Protokoll der Sitzung vom 14.10.2020

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Man setzt also einen Generalkommissar ein, weiß nicht so ge nau, was er macht, schlittert in ein Projekt, von dem man nicht weiß, dass man am Ende dann Vertragspartner ist, und wun dert sich über Kostensteigerungen. Da muss man sich schon die Frage stellen: Welche Dilettanten sind da am Werk?

(Zuruf von der CDU)

Wenn das Aufklärungsbedürfnis der Öffentlichkeit und der Opposition in Fachausschüssen nicht befriedigt werden kann, dann ist es kein Wunder, dass ein Untersuchungsausschuss auf das Parlament des Landes Baden-Württemberg zukommt.

Natürlich kann man dann sagen, die Zeit ist knapp. Natürlich kann man fragen: Wer weiß, was da alles aufgeklärt wird bis zur Wahl, bis das Ganze dann der Diskontinuität anheimfällt? Aber es kann ja nicht das Umgekehrte gelten, nach dem Mot to: Wenn die Legislaturperiode sich dem Ende zuneigt, kann die Regierung machen, was sie will, dann darf die Oppositi on nicht mehr aufklären, weil ja dann die Diskontinuität an steht.

(Zuruf: Ja!)

Nein, das kann nicht die Logik sein. Denn wenn wir es für notwendig halten, aufzuklären, dann ist es unsere Verpflich tung, auch am Ende der Legislaturperiode diese Aufklärungs arbeit zu übernehmen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Richtig!)

Also: Wie ist diese Kostensteigerung in dieser Größenordnung möglich? Warum gab es keine Schmerzgrenzen? Gibt es viel leicht Schmerzgrenzen in der Zukunft? – Doch halt, das be trifft ja aktuelles Regierungshandeln. Aber es würde uns schon interessieren. Vielleicht ist die Regierung ja bereit, das zum Ausdruck zu bringen. Denn offensichtlich – Kollege Stoch hat es angesprochen – ist man sich da zwischen den beiden Koa litionspartnern nicht so ganz einig. Die Grünen sagen: „Ihr habt es gemacht, ihr müsst es auch bezahlen.“ Das ist natür lich alles Steuergeld; das ist völlig klar. Aber da sehen wir schon sehr deutliche Absetzbewegungen, und es wird sich zei gen, wie sich diese Absetzbewegungen im Ausschuss darstel len, vor allem wenn der Wahltag immer näher rückt.

Bemerkenswert ist auch – auch das hat der Kollege Stoch be reits angesprochen – die offensichtliche Angst der Regierung bis hin zum Ministerpräsidenten vor diesem Untersuchungs ausschuss. Da stellt man sich öffentlich hin und erklärt: „Ich will dem Parlament schon mal sagen, was es darf und was es nicht darf, wo sozusagen die Gewaltenteilung gilt.“

(Abg. Reinhold Gall SPD: Genau so war es!)

Auf der einen Seite legt der Ministerpräsident großen Wert darauf, dass die Legislative sozusagen nicht in das Schaffen der Exekutive schaut. Auf der anderen Seite werden der Le gislative Ratschläge gegeben und wird gesagt: „Ihr dürft da nicht reinschauen.“ Solche Ratschläge gelten dann für beide Seiten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Wenn man so etwas erklärt, liegt der Verdacht nahe, dass man Unbilden befürchtet, dass man diesen Untersuchungsaus schuss nicht haben will, weil man befürchtet, es könne etwas herauskommen. Das ist für die Opposition umso mehr Anlass, zu sagen: „Da müssen wir reinschauen. Daran hat die Öffent lichkeit ein berechtigtes Interesse.“ Wenn schon der Regie rungschef zu erkennen gibt: „Ich habe etwas zu verbergen“, dann ist wahrscheinlich da, wo es raucht, ordentlich Feuer.

Meine Damen und Herren, das Ziel des Untersuchungsaus schusses wird es sein, zu sehen, welches Feuer den gewaltig stinkenden Rauch, der da zum Himmel steigt, verursacht hat.

