Protokoll der Sitzung vom 12.04.2018

2017 gab es in Baden-Württemberg den stärksten Rückgang der Fallzahlen seit über zehn Jahren: um fast 5 % auf unter

580 000 Straftaten. Gleichzeitig klärt die Polizei einen immer größeren Anteil dieser Straftaten auf. Die Aufklärungsquote liegt mit über 62 % ebenfalls auf einem Zehnjahreshoch.

Die Kriminalitätsbelastung für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land war mit knapp 5 300 Straftaten je 100 000 Ein wohner zuletzt im Jahr 1990 niedriger. Wir haben also fast ei nen 30-jährigen Tiefpunkt, was die Kriminalitätsbelastung der Bürgerinnen und Bürger angeht.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Den Tiefpunkt haben wir schon!)

Deswegen an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank: Dank dem professionellen und unermüdlichen Einsatz unse rer Sicherheitsbehörden, insbesondere der Polizistinnen und Polizisten des Landes, und Dank im Übrigen auch den recht schaffenen Badenern und Württembergern in unserem Hei matland.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der AfD – Zurufe: Und den Hohenzollern! – Und den Franken! – Und den Kurpfälzern!)

Und den Hohenzollern, den Franken und den Kurpfälzern.

(Abg. Anton Baron AfD: Halleluja, Strobl!)

Diese Bilanz, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, ist kein Zufall, sondern diese Bilanz ist auch das Ergebnis einer klaren Philosophie und deren konsequenter Umsetzung. Kon kreter: Wir lassen die Dinge nicht treiben. Wir begegnen ne gativen Entwicklungen getreu dem Motto „Wehret den An fängen!“.

Dabei ist Sicherheit ein weiter Begriff, und die Aufgaben, vor denen wir stehen, sind groß. Sie reichen von Ruhestörungen über Verkehrssicherheitsarbeit, Jugendgewalt, Alkoholexzes se, familiäre Gewalt, Gewalt und mangelnden Respekt vor der Polizei, Einbrüche, Kriminalität im Kontext von Zuwande rung bis zu Cybercrime und terroristischen Anschlägen.

Auf ein Paradoxon möchte ich Sie hinweisen: Obwohl die An forderungen an die Polizei so hoch sind wie noch nie, ist die Kriminalitätsbelastung für die Bürgerinnen und Bürger so niedrig wie zuletzt vor 30 Jahren.

Die entscheidende Frage ist, wie wir auf diese Anforderungen auch in Zukunft reagieren. Die Antwort lautet auch weiterhin: durch eine kluge Schwerpunktsetzung. Schauen wir auf die Herausforderungen, und schauen wir auf die Maßnahmen, die wir ergriffen haben. Alles mit dem Ziel: Baden-Württemberg soll bleiben, was es war und was es ist: spitze in Sachen Si cherheit.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Ich möchte Ihnen einige Themen konkret vorstellen.

Kaum ein Delikt beeinträchtigt das Sicherheitsgefühl der Be völkerung mehr und kann die konkret Betroffenen über Jah re hinweg nachhaltiger traumatisieren als der Wohnungsein bruch. Bis zum Jahr 2014 waren wir mit deutlichen Anstiegen konfrontiert. Wir haben diesen Bereich daher in das Zentrum polizeilichen Handelns gestellt.

Wir haben entschlossen reagiert und bei den regionalen Poli zeipräsidien personalstarke Ermittlungsgruppen der Schutz- und Kriminalpolizei eingerichtet. Wir haben Ermittlungen ge bündelt und Fahndungsaktionen auch in Kooperation mit un seren Nachbarländern Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz intensiv ausgebaut.

(Zuruf von der SPD: Wer? Wer hat das gemacht?)

Eine gemeinsame Fahndungsaktion lief zuletzt in der vergan genen Woche.

Innovativ sind zudem die Pilotprojekte Predictive Policing zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität in Stuttgart und Karls ruhe. Hier sind wir sehr gespannt auf die Ergebnisse und auf Erkenntnisse darüber, ob solche Prognosemodule wirken.

Das Landeskriminalamt unterstützt die Polizeipräsidien durch kriminaltechnische Untersuchungen und setzt zudem zwei In formationsfahrzeuge ein. Diese beiden mobilen Informations fahrzeuge tragen neben landesweit 35 polizeilichen Bera tungsstellen ganz wesentlich dazu bei, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes über effektiven technischen und ver haltensorientierten Einbruchschutz zu informieren.

Sie sehen, wir leisten eine ganze Menge im Bereich der Prä vention.

Auch der Bundesgesetzgeber hat reagiert und den Wohnungs einbruchdiebstahl zum Verbrechenstatbestand hochgestuft. Die Täter müssen nun regelmäßig mit Untersuchungshaft und mehrjährigen Haftstrafen rechnen – völlig zu Recht.

