Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der AfD – Änderung des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu In formationen in Baden-Württemberg (Landesinformati onsfreiheitsgesetz – LIFG) – Drucksache 16/3816
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für In neres, Digitalisierung und Migration – Drucksache 16/4766
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Informationsfrei heitsgesetz der letzten, grün geführten Landesregierung war ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung. Nun ist vor allem wichtig, wie das Gesetz in der Praxis angewandt wird. Das ist ein wichtiges Anliegen meiner Fraktion. War um?
Erstens: Demokratie ist auf das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Mit der Informationsfreiheit ermög lichen wir ein direktes, unzweifelhaftes und offenes Verhält nis zwischen Bürgerschaft und staatlichen Stellen.
Zweitens: Wir glauben, dass Informationsfreiheit interessier te Bürgerinnen und Bürger besser in die Lage versetzt, Ent scheidungsprozesse nachzuvollziehen. Gerade im Bereich der Digitalisierung sind da einige Möglichkeiten neu aufgekom men, die wir auch nutzen sollten.
Drittens: Wenn wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger nicht nur nachvollziehen, sondern auch mitbestimmen und mitent scheiden sollen, müssen wir ihnen auch die notwendigen In formationen zur Verfügung stellen. Denn aus demokratiethe oretischer Sicht ist Transparenz eine unbedingte Vorausset zung, damit eine Meinungs- und Willensbildung durch eine informierte Bürgergesellschaft möglich ist.
Um es mit Jürgen Habermas’ Konzeption der politischen Dis kursöffentlichkeit zu sagen: Die Offenlegung von Informatio nen ist die entscheidende Bedingung dafür, dass es zur Durch setzung des besten Arguments und damit zur Entscheidung im Sinne des Gemeinwohls kommen kann. Diesem Anspruch fühlen wir uns verpflichtet, und das Informationsfreiheitsge setz ebnet ebendiesem Anspruch auch den Weg.
Nichtsdestotrotz hätten sich die Grünen vor drei Jahren ein Gesetz vorstellen können, das weiter geht. Aber bekanntlich haben die Grünen auch damals in einer Koalition regiert, und da bestimmt eben nicht immer nur eine Partei allein über die Haltung in der Regierungsarbeit, sondern man arbeitet ge meinsam an Themen.
Aber auch, wenn nach unserer Meinung noch mehr gegangen wäre, können wir dem heute vorliegenden Entwurf ganz si cher nicht zustimmen. Denn das, was uns heute vorliegt, hat Schwächen, dass einem schwindelig wird. Vor allem zieht der Entwurf hier und da in abwegiger Art und Weise manche Stel len heraus, die unter das Gesetz fallen sollen, und andere nicht. Zudem wird auf andere bestehende Probleme überhaupt nicht eingegangen.
Wir machen das nicht. Wir schauen genau hin, was in Zukunft zu tun ist, und werden die Evaluation des bestehenden Lan desinformationsfreiheitsgesetzes gründlich auswerten.
Mit Blick auf den ersten Tätigkeitsbericht des Landesbeauf tragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Dr. Stefan Brink kann man schon erahnen, an welchen Stell schrauben in Zukunft gedreht werden muss. Das ist zum ei nen das Problem, dass die Informationsfreiheit leider noch ein Schattendasein fristet und für Behörden, für Journalistinnen und Journalisten, Bürgerinnen und Bürger ein relativ unbe kanntes Wesen ist. Der Landesbeauftragte und sein Team sind zwar viel im Land unterwegs und klären auf, aber hier besteht durchaus noch Nachholbedarf.
Dazu sind Fragen der Anwendung, Gebührenerhebung und Antragsberechtigung oft unklar. Das geht so weit, dass man che staatlichen Stellen zwar Anfragen beantworten, aber dann die Veröffentlichung, z. B. auf „fragdenstaat.de“, untersagen, was natürlich dem Zweck der Informationsfreiheit nicht dient. Wir müssen die Informationsfreiheit also bekannter machen und besser erklären.
Beim Gesetz selbst muss man sich die Ausnahmevorschriften und den Schutz der Vertraulichkeit noch mal genauer anschau
en. Man könnte durchaus noch mehr staatliche Stellen einbe ziehen und klar definieren, in welchen Fällen sich die Behör den auf Vertraulichkeit berufen können.
