Protokoll der Sitzung vom 14.11.2019

Herr Abg. Rivoir für die SPD. – Bitte.

Frau Präsidentin, meine Kollegin nen und Kollegen! Wir stimmen diesem Gesetz zu.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Da kann man ruhig mehr Beifall geben.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU – Zurufe, u. a. Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir sind davon ausgegangen, dass Sie zustimmen!)

Ich bin aber noch nicht am Ende. – Das LGVFG, das jetzt ver längert wird, ist für uns ein wichtiger Bestandteil der Ver kehrswende in den Gemeinden, in den Kreisen unseres Lan des. Es hat lange gedauert, bis der Gesetzentwurf vorlag. Es gab intensive Gespräche. Wir haben schon länger angemahnt, dass das Gesetz endlich kommen muss, weil auch die Kom munen, die davon betroffen sind und die gefördert werden sol len, Planungssicherheit brauchen. Letztlich hatten wir noch eine gewisse Hektik im Gesetzgebungsverfahren. Zielgerecht zum 1. Januar 2020 wird das Gesetz dann in Kraft treten.

Ich will drei Gründe dafür herausgreifen, dass wir dem Ge setz zustimmen werden. Zum einen sieht es eine Aufstockung der Mittel vor. Herr Dörflinger hat es schon dargestellt. Wir haben diese Aufstockung immer gefordert. Dass jetzt sogar etwas mehr kommt, ist nur auf den ersten Blick so. Sie haben die Mittel den Kommunen schon vorher weggenommen, jetzt geben Sie sie ihnen wieder. Insofern ist dieser Schritt keine Heldentat, aber wir erkennen ihn an, und das ist, wie gesagt, ein Grund für unsere Zustimmung. Straßen und Brücken kön nen mit diesen Mitteln saniert werden, Radwege können aus gebaut werden, und es können auch die baulichen Vorausset zungen dafür geschaffen werden, dass der ÖPNV in BadenWürttemberg weiter ausgebaut wird.

Der zweite Grund, den ich anführen will, ist die auch von uns massiv geforderte Förderung der Neubeschaffung von Stadt bahnwagen. Bisher wurden nur Ersatzbeschaffungen unter stützt. Eine Kommune – als Beispiel nenne ich die, aus der ich komme, die Stadt Ulm – hat zehn neue Straßenbahnwa gen wegen Netzausbaus gekauft und keine Förderung bekom men. Es ist eigentlich nicht richtig, dass man das nicht unter stützt. Jetzt wäre es möglich, aber das Projekt ist schon abge schlossen. 30 % sind im Gesetz genannt; das ist besser als 0 %. 50 % wären besser, aber so, wie Sie das gestaltet haben, ist es für uns auch in Ordnung.

Der dritte Grund ist die Neuaufnahme von Luftreinhaltung und Klimaschutz als förderfähige Maßnahmen. Das ist für uns in Ordnung. Entsprechende Maßnahmen sorgen für eine bes sere Lebensqualität in den Städten. Kritisch will ich dabei an merken, dass die Kriterien, die im Gesetz enthalten sind, et was unklar sind, sodass wir ein bisschen die Sorge haben, dass dadurch eine „Verfügungswelt“ und eine Spielwiese des Mi nisters geschaffen werden, der dann entscheiden kann, wer welche Förderung bekommt. Deswegen werden wir sehr ge nau hinschauen, wer welche Mittel bekommt und wie die un tergesetzlichen Regelungen gestaltet werden.

Grundsätzlich werden wir dem Gesetz, wie gesagt, zustim men.

Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen. Herr Minister, vielleicht können Sie dazu etwas sagen. Uns alle hat ein Brief aus Konstanz erreicht. Darin wurde bemängelt, dass Wasser fahrzeuge, die im ÖPNV unterwegs sind – also nicht die Wei ße Flotte, sondern Fähren, die auch auf dem Rhein unterwegs sind –, nicht gefördert werden können. Als Fördertatbestand stehen Seilbahnen schon immer im Gesetz. Es ist aber auch eine besonders schöne Art der Fortbewegung, mit einer Fäh re über den Fluss zu fahren. Eigentlich sollte das auch durch das Land gefördert werden, zumal das Volumen nicht so groß ist. Vielleicht können Sie noch etwas dazu sagen, wie Sie mit diesem Brief und mit dieser Forderung umgehen wollen.

Also noch einmal vielen Dank für die sehr späte, aber dann noch zielgerechte Vorlage. Wir werden ihr zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Herr Abg. Haußmann für die FDP/DVP. – Bitte.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man ist schon froh, wenn man den Namen des Gesetzes richtig aussprechen kann: Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP, der Grünen, der CDU und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

ein Wort mit 41 Buchstaben. Aber die Definition des Kolle gen Dörflinger finde ich fast noch besser.

