Protokoll der Sitzung vom 30.09.2020

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, uns bleiben – das betont die Wis senschaft – noch zehn Jahre, um die Ziele von Paris zu errei chen – hoffentlich bleiben uns noch zehn Jahre.

(Lachen des Abg. Anton Baron AfD)

Wir sehen ja: Es geht alles schneller. Daher: kein Tempolimit beim Klimaschutz. Wir müssen Gas geben.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Gas geben beim Klima schutz?)

Das Gesetz, das wir heute vorlegen, ist ein enormer Beitrag dazu.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr Abg. Walter, machen Sie bitte Schluss. Ich habe die Uhr selbst nicht gesehen.

Ja, ich möchte nur noch einen letzten Satz sagen. Ich möchte mich beim Umweltminister und bei seinem Haus für diesen Gesetzentwurf bedanken. Ich bedanke mich beim Fraktionsvorsitzenden der Grünen, aber auch beim Kollegen Nemeth. Ich muss feststellen: Bei diesem Gesetz hat er die Vorlagen, die ich ihm gegeben habe, wesent lich besser umgesetzt als einst in der Landtagsfußballmann schaft.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Das machen Sie am bes ten bilateral. Das nimmt jetzt zu viel Redezeit in Anspruch.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Nemeth hat nun als Nächster das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Wir bringen heute das Klima schutzgesetz – ich sage es einmal so – „2.0“ ein. Das ist ein Ergebnis aus dem Koalitionsvertrag. Wenn man ehrlich ist, haben wir lange gerungen – zwei Jahre –, aber jetzt sind wir so weit und bringen es heute ein.

Heute Morgen musste ich in der Zeitung lesen: „Umweltver bände enttäuscht von den Grünen“. Herr Walter hat gerade mich verteidigt, jetzt muss ich also auch einmal die Grünen verteidigen:

(Beifall des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Bravo!)

So einfach ist es nicht; denn die meisten Kompetenzen beim Klimaschutz liegen in Berlin und in Brüssel. Meine Damen

und Herren, die Große Koalition in Berlin hat längst geliefert – bereits vor einem Jahr. In diesem Gesetz steht, dass mit har ten Maßnahmen, mit Sektorenzielen, Kompensationsmaßnah men und Monitoring, bis 2030 ein Minus von 55 % für die Bundesrepublik Deutschland erreicht werden soll.

(Zuruf von der AfD: Zehn Jahre!)

Deswegen: Wer den Bund kritisiert, muss erst einmal mehr liefern. Deutschland ist beim Klimaschutz nach wie vor in nerhalb Europas Spitzenreiter.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Ich glaube, Baden-Württemberg gehört auch zur Bundesrepu blik.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist so! Ganz bestimmt!)

Deswegen wird es natürlich auch bei uns wirken. Darauf auf bauend haben wir jetzt ein Landesklimaschutzgesetz einge bracht, das sowohl symbolisch wichtig ist – das gehört auch zur Politik – als auch harte Fakten hat.

Meine Damen und Herren, wenn Sie die Klimaschutzgesetze der Länder vergleichen, dann ist dieses Gesetz Vorreiter, das beste und progressivste Landesklimaschutzgesetz in ganz Deutschland.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Wir haben das Förderprogramm für nachhaltiges Bauen, wir haben – Baden-Württemberg als erstes Land – die verpflich tende kommunale Wärmeplanung in Städten ab 20 000 Ein wohnern, und wir haben die Solarpflicht für Gewerbeneubau ten. Da sind wir nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Eu ropa die Ersten, die das einführen.

Jetzt wird kritisiert: Warum macht ihr das nicht gleich bei al len? Das ist ja gar nicht so trivial, das ist gar nicht so einfach. Da muss man sich auch die Bundesgesetzgebung daraufhin anschauen, ob das mit dem EEG usw. alles so funktioniert.

(Zuruf von der AfD: Und mit dem Grundgesetz! Ei gentum!)

Deswegen haben wir jetzt in der Koalition entschieden – das ist auch ein kluger erster, richtiger Schritt –, mit dem Gewer be, mit den Gebäuden, die nicht Wohnzwecken dienen, zu be ginnen und uns das danach – etwa nach zwei Jahren – noch einmal anzuschauen.

