Protokoll der Sitzung vom 08.11.2017

Wir treten in die Mittagspause ein und setzen die Plenarsit zung um 14:30 Uhr fort.

Vielen Dank.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:01 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:29 Uhr)

Meine Damen und Her ren! Wir treten wieder in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Regierungsbefragung

Fragestellende Fraktion ist zunächst die CDU-Fraktion. Das Thema lautet:

W i r t s c h a f t s d e l e g a t i o n s r e i s e v o n

F r a u M i n i s t e r i n D r. H o f f m e i s t e r K r a u t M d L i n d i e U S A

Wem darf ich das Wort erteilen? – Herr Kollege Paal, bitte.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Wirtschaftsministerin Dr. Nicole HoffmeisterKraut war kürzlich auf einer einwöchigen USA-Delegations reise. Diese Reise war aus der Sicht der CDU-Landtagsfrak tion sehr begrüßenswert, wichtig und richtig und vor allem vom Zeitpunkt her entscheidend. Unsere Freundschaft zu den Vereinigten Staaten, zu den USA, muss auch und gerade in schwierigen Zeiten gepflegt werden.

Die USA – das wissen wir alle – sind für die Wirtschaft in Eu ropa, in Deutschland und vor allem für uns hier in BadenWürttemberg ein enorm wichtiger Partner. Ganz wenige Fak ten zum Handelsverhältnis zwischen Deutschland und den USA:

Deutschland ist in den USA der größte ausländische Arbeit geber bei Forschung und Entwicklung, der zweitgrößte aus ländische Arbeitgeber im verarbeitenden Gewerbe, und deut sche Unternehmen sind insgesamt der drittgrößte ausländi sche Arbeitgeber in den Vereinigten Staaten. Deutschland ist der viertgrößte ausländische Investor in den USA und der fünftgrößte Handelspartner der USA. Überall sind wir also in der Spitzengruppe. Dazu kommt noch: Mehr und mehr ame rikanische Unternehmen bilden nach deutschem Vorbild aus.

Ich frage die Landesregierung deshalb:

Frage 1: Wie schätzt die Landesregierung die aktuelle han delspolitische Diskussion in den USA und mögliche Folgen für baden-württembergische Unternehmen vor dem Hinter grund der jüngsten USA-Reise der Wirtschaftsministerin ein?

Frage 2: Welche Möglichkeiten ergeben sich aus den techno logischen Entwicklungen im Silicon Valley für baden-würt tembergische Unternehmen, und wie kann die Landesregie rung diese unterstützen?

(Beifall der Abg. Winfried Mack und Nicole Razavi CDU – Abg. Winfried Mack CDU: Sehr gut! – Abg. Nicole Razavi CDU: Gute Frage! – Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Ich war auch dabei!)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Frau Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die USA sind

unser wichtigster Handelspartner in dieser Welt, ein wichti ger Wirtschaftspartner, ein wichtiger politischer Partner für Baden-Württemberg als Exportland. Exporte tragen 42 % zu unserem Bruttoinlandsprodukt bei, und in unseren Kernbran chen Automobilbau und Maschinen- und Anlagenbau beträgt der Export im Durchschnitt bis weit über 70 %.

Deshalb habe ich mir mit der Reise in die USA zum Ziel ge setzt, die für baden-württembergische Unternehmen – spezi ell für die Automobilwirtschaft – so wichtigen Themen dort zu diskutieren, unsere Argumente vorzubringen. Wir waren vom 22. bis 28. Oktober mit insgesamt 30 Vertreterinnen und Vertretern der Politik in den USA. Meine Kollegen Claus Paal und Herr Schweickert haben mich begleitet.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Herr Schwei ckert war auch dabei! – Gegenruf des Abg. Winfried Mack CDU: Sehr gut! Wir begrüßen dies!)

Das Interesse der Wirtschaftsvertreter und auch der Medien war sehr groß. Ich freue mich deswegen, dass wir auch heute hier im Parlament darüber diskutieren. Es ging um die Zu kunft der Automobilindustrie. Hauptziel war es, in Washing ton politische Gespräche zu führen und dort das Thema Frei handel zu diskutieren, im Dialog die Interessen der badenwürttembergischen Wirtschaft vorzutragen.

