Protokoll der Sitzung vom 12.04.2018

Wir haben nicht nur in Baden-Württemberg, sondern wir ha ben europaweit Messstationen. Wir haben in Baden-Württem berg über 70 Messpunkte, mit denen wir einen genauen Über blick bekommen, wie sich die Luftqualität in Baden-Würt temberg entwickelt, in welchen Regionen sie wie ist. Diese Messstationen haben übrigens nicht nur das Ziel, herauszu finden, wo die Luftqualität schlecht ist. Sie haben auch das Ziel, herauszufinden, wie überhaupt die Beschaffenheit der Luft ist, ob die Luftqualität gut ist und tendenziell vielleicht sogar besser wird.

Man kann auf jeden Fall eines sagen – das haben verschiede ne Redner schon gesagt –: Dank der Luftreinhaltemaßnahmen, auch der Abgasreinigungsanlagen bei Dieseln, z. B. Partikel filtern, dank der grünen Plakette können wir heute sagen: Die Problematik bei Feinstaub ist in Baden-Württemberg flächen deckend gelöst, außer in Stuttgart im Bereich Neckartor und B 14; ansonsten halten wir die Grenzwerte ein – dank der Maßnahmen; das kann man über diese Messstationen auch nachweisen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen – gerade auch mithilfe dieser Messstationen –, dass es im Bereich der Stick oxide anders aussieht. Dort gibt es mehr Städte, die die Grenz werte nicht einhalten; in Baden-Württemberg sind es immer hin 18 Städte. In Stuttgart werden an ca. 70 km Straße, an de nen Menschen wohnen, diese Grenzwerte nicht eingehalten.

Das sind die Fakten. Man kann sie zwar anschreien, man kann sie auch ignorieren, aber sie sind trotzdem da; sie sind das Er gebnis dieser Messungen. Jetzt kann man sich damit konzen triert auseinandersetzen, und dann kann man etwas dagegen tun.

Was nicht weiterhilft, ist, jetzt anzufangen, an den Messstati onen und an den Grenzwerten rumzumachen. Denn diese sind nicht nur aus meiner Sicht, sondern aus Sicht vieler Fachleu te wohlbegründet. Ich will das auch gern deutlich machen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein.

Nein.

Nein, weil jetzt erst einmal zugehört werden muss. Es ist schon zu viel Zeug verbreitet worden, das eigentlich nicht gerade von viel Fach wissen zeugt.

(Lachen bei der AfD – Abg. Anton Baron AfD: Das ist eine Arroganz!)

Ja, das ist so. Das muss ich Ihnen von der AfD einmal ganz pauschal sagen. Bei allen Themen stehen Sie hier und behaup ten, alle anderen wären Kartelle und würden gleich denken.

(Zuruf: Ja!)

Sie verhalten sich genau so wie der Falschfahrer, der sich wundert, warum alle anderen ihm entgegenkommen, und sagt: „Die sind aber ziemlich blöd; die haben noch nicht kapiert, was die Richtung ist.“ Genau so treten Sie bei jedem Thema auf und merken nicht, dass Sie in der völlig falschen Richtung unterwegs sind.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Andreas Kenner SPD – Unruhe bei der AfD)

Sie ignorieren die Umweltprobleme, Sie ignorieren die Fak ten, Sie ignorieren Wissenschaften.

(Abg. Anton Baron AfD: Ah ja! Das hat man gerade festgestellt! – Abg. Rüdiger Klos AfD: Das sagt der Richtige!)

Dann kommen Sie mit Pseudowissenschaft, um etwas zu wi derlegen.

(Unruhe bei der AfD – Glocke des Präsidenten)

Kommen wir zur Qualität der Luftschadstoffmessungen und dazu, wie die Messungen und die Grenzwerte zustande ge kommen sind. In einem umfangreichen Verfahren – ich habe das hier schon einmal erklärt; ich habe das auf mehrere AfDAnfragen auch schriftlich erklärt –, in einem sehr umfangrei chen weltweiten Verfahren haben sehr viele Wissenschaftler aus allen möglichen Bereichen Daten geliefert, die die Grund lagen dafür waren, dass die Europäische Union auf Empfeh lung der Weltgesundheitsorganisation vor über 20 Jahren die Grenzwerte gesetzt hat.

Ich will Ihnen auch sagen: Grenzwerte bedeuten nicht zwangs läufig, dass bei deren Überschreitung jemand krank wird, son dern Grenzwerte sind Vorsorgewerte, um zu verhindern, dass man krank wird. Es sind Vorsorgewerte, damit Menschen, die schon krank sind, oder Hochrisikogruppen wie Schwangere, Ältere oder Menschen, die eine spezielle Krankheit haben, nicht noch mehr belastet werden. All dies soll berücksichtigt werden.

