Protokoll der Sitzung vom 10.02.2017

Viel Ankündigung, wenig Umsetzung. Hier wäre ein Mehr an Mitteln erforderlich, um die Zukunftsfähigkeit unseres Lan des sicherzustellen. Im Technologieland Baden-Württemberg spricht man von 50 Mbit/s, in anderen Ländern redet man vom Sechsfachen.

So langsam, wie die Regierung beim Internet denkt – beim Stellenabbau ist sie noch langsamer. Das von CDU und FDP/ DVP eingeführte Programm zur Einsparung von 1 480 Stel len wird ausgesetzt, obwohl bisher gerade einmal die Hälfte der Stellen abgeschmolzen worden sind. Da haben die Damen und Herren der CDU bei der Zwangsheirat mit den Grünen wohl vergessen, was sie einmal selbst durchgesetzt hatten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Vielleicht, sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, wussten das aber auch nur diejenigen 18 Abgeordneten, die beim letzten Mal nach Hause geschickt worden sind.

Besonders anstößig am Haushaltsentwurf, vor allem bei dem guten finanziellen Umfeld, finden wir von der FDP/DVP, dass alte Kreditermächtigungen weiter gelten sollen, ohne einen Bezug zu besonderen Aufgaben zu haben. Man kann sie also ausschöpfen und trotzdem laut verkünden: Wir machen keine Schulden.

Zum Haushaltsbegleitgesetz: Die eine Hand segnet, die ande re Hand straft. Die eine Hand gibt, die andere Hand nimmt. Das sind die wesentlichen Inhalte des Haushaltsbegleitgeset zes. Vor allem geht es hier um den kommunalen Finanzaus gleich. Was den Kommunen im Rahmen des Vorwegabzugs von 200 Millionen € in den Jahren 2017 und 2018 aus der Ta sche gezogen wird,

(Abg. Anton Baron AfD: Ein Unding!)

wird über politische Förderprogramme den Kommunen wie der zugeleitet.

(Abg. Anton Baron AfD: Genau!)

Auf diese Weise hält man die Kommunen an der kurzen Lei ne.

Die Einrichtung eines Unwetterfonds in Höhe von 30 Millio nen €, der hälftig vom Land und der kommunalen Familie er bracht wird, unterstützt die FDP/DVP aber ausdrücklich. Schnelle, unbürokratische Hilfe zu ermöglichen, ohne einen Nachtragshaushalt erstellen zu müssen, ist sinnvoll.

Unter der Annahme, dass von den Flüchtlingszugängen des Jahres 2015 rund 80 000 Menschen aus der vorläufigen Un terbringung in die Anschlussunterbringung gehen, sowie für die Fälle des damit verbundenen Familiennachzugs beteiligt sich das Land zur Bewältigung dieser Sondersituation mit ei nem Betrag von 1 125 € pro Monat und Person. Wer A sagt, sehr geehrte Damen und Herren, muss auch B sagen. Diese Summen sind notwendig, da die Menschen nun einmal hier sind.

Die FDP/DVP hätte sich im Hinblick auf die Flüchtlingskri se sicher eine stringentere Einwanderungs- und Flüchtlings politik gewünscht.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Aber menschliche Nähe ist für uns eine Rechtsverpflichtung. Es gilt der juristische Grundsatz: Ultra posse nemo obligatur. Was heißt das? Ich muss nur das leisten, zu dem ich fähig bin. Kurz gesagt: Wenn ein Flüchtling sich in der Wüste verläuft, dann bin ich nicht für ihn verantwortlich, weil unerreichbar. Aber wenn er hier vor meiner Tür steht, dann muss ich ihm helfen. Daher kritisieren wir die Flüchtlingspolitik, nicht aber den einzelnen Flüchtling, wie es andere Parteien tun.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Zum Ablauf der Sitzungen: Alle Oppositionsanträge wurden vom Tisch gewischt. Manchmal allerdings hatte man den Ein druck, dass bei Grün-Schwarz die Augen etwas anders abge stimmt haben als die Hände. Aber wir wissen ja, woran es liegt.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP)

Für uns ganz wesentlich, sehr geehrte Damen und Herren, ist, dass alle Anträge der FDP/DVP gegenfinanziert waren. Es wa ren keine Mehrausgaben ohne entsprechende Kürzungen an anderer Stelle vorgesehen. Das ist solides Haushalten, wie wir es dem fleißigen Steuerzahler hier im Ländle schuldig sind.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Für uns Freie Demokraten ist klar, dass wir eine Verantwor tung gegenüber dem Steuerzahler haben, mit dem uns anver trauten Geld sorgsam umzugehen. Erfreulich für unsere Frak tion war in diesem Zusammenhang, sehr geehrter Herr Hofe lich, dass Sie sich der FDP/DVP-Fraktion bei der Forderung nach der Schuldentilgung in Höhe von 411 Millionen € ange schlossen haben.