Es stimmt: Baden-Württemberg ist da gut; Bayern ist noch besser – vielen Dank; das ist richtig. Die Bayern haben ent schieden – übrigens auch in zwei Schritten –, mit dem Gewer be zu beginnen und dann auch die Wohngebäude einzubezie hen. Kalifornien macht das übrigens schon. Aber in Europa sind wir jetzt die Ersten, die das machen.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Wir haben auch die Kompensationszahlungen für alle Lan desdienstreisen, und wir haben – dafür auch noch einmal herz lichen Dank an die grüne Fraktion, die sich damit lange schwer getan hat – die Klimaschutzstiftung für Baden-Württemberg,

die dann in der Lage ist, für Baden-Württemberg Kompensa tionszahlungen zu leisten.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Das ist ein großer Wurf. Den kann man auch gegenüber der Öffentlichkeit gut vertreten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Rüdiger Klos AfD: Ich freue mich auf den Wahlkampf!)

„Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun“, hat Gandhi gesagt. Deswegen glaube ich auch, dass wir schneller werden müssen und dass wir jetzt mit dieser Gesetzesnovelle an Tem po zulegen und damit das tun, was die Gesellschaft von uns erwartet – nämlich mit kühlem Kopf und mit Leidenschaft in der Sache für den Klimaschutz und für Baden-Württemberg zu wirken.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Gernot Gruber SPD)

Jetzt hat Herr Abg. Gru ber für die SPD das Wort.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Mit Kopf, Herz und Verstand!)

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Herzlichen Dank dem Minister und den Vorrednern, die beim Klimaschutz den Ernst der Lage dar gelegt haben. Ich glaube, da haben wir einen großen Konsens – zumindest bis zu meiner Rede hier.

Jedes Jahr wird weltweit viel zu viel CO2 ausgestoßen. Seit ich auf der Welt bin, hat sich beispielsweise der CO2-Ausstoß pro Kopf um rund 50 % erhöht und hat sich die Bevölkerung mehr als verdoppelt. Insgesamt haben wir damit eine Verdrei fachung von 11 Milliarden auf 36 Milliarden t CO2.

Die gute Nachricht – Kollege Nemeth hat es gerade mit den Treibhausgasreduktionszielen in Deutschland angesprochen –: Tatsächlich wurden seit 1990 die Treibhausgase in Deutsch land um 35 % reduziert, in Baden-Württemberg – Minister Untersteller ist darauf eingegangen – um 19 %. Es geht also in der richtigen Richtung voran. Die Frage ist nur, ob es schnell genug vorangeht, um die Klimaschutzziele erreichen zu können.

Deshalb ist es wichtig, dass wir mehr machen, dass es das neue Klimaschutzgesetz des Landes gibt. Maßnahmen wie die Fotovoltaikpflicht auf Dächern gewerblicher Gebäude, die Pflicht für eine Wärmeplanung in Großen Kreisstädten und weitere Schritte mehr sind angesprochen worden. Das sind wichtige Schritte in die richtige Richtung.

Entscheidend wird aber sein – auch wenn wir an die morgige Anhörung denken –, wie viel CO2 wir mit diesen Maßnahmen tatsächlich werden einsparen können. Sind die Schritte zusätz lich zu den Maßnahmen vom Bund oder von der EU groß ge nug, um die angepeilte CO2-Einsparung von 42 % bis 2030 in Baden-Württemberg erreichen zu können?

Natürlich stellt sich auch die Frage: Ist das Ziel von 42 % oder von 55 % in Deutschland ehrgeizig genug, um die Klimaer wärmung unter 2 Grad zu bringen oder sogar auf die – Kolle ge Walter hat es angesprochen – gewünschten 1,5 Grad be grenzen zu können? Ich bin gespannt, was uns die Experten morgen bei der Anhörung sagen werden.

Da finden wir es ganz kritisch, dass so wenig Zeit zur Bera tung bleibt. Es hat sehr lange gedauert, bis der Gesetzentwurf eingebracht worden ist, aber in zwei Wochen soll das Gesetz schon verabschiedet werden. Wir haben nach der Anhörung fast keine Zeit mehr, um zu diskutieren, weshalb wir schon gestern unsere Änderungsanträge eingebracht haben. Sie se hen vor, Neubauten von Wohngebäuden mit Solardächern zu versehen – und zwar auch Privatgebäude, nicht nur Gewerbe bauten – sowie die Wärmeplanung zumindest im Sinne einer Potenzialanalyse auf Städte und Gemeinden mit weniger als 20 000 Einwohnern auszuweiten.

(Zuruf des Ministers Franz Untersteller)

Es gibt einen kritischen Punkt bei der Wärmeplanung. Von den Schornsteinfegern wurde die Kritik erhoben, dass es un nötig sei, Daten individualisiert für einen Haushalt zu erhe ben. Wir schließen uns dieser Kritik an und sind der Meinung, wenn Schleswig-Holstein, wo Grün und Schwarz regieren, dies datenschutzgerecht mit aggregierten Daten hinbekommt, dann sollten wir das in Baden-Württemberg auch hinbekom men können.