Protokoll der Sitzung vom 14.10.2020

Wir werden Baden-Württemberg nur mit einem funktionsfä higen und motivierten, starken öffentlichen Dienst durch die se Krise führen können. Das ist uns, der CDU-Fraktion, be wusst, und dementsprechend werden wir auch künftig han deln. Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Stickelberger.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich kann man sich fragen, ob in dieser schwierigen Zeit eine Änderung des Lan desbesoldungsgesetzes mit vielen Verbesserungen richtig ist oder nicht.

Aber eines hat uns, glaube ich, diese Krise gezeigt: Eine Kri se kann man nur mit einem starken Staat meistern. Was macht denn einen starken Staat aus? Neben der Besonnenheit unse rer Mitbürgerinnen und Mitbürger sicher auch die Leistungs fähigkeit, die Qualität, die Lernbereitschaft, der Einsatz un serer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb halten wir dieses Gesetz für richtig. Es bringt zahlreiche Verbesserun gen, was Stellenhebungen angeht, insbesondere in den unte ren Besoldungsgruppen. Wir tragen aber auch die Stellenhe bungen mit, die der Kollege Dr. Rösler in Ergänzung der bis herigen Vorlage genannt hat. Auch das ist durchaus sinnvoll.

Wir begrüßen die Änderungen, die Anpassungen im Beihilfe recht im Anschluss an die entsprechende Rechtsprechung. Wir begrüßen selbstverständlich auch die Möglichkeit für unsere Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten, die freie Heilfür sorge in Anspruch zu nehmen – ein altes Thema, das mein ge schätzter Kollege Zimmermann seit 20 Jahren – jetzt mit Er folg – verfolgt hat.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU)

Es ist schon interessant: Zu früheren Regierungszeiten der CDU, als die SPD entsprechende Anträge gestellt hat, wurde die freie Heilfürsorge in diesem Bereich immer abgelehnt mit der Begründung, das sei viel teurer als die Beihilfe. Jetzt steht in der Begründung der Vorlage, dass es günstiger sei. Was die sen Bewertungswandel herbeigeführt hat, erschließt sich mir nicht auf Anhieb. Aber das Ergebnis stimmt – wenngleich uns das Wahlrecht natürlich recht gewesen wäre, das freie Wahl recht zwischen Heilfürsorge und Beihilfe.

Da müssen sich ein relativ junger Beamter, eine junge Beam tin sehr früh in ihrem Leben, ihrem Beamtenleben für eine freie Heilfürsorge entscheiden – und das unwiderruflich. Ob eine solche Entscheidung in einem so frühen Stadium eines beruflichen Lebens noch zeitgemäß ist, das kann man sich schon fragen. Sich als junger Beamter im mittleren oder ge hobenen Dienst im Alter von um die 20 für die nächsten 45

Jahre festlegen zu müssen – da werden wir in den nächsten Jahren vielleicht Korrekturbedarf haben.

Kollege Wald, Sie haben die wesentlichen Punkte genannt, die uns künftig auch noch beschäftigen werden. Was wir jetzt machen, sind gute, notwendige Schritte. Aber die großen Bro cken, die großen Themen liegen ja noch vor uns, z. B. der Aus bau des Homeoffice – ein wichtiges Thema –, aber auch die Themen „Kinderbetreuung für Mitarbeiterinnen und Mitar beiter“ oder „Wohnungen für Bedienstete“ – Sie erinnern sich vielleicht noch an den alten Begriff „Dienstwohnung“: Die Privatwirtschaft geht verstärkt dazu über, wie früher wieder Werkswohnungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu suchen; auch da werden wir gefordert sein.

Das Lebensarbeitszeitkonto oder überhaupt ein Arbeitszeit konto – das sind ja zwei verschiedene Dinge – werden uns ebenfalls beschäftigen, und wir sind gut beraten, wenn wir das im Benehmen auch mit dem Beamtenbund, mit den Gewerk schaften diskutieren. Es gibt ja aus den Fraktionen – auch mei ne Fraktion hat hierzu viel Vorarbeit geleistet – durchaus gu te Vorschläge. Da sollte sich dieses Parlament vielleicht ge meinsam zusammenfinden, um entsprechende Regelungen für die Zukunft zu schaffen. Denn die Bedeutung einer starken Mitarbeitercrew, guter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll ten wir nicht nur unter dem Blickwinkel einer Legislaturperi ode sehen; ein starker öffentlicher Dienst ist eine Stütze un seres Staates, und wir sind gut beraten, diese Stütze weiter auszubauen und sie für die Zukunft zu stärken – denn es kann ja auch durchaus sein, dass uns weitere Krisen ins Haus ste hen.

