Dadurch entsteht ein vergiftetes Klima, das viele Menschen davon abhält, sich offen und frei zu äußern. Es wäre ein gro ßer Schaden für die Demokratie in unserem Land, wenn es diese Menschen gänzlich davon abhielte, sich politisch oder gesellschaftlich zu engagieren.
Meinungsfreiheit ist ein elementares Gut in einer Demokra tie. Aber Meinungsfreiheit gilt nicht schrankenlos.
So sind beispielsweise Volksverhetzung, Aufrufe zu Gewalt oder Beleidigungen durch die Meinungsfreiheit einschränken de Gesetze verboten. Diese Gesetze müssen in einem Rechts staat durchgesetzt werden, und zwar online ebenso wie off line. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz setzt da an und ver pflichtet Anbieter sozialer Netzwerke zu einem effektiven Be schwerdemanagementsystem. Dieses Verfahren muss gewähr leisten, dass Anbieter sozialer Netzwerke auf eine Beschwer de hin rechtswidrige Inhalte binnen kurzer Frist löschen oder den Zugang zu ihnen sperren. Rechtswidrige Inhalte sind da bei nur solche, die den Tatbestand von Strafvorschriften nach dem Strafgesetzbuch erfüllen und nicht gerechtfertigt sind.
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verpflichtet gerade nicht, wie es der Antragsteller nicht selten betont, zur Löschung von missliebigen oder als anstößig empfundenen Meinungsäuße rungen, sondern knüpft abschließend an einen Katalog von Straftatbeständen an. Es geht nicht um Zensur, sondern um Rechtsstaatlichkeit. Es geht um Achtung von Persönlichkeits rechten und Achtung der Menschenwürde; es geht um nichts weniger, als dass unser Rechtsstaat die Menschen nicht nur in der analogen, sondern auch in der digitalen Welt vor Strafta ten schützt.
Aktuell befinden sich zwei Gesetzentwürfe im Verfahren, die Änderungen am Netzwerkdurchsetzungsgesetz vorsehen. Sie greifen zum Teil Anliegen auf, die die Länder zum damaligen Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat abgegeben haben, zum Teil beruhen sie auch auf der bisherigen, rund zweijährigen Praxiserfahrung.
Der erste Änderungsvorschlag, auf den ich eingehen möchte, findet sich im Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Danach sollen die dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz unterliegenden Anbie ter sozialer Netzwerke verpflichtet werden, bestimmte straf bare Inhalte an das Bundeskriminalamt zu melden. Von dort aus kann nach genauer Prüfung durch das BKA die Strafver folgung durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden ver anlasst werden. Hintergrund ist die Überlegung, dass die Straf verfolgungsbehörden ansonsten oftmals keine Kenntnis von den aufgrund einer Beschwerde gelöschten Inhalten erlangen und das Einstellen solcher Inhalte ins Netz ohne strafrechtli che Konsequenzen bliebe. Genau darum geht es; hier setzt das Strafrecht an.
Lieber Kollege Weinmann, ich greife gern Ihre Forderung auf, in Bezug auf eine bessere Ausstattung der Justiz, von Staats anwaltschaften und Gerichten, nicht nachzulassen. Ich sage das übrigens auch als Reaktion auf die Vorgänge am vergan genen Samstag in Stuttgart. Wir dürfen uns keine Sicherheit nach Kassenlage erlauben; wir wollen Sicherheit zu allen Zei ten. Deswegen brauchen wir in einem funktionierenden Rechts staat eine gut ausgestattete Polizei ebenso wie eine gut ausge stattete Justiz. Das ist eine Daueraufgabe, der wir uns stellen wollen.
Ich unterstütze das Ziel, die beschriebene Lücke in der Straf verfolgung zu schließen. Der Rechtsstaat muss sich auch in den sozialen Netzwerken bewähren; Facebook, Twitter, Ins tagram und Co. dürfen nicht zu rechtsfreien Räumen werden. Dass dadurch private Unternehmen verpflichtet werden, den Strafverfolgungsbehörden verdächtige Sachverhalte zu über mitteln – was Sie seitens der AfD ja in besonderer Weise be anstandet haben –, ist sicherlich eine Besonderheit, wie wir sie aber auch aus anderen Rechtsgebieten kennen. Ich darf hier nur an die entsprechenden Verpflichtungen von Banken und anderen privaten Akteuren des Wirtschaftslebens erin nern, die im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Geld wäschedelikten bestehen.
Gleichwohl wird man sich Art und Umfang der nunmehr vor gesehenen Datenübermittlungen und auch eine etwaige Mehr
belastung für die Justiz genau ansehen müssen. Angesichts der Besonderheiten der sozialen Netzwerke halte ich es aber für richtig, über neue rechtsstaatliche Instrumente nachzuden ken. Da die Betreiber der Netzwerke mit den Inhalten der Nut zer gute Geschäfte machen, müssen sich diese Firmen auch ihrer Verantwortung stellen. Sie müssen rechtsstaatliche Ver fahren aktiv unterstützen und dürfen nicht abseitsstehen und nur zuschauen, wie die Strafverfolgungsbehörden arbeiten.
