(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Sie nehmen das Wort „Wahrheit“ in den Mund, Sie Schwätzer? – Abg. Ste fan Räpple AfD: Er lügt doch wie gedruckt! – Wei tere Zurufe – Glocke der Präsidentin)
Herr Abg. Räpple, Sie sind jetzt nicht dran. Unterbrechen Sie nicht in dieser aggressiven Art und Weise! – Herr Abg. Dr. Schweickert.
Ich komme gar nicht dazu, etwas zu sagen. Ich könnte nicht einmal lügen, selbst wenn ich es wollte, Herr Räpple.
Herr Meuthen hat gerade von einem „Zentralisierungswahn der Eurokraten“ gesprochen – ich habe es genau mitgeschrie ben –, von „Frondiensten für die... Rotweinstaaten“, und dann sagt er auf der anderen Seite: Wir sind ja die Nachbarn, und er habe selbst schon mal in Frankreich gelebt.
(Vereinzelt Beifall – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Er hat viel Zeit dort verbracht, hat er ge sagt!)
Und, Herr Meuthen, wenn das alles nicht so wäre, würde ich mir mal überlegen, ob mit einem Verhalten im Plenarsaal, bei dem man dem Redner den Rücken zudreht – –
Ich kann Ihnen nur empfehlen: Gehen Sie mal in den Deut schen Bundestag. Gucken Sie mal oben im Rondell. Da gibt es ein Foto von der NSDAP, wie sie angefangen hat, das Par lament zu stürzen. Die haben angefangen, sich umzudrehen,
und ich bin mal gespannt, welche weiteren Punkte von Ihnen noch kommen. Sie nehmen ganz tolle Anleihen.
Ich komme zum Schluss. Wir werden am 18. Juni wissen, ob Macron diese Politik, die jetzt auf dem Tisch liegt, umsetzen kann. Dann freue ich mich auf die Debatten hier in diesem Haus.
Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war eine gute Entscheidung der CDU-Fraktion, das Ergebnis der französi schen Präsidentschaftswahl vom vergangenen Sonntag zum Gegenstand einer parlamentarischen Debatte hier im Landtag von Baden-Württemberg zu machen.
Ich finde, es ist auch ein gutes Zeichen dieses Hohen Hauses, dass wir uns vor allem darüber freuen, dass durch diese Wahl der Franzosen in Europa ein Zeichen gesetzt wurde, das auf die Weiterentwicklung Europas ausgerichtet ist und nicht auf die Abwicklung. Das ist die Botschaft dieser französischen Präsidentschaftswahl.
Kollege Meuthen, auch wenn erkennbar war, dass Sie sich heute durchaus in einzelnen Punkten von Le Pen zu distanzie ren versuchten oder im Vergleich zu früheren Aussagen, die Sie von dieser Stelle aus getroffen haben, doch sehr differen ziert argumentierten, so bleibt doch – ich möchte Sie bei die ser Gelegenheit gern fragen, ob dies stimmt – die Meldung der „Stuttgarter Zeitung“ vom 8. Mai 2017 mit der Über schrift: „Jörg Meuthen hätte Le Pen gewählt“.
hätte Jörg Meuthen für die Abwicklung Europas, für das En de Europas gestimmt. Es ist gut, dass Macron diese Wahl ge wonnen hat.
(Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Udo Stein AfD: Fragen Sie da bit te die Europäische Union!)
Dass das Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Frankreich ein Glücksfall für die deutsch-französischen Beziehungen und für Europa ist, wurde heute schon mehrfach gesagt. Deshalb will ich an dieser Stelle auch namens der Landesregierung dem künftigen Präsidenten der Französischen Republik, Emmanu el Macron, unseren herzlichen Glückwunsch aussprechen.
Aber ich richte den Glückwunsch auch an unsere französi schen Nachbarn, an unsere französischen Freunde. Denn ein anderes Ergebnis in der Stichwahl hätte vieles von dem, was wir an deutsch-französischen Verbindungen in Jahren und Jahrzehnten aufgebaut haben, zerstört. Deshalb: Danke, liebe Freunde in Frankreich. Ihr habt euch für eine Politik der Mit te entschieden und den Populismus eindeutig abgelehnt, und ihr habt damit Europa gestärkt.
(Abg. Anton Baron AfD: Politik der Mitte? Macron ist ein Sozialist! Von Mitte ist hier nicht zu reden!)