Die SPD-Fraktion wird diesem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Podeswa.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir bera ten in zweiter Lesung den Gesetzentwurf der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landesbesoldungsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften. Wir haben hier ein komplexes Re gelungskonglomerat vorliegen. Es wurde von den Vorrednern zum großen Teil schon ausgeführt, um welche Inhalte es sich handelt und dass hier zum Teil dringend notwendige Korrek turen in den unteren Besoldungsgruppen vorgesehen sind so wie gesetzliche Regelungen der Rechtsprechung angepasst werden.

Insgesamt ist die AfD-Fraktion zu der Einschätzung gekom men, dass es sich um ein sehr sinnvolles Gesetz handelt, das sehr wünschenswert wäre und dem die AfD-Fraktion auch zu stimmen würde.

Ich möchte aber an dieser Stelle an die nachdenklichen Wor te unseres Abgeordnetenkollegen, Herrn Stickelberger, erin nern, der Ihnen gerade ja manches nahegelegt hat. Ich persön lich kenne tatsächlich sehr wenige beamtete Krankenschwes tern; ich persönlich kenne auch sehr wenige beamtete Alten pfleger, und ich kenne keine beamteten Maschinenführer in

einem Notstromgaskraftwerk. Es geht zunehmend ein Riss durch unsere Gesellschaft; es geht ein Riss durch die Bevöl kerung, und dabei verläuft die Linie zwischen denen, die sich keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen müssen, und de nen, die sich sehr wohl Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen müssen.

(Beifall bei der AfD)

Wir müssen vor diesem Hintergrund – die Beratungen im Fi nanzausschuss haben überhaupt keine neuen Erkenntnisse ge bracht – feststellen, dass wir die vorgeschlagenen Gesetzes änderungen mittragen werden – und zwar nach Vorliegen ei nes Kassensturzes, wie ihn der Herr Ministerpräsident öffent lich gefordert hat, und nach Beendigung der Pandemie.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist über die gerichtlich notwendigen Anpassungen hinaus überhaupt kein nachvollziehbarer Grund gegeben, bei den staatlichen Beamten und Angestellten mit einem durchaus wesentlichen mittleren Millionen-Euro-Be trag die Kosten in die Höhe zu treiben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort für die FDP/DVPFraktion erteile ich Herrn Abg. Fischer.

(Zuruf von der FDP/DVP: Rudi, go!)

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach der ersten Lesung und den kurzen Beratungen im Finanzausschuss bleibt das Fazit, dass die vorgeschlagenen Änderungen im Landes besoldungsgesetz sinnvoll sind und unsere Zustimmung fin den.

Ich bin bereits in der ersten Lesung auf ein paar Punkte ein gegangen. Lassen Sie mich jetzt darüber reden, was Ihnen im wahrsten Sinn des Wortes nicht mehr wert war, für unsere Be amtinnen und Beamten zu tun.

Wahrscheinlich ist noch kein Gesetz so oft vor Gericht ge scheitert wie das grün-rote Haushaltsbegleitgesetz 2013/14 mit den dort enthaltenen Besoldungs- und Beihilfeverschlech terungen. Es wäre sicherlich ehrlicher gewesen, die ganzen Maßnahmen zurückzunehmen, als sich fortgesetzt von teil weise höchsten Gerichten sagen lassen zu müssen, dass die Art und Weise der damals ausschließlich mit Sparanforderun gen begründeten Grausamkeiten keinem ordentlichen Um gang mit dem Geldbeutel seiner Staatsdiener entsprach – zu mal Ihnen andere Länder auf diesem Weg nicht gefolgt sind. So sind wir mit Beihilfesätzen am untersten Rand und Arbeits zeiten am obersten Rand im Ländervergleich außen vor oder höchstens auf der Ersatzbank, was die Attraktivität des Beam tenstatus in Baden-Württemberg anbelangt.