Jetzt kriegen Sie von mir Feuer, Herr Abg. Dr. Rülke.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Abschließend, mei ne Damen und Herren, möchte ich sagen: Ich finde es gut, dass die Regierungsfraktionen gemeinsam mit uns Änderungsan träge stellen.

Kommen Sie bitte zum Ende.

Denn das zeigt in aller Deutlichkeit, dass man gesehen hat, dass es weder ziel führend noch tunlich ist, zu versuchen, diesen Untersuchungs ausschuss zu verhindern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD)

Jetzt hat Frau Abg. Lind lohr das Wort für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Worum geht es heute? Es geht um den Auftrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der nach interfraktioneller Verständigung wie folgt heißt: „Abläu fe in Zusammenhang mit der Beteiligung des Landes an der Weltausstellung 2020“. Das ist der Stand der Dinge. Um die sen Untersuchungsausschuss geht es.

Was ist passiert? Baden-Württemberg hat – wir haben es heu te schon gesagt – eine starke und exportorientierte Wirtschaft. Baden-Württemberg ist vernetzt. Das Land ist weltoffen. Das zeichnet uns aus. Deswegen ist es eine spannende Idee, Ba den-Württemberg als Region auf einer Weltausstellung zu prä sentieren: „Die Welt zu Gast bei Freunden“ sozusagen, um den Bezug zu einem anderen Weltereignis herzustellen. „Die Welt zu Gast im innovativen Baden-Württemberg-Haus“, das war die Idee, „Von der Wirtschaft für die Wirtschaft“, mit ei ner Landesausstellung in einem Teil des Hauses.

Viel Zuspruch gab es für diese Idee von den Fraktionen des Landtags, auch von den Fraktionen der Antragsteller des Un tersuchungsausschusses; das haben sie heute schon gesagt.

Heute wissen wir alle: Das Projekt „Von der Wirtschaft für die Wirtschaft“ hat es leider gar nicht gegeben. Mit den Vorgän gen rund um die Vertragsunterzeichnung von Herrn S. ist das Land selbst und eben keine private Gesellschaft Vertragspart ner der Expo 2020 Dubai geworden. Das ist das Ergebnis ei nes Rechtsgutachtens.

Es ist natürlich schwierig, dass eine Privatperson für das Land Baden-Württemberg in der Welt unterwegs war und einen Ver trag unterzeichnet hat. Ohne Frage, da ist etwas schiefgelau fen.

(Zurufe von der SPD: Ja!)

Darum obliegen dem Land die vertraglichen Verpflichtungen für die Teilnahme an der Expo 2020 Dubai. Darin besteht aus meiner Sicht auch der Schaden, dass nämlich das Land in der Haftung gegenüber Dritten steht. Das war nach allem, was heute bekannt ist, nicht geplant. Das wirft Fragen auf.

(Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung stellt sich diesen Fragen, und das nicht erst seit heute mit dem Ein setzen des Untersuchungsausschusses. Das zuständige Wirt schaftsministerium hat mit einem Gutachten im Frühjahr die ses Jahres die Rechtslage geklärt. Das Wirtschaftsministeri um hat dieses Gutachten dem Landtag in Gestalt des Wirt schaftsausschusses vor der Sitzung am 27. Mai vorgelegt. Und

nicht nur das: Im Sommer hat das Wirtschaftsministerium al len Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses freiwillig umfas sende Akteneinsicht auch in noch laufende Akten gewährt.

Alle Fragen, die in diversen Sitzungen des Wirtschaftsaus schusses gestellt worden sind, wurden von der Frau Ministe rin beantwortet. Darum weise ich zurück, was Kollege Rül ke, der an diesen Sitzungen nicht teilgenommen hat, gesagt hat. Wir, die wir an den Sitzungen des Wirtschaftsausschus ses teilgenommen haben, haben dort sehr lange beraten. Auch abseits der konkreten Tagesordnungen wurden alle Fragen zu gelassen, und das Ministerium hat stets in der Sache geant wortet.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Frau Abg. Lindlohr, las sen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Born zu?