Blicken wir auf die Ergebnisse der genannten Maßnahmen, dann können wir feststellen: Die Trendwende beim Woh nungseinbruchdiebstahl ist erreicht. Nach ersten deutlichen Rückgängen in den Jahren 2015 und 2016 sind die Fallzahlen im vergangenen Jahr eingebrochen – um 24 %. Das ist eine schöne, gute und richtige Entwicklung.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Die Aufklärungsquote im Bereich des Wohnungseinbruch diebstahls stieg auf ein Zehnjahreshoch von rund 22 %. Also noch einmal: beim Wohnungseinbruchdiebstahl im letzten Jahr minus 24 % bei den Straftaten und ein Zehnjahreshoch bei der Aufklärung von Wohnungseinbruchdiebstählen. Das ist wirklich etwas, was sich sehen lassen kann. Das ist für un sere Polizei ein riesiger Erfolg.

Aber das genügt uns freilich nicht, und das darf uns auch nicht reichen, denn gerade die Aufklärungsquote zeigt, dass es im mer noch eine viel zu hohe Zahl von Wohnungseinbrüchen gibt, die nicht aufgeklärt werden. Wir werden uns daher auf diesem Erfolg nicht ausruhen. Die Bekämpfung des Woh nungseinbruchdiebstahls zählt auch 2018 zu den Handlungs schwerpunkten der Polizeiarbeit in Baden-Württemberg. Wir setzen den erfolgreichen Weg fort.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Ein weiterer Handlungsschwerpunkt ist die Bekämpfung der Kriminalität im Kontext der Zuwanderung. Erstmals seit fünf Jahren war im Jahr 2017 ein Rückgang der Zahl der Strafta ten festzustellen, bei denen Asylbewerberinnen und Asylbe

werber sowie Flüchtlinge tatverdächtig waren. Auffällig wa ren vor allem Tatverdächtige aus Syrien, Gambia, Afghanis tan, dem Irak und Algerien.

Mit Sorge sehe ich hierbei vor allem die deutliche Zunahme von Körperverletzungen im öffentlichen Raum. Die Anzahl der tatverdächtigen Asylbewerberinnen und Asylbewerber so wie Flüchtlinge bei Körperverletzungen im öffentlichen Raum ist im Vergleich zum Vorjahr um rund 23 % gestiegen.

In Bezug auf alle Delikte haben rund 40 % der Tatverdächti gen in Baden-Württemberg keinen deutschen Pass. Rund 40 % davon sind wiederum Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Flüchtlinge.

Ich sage unumwunden, dass ich nicht bereit bin, aufgrund des massiven Fehlverhaltens Einzelner den gesellschaftlichen Zu sammenhalt und die Hilfsbereitschaft gegenüber den vielen Flüchtlingen, die Recht und Gesetz achten, zu gefährden. Frei lich: Unsere Hilfe und Unterstützung enden auch dort – und zwar definitiv –, wo sie missbraucht werden, um Straftaten zu begehen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Wir haben auch darauf reagiert und zu Beginn des Jahres den „Sonderstab gefährliche Ausländer“ im Innenministerium ein gerichtet, eine bundesweit einmalige Einrichtung. Der Son derstab koordiniert die Zusammenarbeit zwischen den Behör den mit dem Ziel: Wir wollen alle Möglichkeiten zur Abschie bung von Ausländern ausschöpfen, welche die innere Sicher heit unseres Landes gefährden, seien es islamistische Gefähr der, kriminelle Intensivtäter oder hartnäckige Integrationsver weigerer.

Die erste Bilanz, meine Damen und Herren, kann sich sehen lassen. In den wenigen Wochen seit der Gründung konnten bereits zehn besonders komplizierte Fälle mit einer Aufent haltsbeendigung oder Einreiseverweigerung abgeschlossen werden.

Der Sonderstab nimmt diejenigen in den Fokus, die sich au ßerhalb unserer gesellschaftlichen Regeln stellen. Wir dürfen aber, ohne bedenkliche Entwicklungen zu verharmlosen, nicht den Fehler machen, Schutz suchende Flüchtlinge unter einen Generalverdacht zu stellen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Eines, meine Damen und Herren, müssen wir uns indessen eingestehen: Faktisch hatten die Zuwanderungszahlen Aus wirkungen auf unsere Kriminalitätslage, gerade auch an Standorten mit Aufnahmeeinrichtungen und Asylbewerberun terkünften. Zwar sind diese keineswegs pauschal mit höherer Kriminalität belastet; örtliche Brennpunkte sind indessen er kennbar. An solchen Brennpunkten steuern wir mit zielgerich teten, an die örtliche Lage angepassten Maßnahmen entschlos sen gegen. Die Botschaft dabei ist klar: Der Rechtsstaat lässt sich nicht vorführen, und zwar um keinen Preis. Wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Wir unterstützen jedoch nicht nur Kommunen mit Aufnahme einrichtungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber. Wir haben die Situation im ganzen Land sehr genau im Blick und lassen dabei Städte, Gemeinden und Landkreise nicht im Stich. Dabei gilt nicht das Gießkannenprinzip, sondern die in dividuell und an die örtliche Lage angepasste Unterstützung.