Deswegen sind Grenzwerte sehr sinnvoll. Über 300 wissen schaftliche Untersuchungen sind Grundlage dieser Grenzwer te. Dann kommen Sie mit irgendeinem Mathematiker und be haupten, die Wissenschaft sage aber etwas anderes.

(Zuruf von den Grünen: Verschwörungstheorie!)

Das ist eine komplette Verdrehung der Realität.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: So ist es! – Unruhe bei der AfD)

Ich will nicht ins Detail gehen,

(Zuruf von der AfD: Doch, bitte!)

aber man kann sehr klar sagen, pauschal über alle Untersu chungen hinweg: Bei Feinstaub gibt es ein besonderes Risi ko, auch das Risiko vorzeitigen Sterbens. Das weisen diese vielen Studien nach.

(Zuruf von der AfD: Es gibt keine einzige Studie da zu! – Gegenrufe von den Grünen)

Es gibt klare Hinweise darauf, dass Feinstaub und Stickoxide beispielsweise die Atemwege belasten, was vor allem für Asthmatiker, chronisch kranke Patienten, ältere Menschen und Kinder ein Problem ist. Das kann man nicht bestreiten. Ich will mit Ihnen gar nicht über konkrete Todeszahlen streiten, aber man kann doch nicht bestreiten, dass schlechte Luft – durch viele Untersuchungen nachgewiesen – ein Risiko, ein Gesundheitsrisiko ist.

(Abg. Anton Baron AfD: Pommes auch!)

Verantwortungsvolle Politik tut alles, um diese Risiken zu sen ken. Das ist der Auftrag der Politik. Das steht so im Grundge setz.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf von der AfD: Pseudoauftrag! – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Atmen einstellen!)

Auch wenn Sie es nicht glauben: Es steht sogar in Artikel 2 des Grundgesetzes, dass es Aufgabe der Politik ist, für die Un versehrtheit der Menschen in diesem Land zu sorgen. Deswe gen betreiben wir eine vorsorgeorientierte Umwelt- und Ver kehrspolitik.

(Unruhe bei der AfD)

Im Grundgesetz heißt es übrigens: Egal, ob Mann oder Frau, reich oder arm, hell oder dunkel, ob aus Deutschland oder aus anderen Ländern – für sie alle gilt das Primat der Unversehrt heit. Dafür muss die Politik sorgen; das muss man einmal an erkennen. Prävention gilt für alle.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Dann kommen Sie jedes Mal mit dem dämlichen Argument, am Arbeitsplatz seien aber viel höhere Werte zugelassen.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Das ist doch kein dämliches Argument!)

Erstens sind Arbeitsplatzgrenzwerte anders verhandelt.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Abg. Anton Ba ron AfD: „Anders verhandelt“!)

Sie sind ein Verhandlungsergebnis u. a. zwischen Arbeitge bern, Gewerkschaften und Politik.

(Unruhe bei der AfD – Glocke des Präsidenten)

Zweitens ist nachgewiesen, dass die Bedingungen an diesen Arbeitsplätzen ein Risiko darstellen. Deswegen wird dies auch medizinisch begleitet. Jeder Arbeitgeber, der einen Risikoar beitsplatz hat, muss eine Versicherung abschließen, weil man weiß, dass es Berufskrankheiten gibt.

(Abg. Anton Baron AfD: Dann sollte man auch nicht mehr fliegen!)

Im Übrigen handelt es sich dabei um bestimmte Menschen, nämlich Menschen, die gesund sind und ein Arbeitsverhältnis eingehen. Vorsorgewerte an einer Straße hingegen müssen für alle Menschen gelten: klein, groß, krank, nicht krank, alt, jung, was auch immer. Außerdem muss man davon ausgehen, dass dort Menschen wohnen, sich also dauerhaft dort aufhalten, während sie am Arbeitsplatz nur ein Drittel des Tages und auch nur einen kleineren Teil des Jahres verbringen.

(Abg. Stefan Herre AfD: Sie sind die meiste Zeit ih res Lebens am Arbeitsplatz!)

Das ist der große Unterschied. Sie können das übrigens nach lesen; wir haben das auf unsere Homepage gestellt. Verglei chen Sie also nicht immer Äpfel mit Birnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Jetzt kommen wir zu den Messstationen, die ja vielfach und immer wieder in der Kritik stehen. Diese sind nach europäi schem und deutschem Recht festgelegt; sie sind nicht belie big. Übrigens stehen fast alle Stationen, die es in Baden-Würt temberg gibt, schon ziemlich lange – länger, als es die AfD gibt, und auch schon länger, als die meisten, die heute hier ge sprochen haben, in der Politik sind.