Protokoll der Sitzung vom 12.11.2020

Deswegen ist es wichtig, dass Kontakte reduziert und die AHA-Regeln eingehalten werden usw. Es ist wichtig, dass diese Regeln eingehalten werden, und zwar von allen.

Ich bin sehr froh, dass eine große Zahl der Bürgerinnen und Bürger mit den Regeln einverstanden sind, sich vorsichtig, vernünftig und achtsam verhalten. Leider haben wir einen kleinen Teil in der Bevölkerung, der Coronaregeln nicht ernst nimmt, ja teilweise vorsätzlich missachtet. Mein Eindruck ist, dass dieser kleine Teil in der Bevölkerung Gott sei Dank nicht signifikant größer wird. Aber dieser kleine Teil in der Bevöl kerung radikalisiert sich zunehmend. Das konnte man auch an der Schärfe der heutigen Debatte erkennen. Meine ganze Überzeugung ist, dass es umso wichtiger ist, dass wir auf die Einhaltung der Regeln achten, wenn wir wollen, dass sich die Bevölkerung in ihrer Breite weiterhin an die Regeln hält.

(Zurufe)

Ich möchte klar sagen, dass unsere Polizei dabei Großartiges leistet – neben ihren eigentlichen Aufgaben wohlgemerkt. Mindestens 725 000 Personenkontrollen haben wir inzwischen vorgenommen – also bei fast jedem 15. Baden-Württember ger. Dabei wurden mindestens 87 000 Verstöße gegen die in fektionsschutzrechtlichen Bestimmungen festgestellt – 87 000 Verstöße. 56 000 Verstöße haben das Tragen von Masken be troffen.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren – das möchte ich wirklich einmal sagen –: Die Polizistinnen und Polizisten, die die Einhaltung der Coronaregeln Tag für Tag, Nacht für Nacht, Wochenende für Wochenende überprüfen, machen das liebevoll, mit einer großen Sensibilität und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Wenn jemand einmal seine Maske vergessen hat, wenn die Maske einmal verrutscht ist, wird ein freundliches Gespräch geführt. Bei denen, die das mit Vorsatz machen, gibt es dann ein Bußgeld und eine ent sprechende Anzeige usw. Dass das bei diesen vielen Fällen – 725 000 Personenkontrollen – gelingt, ohne dass mich eine einzige Beschwerde, eine einzige E-Mail, ein einziger Brief erreicht hätte, in dem sich eine Bürgerin oder ein Bürger da rüber beschwert hätte, dass eine Polizistin oder ein Polizist unverhältnismäßig vorgegangen wäre,

(Zuruf: Warum sollte man sich bei Ihnen beschwe ren?)

das ist eine große Auszeichnung für die Arbeit der baden-würt tembergischen Landespolizei. Ich möchte mich bei allen Po lizistinnen und Polizisten dafür bedanken, dass sie diese Ar beit tun.

(Beifall)

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stein zu?

Nein, ich lasse keine Zwischenfragen zu, Frau Präsidentin. Ich möchte das im Zusammenhang vortragen.

Es gibt ein paar besondere Einzelfälle, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Na, wenn das Ihre Kapazi tätsgrenze ist!)

Herr Abg. Klos, hier muss nie mand begründen, ob er oder sie eine Zwischenfrage zulässt. Das ist die Entscheidung des Redners, der Rednerin. Sie ha ben das nicht zu kommentieren. Vielen Dank.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Ich kann das schon kom mentieren!)

Mit Einzelfällen meine ich diejenigen, die sich partout nicht an eine Quarantäneanordnung halten wollen. Da für gibt es konkrete Beispiele.

Angenommen, eine Person – ich nenne sie Herr Müller – hat te engen Kontakt zu einer Person, bei der eine Corona-Infek tion nachgewiesen wurde. Das Gesundheitsamt stufte Herrn Müller als Kontaktperson der Kategorie I ein. Die Ortspoli

zeibehörde ordnete an, dass sich Herr Müller zu Hause von anderen Menschen absondern muss. Dessen ungeachtet geht Herr Müller zwei Tage später zur Arbeitsstelle seiner Mutter, um diese zu besuchen. Dort wird er erkannt und es wird die Polizei gerufen. Die Polizei beruhigt und schickt Herrn Mül ler wieder nach Hause. Wenige Tage später tappt Herr Müller im Rathaus umher. Was nun? Bürgerinnen und Bürger könn ten Herrn Müller in einem Laden, auf dem Amt oder an der Arbeitsstelle begegnen. Wir würden uns doch wünschen, dass die Bürgerinnen und Bürger vor dem Verhalten einer solchen Person geschützt werden. – Leider gibt es nicht nur einen sol chen Fall.

(Unruhe)

Herr Abg. Weinmann, Sie haben gesagt, wir sollen die Poli zei mit FFP2-Masken ausrüsten, und sie solle eingreifen. Die Polizei in Baden-Württemberg ist ausreichend mit FFP2-Mas ken ausgestattet, wie im Übrigen auch mit medizinischem Mund-Nasen-Schutz. Da müssen Sie sich keine Sorgen ma chen.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Polizei hat im Grunde genommen keine richtige Handhabe gegen sol che vorsätzlichen, hartnäckigen Quarantäneverweigerer. Sie weiß nicht, wohin sie diese Personen verbringen soll. Solche Personen rund um die Uhr zu überwachen, das würde die ba den-württembergische Landespolizei in der Tat überfordern. Dafür sind unsere Polizistinnen und Polizisten nicht da.