Eine zweite Änderung findet sich im Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Zu die sem hat der Bundesrat erst jüngst, ganz konkret am 15. Mai, Stellung genommen. Danach sollen die Plattformbetreiber ein Gegenvorstellungsverfahren schaffen. Damit werden die Ver fasser von Inhalten die Überprüfung der Löschung ihrer Bei träge verlangen können. Ebenso sollen Beschwerdeführer überprüfen lassen können, warum eine Löschung nicht erfolgt ist. Ein solches Verfahren kann die grundrechtliche Position der betroffenen Nutzer stärken. Es kann dazu beitragen, ge richtliche Auseinandersetzungen zwischen Nutzern und Platt formen zu vermeiden.
In dieselbe Richtung zielt die im Gesetzentwurf ebenso ent haltene Möglichkeit der Einführung privater Schlichtungsstel len.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Netzwerkdurch setzungsgesetz ist eine Reaktion auf die veränderte Wirklich keit in Zeiten der Digitalisierung. Es bewegt sich in einem schwierigen Spannungsverhältnis aus dem Recht auf freie Meinungsäußerung der Nutzer, den wirtschaftlichen Grund rechten der Plattformbetreiber und der Pflicht des Staates zum Schutz der Persönlichkeitsrechte Betroffener.
Ich will, dass wir entschlossen gegen Hass und Hetze im Netz vorgehen. Gleichzeitig müssen wir selbstverständlich die Mei nungsfreiheit im Internet sicherstellen. Das eine tun, ohne das andere zu lassen – beide Interessen sollen nun noch besser in Einklang gebracht werden, indem das Gesetz praxistauglich weiterentwickelt wird. Die vorgeschlagenen Änderungen ha ben in meinen Augen das Potenzial, das Gesetz besser zu ma chen. Eine Abschaffung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes wäre das falsche Signal.
Gerade in diesen Wochen, in denen teilweise die absurdesten Verschwörungstheorien rund um die Coronapandemie und die Auswirkungen des Virus im Netz verbreitet werden, gerade in diesen Tagen, in denen Antisemitismus sowie politischer und religiöser Extremismus auch im Internet immer salonfä higer werden, gerade jetzt, da immer mehr Menschen darun ter leiden, dass in den sozialen Medien ihr Aussehen, ihre se xuelle Orientierung, ihre politische Einstellung auf menschen unwürdige Art und Weise diskreditiert werden, gerade jetzt darf sich der Rechtsstaat nicht aus dem Internet zurückziehen.
Wir halten fest: Keiner von Ihnen will gefakte Accounts abschaffen. Dann tragen Sie auch die Folgen.
Drittens: Die Amadeu Antonio Stiftung, das bekannte „Kampf blatt der AfD“, hat die Gesetzesnovelle massiv kritisiert.
Und fünftens, werte Kollegin Gentges: „Wehe dem, der Bö ses dabei denkt“, ist die korrekte Übersetzung.
Wir kommen jetzt zur Behandlung des Antrags Drucksache 16/2176. Abschnitt I des Antrags ist ein Berichtsteil und kann für erledigt erklärt werden. – Sie sind damit einverstanden und stimmen zu.
Zu Abschnitt II des Antrags liegt der Änderungsantrag der Fraktion der AfD, Drucksache 16/7685, vor, der ein Hand lungsersuchen an die Regierung enthält. Wer diesem Ände rungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.
schutz und die Informationsfreiheit Baden-Württem berg vom 16. Januar 2020 – 35. Datenschutz-Tätigkeits bericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg für das Jahr 2019
schutz und die Informationsfreiheit Baden-Württem berg vom 15. Februar 2020 – 2. InformationsfreiheitsTätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Da tenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Würt temberg für die Jahre 2018/2019
Zuerst darf ich aber das Wort dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württem
Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Infor mationsfreiheit Baden-Württemberg Dr. Stefan Brink: Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Her ren Abgeordnete! Ich freue mich sehr, dass Sie sich die Zeit nehmen – auch zu später Stunde –, noch über zwei Themen zu diskutieren, die in den letzten Jahren offensichtlich an Be deutung gewonnen haben.
Der Datenschutz hat inzwischen einen neuen Stellenwert in unserer Gesellschaft gewonnen. Das hängt im Wesentlichen mit vier unterschiedlichen Faktoren zusammen.
Der erste Faktor ist sicherlich die Datenschutz-Grundverord nung, 2018 in gewisser Weise über uns gekommen mit mas siven Auswirkungen sowohl im wirtschaftlichen Bereich als auch bei den Behörden, nicht weil diese Regelungen so neu wären – vieles ist entwickelt worden aus bekannten Instru mentarien des Datenschutzes, die wir in Deutschland zum Teil erfunden, zum Teil jedenfalls gut erprobt haben –, sondern auch weil diese Regelungen der Grundverordnung neue Durch setzungsbefugnisse enthielten, die schon die Art und Weise, wie wir heute über Datenschutz reden, wesentlich verändert haben.
Diese Durchsetzungsbefugnisse sind alle in ihrer Gestaltung durchaus problematisch. Ich rede über die Möglichkeit, wirk lich exorbitante Bußgelder im Datenschutzbereich zu verhän gen. Ich rede darüber, dass in diesem Bereich, anders als frü her, Anordnungen getroffen werden können, Verwarnungen ausgesprochen werden können. Das ist also ganz offensicht lich eine Thematik, die von der europäischen Ebene her mit Nachdruck betrieben und auch tatsächlich mit Zähnen verse hen wurde.