Die weitere Reise hat uns nach Tuscaloosa in Alabama ge führt. Dort hat Daimler sein größtes Produktionswerk im Aus land. Im Zentrum standen die Automobilproduktion und de ren wirtschaftliche Perspektiven in den USA. Die dritte Sta tion war das Silicon Valley, Palo Alto. Dort haben wir uns über technologische Innovationen im Bereich der Mobilität infor miert, darüber, wie die Zukunft in den USA vor Ort einge schätzt wird.

Die politische Wahrnehmung in Washington war außerge wöhnlich positiv. Als Landesministerin hatte ich viele politi sche Gespräche mit Kongressabgeordneten, mit einem Sena tor und mit dem stellvertretenden US-Beauftragten für Han del. Unsere Gesprächspartner aus dem Kapitol haben die har ten Ankündigungen von US-Präsident Trump zur Handelspo litik mit Deutschland, mit der Europäischen Union nicht the matisiert.

Die Gespräche mit den Kongressabgeordneten waren von ei ner großen Freundlichkeit und einer großen Offenheit geprägt. Im Vordergrund standen die Rahmenbedingungen auch für die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, eben auch von Arbeitsplätzen, die von internationalen Unternehmen – spe ziell von deutschen und auch von baden-württembergischen – in den USA geschaffen werden, und die sind zahlreich.

Ich möchte einmal sagen: Wir sind nicht von dieser positiven Grundstimmung ausgegangen. Wir haben unsere Argumente für den Freihandel vorgebracht, und die wurden auch über wiegend geteilt. Es wurde in den politischen Gesprächen im mer wieder diskutiert, dass die US-Seite ebenfalls einen fai ren Freihandel für beide Seiten wünscht. Es wurde aber auch ganz klargemacht, dass die US-Seite in Deutschland einen Partner sieht, der ähnliche Ausgangsbedingungen wie die USA vorweisen kann, und sie deshalb Deutschland und die Euro päische Union als Handelspartner enorm schätzt.

Auch die Gouverneurin von Alabama – heute Morgen war ja der Gouverneur von Kalifornien vor dem offiziellen Sitzungs beginn hier – hat diese Linie im Gespräch bestätigt. Sie hat auch unsere Auffassung zu den Interessen der Arbeiter aus ländischer Unternehmen – deutscher, baden-württembergi scher Unternehmen – geteilt und will auch Präsident Trump entsprechend informieren.

Der stellvertretende US-Beauftragte für Handel, Dan Mulla ney, hat uns ganz klar signalisiert, dass die USA weiterhin da ran interessiert sind, Verhandlungen auch zum Abbau von Handelshemmnissen mit Deutschland, mit der Europäischen Union zu führen, insbesondere was die Regularien auch im Sektor Automobil- und Maschinenbau angeht. Das war ja auch unser Schwerpunkt der Diskussion. Es gab also durchweg po sitive Rückmeldungen.

Hingegen kann bezüglich des politischen Dialogs mit den USA keine Entwarnung gegeben werden. Denn es trat auch aus allen Gesprächen hervor: Die Verunsicherung über die Po sition und die Entscheidungsfindung des amerikanischen Prä sidenten ist spürbar. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen und muss es uns allen ein großes Anliegen sein, die Beziehun gen zu den USA weiter auszubauen, zu stärken, Gespräche zu führen, Verständnis füreinander zu erzeugen und dadurch die positiven Rahmenbedingungen, die wir derzeit haben, weiter aufrechterhalten zu können.

Zweite Frage: Silicon Valley, inwieweit – –

Frau Ministerin, ich muss Sie ganz vorsichtig darauf hinweisen:...

Ich habe schon gesehen: Es blinkt.

... Sie haben fünf Minuten Zeit zur Beantwortung.

Für beide Fragen?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja! – Abg. Claus Paal CDU: Zwei Fragen! Zehn Minuten, bitte!)

Sie stellen eine Frage, Herr Kollege, und die Frau Ministerin beantwortet die eine Frage. Dann machen wir reihum in den Fraktionen weiter.

Aber jetzt konzentrieren Sie sich auf die zweite Frage, Frau Ministerin, und sehen zu, dass Sie sie schnell und gut beant worten.