Der kluge Gesetzgeber hat den Weg gewiesen, wie wir in sol chen Fällen zu verfahren haben. Ich zitiere verkürzt § 30 Ab satz 2 des Infektionsschutzgesetzes:

Kommt der Betroffene den seine Absonderung betreffen den Anordnungen nicht nach..., so ist er zwangsweise durch Unterbringung in einem abgeschlossenen Kranken haus oder einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhau ses abzusondern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie finden im deut schen Recht kaum eine Norm, die eine Freiheitsentziehung deutlicher anordnet als diese:

(Abg. Dr. Wolfgang Gedeon [fraktionslos]: Genau das kritisieren wir doch!)

... ist er zwangsweise durch Unterbringung in einem ab geschlossenen Krankenhaus... abzusondern.

Der Gesetzgeber hat diese Entscheidung richtigerweise so ge troffen. Es geht in diesen Fällen darum, die Bevölkerung vor der Infektion mit einer potenziell tödlichen Krankheit zu schützen.

Ich vermag nicht einzusehen, dass wir bei diesen Einzelfällen sagen: „Das lassen wir laufen. Das sollen die Bürgermeister und die Landespolizei richten.“ So dürfen wir, so darf das Land Baden-Württemberg unsere Kommunalen und unsere Polizistinnen und Polizisten nicht alleinlassen. Das ist meine Überzeugung.

(Beifall)

Um es klar zu sagen: Es geht nicht darum, dass wir Menschen, die ihre Maske nicht aufsetzen, in ein Krankenhaus einwei sen; nein. Es geht um hartnäckige Quarantäneverweigerer. Es geht um Leute, die andere mit Vorsatz mit Corona infizieren. Da darf der Staat nicht zuschauen,

(Zurufe – Unruhe)

sondern da muss der Staat von den Möglichkeiten, die das Recht gibt, Gebrauch machen. Darüber entscheiden im Übri gen im Einzelfall selbstverständlich nicht der Innenminister und auch nicht der jeweilige Bürgermeister. Darüber entschei det selbstverständlich ein unabhängiges Gericht.

Selbstverständlich geht es bei dieser Maßnahme in aller Re gel nicht um Monate oder Wochen, sondern um wenige Tage, bis diese Personen nicht mehr infektiös sind. Dann dürfen die se Personen selbstverständlich die Menschheit wieder beglü cken.

Ich bin mit dem Kollegen Lucha im Übrigen darin einig, dass wir gegenüber solchen Personen im Sinne von § 30 des Infek tionsschutzgesetzes handeln müssen. Die Fragen, die wir im Augenblick debattieren, sind: Wo kommen diese Personen hin? Werden in einzelnen Krankenhäusern beispielsweise ent sprechende Absonderungseinheiten gebildet? Werden es meh rere Krankenhäuser in Baden-Württemberg sein, die das ma chen?

Ich habe mir in diesem Zusammenhang erlaubt – unzuständi gerweise, aber auf Bitten des Sozialministeriums –, mir dar über Gedanken zu machen, wo eine solche Einrichtung sein könnte. Im Grunde genommen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es aus meiner Sicht überhaupt gar nicht wich tig, wo die Maßnahme stattfindet,

(Zuruf)

wichtig ist nur, dass sie stattfindet.

Die Frage „Wo bringen wir diese hartnäckigen Quarantäne verweigerer,“ – nicht viele, aber es gibt sie – „die vorsätzlich andere Menschen infizieren, am Ende des Tages unter?“ müs sen wir, auch wenn sie unangenehm ist,

(Zuruf)

schon beantworten. Ich habe bei all der Kritik, die über mich hereingebrochen ist, nicht einen einzigen Vorschlag gehört, wie wir das lösen.

(Zuruf)

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, bleiben wir, insbesondere Kollege Lucha und ich, über diese Frage weiter im Gespräch.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Dr. Baum zu?

Frau Präsidentin, ich habe doch bereits gesagt, dass ich das im Zusammenhang vortragen möchte und keine Zwischenfragen zulasse.

Wer an Covid-19 verstirbt, dem wurde sein Grundrecht auf Leben genommen. Die Landesregierung und – Gott sei Dank – auch die ganz überwiegende Mehrheit des Landtags von Ba den-Württemberg wollen das verhindern. Ich sage es noch ein mal, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir tun das vor allem im Bewusstsein dessen, dass sich eine Gesellschaft dadurch auszeichnet, was sie für die Kranken, für die Schwächeren und für die Älteren tut. Weil wir eine Vorstellung davon haben, wie Menschen in einer Gesellschaft miteinander umgehen sollen, machen wir das, was notwendig ist – nicht mehr und nicht weniger.

(Zuruf)

Die Aussicht, dass wir in einigen Monaten möglicherweise ei nen Impfstoff haben werden, ist doch ein lang ersehntes Licht am Ende des Tunnels. Doch wir sind uns darüber im Klaren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Noch haben wir jedenfalls in diesem Winter sehr, sehr schwierige Tage und Wochen vor uns.

Wir haben es bisher besser gemacht als die meisten Länder auf diesem Globus. Das ist auch damit in einem Zusammen hang zu sehen, dass die überwiegende Zahl der Bürgerinnen und Bürger hinter den Maßnahmen stehen und es ebenso se hen wie Gott sei Dank die große Mehrheit hier im Landtag von Baden-Württemberg. Dafür bin ich ihnen dankbar.

Arbeiten wir weiter an der Akzeptanz der notwendigen Maß nahmen in der Bevölkerung. Lassen Sie uns diesen Weg, der erfolgreich gewesen ist – bei allen Fehlern, die sicherlich auch gemacht worden sind –, klug und mit der notwendigen Kon trolle und Konsequenz weitergehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall – Zurufe)

In der zweiten Runde erteile ich das Wort für die Fraktion der AfD Herrn Fraktionsvorsit zenden Gögel.