Protokoll der Sitzung vom 17.12.2020

(Beifall)

Meine Damen und Her ren, wir kommen jetzt zur Aussprache. Zuerst hat für die Frak tion GRÜNE Herr Abg. Dr. Rösler das Wort.

Werte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Beginnen möchte ich bei diesem allerletzten Tagesordnungspunkt mit Diskussion in diesem wahrhaft denkwürdigen und merkwürdigen Jahr 2020 mit einem Dank: einem Dank an den Rechnungshof des Lan des Baden-Württemberg, hier vertreten durch seinen – ich darf auch sagen: durch unseren – Präsidenten Günther Benz.

Dieser Dank hat gute Tradition. Das zeigt uns, dass es hier im Parlament lange Linien gibt, Linien, die hoffentlich länger sind, als die Aufregung bei unseren Diskussionen über einzel ne Themen anhält, und die – mit Verlaub – hoffentlich sogar deutlich länger andauern als im Augenblick noch so bedeut same Gefahren für unsere Gesundheit.

Schon 1946 gründeten die Länder Baden, Württemberg-Ba den und Württemberg-Hohenzollern staatliche Rechnungsprü fungsbehörden. Damals war – mit einer Ausnahme – noch kein einziges Mitglied unseres heutigen Landtags auch nur geboren. Das sind lange Linien, lieber Herr Benz, mit guter Tradition.

Ich danke deswegen Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kolle gen, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stellvertretend für die Landtagsfraktion der Grünen. Ich bin mir sicher, dass die anderen Rednerinnen und Redner sich diesem Dank für Ihre kontinuierliche, für Ihre zuverlässige und – in aller Ehr

lichkeit – natürlich auch für Ihre kritische Arbeit und die kri tische Begleitung unserer Arbeit anschließen werden. Vielen Dank dafür! – Da kann man schon einmal klatschen.

(Beifall)

Die heute zur Debatte stehende Denkschrift 2020 befasst sich mit der Haushaltsführung des Landes im Haushaltsjahr 2018 und umfasst 26 Einzelbeiträge. Das Jahr 2018 stand noch un ter völlig anderen Vorzeichen, als wir es jetzt erleben. Schon ab 2015 haben wir keine neuen Schulden mehr aufgenommen. In den Jahren 2018 und 2019 tilgten wir insgesamt 1,25 Mil liarden € Kreditmarktschulden. Zusätzlich führten wir im Jahr 2018 718 Millionen € der Rücklage für Haushaltsrisiken zu.

Die Richtigkeit und Wichtigkeit dieses Vorgehens zeigt sich heute, und zwar in aller Deutlichkeit. Denn in diesem Jahr ha ben wir – Herr Benz, Sie haben es angesprochen – insgesamt 13,6 Milliarden € an Krediten aufgenommen. Wobei ich sa gen muss – wir hatten darüber schon im Finanzausschuss dis kutiert –: Sie fordern 500 Millionen € als jährliche Tilgung ab 2024. Da gehört ja schon noch mit dazu, dass wir auch 6,4 Milliarden € konjunkturbedingte Kredite aufgenommen ha ben und auch diese zurückzahlen müssen. Darüber hinaus werden wir künftig auch bei den Ausgaberesten darauf schau en, dass bestimmte Prozentsätze immer zurückgeführt wer den und wir den Haushalt auf diese Art und Weise entlasten.

Wir müssen spätestens ab dem Jahr 2024 wieder Kredite til gen. Das werden wir nicht schaffen ohne stringente Prioritä tensetzung und ohne strukturelle Maßnahmen auch auf der Ausgabenseite. Auf der Einnahmeseite sind unsere Hand lungsspielräume begrenzt – das wissen Sie –, und die Forde rung nach einer Absenkung des Grunderwerbsteuersatzes, die es ja in manchen Fraktionen gab, wird dann vermutlich eher Vergangenheit sein.

(Zuruf: Was?)

Wir müssen künftigen Generationen die finanzpolitische Handlungsfähigkeit erhalten. Herr Benz, bei diesen Diskussi onen wird die Beratung durch Sie und den Rechnungshof für uns von großer Bedeutung sein.

