Protokoll der Sitzung vom 22.02.2017

(Abg. Anton Baron AfD: Wie „Die Rente ist sicher“!)

Aber diese Aussage hat dazu geführt, dass die Bürger nicht zur nächsten Kreissparkasse gerannt sind und ihre Konten ge plündert haben. Es ist nicht zu einem Bankenrun gekommen, es ist nicht zu einem Schwarzen Freitag gekommen.

Sehr geehrte Frau Ministerin, das meine ich mit Psychologie. Das ist wichtig, und das erkennen wir in Ihrem Haushaltsent wurf nicht.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wenn wir jetzt in dieser komfortablen finanziellen Situation nicht in der Lage und willens sind, auch nur ein klein wenig Schulden zu tilgen, dann kommt bei den Menschen im Land ein ganz, ganz falsches Signal an. Das Signal lautet: Schul dentilgung gibt es nicht, solange wir nicht müssen. Der Bür ger realisiert: Schulden werden nie mehr zurückbezahlt.

Die Leute lesen auch Zeitungen. Sie bekommen auch mit, dass die öffentlichen Kassen gut gefüllt sind. Sie bekommen auch mit, wie eine Sozialleistung die andere ablöst. Sie bekommen aber auch mit und sehen es an ihren Rentenbescheiden, an ih ren Pensionsmitteilungen, an ihren Betriebsrentenberechnun gen und Statusmitteilungen, dass die Altersvorsorge gefähr det ist, dass Altersarmut droht, dass keine Rücklagen geschaf fen werden können.

Wir haben einen Rekordhaushalt mit einem Umfang von 48 Milliarden €. Die Landesschulden – genauer: die explizi ten Kreditmarktschulden – belaufen sich in etwa auf die glei che Höhe. Ohne eigenes Zutun haben sich die Zinszahlungen aufgrund des Zinsumfelds um 140 Millionen € auf 1,7 Milli arden € reduziert. Wie viel zusätzliches Geld für Pensionen, eine Erhöhung der Eingangsbesoldung, für Investitionen usw. wäre vorhanden, wenn man diese Schuldenlast nicht wie ei nen Rucksack mit sich herumtragen würde?

In der letzten Woche haben sich die Tarifpartner des öffentli chen Dienstes der Länder auf eine Lohnsteigerung geeinigt. Glückwunsch an die hart arbeitenden Beschäftigten des Lan des – auch wenn die Zahlen gerade mal die Inflationsrate aus gleichen.

In gleicher Weise würden wir auch gern den Beamten gratu lieren. Eine Übernahme des Abschlusses in gleicher Höhe und zum gleichen Zeitpunkt wäre gerechtfertigt – auch wenn die se natürlich nicht umsonst zu haben ist –, wofür wir, die FDP/ DVP-Fraktion, uns aussprechen. Wir sind klar dafür, weil es jetzt an der Zeit ist, dass auch die Beamten wieder an der Ent wicklung der Gehälter teilnehmen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Was jedoch macht die grün-schwarze Regierung? Sie packt das ganze Verhandlungspaket in ein Paket mit Statusfragen, mit einzelnen Verwaltungsteilen und vor allem mit den Ver handlungen über den Einstieg in die Abschaffung der abge senkten Eingangsbesoldung. Was heißt das konkret? Am En de werden die Beamtinnen und Beamten die Rücknahme die ser Ungerechtigkeit wieder selbst mit geringeren Gehaltsstei gerungen bezahlen müssen. Gerecht ist das nicht, und eine Wertschätzung für die Beamten sieht anders aus.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die Regierung hat jetzt – jetzt! – die Möglichkeit, Schulden zu tilgen und den Landeshaushalt nachhaltig und strukturell schlanker zu machen. Spielräume dafür sind vorhanden. Die se Gelegenheit versäumt sie, und zwar mit Ansage. Dass sich die Finanzministerin fragt, dass sich die Grünen fragen: „Wa

rum sollen wir Schulden der alten Regierung tilgen? Wir ha ben sie doch gar nicht gemacht!“, ist zwar menschlich ver ständlich, ist aber leider verantwortungslos.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Dass aber die CDU die Chance verpasst, wenigstens einen Fun ken an finanzpolitischer Haltung zu zeigen, indem sie zumin dest anfängt, die Schulden zu tilgen, die sie selbst gemacht hat, ist für mich und ist für uns, die FDP/DVP, sehr enttäuschend.

(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD)

Zum Abschluss zitiere ich aus dem Wirtschaftsteil der FAZ vom 18. Februar 2017. Dort heißt es:

Deutschland und Europa brauchen mutige Politiker, die langfristig denken, geeignete Wege zum Abbau der Schul denmentalität kennen, diese Wege beschreiten und eine breite Öffentlichkeit von den Vorzügen dieser Strategie zu überzeugen verstehen.

