Protokoll der Sitzung vom 09.11.2017

Gestatten Sie mir allerdings einmal als Haushälter einen Satz vorweg: Frau Schwarz und Herr Lasotta, irgendwie ist es so, dass es Generationen von Parlamentariern ja geschafft haben, irgendwie noch so zu tun, als ob die Fraktionsmittel zu den laufenden Haushaltsberatungen entdeckt worden wären oder man sie einfädeln kann.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP – Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Ja, das stimmt!)

Sie kommen schon zu Beginn der Haushaltsberatungen, an dem Tag, an dem Frau Sitzmann ihren geschlossenen Haus halt vorgetragen hat,

(Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Wie wahr, wie wahr!)

und sagen: Da gibt es plötzlich etwas Geld. Das ist irgendwie eine neue Qualität, Herr Präsident, die wir hier im Parlament haben, dass hier schon der eigene Haushalt infrage gestellt wird. Aber das nur nebenbei.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der FDP/ DVP – Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Daran merkt man, wie sich in diesem Land Baden-Württem berg manche Dinge verselbstständigen. Das muss ich nur ein mal sagen. Ich bin ja in dem Jahr geboren worden, als das Land gegründet worden ist.

Meine Damen und Herren, die Beziehungen Baden-Württem bergs zu den afrikanischen Ländern – insbesondere zu unse

rem Partner Burundi – und auch deren Fortentwicklung sind uns, der SPD, ein Anliegen. Wir haben deswegen selbstver ständlich den gemeinsamen Beschlussantrag mit geprägt und auch unterstützt. Uns ist es wichtig, dass wir hier vorankom men. Die Partnerschaft mit Burundi ist uns auch in der ver gangenen Legislaturperiode ein Anliegen gewesen, wie Sie wissen, als Minister Peter Friedrich hier auch wesentliche Wegmarken gesetzt hat, die auch allgemeine Anerkennung finden. Wir Sozialdemokraten stehen zu einer aktiven Ent wicklungspolitik des Landes Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Das haben wir schon unter Erwin Teufel be gonnen, Herr Kollege!)

Wir können auch zurückgehen bis Reinhold Maier, das ist überhaupt kein Problem, Herr Kollege, wenn Sie noch mehr von dem Ruhm haben wollen.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Da sind wir un begrenzt belastbar!)

Das weiß ich. Das gilt aber auch für andere in diesem Par lament.

Dass die baden-württembergische Regierung allerdings der zeit keine Kontakte zu dem Land hat, das die Adresse für die Partnerschaft ist, nämlich zu Burundi – auch aus guten Grün den, wie es bereits genannt worden ist –, macht die Sache na türlich etwas schwieriger. Die Hilfe für Burundi findet im We sentlichen außerhalb von Burundi statt. Das ist die Situation.

Deswegen, Frau Kollegin Schwarz von den Grünen, ist es wichtig und richtig, dass wir zivilgesellschaftliche Organisa tionen unterstützen. Das ist sicherlich der Weg, wenn die dor tige Regierung undemokratisch, despotisch und auch nicht nahbar ist. Aber es spricht nicht viel dafür. Es ist eher so, dass es nicht möglich ist, dass wir eine Service- und eine Koordi nierungsstelle im Land Burundi errichten. Sinnvoller ist es, wenn wir unsere Anstrengungen auf die Länder konzentrie ren, in denen die Flucht stattgefunden hat und die vor allem die Nachbarländer von Burundi sind. Das ist unsere Überzeu gung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben die Situation, dass die SEZ gut in der Lage ist, die se Dinge für uns zu tragen. Sie ist eine überzeugende Organi sation. Sie hat aber auch Bedarf dafür, dass sie vom Land Ba den-Württemberg unterstützt wird, weil die Stiftungsverträge die Dinge, wie wir alle wissen, nicht mehr so einfach machen.

Deswegen freuen wir uns, wenn auch geworben wird wie beim Burundi-Tag, bei dem auch einige Kollegen einschließ lich meiner selbst da waren, wenn wir aber auch sehen, wie die Exilburundibevölkerung da vertreten ist, und wenn man merkt, dass auch die SEZ ein gutes Verhältnis hat, dass sie Kommunikation pflegt, dass sie gute Ideen hat. Ich will an dieser Stelle einfach noch einmal hervorheben, dass wir das loben und dass wir das schätzen.

