Protokoll der Sitzung vom 12.10.2017

(Beifall bei der AfD)

Das Wort für die SPDFraktion erteile ich dem Kollegen Born.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir im Vorfeld überlegt, wie lange der Sprecher der AfD brauchen würde, um bei dem Thema Lan desbauordnung den europäischen Grenzschutz zu erwähnen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf von der AfD: Viel zu lange!)

Es hat vier Minuten gedauert.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Wenn ich acht Minuten Redezeit hätte, würde ich vielleicht auch noch etwas anderes unterbringen. Aber es geht hier um etwas anderes. Es geht hier nämlich darum, wie bei uns ge baut wird.

Mit der heutigen Beratung beginnen wir den parlamentari schen Prozess zu einem Thema, das seit 2014 virulent ist. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten blicken den Be ratungen im Ausschuss interessiert entgegen, weil es zahlrei che Anregungen und Beiträge sowohl aus der Bürgergesell schaft als auch von Verbänden, von Experten gegeben hat. Wir wissen, dass diese Änderung dringlich ist, dass sie notwendig ist, dass hier ein von den Ländern entwickelter Kompromiss, eine von den Ländern entwickelte Lösung im Sinne einer Musterbauordnung herangezogen werden kann, um jetzt auch in unserer Landesbauordnung für eine entsprechende Rechts sicherheit zu sorgen.

Wenn wir uns tatsächlich um die Menschen sorgen, die mit Bauen zu tun haben, dann muss es doch für uns, den Gesetz geber, immer wieder darum gehen, Rechtssicherheit zu schaf fen und nicht über Themen zu motzen, die überhaupt nicht auf dem Tableau stehen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Aber sicher stehen die auf dem Tableau! Blödsinn! Keine Ah nung!)

Wer ein Haus baut, hat es verdient, dass der Landtag von Ba den-Württemberg dafür sorgt, dass er rechtssicher agieren kann. Es sollte daher nicht über Themen geredet werden, die damit überhaupt nichts zu tun haben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Die zahlreichen Rückmeldungen, die wir erhalten haben, ha ben aufgezeigt: Neben den wichtigen sozialen, infrastruktu rellen, klimapolitischen, energetischen, inklusiven, gesell schaftlichen Zielen, die wir mit Landesbauordnungsrecht aus guten Gründen verfolgen, geht es als entscheidendes Funda ment im Ordnungsrecht immer wieder auch um die Sicherheit sowohl der Menschen, die Bauten entwerfen, die am Bau schaffen, als auch um die Sicherheit der Menschen, die am Schluss in den Bauwerken wohnen und arbeiten.

Der EuGH hat mit seinem Urteil vom Oktober 2014 entschie den, dass es die bisherigen nationalen Verwendungs- und Übereinstimmungsnachweise für Bauprodukte, die die CEKennzeichnung tragen, nicht mehr geben darf. Auf europäi scher Ebene hat sich das von der SPD geführte Bundesbau ministerium massiv dafür eingesetzt, dass bestehende Lücken

in der europäischen Normung geschlossen werden bis hin zu dem formalen Einwand bei der Kommission und dem Gang vor das Gericht der Europäischen Union. Es ist essenziell, dass dieser Einsatz auch fortgeführt wird, wenn in den nächsten vier Jahren keine Sozialdemokratin mehr Bundesbauministe rin ist.

Überschrieben ist der Tagesordnungspunkt mit „Entwurf ei nes Gesetzes zur Änderung der Landesbauordnung“. Es han delt sich also – diese Ehrlichkeit muss hier heute schon herr schen – um ein Gesetz von weiteren. Denn Sie von der CDU haben Ihren Wählerinnen und Wählern versprochen, dass Sie an der Landesbauordnung Änderungen vornehmen wollen. Sie haben gleichzeitig, wenn Vorschläge aus den Reihen des Parlaments, in den Ausschüssen, innerhalb der WohnraumAllianz, von den Verbänden – diese haben gemeinsam ein gan zes Papier vorgelegt –, auch von Bürgerinnen und Bürgern ka men, darauf verwiesen, dass Sie sich erst mit den Grünen ei nigen müssten, dass gutes Regierungshandeln bedeuten wür de, dass man die Landesbauordnung nur einmal in der Legis latur ändert. Dieses Ziel haben Sie jetzt definitiv nicht erreicht. Wir werden die Landesbauordnung vermutlich, wenn Sie sich irgendwann einigen, mehr als einmal in dieser Legislatur än dern.