Genau das bringt zum Ausdruck, was die FDP schon seit Jah ren fordert:

(Lachen des Abg. Anton Baron AfD)

Verantwortungsbewusstsein gegenüber den nachfolgenden Generationen, die andernfalls die Zeche zahlen.

Ich komme zum Schluss. Sehr geehrte Frau Ministerin, bei der zweiten Lesung hatte ich in Ihre Richtung vom Haushalts entwurf als einem Opus magnum gesprochen, also einem gro ßen Werk. Da hatte ich mich versprochen. Ich meinte natür lich ein Opus primum, ein Erstlingswerk. Erstlingswerke ha ben ja in aller Regel die Eigenschaft, dass sie noch nicht voll ständig sind, noch nicht hundertprozentig sind. Aber ich hof fe, dass bei der Aufstellung des Doppelhaushalts 2018/2019

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sie nicht mehr befasst ist!)

Ihr Opus primum tatsächlich zu einem Opus magnum werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Sitzmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehr te Damen und Herren! Am 25. April 1952 wurde unser Land Baden-Württemberg gegründet, also vor fast 65 Jahren.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ein Grund zum Feiern!)

Diese 65 Jahre waren eine erfolgreiche Zeit für unser Land. Sie waren eine in der Geschichte des Südwestens einmalige Periode des Friedens, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Sicherheit und auch des wachsenden Wohlstands.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es ist schön, und wir können glück lich und stolz sein, dass wir hier in Baden-Württemberg leben können.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Es gibt aber leider auch eine Schattenseite: Das war nicht ganz umsonst. Wir haben natürlich – das wird im Rückblick klar – auch einen Schuldenberg aufgetürmt.

(Abg. Winfried Mack CDU: Es war nichts umsonst!)

Ich sage es unter Bezugnahme auf Ihre Rede, Herr Dr. Aden: Letztendlich sind dies die Schulden des Landes Baden-Würt temberg, so, wie es auch die Steuereinnahmen des Landes Ba den-Württemberg sind. Jeder muss mit dieser Situation um gehen, auch ich als Finanzministerin, die ich auch insgesamt verantwortlich für das bin, was wir heute vorfinden: für das, was positiv ist, aber auch für die Bereiche, in denen es noch Handlungsbedarf gibt.

1959 betrug der Schuldenstand 500 Millionen €. 1972 waren es 1,7 Milliarden € Schulden. Zehn Jahre später war es schon das Zehnfache, 11,5 Milliarden €. Die Schulden sind in den darauffolgenden Jahrzehnten dann jeweils um weitere 10 Mil liarden € auf heute ca. 47 Milliarden € angestiegen.

Meine Damen und Herren, das ist fast so viel wie die gesam ten geplanten Ausgaben für das Jahr 2017, die rund 48 Milli arden € betragen.

Meine Damen und Herren, wir haben alle gemeinsam als Ers tes die Verantwortung dafür, dass dieser Schuldenberg nicht weiter wächst. Die grün-schwarze Landesregierung hat sich vorgenommen und ist fest entschlossen, dass wir beginnend mit dem Haushalt 2017 und eben auch für die kommenden Jahre die Geschichte dieses stetig wachsenden Schuldenbergs beenden werden.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Eine Nullneuverschuldung ist in einzelnen Jahren gelungen: 1972, 2008, 2009, 2011, 2012, 2015, 2016.

(Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Sie ist mit diesem Haushalt 2017 erneut gelungen: keine neu en Schulden, keinen einzigen Cent.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Aber auch keine Tilgung!)

Es ist leider schon lange her, dass es eine ganze Legislaturpe riode gegeben hat, in der keine neuen Schulden gemacht wur den,

(Abg. Anton Baron AfD: Bei 40 % Steuermehrein nahmen ist das kein Wunder! Das kriege ich auch hin!)

und zwar war das 1960 bis 1964. Das wollen wir und das wer den wir auch wiederholen, meine Damen und Herren: keine neuen Schulden in dieser Legislaturperiode. Grün-Schwarz macht Schluss mit der Politik auf Pump.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Warum macht das Sinn? Zu hohe Schulden können die Hand lungsfähigkeit des Staates dauerhaft gefährden. Das hat nicht zuletzt auch die Eurokrise gezeigt. Hohe Zinslasten engen die Gestaltungsspielräume zukünftiger Generationen ein. Meine Damen und Herren, wir werden alles dafür tun, um die Wei chen für eine gute Zukunft zu stellen.