Protokoll der Sitzung vom 06.02.2020

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die AfD-Fraktion legt heute einen Gesetz entwurf vor, der nicht nur handwerklich schlecht gemacht ist –

(Abg. Anton Baron AfD: Ach! Es hätte mich gewun dert, wenn es anders gewesen wäre!)

ich will nicht die Ausführungen wiederholen, die der Kollege Zimmermann gerade gemacht hat –, sondern der auch zeigt, welche Geisteshaltung hinter der AfD steckt. Deshalb können Sie uns gern vorwerfen, wir würden diesen Gesetzentwurf nur ablehnen, weil er von Ihnen kommt – da haben Sie gar nicht unrecht –;

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Danke! Wieder setzen!)

denn mit einer solchen Geisteshaltung ein Polizeigesetz än dern zu wollen ist nicht rechtsstaatlich.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Sie haben hier am Pult sehr viel über Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte geredet. Mit dem, was Sie hier vorschlagen – da kann ich mich nur den rechtlichen Ausführungen des Kol legen Zimmermann anschließen –, bringen Sie die Polizeibe amtinnen und Polizeibeamten ziemlich durcheinander. Denn in der Anwendung ist Ihr Gesetzentwurf gar nicht umsetzbar. Da müsste man wahrscheinlich – das würde man gar nicht hin bekommen – erst einmal ein paar Fortbildungen machen, weil es einfach nicht zusammenpasst.

(Zurufe von der AfD: Wo?)

Deshalb ist Ihr Gesetzentwurf – ich komme nachher noch auf andere Inhalte zu sprechen – gar nicht umsetzbar und führt dazu, dass er in der Anwendung den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten alles andere als die Arbeit erleichtert.

Sie schlagen ein Unendlichkeitsgewahrsam vor, genauso wie es Bayern versucht und nicht geschafft hat. Sie werden es auch nicht schaffen – nicht nur deshalb, weil Sie hier keine Mehr heit bekommen, sondern auch, weil das, was Sie wollen, ver fassungsrechtlich nicht möglich ist, wenn Sie Gesetzentwür fe vorschlagen, die gegen die Verfassung verstoßen.

Wenn man sich vergegenwärtigt, dass Sie – Kollege Sckerl hat es bereits gesagt – Listen mit Menschen führen, die Pro bleme bekommen, wenn Sie Mehrheiten in diesem Land, in irgendwelchen Ländern oder im Bund bekommen, und diesen Gesetzentwurf danebenlegt, dann wird Ihre Geisteshaltung mehr als klar, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Ulli Hockenberger CDU)

Lassen Sie mich allgemein noch ein paar Sätze zur Notwen digkeit einer nochmaligen Änderung des Polizeigesetzes in dieser Legislaturperiode sagen. Die CDU gehört auch zu de nen, die meint, wenn man heute ein Gesetz ändert, wird mor gen das Land sicherer.

(Zuruf des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Wir haben eine Reform des Polizeigesetzes hinter uns. Jetzt schauen wir uns doch einmal an, wie notwendig diese Ände rungen waren und wie oft die neuen Möglichkeiten wahrge nommen wurden, die die grün-schwarze Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen der Polizei zur Verfügung stel len.

Anwendungen von Maßnahmen der präventiv-polizeilichen Quellen-TKÜ: keine. Einsatz der präventiv-polizeilichen Auf enthaltsüberwachung gemäß § 27 c des Polizeigesetzes: ein Mal.

Wenn wir uns jetzt noch einmal vergegenwärtigen, was Sie uns bei der Debatte über das Polizeigesetz alles erzählt haben,

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

wie dringend notwendig diese Änderung des Polizeigesetzes für die Sicherheit in diesem Land ist, kann ich nur lachen, weil es nicht mal angewendet und umgesetzt wird, da Sie nicht in der Lage sind, die Voraussetzungen zur Anwendung der Mög

lichkeiten, die eingerichtet worden sind, zu schaffen, Kolle ginnen und Kollegen.

(Zuruf des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Ich kann die Aufzählung noch fortsetzen: Erteilung von poli zeirechtlichen Aufenthaltsvorgaben nach § 27 b des Polizei gesetzes

(Abg. Thomas Blenke CDU: Mit dieser Begründung müssten Sie auch alle Feuerwehren abschaffen!)