Manche Finanzpolitiker hoffen ja, dass die Inflation die Kre dite quasi auffressen möge. Ich glaube, dass das eine Fehlein schätzung ist. Das ist kein Weg für die Zukunft.

En détail enthält die Denkschrift des Rechnungshofs Prüfer gebnisse zu fünf Ministerien und zur Allgemeinen Finanzver waltung, die vom Polizeifuhrpark über die Sonderpädagogi schen Bildungs- und Beratungszentren, über die Verbraucher zentrale bis hin zur IT bei Kunst- und Kultureinrichtungen rei chen. Das ist also ein phänomenal breites Themenfeld des Fi nanzausschusses, bei dem wir, Herr Benz – übrigens häufig einstimmig –, Ihren Vorschlägen gefolgt sind.

Hinsichtlich der Verbraucherzentrale haben wir Ihr Anliegen nicht nur aufgegriffen, sondern sogar verstärkt und lassen prü fen, ob der bisher einjährige Bewilligungszeitraum nicht nur, wie von Ihnen gefordert, auf zwei, sondern auf fünf Jahre aus gedehnt werden kann.

(Vereinzelt Beifall)

Damit soll die Planungssicherheit für diese wichtige Anlauf stelle verbessert werden.

Die Fraktion GRÜNE stimmt dem Antrag zu, den Präsiden ten des Rechnungshofs hinsichtlich der Rechnung des Rech nungshofs für das Haushaltsjahr 2018 zu entlasten. Außerdem stimmen wir dem Antrag zu, die Landesregierung auf der Grundlage der Haushaltsrechnung für 2018 und der Vermö gensrechnung zum 31. Dezember 2018 zu entlasten.

Ich bedanke mich an dieser Stelle abschließend nicht nur beim Rechnungshof, sondern auch bei Finanzministerin Edith Sitz mann, bei der Finanzstaatssekretärin Gisela Splett und ihren Teams, beim Ausschussvorsitzenden Rainer Stickelberger und bei den Mitgliedern des Finanzausschusses, hier speziell mei nem „Spiegelkollegen“ Albrecht Schütte – jetzt ist er gar nicht da; Albrecht! –

(Zurufe – Unruhe)

für die sachliche und kollegiale Atmosphäre.

Ganz überparteilich möge weiterhin gelten: ad multos annos – auf viele Jahre und lange Linien sachlicher Zusammenar beit.

Ich wünsche allen eine friedlich-fröhliche, familiäre Advents- und Weihnachtszeit.

Vielen Dank.

(Beifall)

Als Nächster spricht für die CDU Herr Abg. Klein.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Wir beraten heute unter diesem Tages ordnungspunkt 15 – Denkschrift des Rechnungshofs – den Haushalt des Jahres 2018, den Haushalt des Rechnungshofs für 2018 und die Vermögensrechnung des Landes für dieses Jahr.

Dieser Landeshaushalt liegt nunmehr zwei Jahre zurück. Er fiel noch in die Phase eines historischen Konjunkturauf schwungs, den es zuvor noch nie gegeben hatte. Allein in den vergangenen zehn Jahren stiegen die Einnahmen des Landes um 21 Milliarden €: von 36,9 Milliarden € im Jahr 2010 auf 57,9 Milliarden € im Jahr 2019. Das ist eine Steigerung um sage und schreibe ca. 57 %.

Die Bruttosteuereinnahmen des Landes haben im Jahr 2019 mit ca. 40,9 Milliarden € einen bisherigen Höchststand er reicht. Der Finanzierungssaldo war mit 3,4 Milliarden € po sitiv, und im Jahr 2019 konnten erneut Kreditmarktschulden getilgt und konnte der Schuldenstand auf ca. 45 Milliarden € gesenkt werden.

Doch nun ist die Finanzherrlichkeit, wie ich meine, bis auf Weiteres vorbei. Die Coronapandemie führte zu einem kon junkturellen Abschwung und dazu, dass im Jahr 2020 mit Steuerausfällen zu rechnen ist, zu höheren Kosten beim Per sonal- und Sachaufwand und, wie wir es bereits gehört haben, zu Kreditaufnahmen von ca. 13 Milliarden € für Entschädi gungen zur Stützung von Handel und Wirtschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Pandemie ist noch nicht vorbei. Wir sind mittendrin. Zur Stützung des Han dels und der Wirtschaft im Land werden sicherlich noch wei tere Verbesserungen notwendig sein.