Ich will aber auch sagen, meine beiden Vorredner von den Ko alitionsfraktionen: Sie haben in einem Pressegespräch, das zwar keinen Riesenniederschlag gefunden hat, bei dem Sie aber guten Willen gezeigt haben, angekündigt, dass Sie in die

sem Haushalt gern zweimal 500 000 € für die SEZ sehen wür den. Jedenfalls haben wir das so verstanden. Jetzt sagen Sie: Wir haben halt Fraktionsmittel, die wir einsetzen. Da sind Sie etwas hoch gesprungen, und es kommt nicht so schrecklich viel heraus. Was herauskommt, ist eine Verstetigung der Mit tel für die SEZ. Sie haben es angesprochen, Herr Lasotta. Aber ich habe Ihren Worten entnommen, dass Sie damit selbst nicht recht zufrieden sind.

Deswegen sage ich Ihnen eines: Spielen Sie nicht mit der SEZ, sondern sorgen Sie dafür, dass diese Organisation eine trag fähige Basis in der Zukunft hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD so wie des Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP)

Taucht dieser Betrag im Haushalt auf? Das kann man alles schnell durchsehen am heutigen Tag. Er tauchte bei der Hilfe für den Nordirak auf, um die Stadt- und Landkreise zu unter stützen und um die Frau Sonderbotschafterin der Vereinten Nationen zu unterstützen, die hier im Landtag ja schon ge sprochen hat. Offenbar hat es da innerkoalitionäre Auseinan dersetzungen gegeben, was wohl wichtiger ist. Ich lasse das mal im Raum stehen, weil ich es nicht weiß. Aber ich finde, wir müssen schon ein ehrliches Verhältnis dazu entwickeln, wie die SEZ gestützt wird.

(Beifall des Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Ich will am Ende nur eines sagen: Wir brauchen eine Afrika strategie der EU, eine Afrikastrategie, die nicht nur auf Ver hinderung von Migration hinausläuft, sondern die auf die Ent wicklung des Kontinents im Sinne einer Eine-Welt-Strategie hinausläuft, Stichwort Agenda 2030. Da wird Baden-Würt temberg aber nicht allein mit Burundi gefordert sein. Da wer den wir auch gefordert sein, uns insgesamt einzuklinken in das, was vonseiten der EU für Afrika getan wird.

Ich sage Ihnen: Das, was wir derzeit in Baden-Württemberg in Bezug auf die Strukturen des Landes haben – hier das Staatsministerium, dort das Ministerium der Justiz und für Eu ropa –, das, was Sie zwischen CDU und Grünen an Querelen in Bezug auf Haushaltstitel haben mit allem Drum und Dran, das ist kein gutes Zeichen dafür, dass wir in Baden-Württem berg eine gute Strategie der Entwicklungspolitik verfolgen. Deswegen: Klären Sie das bitte unter sich. Wir brauchen eine Politik für die Dritte Welt aus einem Guss, meine Damen und Herren.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Aden.

Sehr geehrter Herr Prä sident, sehr geehrte Damen und Herren! Was können wir in Baden-Württemberg tun für ein Land, das, wirtschaftlich ge sehen, an viertletzter Stelle im internationalen Ranking steht und tatsächlich internationaler Hilfe bedarf? Alles, was wir im Partnerland Baden-Württemberg im Überfluss haben, fehlt in Burundi. Dieses Land mit gleich hoher Bevölkerungszahl – ca. elf Millionen – erwirtschaftet nur sage und schreibe 1 %

des Bruttoinlandsprodukts, das wir hier in Baden-Württem berg erwirtschaften.

In einem allerdings ist uns dieses Land überlegen: Die Kin derzahl beträgt pro Frau zurzeit – leider noch, so muss man sagen – sechs. Das jährliche Bevölkerungswachstum beträgt 3,2 %. Sehr geehrte Damen und Herren, ich dachte zunächst an einen Druckfehler, als ich las, dass 45 % der Bevölkerung unter 15 Jahre alt sind und das Durchschnittsalter 16,7 Jahre beträgt.

(Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Das habe ich nachgeschaut.

Mit Ausnahme von Kaffee hat dieses Land kein Produkt, das international konkurrenzfähig ist. So werden fast 80 % der Devisen über den Kaffee erwirtschaftet.

Die unsichere politische Lage hat dazu geführt, dass viele Ein wohner dieses Landes, das auch im afrikanischen Vergleich als Armenhaus von Afrika bezeichnet werden kann, in die um liegenden Länder Ruanda und Tansania geflüchtet sind. Bu rundi ist seit 1985 Partnerland von Baden-Württemberg, und die Partnerschaft wurde 2014 durch einen Vertrag zwischen Ministerpräsident Kretschmann und dem Außenminister von Burundi erneuert.

Nun haben sich die Verhältnisse, wie schon gesagt wurde, aus gelöst durch einen Putschversuch deutlich verschlechtert. Wie kann man unter diesen Bedingungen dem Auftrag, die part nerschaftlichen Beziehungen mit Burundi zu pflegen und möglichst auszubauen, nachkommen? Diese Aufgabe wird er schwert, ja fast unmöglich, wenn man keine Ansprechpartner vor Ort hat.

(Zuruf: So ist es!)

Ich habe es selbst bei meinen Auslandseinsätzen bei der Bun deswehr im Rahmen der UN in den Jahren 1992 bis 1994 – sowohl in Kambodscha als auch in Somalia – erlebt. In Kam bodscha, wo die Strukturen relativ stabil waren, wo eine ge wisse Sicherheit bestand, wo internationale Polizei anwesend war, tummelten sich, wenn ich es einmal so sagen darf, die NGOs. Wir haben damals, salopp ausgedrückt, von einem hu manitären Overkill gesprochen.

In Somalia – ein Jahr später –, wo die Verhältnisse ganz an ders sind, wo die erforderlichen Strukturen nicht vorhanden sind, wo das Faustrecht herrscht, wo Lebensgefahr besteht, traf man mit Ausnahme von Militär keinerlei Strukturen an.

Eine ähnliche Situation finden wir heute auch in Burundi vor. Deshalb müssen wir dort ansetzen, wo wir sichere und eini germaßen funktionierende Lebensverhältnisse vorfinden und dennoch – ich betone: dennoch – die betroffenen Bürger aus Burundi ansprechen können.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das kann nach der heutigen Lage der Dinge leider nur in den Flüchtlingslagern von Tansania und Ruanda stattfinden.

(Zuruf von der FDP/DVP: So ist es!)

Dort befinden sich viele Hunderttausend Flüchtlinge aus Bu rundi, die wir mit unseren Hilfsprogrammen vielleicht errei chen können. Für diesen Personenkreis aus Burundi müssen

wir versuchen, ein Kompetenz- und Servicecenter einzurich ten. Wir müssen Vertrauen aufbauen und Kompetenz vermit teln, damit dieses Wissen nach der Rückkehr dieser Personen nach Burundi hoffentlich weitergetragen werden kann.

(Beifall der Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP und Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

Danke schön. – Nur so können Friedensarbeit, Ernährungs sicherheit und gute landwirtschaftliche Praxis in die darnie derliegende Gesellschaft impliziert werden.

Das ursprüngliche Anliegen war und ist natürlich, die Lebens verhältnisse in Burundi selbst vor Ort zu verbessern. Aber bei der heutigen politischen Situation ist dieses Vorgehen man gels geeigneter Ansprechpartner in Burundi nach meiner Mei nung die einzige Möglichkeit, zu verhindern, dass unsere Hilfsgelder in diesem Land versickern.

Ich komme zum Schluss: Mit der SEZ haben wir einen kom petenten Partner an unserer Seite, der aufgrund seiner lang jährigen Erfahrung, seines langjährigen Engagements und sei ner Kenntnis der Lage vor Ort auch in diesen schwierigen Zei ten die Verbindungen aufrechterhalten und die Situation vor Ort verbessern kann.

Danke schön.