

(Abg. Anton Baron AfD: Landfrauen!)

Das waren Ihre Worte zu einem Thema, bei dem Sie in Ihren Nebenabreden doch schon ganz klar geregelt haben, wie das aussehen soll. Das ist schon – diplomatisch formuliert – mu tig.

(Heiterkeit der Abg. Carola Wolle AfD)

Das hat mich schon begeistert, wie Sie das formulieren, ob wohl Sie doch schon ganz klar gesagt haben, wie Sie sich das vorstellen. Das ist doch vorgezeichnet. Nach zwei Jahren, ha ben Sie gesagt, soll für die betriebsbezogenen Fortbildungen weiterhin die volle Freistellung ohne Bezüge gelten, aber es sollen zwei Urlaubstage berechnet werden.

Deswegen, Frau Ministerin: Das ist kein Schlingerkurs. Wir haben damals versucht, das, was vor Ihnen zerbrochen auf dem Boden lag, einigermaßen zu retten, indem wir gesagt ha ben: Der Vorschlag, den Sie gebracht haben, ist umsetzbar. Dann weiß auch jeder Beteiligte, dann weiß jeder Landfrau enverband und jeder andere, woran er ist. Aber damals waren Sie nicht bereit, auf das Thema einzugehen. In Ordnung! Aber ich frage mich, was diese Regierung im nächsten Jahr noch alles hinbekommen will bei nur zwei Vorschlägen in dreiein halb Jahren. Meine Damen und Herren, das ist deutlich zu we nig. Hier muss mehr passieren.

Herr Abg. Dr. Schwei ckert, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Paal zu?

Ja, selbstverständlich.

Vielen Dank, dass Sie die Zwischen frage zulassen, Herr Kollege Schweickert. – Nur eine Ver ständnisfrage: Sie haben schon mitbekommen, dass der Nor menkontrollrat uns nachgewiesen hat, dass die Reform der Landesbauordnung Bürokratieabbau im Umfang von 100 Mil lionen € mit sich gebracht hat? Das hat Sie erreicht, und das wissen Sie, obwohl Sie gerade sagen, wir hätten nichts getan. Bürokratieabbau im Baubereich im Umfang von 100 Millio nen € ist ein Wort.

Lieber Kollege Paal, ich bin gerade auf diese zwei Punkte, die genannt worden sind, eingegangen. In der LBO wurden tatsächlich diese Reduzie rungen erreicht. Ich bin aber der Meinung, dass man deutlich mehr hätte erreichen können, gerade bei dem Punkt, den ich Ihnen genannt habe, was das Thema Fahrradstellplätze angeht, was ursprünglich auch einmal eines Ihrer Themen war. Da hät te man tatsächlich aus diesem Betrag noch einen viel höheren machen können.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dann heißt es: Man muss ja immer auch schauen, was die Stakeholder machen. Ja, das tun wir, weil wir auch mit denen reden. Bei dem, was diese Regierung hier an den Tag legt, in dem sie sich auf der einen Seite mit ihren Nebenabreden schon einen genauen Fahrplan überlegt hat, was sie tut, auf der an deren Seite aber das Ganze so weit nach vorn schiebt, muss ich sagen: Zu unserem Vorschlag kann man stehen, wie man will. Um es hier klar zu sagen: Unser Vorschlag heißt Abschaf fung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes und Ab schaffung des Bildungszeitgesetzes, weil das die Bereiche sind, die man einmal angehen kann. Aber ich prophezeie, dass diese Landesregierung noch nicht einmal bei den Themen, bei denen sie am Steuer steht, den Mut aufbringt, diese Themen aufzugreifen, sondern wieder verschiebt auf andere Prozesse, in denen man auf Mitberatung angewiesen ist. Das ist scha de, weil man damit über die Unfähigkeit, außer Ankündigun gen etwas zu liefern, nicht hinauskommt. Das ist in der jetzi gen Situation das absolut Falsche.

Ich würde mich freuen, wenn endlich auch im Bereich Ihres Ministeriums, Frau Hoffmeister-Kraut, nicht nur mit Ankün digungen gearbeitet würde, sondern deutlich mehr gemacht würde. Wenn nur das Thema Landesbauordnung das ist, was Sie als Bürokratieabbau verkaufen – Sie haben ja die Mög lichkeit, mehrere Dinge noch darzustellen –, dann ist das deut lich zu wenig.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache beendet.