Wir haben vorhin über das „Gute Kita“-Gesetz gesprochen. Vielleicht müssen wir uns über die Namensgebung in den Be reichen Verkehr und Mobilität mehr Gedanken machen, da mit die Materie noch mehr in die Bevölkerung durchdringt. Denn von der Namensgebung her sind Gespräche über dieses Konstrukt relativ schwierig. Dabei sorgt das Landesgemein deverkehrsfinanzierungsgesetz für die Kofinanzierung vieler kommunaler Projekte im Straßenbau und im Umweltverbund.

Das Entflechtungsgesetz, das dann an dieser Stelle nicht mehr zu nennen ist, läuft Ende 2019 aus. Durch die Nachfolgerege lung – vor allem durch die Mehreinnahmen aufgrund der Neu verteilung der Umsatzsteuerprozentpunkte zwischen Bund und Ländern einerseits sowie durch die Mitfinanzierung der

Kommunen andererseits – ist es möglich, dass ein Mittelauf wuchs von 165 Millionen auf 320 Millionen € stattfindet. Das begrüßt auch die FDP/DVP; denn damit können in BadenWürttemberg deutlich mehr Projekte umgesetzt und gefördert werden.

Warum die FDP/DVP dem vorliegenden Gesetzentwurf trotz dem nicht zustimmt, will ich Ihnen gern noch einmal erläu tern. Positiv sehen wir in der Tat, dass es durchaus auch sinn volle Erweiterungen gibt, was die Förderkriterien anbelangt: Ich nenne die Beseitigung der Barrierefreiheit – ein Thema, das die FDP/DVP immer wieder, auch in Haushaltsanträgen, publik gemacht und unterstützt hat –, die Zuwendungsfähig keit der Planungskosten, die Brückensanierung, die Förderung des kombinierten Verkehrs oder auch die Fahrzeugförderung. Das alles sind Dinge, die Sinn machen, die dringend notwen dig sind und die auch unsere Zustimmung finden.

Was nicht unsere Zustimmung findet, ist die Mittelverteilung, die eben nur untergesetzlich geregelt wird. Wir hätten es gern gesehen, dass man die Aufteilung, die man jetzt festgelegt hat, auch verbindlich so vorsieht. Die untergesetzliche Regelung lässt Spielräume zu, und Spielräume können, wie wir wissen, durchaus auch anders genutzt werden.

Das betrifft auch das neue Kriterium der Förderung besonders klimafreundlicher Maßnahmen. Da hätten wir uns durchaus deutlichere Kriterien gewünscht, weil man mit dieser Mög lichkeit auch sagen könnte: Wir reduzieren den motorisierten Verkehr. Denn je weniger Autos fahren, umso stärker ist qua si der Klimaschutzeffekt. Wenn nicht mehr viele Autos fah ren, hat das möglicherweise zwar wirtschaftliche Auswirkun gen, aber es hat auch Klimaschutzeffekte. Deswegen hätten wir uns da schon eine sehr deutliche Konkretisierung ge wünscht.

Ich denke einmal an die Regionalisierungsmittel. Man kann durchaus darüber nachdenken, aus Regionalisierungsmitteln für den Regionalverkehr auch Lokführer auf Staatskosten aus zubilden. Aber wenn wir sozusagen einen Lokführerpool auf Staatskosten aufbauen, dann muss man bei den Maßnahmen durchaus genau hinschauen. Deswegen findet es nicht unsere Zustimmung, dass man ohne genaue Definition bis zu 75 % für besonders klimafreundliche Maßnahmen einsetzen kann. Da hätten wir uns konkrete Kriterien gewünscht.

Wir haben gestern im Rahmen der Allgemeinen Aussprache über das Staatshaushaltsgesetz 2020/21 noch einmal darauf hingewiesen, dass wir weit über die Elektromobilität hinaus in Baden-Württemberg auch eine noch intensivere Wasser stoffstrategie brauchen.

(Zuruf des Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE)

Und das passt eben nicht in die Struktur des Landesgemein deverkehrsfinanzierungsgesetzes. Deswegen werden wir den Gesetzentwurf ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nun hat Herr Minister Hermann das Wort.

Frau Präsiden tin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal daran erinnern, was eigentlich die Herausfor derungen waren. Wir haben die Förderung und die Finanzie rung der kommunalen Verkehrsinfrastruktur über viele Jahre durch das Entflechtungsgesetz finanziert und geregelt. Es war die große Herausforderung für diese Koalition, eine Nachfol geregelung zu finden und die Frage zu beantworten: Wie fi nanzieren wir diese Mittel und darüber hinaus die Mehranfor derungen, die alle gesehen haben? Ich glaube, es ist wirklich ein großer Wurf, dass es uns, der Koalition, gelungen ist, ei ne neue gesetzliche Grundlage zu schaffen und damit die fi nanzielle Situation der Kommunen deutlich zu verbessern.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Alle Rednerinnen und Redner – auch die, die dem Gesetz letztlich nicht zustimmen werden – haben die Bedeutung die ses Gesetzes hervorgehoben. Man muss auch deutlich machen, auch wenn es jetzt spät am Abend ist: Das ist die zentrale Fi nanzierungsgrundlage für die Zukunft der Kommunen, für Busverkehre, für Stadtbahnen, für den Straßenverkehr, für den Bau von Haltestellen. Das ist die zentrale Grundlage. Wir ver schaffen den Kommunen damit perspektivisch nicht nur Klar heit, sondern geben ihnen auch deutlich mehr Mittel. Das ist ein richtig großer Wurf.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Das Gesetz ist nicht einseitig in dem Sinn, dass wir nur das eine fördern würden. Vielmehr fördern wir ein breites Spekt rum. Busverkehr, Radverkehr, Fußverkehr, Mobilitäts-Hubs, also die Vernetzung von Verkehrsträgern, alles ist drin, und zusätzlich sind auch neue Elemente wie Luftreinhaltung und Klimaschutz beinhaltet. Das alles dient der Sicherung von Mobilität auf kommunaler Ebene und gleichzeitig von Le bensqualität. Hier kann man sagen: Es ist insgesamt ein rich tig gutes Gesetz gelungen.