Wer hätte im Jahr 2018 gedacht, dass wir am Ende des Jahres 2020 einen Lockdown haben, dass die Einzelhandelsgeschäf te geschlossen sind und wir so auf Weihnachten 2020 zuge hen? Wer hätte im Jahr 2018 gedacht, dass wir bereits zwei Jahre später vor solche finanziellen Herausforderungen und Voraussetzungen gestellt werden? Das Haushaltsjahr 2018 war deshalb noch ein Haushalt auf der konjunkturellen Sonnen seite und war, wie der Rechnungshof festgestellt hat, ein sehr ordentlicher Haushalt ohne Kreditaufnahme und mit einem rechnerischen Überschuss von ca. 0,7 Milliarden €.

Die Haushalts- und Wirtschaftsführung war geordnet. Die für den Haushalt verantwortlichen Bediensteten des Landes und der entsprechenden Behörden haben nach Auffassung des Rechnungshofs richtig gebucht. Was will man eigentlich mehr? Das darf man sich nach der Rechnungsprüfung durch den Rechnungshof fragen.

Zu verdanken war dies aber im Jahr 2018 hauptsächlich einer florierenden Wirtschaft, den fleißigen Menschen hier in unse rem Land und – das darf man auch sagen – einer geringen Ju gendarbeitslosigkeit und Arbeitslosigkeit. Deshalb gebührt der Dank der CDU-Landtagsfraktion auch allen, die zu diesem sehr positiven Jahresergebnis beigetragen haben: den Unter nehmen und Betrieben, den ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, aber vor allem denjenigen, die mit dem Steu ergeld sehr pflichtbewusst und verantwortungsvoll umgegan gen sind.

Die wirtschaftlich guten Zeiten wurden genutzt, um auch Rücklagen zu bilden, Schulden zurückzuführen, zukünftige Versorgungsleistungen abzufedern sowie Gebäude und Infra struktur des Landes verstärkt zu sanieren. Bereits das Pande miejahr 2020 hat gezeigt, was Rücklagen und ein finanzieller Spielraum für notwendige Kreditaufnahmen zur Stützung und Stärkung der Wirtschaft wert sind.

Erfreulich ist ebenso, dass die Vermögensrechnung des Lan des seit dem Haushaltsjahr 2017 Bestandteil des Landeshaus halts ist. Zwar befindet sich die Vermögensrechnung noch in einem gewissen Optimierungsprozess, wie es Herr Präsident Benz auch in seiner Denkschrift anklingen ließ. Aber ich glau be, wir sind hier auf einem richtigen Weg. Ich möchte diesbe züglich auch der Finanzministerin und der Staatssekretärin herzlich danken, dass sie dies sehr engagiert angehen und vor allem uns Abgeordneten in der Vermögensrechnung aufzei gen, wie sich das Vermögen des Landes weiterentwickelt, ob wir von der Substanz unseres Vermögens leben und wohin wir zukünftig steuern wollen. Denn wir alle haben im Sinn, das Vermögen des Landes zu mehren und nicht zu mindern.

Dass der Rechnungshof nicht nur prüft, sondern auch mit sei nem eigenen Haushalt sehr pflichtbewusst und vorbildlich um geht, zeigt das vorliegende Ergebnis. Ich möchte mich des halb auch bei Ihnen, Herr Benz, bei allen Ihren Senatsmitglie dern sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rech nungshofs für ihre Arbeit bedanken. Ein herzlicher Dank geht aber auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Finanz ministeriums, die den Haushalt wirklich sehr zuverlässig um gesetzt haben.

Herr Benz, wenn über 90 % der Denkschriftbeiträge im Ein vernehmen mit den Ministerien laufen, dann, glaube ich, dür fen beide Seiten zufrieden sein. Das wird in sehr schwierigen Haushaltsjahren, die uns vielleicht noch bevorstehen, etwas schwieriger. Ich bin aber auch hier sehr optimistisch.

In diesem Sinn stimmen wir natürlich den Jahresabschlüssen zu.