Nein. – Gerade der Punkt mit der Akteneinsicht ist, finde ich, ganz bemerkenswert. Und es wurde eine Transparenz gegenüber dem Parlament herge stellt, die wirklich unsere Anerkennung hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Der Untersuchungsausschuss – das wissen wir alle – ist ein hochrangiges Instrument des Parlaments. Wir Abgeordneten billigen uns dabei an einem fest umrissenen Gegenstand des abgeschlossenen Regierungshandelns Rechte zu, die denen eines Gerichts ähneln. Das ist so verbrieft. Und dass es sich um ein Minderheitenrecht handelt, ist verfassungsrechtlich abgesichert. Das ist auch gut so.

Ich hoffe, dass den meisten – zumindest den vier Fraktionen hier im Haus – klar ist, dass wir dieses Instrument verantwor tungsvoll einsetzen müssen. Daher bedanke ich mich für die Absprachen, die wir seit gestern erreicht haben, nachdem uns die Beschlüsse von SPD und FDP/DVP zugingen. Ich bedan ke mich, dass wir uns verständigen konnten. Ich finde, hier haben sich die potenziellen Obleute Gedanken gemacht und sind zu Recht auf unsere Bedenken eingegangen. Das steht et was im Gegensatz zu dem, was Kollege Rülke vorhin gesagt hat.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Das ist doch Mauschelei!)

Beim Beitrag des Kollegen Rülke konnte ich jetzt leider nicht erkennen, dass er diesen unseren Auftrag tatsächlich so sieht, wie wir ihn jetzt schriftlich hinterlegt haben. Wir, das Parla ment, setzen den Untersuchungsausschuss so ein, wie wir es selbst hinterlegt haben und wie es gutes Recht ist. Da möch te ich doch auf den Konsens der vier Fraktionen setzen, auch wenn Herr Rülke hier davon abgewichen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Das sehen wir, glaube ich, auch daran, dass er jetzt nicht ganz um Beleidigungen und Beschimpfungen umhinkam. Das fand ich nicht passend.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was für Be leidigungen gab es denn?)

Aber geschenkt. Das ist Ihre Meinungsäußerung. – Wir, die grüne Fraktion, werden uns dieser parlamentarischen Verant wortung natürlich stellen. Transparenz in der Sache liegt uns am Herzen. Vielen Dank dafür, dass schon so viele Informa tionen vom Wirtschaftsministerium auf dem Tisch liegen. Der Untersuchungsausschuss kommt nun noch dazu, und wir wer den in diesem Untersuchungsausschuss konstruktiv und sach dienlich arbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Rüdiger Klos AfD: Ach nee! Das war total Storch im Salat!)

Frau Kollegin Gentges hat jetzt für die CDU-Fraktion das Wort.

Vielen Dank. – Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Ein setzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses gehört zu den vornehmsten Rechten der Opposition. Wir res pektieren und achten dieses Minderheitenrecht und dessen Ausübung und werden deshalb auch keine Diskussion darü ber führen, ob der Untersuchungsausschuss die Zulässigkeits voraussetzungen erfüllt, auch wenn man in der Tat die Frage stellen kann, ob sich der Untersuchungsausschuss tatsächlich und nicht nur dem Wortlaut nach auf abgeschlossenes Regie rungshandeln bezieht. Immerhin hat die Expo Dubai noch nicht stattgefunden, der Pavillon ist noch nicht gebaut, und die Sponsorensuche ist keineswegs abgeschlossen.

(Vereinzelt Lachen – Abg. Daniel Born SPD: Wie viele Fehler wollen Sie denn noch machen? – Abg. Andreas Stoch SPD: Sie argumentieren extrem kom plex, wie Herr Kretschmann! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Der neue Stuttgarter Bahnhof steht auch noch nicht! Da gab es zwei Untersuchungsaus schüsse!)