Ich schlage vor, dass wir den Gesetzentwurf Drucksache 16/6758 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Ar beit und Wohnungsbau überweisen. – Es erhebt sich kein Wi derspruch. Dann ist das so beschlossen, und wir haben Tages ordnungspunkt 8 erledigt.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zum Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrag – Drucksache 16/6931

Zur Begründung hat Herr Staatssekretär Klenk das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Sechs von acht Spielen in der Qualifikation für die Fußballeuropa meisterschaft hat Deutschland seit Sonntag hinter sich. Die Chancen, sich für die Europameisterschaft im kommenden Jahr zu qualifizieren, stehen gut.

(Beifall des Abg. Konrad Epple CDU)

Was uns aus rein sportlicher Sicht erfreut, beschäftigt uns aber auch in anderer Hinsicht. Ein Sportgroßereignis wie die EM übt Faszination aus auf uns alle als Zuschauer, aber auch auf spiel- und wettsüchtige Menschen. Hier müssen wir Verant wortung übernehmen. Es ist wichtig, das Glücksspiel in ge ordnete Bahnen zu lenken und die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes vor seinen Gefahren zu schützen.

Mit dem Glücksspielstaatsvertrag haben wir hierfür in Deutsch land einen umfangreichen Rechtsrahmen. Aufgrund der Ent scheidung hessischer Verwaltungsgerichte ist eine effiziente Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrags für den Bereich der Sportwetten seit einiger Zeit jedoch nicht möglich. Diese ha ben die Erteilung der Konzessionen bis zu einer zeitlich nicht abschätzbaren Entscheidung in der Hauptsache aufgeschoben.

Daher haben die Länder mit dem Mannschaftsgeist eines Fuß ballteams gemeinsam reagiert und den Dritten Glücksspielän derungsstaatsvertrag erarbeitet. Dieser wurde im Frühjahr die ses Jahres von allen Ministerpräsidentinnen und -präsidenten unterzeichnet. Durch die Konzentration auf die Sportwetten regulierung wird die unbefriedigende Hängepartie im Kon zessionsverfahren für Sportwetten beendet. Die Kontingen tierung auf 20 Sportwettkonzessionen wird aufgehoben, und wir gehen zu einem zahlenmäßig nicht limitierten Erlaubnis verfahren über. Zudem stellt der Glücksspieländerungsstaats vertrag klar, dass die Experimentierphase, die die probewei se Abkehr vom staatlichen Sportwettenmonopol vorsieht, bis zum 30. Juni 2021 anwendbar ist.

Mit der Weiterentwicklung des Staatsvertrags wird im Bereich der Sportwetten eine Rechtsgrundlage zur Verfügung gestellt, die Klarheit für alle Beteiligten schafft: Klarheit für die An bieter, Klarheit für die Spieler und Klarheit für die Behörden.

Lassen Sie es mich präzisieren: Jeder Anbieter, der die gesetz lichen Voraussetzungen erfüllt, kann nunmehr legal am Markt teilnehmen. Er muss kein Auswahlverfahren durchlaufen, son dern er kann die Konzession bei der für das ländereinheitli che Verfahren zuständigen Behörde in Hessen beantragen. Spieler erlangen die Sicherheit, dass ihnen künftig zugelasse ne Anbieter gegenüberstehen, die die gesetzlichen Vorausset zungen wie den Spielerschutz einhalten. Der Schutz der Spie ler vor Gefahren wie Sucht und Betrug muss uns allen ein be sonderes Anliegen sein. Den Behörden schließlich wird mit dem Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrag ein Instrumen tarium an die Hand gegeben, das ihnen ein gezieltes und flä

chendeckendes Vorgehen gegen illegale Sportwettangebote ermöglicht.

Dieser Staatsvertrag ist ein wichtiger Schritt hin zu einem ko härenten Regelungssystem, das ein effektives, ländereinheit liches Vorgehen gegen illegales Glücksspiel ermöglicht und gleichzeitig dem Spannungsfeld zwischen Spielerschutz und attraktivem Spielangebot hinreichend Rechnung trägt. Wir, das Land, sind nun gehalten, die Wirksamkeit unserer mit der Unterzeichnung des Staatsvertrags abgegebenen Erklärung zu bestätigen.

Mit der Ratifizierung des Staatsvertrags kommen wir unserer Verpflichtung nach, den Sportwettenmarkt in Deutschland ab schließend zu regulieren und so der fortschreitenden Erosion des Glücksspiels als Sonderordnungsrecht entgegenzuwirken. Ferner leisten wir hierdurch auch einen wichtigen Beitrag für den Erhalt des Lotteriemonopols. Wir sorgen für Fair Play nicht nur im Sport, sondern auch am Rande des Spielfelds.