Protokoll der Sitzung vom 06.02.2020

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Erstens müssen Gefährder statt 14 Tage bis zu drei Monate lang in Gewahrsam genommen werden können. Das kann aus präventiven und ermittlungstaktischen Gründen erforderlich sein. Es kann auch erforderlich sein oder werden, diese Frist mehrfach zu verlängern.

Meine Damen und Herren, übersehen Sie bitte nicht, dass für jede Verlängerung eine richterliche, also unabhängige Geneh migung eingeholt werden muss. Der Richter kann den Ge wahrsam jederzeit abbrechen oder auf kürzere Zeit abändern.

Welche Gefährder sind gemeint? Es handelt sich um Gefähr der, die den Polizeibehörden bekannt sind und die eventuell schon einschlägige Vorstrafen bekommen haben, die Strafta ten begangen haben oder dies nach bestehender Erkenntnis lage beabsichtigen.

Wir dürfen nicht zulassen, dass sich diese Menschen im öf fentlichen Raum bewegen können, um ihre Untaten und Ver brechen zu planen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Unsere Ermittlungsbehörden müssen mehr Zeit für ihre Tä tigkeit bekommen, um Gefährdungsprognosen und Maßnah menstrategien festlegen zu können. 14 Tage sind hierfür in den meisten Fällen zu kurz, sie reichen nicht aus.

Zweitens sieht unser Entwurf vor – ich hoffe, Sie werden ihn noch lesen oder haben das bereits getan; bitte nicht einfach ablehnen, weil er von der AfD stammt –, neben dem Richter vorbehalt noch weiter gehende rechtsstaatliche Sicherungs maßnahmen einzuführen.

Mit der zusätzlich zum Richtervorbehalt geplanten verpflich tenden Beiordnung eines Rechtsbeistands ab dem 15. Tag der Ingewahrsamnahme berücksichtigt unser Entwurf auch die berechtigten Interessen der Betroffenen, nicht länger als un bedingt nötig inhaftiert zu bleiben.

Hierin unterscheidet sich unser Entwurf von dem bayerischen Entwurf. Wir finden das richtig, denn wir holen das bayeri sche Gesetz in diesem Fall wieder auf den Teppich der Rechts staatlichkeit zurück. Das sind wir unserem Ruf als Rechts staatspartei nicht weniger als schuldig, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Eigentlich müssten der Herr Innenminister und die CDU – der Innenminister tritt außen immer gern als „schwarzer Sheriff“ auf, der empfiehlt und für seine Maßnahmen wirbt – unseren Entwurf sofort für sich vereinnahmen. Der Innenminister hat es aber nicht einmal geschafft, seine grünen Freunde zu einer Ausweitung der Ingewahrsamnahme auf einmalig drei Mona te zu überreden. Der Granit, auf den er biss, muss noch heu te zwischen seinen Zähnen knirschen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Da müssten seine Zäh ne aber stärker gewesen sein als der Granit!)

Meine Damen und Herren, ein Beispiel für wahltaktisches Verhalten zulasten der inneren Sicherheit lieferte Bayerns da maliger Minister Söder im Jahr 2018. Zuerst nahm er die Si cherheitslage in Bayern ernst und verschärfte das bayerische Polizeiaufgabengesetz, um danach mit dem Gedanken spie

len zu können, es wieder zu entschärfen. Die Begründung ha be ich vorab schon geliefert: Es ging damals um die Landtags wahl und die Angst vor Wählerstimmen für die AfD.

Meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf ist für die Si cherheit der Bürger in unserem Land enorm

(Abg. Sascha Binder SPD: Irrelevant!)

wichtig. Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir, dass die Bür ger in unserem Land besser vor Gefahren geschützt werden können. Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir künftige Ter roranschläge eventuell verhindern. Wenn wir nur einen damit verhindern können, dann haben wir schon ein sehr positives Ergebnis erreicht.

Mit diesem Gesetz wollen wir einen besseren Schutz vor bru talen Vergewaltigungen, Morden, Anschlägen, vor Mördern, die offen mit Waffen wie Macheten durch die Gegend laufen. Das alles sind Gefährder, die wir besser mal in Haft nehmen und dann eventuell ermitteln, ob wir sie bestrafen oder abstra fen können.

Wir möchten mit diesem Gesetz einen besonderen Schutz vor extremistischen Taten jeder Art – egal, wer diese verübt oder plant, meine Damen und Herren – erreichen.