Ich darf Ihnen auch im Namen der CDU-Landtagsfraktion jetzt, kurz vor Ende der Plenarsitzung, frohe Weihnachten, vor allem ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2021 wünschen.

Herzlichen Dank.

(Beifall)

Jetzt spricht Herr Kolle ge Hofelich für die SPD.

Werte Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen, Frau Ministerin, Frau Staatssekretä rin, sehr geehrter, lieber Herr Präsident Benz! Für die SPDFraktion ist zunächst einmal festzuhalten, dass wir uns sehr gefreut haben, mit welcher profunden Kenntnis und mit wel chem Engagement der Rechnungshof in der heute zur Debat te stehenden Periode wieder mit uns zusammengearbeitet hat. Wir bedanken uns an dieser Stelle sehr dafür. Das Vertrauens verhältnis zwischen Ausschuss und Rechnungshof ist gege ben.

Gerade für unsere Fraktion kann ich sagen, dass wir in unse rer Oppositionsarbeit natürlich auch viel durch die Zusam menarbeit mit Ihnen profitieren können. Natürlich ist der Rechnungshof überparteilich, und das ist auch ganz klar im mer erfahrbar und erkennbar. Aber ich darf an dieser Stelle auch sagen: Die Aussagen des Rechnungshofs während der letzten Jahre sind deutlicher geworden – nicht, weil es eine verschärfte Prüfung mit mehr Ressourcen gäbe, sondern ein fach deswegen, weil die Regierung vielleicht doch in dem ei nen oder anderen Fall auch Anlass dafür gibt, dass eine klare Aussage getroffen wird. Deswegen denke ich auch, dass wir in der Vergangenheit eine gute Arbeit im Ausschuss und für das Parlament geleistet haben.

Ich würde gern vorneweg noch sagen, dass wir schon Ihren Tenor im Vorwort, in dem Sie ja im Juli noch ein bisschen ak tueller werden konnten – – Der eigentliche Prüfungszeitraum für das Jahr 2018 endete ja im Frühjahr 2019. Sie hatten die Drucklegung, glaube ich, im Juni. Aber im Vorwort gehen Sie ja auch schwerpunktmäßig auf die informationstechnische In frastruktur des Landes Baden-Württemberg ein, die eben mehr ist als die reine Verkabelung und die reine Breitbandsituation.

Deswegen möchte ich schon noch mal darauf hinweisen, dass Sie wichtige Aussagen im Vorwort gemacht haben, was die Verlässlichkeit einer informations- und kommunikationstech nischen Verwaltungsinfrastruktur angeht, aber auch, was die Nützlichkeit angeht. Ich denke, dass sich künftige Parlamen tarier und der künftige Landtag darum wahrscheinlich auch noch mehr werden kümmern müssen als heutige Parlamenta rier. Man wird das nicht allein bei der BITBW – auf die wir Hoffnungen setzen – lassen können, sondern wird hier auch immer hinschauen müssen, wo wir wirklich auf der richtigen Seite sind.

In einer der baden-württembergischen Tageszeitungen stand heute auf Seite 1 in einer Art Glosse – aber es war schon sehr ernst –, dass bei Google um 3:45 Uhr Pacific Time ein Server mal für 50 Minuten ausgefallen ist und im Reich von Google dann gleich ziemlich viel schiefgegangen ist – von den Sit zungen, die nicht stattfinden konnten, bis hin zu Heizungen, die nicht funktioniert haben.

So gesehen ist es eine Situation, in der wir, das Parlament, ge rade auf der öffentlichen Seite bei den Anwendungen und den Verfahren auch in der Zukunft größte Aufmerksamkeit brau chen werden.

Nützlich ist – ich sage es an dieser Stelle – auch – – Es gibt Dinge, die uns nicht immer überzeugt haben. Ob unbedingt für die Grundsteuer bei der Baden-Württemberg-Lösung – die wir ja kritisiert haben – nun diese Einstellsituation bei ITFachleuten sein muss, ist schon eine Frage an sich, zumal Sie uns bis heute noch nicht sagen konnten, welche Einstellungen davon temporär und welche davon dauerhaft erfolgen. Es geht ja um eine höhere dreistellige Zahl.