Ich will mich ganz besonders bei den Koalitionsfraktionen be danken. Sie alle wissen, dass Gesetze häufig aus dem jeweils zuständigen Ministerium kommen und die Parlamentarier erst am Schluss noch etwas zu sagen haben. Aber dieses Gesetz ist durch und durch ein parlamentarisches Gesetz. Die Frak tionen waren von Anfang an beteiligt. Man spürt auch an den einzelnen Regelungen, die mit dem neuen Gesetz verändert werden sollen: Da sind Anliegen aus den Debatten aufgenom men worden, übrigens auch Anliegen der Verbände.

Ich möchte mich außerordentlich bedanken bei beiden Regie rungsfraktionen, aber auch bei den Verbänden, die uns Anre gungen gegeben haben. Das waren wesentliche Voraussetzun gen dafür, dass die Finanzministerin in den Verhandlungen mit den Kommunen einen guten Erfolg bei der Erhöhung der Mittel erzielt hat. Das war die Grundlage für ein gutes Gesetz.

Ich will mich auch bei meinem eigenen Haus bedanken. Wir hatten viel Arbeit. Es ist viel diskutiert worden. Es ging lan ge hin und her. Aber ich glaube, am Ende kann man sagen, es hat sich gelohnt. Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Ziele waren eindeutig. Wir wollten insgesamt die Finan zierung verbessern. Wir wollten aber auch das Spektrum ver

breitern, weil wir gemerkt haben: Es gibt mehrere Ansprüche. Alle haben auch gesagt: Luftreinhaltung und Klimaschutz sind Anforderungen, die heute offenkundig sind. Diese müssen auch in das Gesetz hinein.

Ich glaube, es haben alle auch ziemlich gut verstanden, dass die Förderkulisse erweitert werden muss. Ich meine, die Ein zigen, die das nicht verstanden haben, waren die Abgeordne ten der AfD, aber die haben auch sonst nichts verstanden. In sofern ist das jetzt eigentlich keine große Überraschung.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Abg. Rüdiger Klos AfD: Nicht von sich auf andere schließen!)

Meine Damen und Herren, 320 Millionen € sind, gemessen an den jahrzehntelang aufgelaufenen Aufgaben, eine ange messene Aufstockung. Das haben alle Beteiligten betont. Herr Dörflinger hat darauf hingewiesen: Die SPD hat immer groß zügig 300 Millionen € gefordert. Wir haben es am Ende ge schafft, diesen Betrag sogar zu überbieten. Das ist, glaube ich, schon ganz wichtig; denn die Ansprüche sind im Laufe der Zeit ja auch gewachsen.

Nehmen wir das Beispiel Fahrzeugfinanzierung. Wir haben sie eigentlich für richtig gehalten, aber es war natürlich im mer ein Makel, dass wir keine finanzielle Grundlage hatten, um es zu machen. Jetzt haben wir die Grundlage. Es ist auch gut, dass nicht nur die Ersatzbeschaffung, sondern auch die Anschaffung von Neufahrzeugen gefördert wird. Aber wir können das jetzt nicht gleich mit 50 % fördern, sonst ist das ganze Geld weg. Vielmehr muss man das angemessen ma chen. Ich glaube, das ist wirklich wichtig.

Ein weiterer Punkt: Die Sanierung kommunaler Brücken ist ein echter Geldfresser, aber dringend notwendig. Dabei müs sen wir den Kommunen helfen. Auch das ist gut, dass wir Brü ckensanierung und Ersatzbrücken – das war vorher nicht der Fall – hier aufgenommen haben.

Sie sehen also, eine Reihe von Punkten sind neu, wichtig und angemessen. Ich will noch einen hinzufügen: die Vernetzung von Verkehrsmitteln. Es geht hier nicht im Güterverkehr um ein großes Güterverkehrsterminal, sondern um MobilitätsHubs und Transport-Hubs in Kommunen. Güter kommen in größeren Lkws an und werden dann auf kleinere Einheiten, etwa Elektrotransporter, übertragen.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Das ist Schwachsinn!)

Man nimmt also sozusagen moderne Logistik, die nachhaltig und auf die Städte angepasst ist, in Angriff.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Das ist Gehirnamputation!)