Wichtig ist, dass wir für Rechtssicherheit sorgen, dass wir da rum diese Regelungen umsetzen. Wichtig ist – dies gehört auch zur Ehrlichkeit –: Hier konnten Sie etwas vorlegen, weil die Länder zum Glück etwas erarbeitet haben, was Sie jetzt direkt in unsere Landesbauordnung implementieren können. Wenn es darum geht, dass Sie sich einigen, dass Sie zu Ergeb nissen kommen, so warten wir noch. Wir warten gespannt, wir warten konstruktiv mit unseren Beiträgen.

(Zuruf des Abg. Raimund Haser CDU)

Aber eines ist klar: Ihren Vorsatz, nur einmal in der Legisla tur die Landesbauordnung zu ändern, halten Sie nicht ein, lie be Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und der CDU.

(Abg. Raimund Haser CDU: Das überleben wir!)

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich das Wort Frau Kollegin Reich-Gutjahr.

Ich hoffe, die Tech nik funktioniert jetzt so, dass man mich auch laut genug hört, nicht wie heute Morgen.

(Zuruf von der FDP/DVP: Perfekt! – Abg. Dr. Wolf gang Reinhart CDU: Wir sind einfach leiser!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute zum ersten Mal das Gesetz zur Änderung der LBO auf grund eines Urteils des EuGH vom 16. Oktober 2014 – es ist jetzt also ziemlich genau drei Jahre her, dass dieses Urteil er lassen wurde. Es ist doch überraschend, dass es drei Jahre dau ert, bis man dann mit einer Musterbauordnung so weit ist, dass es zu einem Gesetzentwurf kommt. Ich hoffe, es geht uns mit der LBO bei den anstehenden Verhandlungen oder Diskussi onen, die hier zu führen sind, nicht genauso.

Die Umsetzung dieses Urteils ist ein Schritt auf dem Weg zur Entbürokratisierung von Bauvorschriften. Zusätzliche öffent lich-rechtliche Vorschriften für Bauprodukte sind nicht zuläs sig, sagt das Urteil. Der europäische Rahmen setzt somit aus ufernden Regelungsbürokratien auf nationaler Ebene Gren zen und stärkt dadurch auch den Wettbewerb – Sie haben das schon gesagt, Herr Nemeth – innerhalb der EU. Das heißt um gekehrt aber natürlich auch, dass nun die Anbieter stärker in der Verantwortung sind, denn sie müssen den Käufern und Anwendern ihrer Produkte auch klar Auskunft geben über Tauglichkeit und Risiken bei diesen Bauprodukten. Das ist die Normalität in einem wettbewerbsorientierten Markt.

Ein Wort an Sie von der AfD: Es soll auch in anderen europä ischen Ländern Bauwerke geben, die halten. Mehr möchte ich zu Ihren Einlassungen nicht gesagt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP, der Grünen, der CDU und der SPD)

Der Gesetzentwurf stellt dar, dass in die LBO eine Ermächti gungsgrundlage aufgenommen werden soll, die detailliert be schreibt, welche Regelungen die Behörde dann zur Konkreti sierung der Bauwerksanforderungen und der sich daraus er gebenden Anwendungen von Bauprodukten treffen darf im Rahmen einer neu zu schaffenden technischen Verwaltungs vorschrift.