Wenn man einmal zusammenfasst, was tatsächlich in den letz ten zehn Jahren für die Beamten getan wurde, dann bleibt fest zuhalten: Unter Grün-Rot wurden ihre Arbeitsbedingungen deutlich verschlechtert, unter Grün-Schwarz wurden diese Verschlechterungen aber nahezu ausschließlich unter dem Druck von Gerichten zurückgenommen.

(Abg. Tobias Wald CDU: Stimmt doch gar nicht! Falsch!)

Selbst bei den Tarifabschlüssen hat Ihnen das Verfassungsge richt mit der Vorgabe des Abstandsgebots der untersten Be soldungsgruppe zu den SGB-II-Sätzen, salopp gesagt, Feuer unter dem Hintern gemacht. Das ist auch der Grund dafür, dass wir heute mit diesem Gesetz die Anhebung von A 5 nach A 6 beschließen. Somit haben die Beamten Verbesserungen ihrer Besoldung überwiegend nicht Ihnen, sondern den Ge richten zu verdanken.

(Abg. Tobias Wald CDU: Stimmt nicht!)

Herr Reinhart hat heute Morgen von Fürsorge gesprochen – die fehlt hier.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in den nächsten Jah ren werden wir auf allen Ebenen dem Einbruch der Wirt schaftsleistung aufgrund der Pandemie begegnen müssen. Umso wichtiger ist es, die Arbeitsbedingungen in den Berei chen zu verbessern, die vielleicht nicht gleich voll auf den Haushalt durchschlagen. Da geht es z. B. um Lebensarbeits zeiten und um Arbeitszeitkonten. Dazu gibt es einen Satz im Koalitionsvertrag von Grün-Schwarz. Ich zitiere:

Auch in der Wirtschaft bedarf es einer Personalpolitik, die verstärkt auf die Lebensphasen eingeht, beispielswei se mittels Lebensarbeitszeitkonten. Wir werden den An stoß dazu geben, dass entsprechende Modelle entwickelt und erprobt werden.

Dazu ist zu sagen: Lebensarbeitszeitkonten sind in der Wirt schaft schon über Jahrzehnte ein angewendetes Tarifinstru ment. Überlassen Sie diese Themen der Wirtschaft und den Tarifpartnern! Halten Sie sich hier zurück! Es gibt die Tarif autonomie. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, und setzen Sie Ihre Personalpolitik zuerst einmal im eigenen Haus um, bevor Sie andere bekehren wollen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Allerdings müsste die Realisierung Ihrer Vorhaben etwas zü giger erfolgen. Ich denke da z. B. an das Thema Dienstfahr rad: Von der Idee eines Dienstfahrrads im Herbst 2016 bis zur Realisierung, bis das Rad endlich auf der Straße war, haben Sie beinahe eine Legislaturperiode benötigt,

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Bitte was? 2017!)

um dann das Modell umzusetzen, das bereits in der Wirtschaft seit längerer Zeit im Einsatz ist. Aber dafür geht das jetzt mit den E-Bikes schneller, vor allem auf den Radschnellwegen. Da bekommt „Hätte, hätte, Fahrradkette“ eine ganz neue Be deutung.

Als Fazit dieser Legislatur steht für die FDP/DVP: Sie haben viele Chancen verpasst, nicht nur hinsichtlich signifikanter Verbesserungen für unsere Beamtinnen und Beamten – und das bei den höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Mein Zeitkonto habe ich nur knapp überschritten.

Für die Landesregierung er teile ich Frau Staatssekretärin Dr. Splett das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte noch einmal einen Blick auf die wesentlichsten Regelungen des Gesetzentwurfs werfen.

Zunächst geht es um das Besoldungsrecht. Im Bereich der Be soldung soll das Eingangsamt im mittleren nichttechnischen Dienst von Besoldungsgruppe A 6 nach A 7 angehoben wer den. Darüber hinaus soll die von der Landesregierung be schlossene Anhebung der Besoldung für Schulleitungen um gesetzt werden. Auch die Vertretungszulage für die Übertra gung eines höherwertigen Amtes anlässlich der kommissari schen Vertretung einer Behördenleitung wird geschaffen.

Zum Zweiten geht es um das Wahlrecht zwischen Beihilfe und freier Heilfürsorge. Wir führen für die Beamtinnen und Be amten des Justiz- und Abschiebungshaftvollzugsdienstes ein Wahlrecht zwischen der Beihilfe und der freien Heilfürsorge ein. Von dieser Wahlfreiheit profitieren insgesamt knapp 3 500 Beschäftigte.