Bereits vor einem Jahr haben wir etwa mit der Stadt Freiburg die Partnerschaft „Sicherer Alltag“ vereinbart. Heute können wir sagen, dass diese Partnerschaft ein Erfolg war und ist. Ge meinsam mit der Stadt Freiburg konnten wir die hohen Ziele, die wir uns vor einem Jahr gesteckt haben, entgegen all der Kritik, die es damals gab, erreichen. Insbesondere an den Kri minalitätsschwerpunkten in der Freiburger Innenstadt ist es mit den vereinbarten Maßnahmen gelungen, die Kriminalität deutlich zu reduzieren.

Wir haben uns das hohe Ziel gesetzt, die Gewaltkriminalität in der Stadt Freiburg innerhalb eines Jahres um 10 % zu sen ken. Dies ist uns im Bereich der Brennpunkte in der Altstadt mehr als gelungen. Dort können wir einen Rückgang um 16 % feststellen.

Es war diese Bilanz aus Freiburg, die uns vor wenigen Tagen zu der Partnerschaft „Sicher in Heidelberg“ ermutigt hat. Mit Einsatzgruppen im Bereich des öffentlichen Raums, mit der professionellen Unterstützung des Landeskriminalamts bei den Ermittlungen gegen Banden und durch die besondere Auf bauorganisation „Sicher in Heidelberg“ setzen wir genau da an, wo es erforderlich ist. Dabei stehen zwei Einsatzgruppen des Präsidiums Einsatz täglich, insbesondere auch am Wo chenende, zur Verfügung. Erste erfolgreiche Signale aus Hei delberg gibt es bereits.

Mit einer ganz anderen Situation, meine sehr verehrten Da men und Herren Abgeordneten, sind wir bei den unbegleite ten minderjährigen Ausländern, den sogenannten UMAs, kon frontiert. Im Zuge der großen Zuwanderungswellen der Jah re 2015 und 2016 kam es bei der Erfassung dieser UMAs auch in Baden-Württemberg zu Lücken.

Zu Beginn des letzten Jahren haben das Innen- und das Sozi alministerium daher eine bundesweit einmalige Aktion gestar tet: die flächendeckende Überprüfung aller erkennungsdienst lichen Behandlungen. Unsere Sicherheitsbehörden haben rund 7 500 UMAs daraufhin überprüft, ob diese schon erkennungs dienstlich erfasst wurden. Zwischen März und September letz ten Jahres wurden daraufhin fast 1 000 Personen erkennungs dienstlich nacherfasst. Ermöglicht hat dies das vorbildliche Zusammenwirken von Jugend-, Ausländer- und Sicherheits behörden in unserem Land.

Parallel dazu haben wir die Zusammenarbeit von Jugend- und Ausländerbehörden weiter verbessert, und wir arbeiten, ver ehrter Kollege Lucha, weiterhin hieran. Mit dem Ziel, letzte Optimierungsmöglichkeiten in der Zusammenarbeit zu erken nen, werden wir in diesem Jahr den Stand der erkennungs dienstlichen Behandlung von UMAs nochmals überprüfen.

Die sogenannte Cybercrime, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird eines der Megathemen der Sicherheitsbehörden bleiben; dies wird sich in Zukunft noch verstärken. Mit der verstärkten Nutzung der sogenannten neuen Medien hat sich ein erheblicher Teil der klassischen Straftaten in den virtuel len Raum verlagert. Eines ist dabei klar: Das Internet und auch

das Darknet sind für die Polizei in Baden-Württemberg kein rechtsfreier Raum.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Mit hoch spezialisierten Cybercrime-Ermittlern beim LKA und bei allen regionalen Polizeipräsidien begeben wir uns auf die digitale Spur der Täter, beispielsweise durch die Einrich tung der Abteilung 5 – Cybercrime und Digitale Spuren – beim Landeskriminalamt sowie entsprechende Kriminalin spektionen auf der Ebene der regionalen Polizeipräsidien.

Zur Gewinnung qualifizierten Personals haben wir für Absol venten eines IT-Studiums die Sonderlaufbahn der Cyberkri minalistinnen und Cyberkriminalisten im gehobenen Dienst eingeführt. Seither haben mehr als 30 Quereinsteiger diese kriminalpolizeiliche Laufbahn eingeschlagen. Es ist sehr wichtig für uns, dass wir bei der Polizei in Baden-Württem berg hervorragende IT-Fachleute haben. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir tolle junge motivierte Leute gerade in diesem Bereich bei der baden-württembergischen Polizei haben.