Mit der Wahl in Frankreich wurde eine Serie fortgesetzt, eine Serie besonnener Entscheidungen europäischer Wählerinnen und Wähler, auch wenn ich nicht verhehlen möchte, dass die Entscheidungen, die im Einzelfall getroffen wurden, trotzdem wachrütteln müssen. Ich erinnere an die Präsidentschaftswahl in Österreich, ich erinnere an die Wahlen in den Niederlanden und jetzt auch in Frankreich. Das sind Länder, in denen zuerst langsam, inzwischen aber immer deutlicher die Proeuropäer aufwachen und Flagge zeigen, in denen sich die Menschen gegen plumpe Stimmungsmache, gegen nationalistische Strö mungen und ökonomische Abschottung wehren. Rechtspopu listen, die die Axt an Europa anzulegen versuchten, sind ge scheitert, und das ist gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Aber vielleicht ist dies auch ein Zeichen, ein Beleg dafür, dass gerade der Brexit und vielleicht auch die Wahl des amerika nischen Präsidenten so etwas wie Weckrufe in Europa waren, die die Menschen wieder mobilisieren, für dieses Europa ein zutreten, für dieses Europa auf die Straße zu gehen. Wenn es uns gelingt, diese Krise zu einer Chance zu machen, dann hät ten diese Entscheidungen durchaus in der Konsequenz auch ihren Sinn.
Wir können froh sein, dass unsere Nachbarn auf der anderen Seite des Rheins eine eindeutige Wahl getroffen haben. Sie haben einen Kandidaten gewählt, der sich in seiner gesamten Kampagne immer klar und unmissverständlich zu Europa be
kannt hat. Dass Macron am Wahlabend die europäische Hym ne abspielen ließ, war ein starkes Signal für Europa. Damit wollte er zum Ausdruck bringen, dass er für unser gemeinsa mes Europa einsteht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Frankreich ist gerade für uns ein wesentlicher Partner, wenn es darum geht, Europa durch die deutsch-französische Freund schaft zu gestalten. Frankreich ist mehr als nur einer von 28 Mitgliedsstaaten, ist auch politisch, wirtschaftlich und militä risch von entscheidender Bedeutung. Frankreich und Deutsch land zusammen bilden politisch und historisch das Herz des vereinten Europas. Ein Europa ohne Frankreich hätte eine klaffende Wunde im Herzen Europas offenbart. Aber auch nur ein europafeindliches Frankreich hätte für Deutschland und Baden-Württemberg massive Folgen mit sich gebracht. Wir haben jetzt die Chance, unsere gewachsenen grenzüberschrei tenden Kooperationen, gerade auch mit dem Elsass, wieder zu festigen.
Ich sage selbstkritisch: Vielleicht sind auch wir in der Pflege dieser Partnerschaften etwas zu bequem und selbstsicher ge worden. Wir müssen diese Stimmung nutzen, um die grenz überschreitenden Partnerschaften wieder neu zu beleben. Sta gnation statt Weiterentwicklung, Abschottung statt Gemein samkeit und Brücken einreißen, statt neue aufzubauen – das wäre der europapolitische Fahrplan einer rechtspopulistischen Präsidentin in Frankreich gewesen, und er hätte Folgen für die Menschen bei uns und insbesondere auch am Oberrhein ge habt.
Die unzähligen INTERREG-Projekte dort haben aus einer Re gion, die ehemals am Rande Frankreichs und Deutschlands lag, ein Kraftzentrum im Herzen Europas gemacht. Sie haben gezeigt, dass der Rhein keine Trennlinie ist, sondern ein ver bindendes Band. Diese grenzüberschreitende Zusammenar beit ist, anknüpfend an das alte Theodor-Heuss-Zitat, längst ein Modell europäischer Möglichkeiten geworden.
Ich möchte nur einige wenige Beispiele aus dem deutsch-fran zösischen Alltag nennen: Wissenschaftsoffensiven wie der Eu ropean Campus, ein grenzüberschreitender Universitätsver bund mit gemeinsamen Professuren, gemeinsamer Forschung und gemeinsamen Abschlüssen. Oder, liebe Kolleginnen und Kollegen, die heute mehrfach angesprochene duale Ausbil dung. Es ist gelungen, im Oberrheingebiet den schulischen Teil der Ausbildung im Heimat- und den betrieblichen Teil im Nachbarland absolvieren zu können. Das sind gelungene Bei spiele grenzüberschreitender Zusammenarbeit.
Der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit innerhalb Euro pas muss in den kommenden Jahren ein Herzstück europäi scher Bemühungen und Herausforderungen sein.