Zeigen Sie den Bürgern, dass Sie es mit dem Schutz ernst mei nen. Lehnen Sie unseren Gesetzentwurf nicht gleich ab, nur weil er von der AfD kommt. Gefährder müssen endlich wirk samer als bisher in Gewahrsam gebracht werden. Setzen Sie ein klares Zeichen für den Schutz der Bürger in unserem Bun desland. Werden Sie Ihrer Verantwortung für unser Land ge recht, und stimmen Sie deshalb unserem Gesetzentwurf zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt hat das Wort Herr Fraktionsvorsitzender Sckerl für die – –

(Heiterkeit – Oh-Rufe – Zuruf: Bravo! – Abg. Mar tin Rivoir SPD: Es geht zurzeit Schlag auf Schlag! – Weitere Zurufe)

Herr Abg. Sckerl, entschuldigen Sie bitte die Beförderung.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Hier werden heute Be förderungen ausgesprochen! Das ist ja grandios! – Abg. Anton Baron AfD: Strippenzieher! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das sind die Sitzungsunterlagen für 2021!)

Vielen Dank, Frau Prä sidentin, aber in der mir eigenen Bescheidenheit darf ich ver sichern, dass ich dieses Amt nicht anstrebe.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Für das Protokoll, bit te!)

Es bleibt zumindest bis zum Ende dieser Wahlperiode beim Abgeordneten Sckerl und Ihrem geschätzten Kollegen, so hof fe ich doch.

(Abg. Winfried Mack CDU: Sie wollen sich nicht von Ihrer Fraktion wählen lassen?)

Nun zum Ernst des Themas. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben uns mit diesem Gesetzentwurf inten siv beschäftigt. Wir haben auch das gelesen, was hinter der so schönen Fassade steht, Herr Gögel. Von wegen, dass sich die AfD nur aufgrund der terroristischen Gefährder sorgt und ih ren Gesetzentwurf damit begründet, dass man diesen terroris tischen Gefährdern das Handwerk rechtzeitig legt. Wer lesen kann, ist hier eindeutig im Vorteil, meine Damen und Herren. Das ist ein weitgehender Gesetzentwurf, der sich gegen alles Mögliche richtet,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Herr Kollege, Sie wissen, was Sie mit diesem Satz gesagt haben: „Wer lesen kann, ist im Vorteil“!)

bis hin zu missliebigen Demonstranten. Denn in Ihrem Ge setzentwurf steht: Wer Transparente mit sich führt, Flugblät ter, die geeignet sind, eine bestimmte Absicht einer Tat erken nen zu lassen, und Ähnliches – –

(Abg. Bernd Gögel AfD: Ich frage mich, wo Sie das gelesen haben!)

In Ihrem Gesetzentwurf, Herr Gögel. Ich empfehle Ihnen, Ihren eigenen Gesetzentwurf zu lesen, bevor Sie hier im Land tag solche Reden halten. Der Gesetzentwurf beschränkt sich nicht auf die Abwehr terroristischer Gefahren,

(Abg. Anton Baron AfD: Sie interpretieren da irgend etwas hinein!)

sondern der Gesetzentwurf will in weiten Teilen massiv in die Bürgerrechte eingreifen. Da werden Sie selbstverständlich auf unseren Widerspruch stoßen; das sage ich Ihnen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Winfried Mack CDU)

Sie orientieren sich an Bayern. In Bayern war das nun mal so – das können wir nicht ändern –, dass im Jahr 2018 ein Poli zeiaufgabengesetz beschlossen wurde, das Ihnen jetzt als his torisches Vorbild dient – u. a. mit einem sogenannten Unend lichkeitsgewahrsam. Darunter kann man sich vorstellen, dass eine missliebige Person

(Abg. Emil Sänze AfD: Das müsste doch Ihnen ent gegenkommen!)

oder auch ein Gefährder oder jemand, der eine niedrigschwel ligere Straftat begehen könnte – das ist keineswegs auf die ter roristische Gefahr beschränkt –,

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das müss te doch gerade Ihnen gefallen!)

bis zu drei Monate in Präventivhaft genommen werden kann, und diese Präventivhaft kann – selbstverständlich mit richter lichem Beschluss – unendlich verlängert werden.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Sie zweifeln die richterli che Unabhängigkeit an!)

Die Fachwelt spricht seitdem von einem sogenannten Unend lichkeitsgewahrsam. Das wollen Sie auf alles Mögliche aus dehnen, bis hin in den Bereich politischer Betätigung. Sie wol

len damit Leute diskriminieren. Das findet unsere entschiede ne Ablehnung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Heinrich Fiecht ner [fraktionslos]: Aber Herr Sckerl, das tun Sie doch bereits! – Abg. Anton Baron AfD: Sie können ja ei nen Änderungsantrag stellen, Herr Sckerl!)

Nein, wir stellen keinen Änderungsantrag. So einen Gesetz entwurf lehnen wir ab. Er ist aus unserer Sicht auch verfas sungswidrig.

(Abg. Anton Baron AfD: Oh!)

Gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz sind schon al lein aus diesem Grund eine ganze Reihe von Verfassungsbe schwerden in Karlsruhe anhängig. Dem bisherigen Verfah rensverlauf entnehmen wir, dass mit sehr hoher Wahrschein lichkeit nicht nur diese Passage des bayerischen Gesetzes, sondern auch andere für verfassungswidrig erklärt werden.