Die AfD als neuer Mitspieler im Landtag hat uns mit einer Flut von Anträgen zugeschüttet,

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD)

überflutet. Die Richtung war klar: Streichungen bei der poli tischen Bildung, bei der Gleichstellung, bei der Flüchtlings unterstützung, bei den politischen Landesstiftungen, bei der Öffentlichkeitsarbeit, bei der Inklusion – kurzum: bei allem, was mit Demokratieförderung, Migration und Gleichstellung zu tun hat.

(Abg. Emil Sänze AfD: Der Herr Rösler will doch die Doppik!)

Sehr geehrter Herr Meuthen, sehr geehrte Fraktion der AfD, die Menge der AfD-Anträge ging deutlich auf Kosten der Qua lität.

(Beifall bei der FDP/DVP, den Grünen und der CDU sowie des Abg. Gernot Gruber SPD)

Während der Beratungen hatte man auch nicht den Eindruck, dass Sie besonders daran interessiert waren, Ihre Anträge nä her zu begründen. Vielmehr glaube ich, meine sehr geehrten Damen und Herren von der AfD-Fraktion, dass Sie mit die sem Aktionismus Kompetenz vorspiegeln wollten und vor al lem die Absicht hatten, zu sagen: „Liebe Wähler, das ist die Liste, die wir gefordert haben, das ist das, was die bösen Alt parteien abgelehnt haben.“ Damit gehen Sie an die Presse und sagen: „So sind wir und so sind die anderen.“

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Das Schönste habe ich mir für den Schluss aufbewahrt. Zwei Begriffe kann man eigentlich nicht mehr hören: „postfaktisch“

(Zuruf: Ja!)

und, sehr geehrte Frau Ministerin, „implizite Verschuldung“.

(Zuruf: Oh ja! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: Wobei „postfaktisch“ nicht so schlimm ist!)

Die Verordnung zu § 18 der Landeshaushaltsordnung wird verändert, sie soll neu gefasst werden. Sehr geehrte Frau Mi nisterin, die Regierung hat wirklich das Ei des Kolumbus er funden, um Schulden zu tilgen. Man kreierte dazu einen neu en Begriff: die implizite Verschuldung. Das klingt sehr gebil det und klingt wirklich gut. Das ist aber eine reine Vernebe lungstaktik in der Hoffnung, dass der Wähler nicht nachfragt, was das eigentlich bedeutet.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe von den Grünen)

Kurzgefasst, sehr geehrte Damen und Herren: Sanierungskos ten werden zu Schulden. Das geht so weit, dass der Schulden begriff der Regierung dazu führt, dass auch eine nicht durch geführte Investition zu den Schulden zählt. Zur Veranschau lichung ein Beispiel aus dem privaten Bereich: Implizite Schul den für eine Privatperson würden bedeuten, dass eine nicht durchgeführte Urlaubsreise zur Wiederherstellung der opti malen Arbeitsfähigkeit letztlich zu den Schulden gezählt wer den könnte.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: So ein Quatsch! – Abg. Tobias Wald CDU: Herr Aden, da sind Sie auf dem Holzweg! – Zuruf: Falsch!)

Diese Ausweitung des Schuldenbegriffs, sehr geehrte Damen und Herren, lehnen wir entschieden ab.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wir auch! Da sind wir komplett einig, Herr Kollege!)

Das ist auch der wesentliche Grund, weswegen wir von der FDP/DVP-Fraktion auch den Haushalt insgesamt ablehnen werden. Im Gegenteil, wir bestehen auf der Einhaltung der Schuldentilgung aufgrund der Überschüsse. In Anbetracht der guten Haushaltssituation fordern wir, dass zu den 411 Milli onen € Tilgung noch 200 Millionen € zusätzlich getilgt wer den sollen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Außerdem – mit uns kann man ja sprechen – fordern wir, dass in Zukunft von den Überschüssen 25 % in die Schuldentil gung gesteckt werden sollen.

Wenn man das nun sieht, ist festzustellen: Besonders nachhal tig, sehr geehrte Frau Ministerin, ist der Haushalt nicht. Wenn man nicht jetzt tilgt, wann denn dann?

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Danke schön, ich kom me auch zum Schluss. Das passt sehr gut. Vielen Dank, Frau Landtagspräsidentin.

(Heiterkeit)

Sie haben hier Ihr erstes Opus magnum – wenn ich das ein mal so sagen darf – als Finanzministerin vorgelegt. Aus mei ner Sicht als Newcomer hier im Parlament muss ich Ihnen sa gen, dass Finanzpolitik aus mehr als aus Plus und Minus, Soll und Haben besteht. Vielmehr hat das auch etwas mit Psycho logie zu tun.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das wissen sie doch! Des wegen machen sie das mit den impliziten Schulden!)

Aber darüber reden wir dann bei der dritten Lesung.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Zuruf: Psychologievorlesung!)