Ich will zum Einstieg doch noch mal etwas zur Historie der gesamten Geschichte sagen, weil diese durch die Frau Minis terin etwas verklärt wurde.
Das Bundesverfassungsgericht hat ein Urteil gesprochen, und es hat auch einen Termin gesetzt. Herr Schäuble hat es liegen lassen. Dann ist Herr Scholz ins Amt gekommen. Alle haben ihn gedrängt – auch Frau Ministerin Sitzmann – und gefragt, wann er denn endlich etwas mache. Die Frage ist offengeblie ben, was sie ihm denn rate und wie vielleicht das Häuslebau erland Baden-Württemberg einen maßgeblichen Beitrag in Berlin leistet. Es war vorhin noch nicht so richtig etwas zu hö ren, wenn man sie gefragt hat.
Man hat auch nicht so recht gewusst, ob sie eigentlich daran interessiert ist, beim Bundesvorschlag mit dabei zu sein. Es war doch eigentlich für alle, die das Ganze verfolgt haben, klar: Jawohl, Baden-Württemberg macht bei einem einiger maßen überzeugenden Vorschlag mit. Sie waren nicht so sehr an der historischen Rolle interessiert, dass Sie eine Einzellö sung treffen.
Dann kam irgendwann mal der Konsens zwischen den Län dern. Dann sagte einer – so wie Chruschtschow – „Njet“; das war Herr Söder. Dann war das Ding plötzlich gesprengt, und es war eben nicht mehr der Konsens da, es gab die Einzellö sung für die Länder.
Dann hat natürlich die CDU in Baden-Württemberg sofort ge sagt: „Das, was die Bayern haben, wollen wir auch.“ Dann war – übrigens mit einem Flächenmodell, Herr Wald; das er klärt Ihre Haltung auch etwas – die Lage auf jeden Fall plötz lich mal offen. Die Grünen haben sich noch zurückgehalten, und dann kam das raus, was Sie jetzt hier vorlegen: das Flä chenmodell. Also, ich meine das Bodenwertmodell.
Ich finde, der Ablauf hat schon wieder eine gewisse Komik. Daher: Machen Sie mal hier nicht so sehr auf Historie. Im Grunde genommen sind Sie eigentlich nur hinterhergesprun gen und haben jetzt, weil die CDU Druck gemacht hat, ein Modell vorgelegt, das sich in der Diskussion zwar sicher gut behauptet, das sich aber auch den Vorwurf gefallen lassen muss, dass es Schwächen hat.
Über diese Schwächen müssen wir reden, weil sie unter dem Strich dazu führen werden, dass es vermutlich eben nicht das bevorzugte Modell sein wird, meine Damen und Herren.
Jetzt steigen wir mal in das Thema ein. Mit dem Bodenwert modell nehmen wir zunächst einmal von einer verbundenen Grundsteuer Abschied. Wir haben nur mehr den Boden als Grundlage für den Preis und nicht mehr die Nutzung. Das ist das, was passiert.
Beim Bundesmodell gibt es fünf Faktoren, auf die übrigens von ca. 20 Faktoren reduziert wurde. Dem lag eine Konsens leistung zugrunde, die sich sehen lassen konnte – ein einfa ches Modell, mit fünf Faktoren. Und Sie kicken jetzt das The ma Nutzung raus. Das hat Nachteile.
Der erste Nachteil ist, dass Sie auf diese Weise bei der Ermitt lung der Höhe der Grundsteuer weniger Gerechtigkeit haben.
Zweitens haben Sie durch die Ballung, die dann in diesen Ge bäuden nicht berücksichtigt wird, danach einen Zugriff auf öf fentliche Güter – das ist auch Wissenschaft –, die keinen Preis finden, weil praktisch alles, was die Gemeinde, die Kommu ne an Infrastruktur vorhält, da nicht berücksichtigt ist.
Deswegen: Durch diesen Verzicht auf das Thema Nutzung verzichten Sie auch auf mehr Gerechtigkeit, meine Damen und Herren.
Und wie ist es mit der Vereinfachung auf zwei Faktoren? Wird diese vielleicht nicht überschätzt? Ich habe noch mal nachge lesen: 32 Millionen Steuererklärungen müssten in jedem Fall für Grundstücke in diesem Land abgegeben werden. Das pas siert immer. Deswegen wird zunächst einmal auch in BadenWürttemberg die Komplexität nicht reduziert.
Zweitens: Die elektronische Übermittlung von den Gutach terausschüssen jeweils zu der Zentralstelle muss klappen.
Drittens: Wenn ich bei Ihnen mal zwischen den Zeilen lese, habe ich den Verdacht, dass Sie am Ende auch Komplexität auf die Gemeinden abdrücken. Das mit den 30 % haben Sie ja schon eingeführt.
Ich bin nicht so sicher, ob diese zwei Faktoren – das ist im Grunde genommen Ihr Argument: die Einfachheit – am Ende wirklich mit so viel Einfachheit durchschlagen, meine Damen und Herren.
Viertens: Differenzierung angesichts der Aufkommensneutra lität. Da kann man leicht sagen: „Wir müssen das jetzt erst mal testen“ usw. Ich sage Ihnen nur, was für Modellrechnun gen wir haben – nein, keine Modellrechnungen, sondern Stich proben, die wir genommen haben und für die wir Oberbürger meister, Bürgermeister gefragt haben: Wie sieht es bei euch aus?