Kollege Blenke –: keine.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Entschuldigung! Mit dieser Begründung müssten Sie alle Feuerwehren bei uns abschaffen!)

Präventive Telekommunikationsüberwachung gemäß § 23 b des Polizeigesetzes: drei Fälle 2017, 21 Fälle 2018. Wahnsin nig notwendig!

Deshalb sollten Sie, bevor Sie ständig überlegen, Gesetze zu ändern, dafür sorgen, dass die Polizeibehörden in BadenWürttemberg auch in die Lage versetzt werden, so etwas wie die Quellen-TKÜ überhaupt anwenden zu können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Das war jetzt ziemlich daneben!)

Herr Professor Dr. Goll, Sie sprechen für die FDP/DVP.

(Abg. Anton Baron AfD: Ich ahne schon Böses!)

Vielen Dank für das Pro duct-Placement.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über Vorschriften reden, aufgrund derer man jemanden ein sperren kann, dann befinden wir uns natürlich im innersten, im ältesten und vielleicht wichtigsten Bereich der Rechtsstaat lichkeit überhaupt. Da muss ich nur auf klassische historische Meilensteine hinweisen: die Habeas-Corpus-Akte 1679 oder Jahrhunderte vorher schon die Magna Charta Libertatum. Wir bewegen uns hier in einem hochsensiblen Bereich.

Ich möchte eigentlich zu Anfang schon sagen: Die AfD be wegt sich mit ihrem Vorschlag in diesem sensiblen Bereich wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Wenn ich das sage, bin ich mir wohl bewusst, dass Sie aus dem bayerischen Gesetz abgeschrieben haben. Ich bin mir auch bewusst, dass der Innenminister mit diesem Vorschlag sehr geliebäugelt hat. Aber es ist trotzdem sicher nicht der richtige Weg.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Und ich sage schon jetzt am Anfang dazu: Wir brauchen es auch nicht. Bei näherem Zusehen brauchen wir es auch nicht.

Es ist nicht nur rechtlich bedenklich – darauf ist hingewiesen worden –, sondern wir brauchen es nicht.

Genannt wurde die Kommission, die Bayern eingesetzt hat, um diese Gesetzesänderungen zu überprüfen. Es lohnt sich, sich diesen Kommissionsbericht näher anzusehen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist richtig!)

Von der rechtlichen Seite kommt er – nicht erstaunlich – zu dem Schluss, dass wir sehr schnell in Konflikt mit der StPO kommen, mit dem dortigen Gesetz, das bei uns Unterbrin gungsgesetz hieße, auch mit dem Polizeirecht. Man darf nicht vergessen: Wir kommen mit dem Polizeirecht schon sehr weit. Natürlich ist eine Observation eine sehr aufwendige Sache; das stimmt. Aber es gibt natürlich auch andere Möglichkei ten, z. B. in der StPO.

Man darf nicht vergessen: Bei den Straftatbeständen, die wir mittlerweile haben, die ja weit vorgelagert sind – wenn ich an Straftatbestände wie die Verabredung von Verbrechen oder die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung denke –, kommt man natürlich auch sehr schnell schon im Bereich der StPO irgendwohin. Dann haben wir die Möglichkeit der Unterbringung. Da ist eigentlich kein vernünftiger Platz für eine Ausweitung des Polizeigewahrsams.

So viel zu der rechtlichen Seite. Dem kann man nur zustim men.

Aber faktisch ist interessant, dass Bayern innerhalb von zwei Jahren – – Bayern hatte knapp 20 Fälle. Man kann jetzt dar über diskutieren, ob das viel ist oder wenig. Aber von diesen 20 Fällen waren sage und schreibe drei Fälle in dem Bereich, den Sie angesprochen haben. In nur drei Fällen ging es um den Bestand des Landes und des Bundes und Ähnliches.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das sind drei zu viel!)

Aber auf der anderen Seite gab es eine erhebliche Zahl von Delikten – man glaubt es nicht – oder von Fällen wie z. B. no torische Zechpreller.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, dass die un abhängige Expertenkommission in der Tat empfohlen hat, die ses Gesetz zumindest erheblich zurückzuschneiden. In dem Moment, in dem dieser Vorschlag im Raum steht, würde ich es nicht gerade als Vorlage betrachten.

Danke schön.