Ich kann dazu im Moment nur sagen: Wir werden bei den Be ratungen darauf achten, dass hier keine öffentlich-rechtlichen Anforderungen an Bauprodukte durch die Hintertür geschaf fen werden. Diese Gefahr ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen.

Ansonsten fänden wir den Gedanken eigentlich schon char mant, den Sie auch angesprochen haben, Herr Minister, dass wir nämlich diese Beratungen gleich verbinden mit den Be ratungen zu den Änderungen der Landesbauordnung und zü gig auch weitere Vorschriften abschaffen, die im Moment das Bauen erschweren.

Die Wirtschaftsministerin hatte ja angekündigt, dass sie noch im Laufe dieses Jahres einen Vorschlag zur Änderung der LBO vorlegen möchte. Wir vertrauen darauf, dass dieser Ent wurf wie versprochen kommt. Nicht zuletzt nämlich haben auch andere Akteure aus der Wohnraum-Allianz gefordert, dass man nun zügig zu Ergebnissen kommen sollte. Beraten haben wir jetzt anderthalb Jahre bzw. ein gutes Jahr; das ist eine gute Zeit. Aber jetzt muss man auch in die Umsetzung gehen. Wenn das dann ähnlich lang dauert wie in diesem Fall, dann sehen wir ja gerade noch am Ende der Legislaturperio de etwas. Hier ist also Beschleunigung wichtig.

Ein solcher Gesetzentwurf käme dann vielleicht aus dem Wirt schaftsministerium. Sie haben zwar dargelegt, Herr Umwelt minister, warum der Entwurf diesmal aus Ihrem Haus kommt, aber ein wenig befremdlich ist es schon, wenn man in der Fülle der Ministerien navigieren muss. Ich glaube, es wäre für alle eine gute Sache, wenn das Wirtschaftsministerium federfüh rend die Gesamtheit der Änderungen in der LBO durchfüh ren und diskutieren würde.

In diesem Sinn hoffen wir, dass von diesem Gesetzentwurf ei ne Dynamik ausgeht, die sich auf das gesamte Thema „Über arbeitung der LBO“ erstreckt.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aus sprache ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/2745 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Wi derspruch. Dann ist es so beschlossen.

Punkt 7 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gerichte für Arbeitssachen – Drucksache 16/2428

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus schusses – Drucksache 16/2693

Berichterstatter: Abg. Nico Weinmann

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich das Wort Herrn Abg. Filius für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute den Ge setzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Gesetzes über die Gerichte für Arbeitssachen. Wir, die Grünen-Frakti on, begrüßen diesen Gesetzentwurf. Ich gehe davon aus, dass dies bei den anderen Fraktionen ebenso der Fall ist und der Gesetzentwurf nicht strittig ist. Denn bisher gab es keinen Aussprachebedarf zu diesem Entwurf.

Im Ständigen Ausschuss haben wir uns noch mit einem Än derungsantrag beschäftigt, in welchem eine Altfallregelung vorgeschlagen wurde. Demnach sollen Altfälle bei den bisher dafür zuständigen Gerichten verbleiben und dort weiterbear beitet werden.

Im Kern geht es bei der Gesetzesänderung um die Neuord nung der Arbeitsgerichtsbezirke Freiburg und Lörrach. Die bisherige Struktur der Arbeitsgerichtsbezirke geht auf ein Ge setz aus dem Jahr 1972 zurück und hat sich bezogen auf Lör rach und Freiburg als schwer praktikabel erwiesen. Der Grund hierfür liegt in der verkehrstechnisch schwierigen Erreichbar keit der jeweiligen Außenkammern Radolfzell und VillingenSchwenningen der beiden Arbeitsgerichtsbezirke.

Aus der Begründung des Justizministeriums gehen die folgen den drei Gründe für eine Umstrukturierung hervor:

Erstens: Durch die langen Fahrtwege waren bisher beispiels weise Präsidiumssitzungen, ein kollegialer Austausch sowie kurzfristige Vertretungen zwischen den Hauptsitzen und den Außenkammern kaum möglich.