Da kann ich Ihnen nur sagen, Frau Walker, Herr Wald, Frau Sitzmann und alle anderen: Das zeigt zunächst einmal – es sind Stichproben; das ist nicht repräsentativ –, dass wir bei mittleren Bodenrichtwerten Stand heute enorme Zuwächse haben; es sind Verdopplungen oder ist sogar ein Mehrfaches möglich.
Das werden Sie bei Ein- und Zweifamilienhäusern erst ein mal „verargumentieren“ müssen, meine Damen und Herren.
Auf der anderen Seite ist es so, dass die Zuwächse bei Ge schäftsgrundstücken und bei größerem Wohnungseigentum
tendenziell niedriger sind; das steht ja auch alles in der Lite ratur, und darüber kann man wahrscheinlich auch nicht viel debattieren. Und schon kommen – ich habe es gelesen – na türlich auch die Wirtschaftsverbände und sagen: Ja, wenn es dort einen Abschlag gibt, dann soll es bitte auch für uns einen Abschlag geben. Und wenn wir ein höherwertiges Gewerbe grundstück bei uns vorhalten, neben unserem Gewerbebetrieb – übrigens ein nachvollziehbarer Gedanke, wenn man auf Wachstumskurs ist –, dann möchten wir aber auch, dass wir einen Abschlag bekommen und nichts dafür zahlen müssen.
Wenn natürlich alle Abschläge bekommen, dann bleiben nur noch die unbebauten Wohngrundstücke übrig, die dann alle sozusagen zahlen müssen. Ich finde, das ist am Ende eine Milchmädchenrechnung, die Sie in dieser Richtung machen, meine Damen und Herren.
Deswegen: Lassen Sie uns darüber diskutieren. Dazu sind wir gern bereit. Aber zunächst einmal spricht angesichts der feh lenden Plausibilität einiges dafür, dass das alles nicht zu En de gedacht ist.
Ich will Ihnen auch noch mal sagen, was auf die Gemeinden zukommt. Ich bin Gemeinderat in einer 8 000-Einwohner-Ge meinde. Wenn wir bei uns ein Zonenmodell machen, dann weiß ich nicht so recht, wie Sie das alles austarieren wollen.
Nach den Aufwänden für Informationstechnik haben wir schon im Rahmen der Haushaltsberatungen im Dezember 2019 ge fragt. Es gibt Einmalaufwände, zum Schreiben der Software, und es gibt laufende Aufwände für den Betrieb des Gesam ten. Sie müssen mir erst einmal erklären, warum, wenn 16 Bundesländer allein etwas machen, der Aufwand derselbe sein soll wie dann, wenn es einer für alle macht.
Daher ist bei der IT zunächst einmal Misstrauen angesagt. Ich glaube auch, dass bei allen, die auf Ausschreibungen warten – 16 Ausschreibungen werden es nicht sein –, schon jetzt ho he Erwartungen bestehen, dass auch wieder ein schönes Ser vicegeschäft abfällt. – Sei’s drum.
Tatsache ist auf jeden Fall: Sie werden uns tendenziell in der Informationstechnik sagen müssen, wie Sie angesichts des schon heute in einer dreistelligen Zahl vorgehaltenen Perso nals – ich glaube, es soll in Baden-Württemberg auf 500 zu laufen – rechtfertigen wollen, hier eine Einzellösung zu ma chen.
Im Übrigen sind natürlich auch hier sofort wieder die Bayern da und bieten anderen ihre Services an. Da läuten bei mir schon wieder sämtliche industriepolitischen Alarmglocken. – Aber das nur nebenbei gesagt.
Tatsache ist auf jeden Fall: Die Informationstechnik ist etwas, was in diesem gesamten Modell stark zu Buche schlagen wird. Auch darüber werden wir im Ausschuss diskutieren müssen.
Das Bundesministerium für Finanzen hat im Grunde genom men treuhänderisch für die Bundesländer ein Modell erarbei tet, mit dem Sie aus meiner Sicht stiefmütterlich umgegangen sind. Es geht auch nicht an, zu sagen: Die haben jetzt etwas gemacht, was verfassungsuntauglich ist.
Dieser Vorwurf wird, soweit ich es sehe, auch nicht mehr er hoben, Frau Walker – vielleicht gegen andere Modelle, aus Hessen beispielsweise, aber nicht in Bezug auf das Bundes modell.
Ihr Modell ist ja heute vom Bund der Steuerzahler als verfas sungsrechtlich bedenklich bezeichnet worden, meine Damen und Herren – Ihres!
Also, ein gerechteres und homogeneres Modell ist das, was die sozialdemokratische Fraktion anstrebt. Die kleineren Bun desländer, die sowieso nicht die Kraft für ein eigenes Modell haben – das zeigt sich ja jetzt auch schon: Das Saarland und andere, etwa Bremen, werden das gar nicht machen; das ist auch das, was ich bei den gemeinsamen Konferenzen sehe –, werden am Ende sagen: Das ist eigentlich nicht richtig gelau fen, dass die einen das machen und die anderen es nicht ma chen.