Dann beantworte ich die zweite Frage ganz kurz und knapp: Im Silicon Valley, einer der wich tigsten Plattformen für Wissenschaft, Wirtschaft, auch für die Gründerszene im Bereich Digitalisierung, passiert viel. Dort wird auch sehr viel an Ideengut entstehen wie neue Geschäfts modelle, ganz neue Denkweisen, ganz neue Verfahren, Pro zesse mit hoher Geschwindigkeit, hoher Offenheit, Interdis ziplinarität. Viele baden-württembergische Unternehmen – mittelgroße, große Unternehmen – sind dort schon vor Ort ak tiv.

Es war mir ein großes Anliegen, die kleinen und mittleren Un ternehmen hier auch partizipieren zu lassen. Wir haben das Innovation Camp Baden-Württemberg im Silicon Valley jetzt offiziell auf den Weg gebracht. Wir arbeiten gemeinsam mit der Außenhandelskammer und Baden-Württemberg Interna tional an einem Programm, das zu Beginn des neuen Jahres starten wird. Wir konzipieren Aufenthalte von ca. einer Wo che bis zu vier Wochen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter baden-württembergischer Unternehmen, aber auch der Ver bände oder der Einrichtungen der angewandten Forschung, um ihnen dort ein Netzwerk zur Verfügung zu stellen, um dort Kontakte zu knüpfen – in ihrem Sinn, individuell angepasst.

Es wird Vorabstimmungen geben, um Ansprüche der Teilneh mer zu definieren. Darauf wird dann individuell ein Programm und auch die Laufzeit abgestimmt. Das ist also eine Art Boot camp im Silicon Valley. Wir sind von diesem Konzept ganz begeistert. Baden-Württemberg ist das erste Bundesland, das ein derartiges Konzept gemeinsam mit der Außenhandelskam mer auf den Weg bringt.

Zusätzlich wird es zur Unterstützung noch einen Trendscout geben, eine Person, die neue Entwicklungen bezogen auf ba den-württembergische Unternehmen, die sich an dem Pro gramm beteiligen, beobachtet und die Vernetzungen mit wich tigen Playern entsprechend weiterträgt, die den Transfer in die baden-württembergische Wirtschaft hinein ermöglicht und die auch als Ansprechpartner fungiert.

Vielen Dank.

Gibt es weitere Fragen zu dem Thema? Ich schaue in die Runde. – Frau Kollegin ReichGutjahr, bitte.

Vielen Dank, Frau Ministerin, für den Bericht. – Sie haben ja berichtet, dass Sie beim Parlament in Washington und auch bei den deutschen Automobilherstellern im Land waren. Welche Erkenntnisse nehmen Sie oder auch die Mitreisenden zu der Frage mit, wie sich in den USA die Antriebstechnologie in Zukunft entwi ckeln wird? Tesla ist das, was alle im Kopf haben. Aber was macht eigentlich der Rest? Wie sehen das die Politiker im Land?

In der Automobilwirtschaft und im Hinblick auf die Zukunft der Automobilität wird viel in Richtung Digitalisierung gedacht. Große Themen in den USA, die aber auch die deutschen Firmen dort federführend betrei ben, sind das autonome Fahren und künstliche Intelligenz so wie die Frage, wie man schneller vorankommt. Da fließen vie le Gelder in die Entwicklung.

Antriebe und alternative Antriebe sind in den USA nicht so stark im Fokus wie derzeit bei uns in Baden-Württemberg und in ganz Deutschland. Die Experten gehen davon aus, dass der Anteil alternativer Antriebe zunehmen wird. Die US-Automo bilwirtschaft richtet sich aber ganz stark an den Anforderun gen der Nachfrager nach ihren Produkten und Technologien aus. Alternative Antriebe werden sich marktbezogen weiter entwickeln. Die Elektromobilität wird eine wichtige Rolle spielen, aber sie wird entsprechend im Rahmen von Angebot und Nachfrage weiter ausgebaut.

(Abg. Gabriele Reich-Gutjahr FDP/DVP: Danke schön!)

Eine weitere Frage, Kol lege Paal, bitte.

Frau Ministerin, ich würde gern noch einmal auf das von Ihnen gerade genannte Innovation Camp Baden-Württemberg im Silicon Valley zu sprechen kommen. Können Sie beschreiben, wann das losgeht?