Außerdem gibt es noch die Frage der Gebührenregelung. Manche Kommunen erheben auch in einfachen Fällen oder sogar bei Ablehnung eines Antrags Gebühren. Das ist nicht bürgerfreundlich. Da könnte eine konkrete Satzung mit einem Gebührendeckel Abhilfe schaffen.
Trotzdem bleibt festzuhalten, dass wir mit dem Landesinfor mationsfreiheitsgesetz für einen Meilenstein gesorgt haben. Mit einem Kulturwandel in der öffentlichen Verwaltung hin zu mehr Transparenz und Offenheit haben wir die Demokra tie in Baden-Württemberg gestärkt. Und das werden wir mit Blick auf die Evaluation auch weiterhin tun – seriös und nicht auf diese Art, wie es hier geschieht. Darauf können Sie sich verlassen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen und Kollegen! In dem eben vom Kol legen Maier angesprochenen ersten Tätigkeitsbericht des Lan desbeauftragten für den Datenschutz und die Informations freiheit ist die lange Geschichte zu diesem Gesetz beschrie ben. Der Landesdatenschutzbeauftragte hat davon gesprochen, dass er diesen Prozess als vorsichtig und herantastend emp funden hat; er hätte sich mehr Mut versprochen. Das haben wir eben auch vom Kollegen Maier gehört.
Wer die Protokolle der seinerzeitigen Debatte nachliest, der weiß, dass es nicht nur die Mutigen, sondern auch die Besorg ten gegeben hat. In diesem Haus ist gar darüber gesprochen worden, ob dieses Gesetz gegebenenfalls für überflüssig ge halten wird.
Jetzt ist das Gesetz da, und das Gesetz zeigt Weitsicht. Es ent hält nämlich einen Artikel zur Evaluierung. Genau diesen Um stand haben wir aufgegriffen und in den Koalitionsvertrag auf genommen.
Wir wissen, dass es im Zusammenhang mit diesem Gesetz Optimierungsbedarf gibt. Diesen werden wir aufgreifen, aber auf der Basis belastbarer und valider Erkenntnisse und nicht mit einem Schnellschuss jetzt mittendrin.
Es ist davon gesprochen worden, dass Datenschutz bei uns ei ne lange Tradition hat. Aber auch damit hat es einmal ange
fangen. Informationsfreiheit hat diese Tradition noch nicht. Wenn man sich daran erinnert, dass nahezu 80 % der Auskünf te von Kommunen erteilt werden, kann man sich vorstellen, wie schwierig es ist, dort eine entsprechende Verwaltungstra dition zu begründen. Wenn Sie die Strukturen unserer Kom munen anschauen und bedenken, dass alle Kommunen dieses Gesetz gleichermaßen anwenden müssen, unabhängig davon, wie groß oder klein sie sind, dann werden Sie verstehen, dass es ein wenig dauert, bis das angekommen ist und man sich dort mit dem Thema kompetent auseinandersetzt.
In dem Bericht von Herrn Dr. Brink ist auf den Seiten 34 bis 36 ein wunderbares Beispiel beschrieben. Da geht es um den Pachtvertrag für einen Windpark. Das berührt Gemeinderats prozesse. Was ist vertraulich? Was ist nicht öffentlich? Es be rührt Betriebsgeheimnisse. Es berührt Steuergeheimnisse. Es berührt die Unvoreingenommenheit von Entscheidungspro zessen. Nichts beschreibt die Komplexität dieses Gesetzes besser als dieser Fall.
Deswegen sollten wir uns Zeit nehmen, dass sich das Gesetz an der Basis etablieren kann. Die kommunalen Landesverbän de haben im Rahmen der Anhörung gesagt, sie brauchten noch etwas Zeit, deshalb sollte es nicht sofort wieder Änderungen geben. Daran halten wir fest. Deswegen werden wir den Ge setzentwurf ablehnen.
Ich möchte mir als Kommunaler noch einen Satz erlauben: Selbstverständlich kann man darüber nachdenken, in welcher Form auch immer die Gebühren ausgestaltet sein müssen. Herr Dr. Brink hat ja für das Land in seinem Bericht schon ei ne entsprechende Stellungnahme abgegeben: Er könnte sich eine Nähe zur Kostenfreiheit vorstellen.
Das darf er, aber bei den Kommunen sollten wir darauf ach ten, dass die Kommunen, wenn sie eine Aufgabe erfüllen, da für auch eine angemessene Refinanzierung brauchen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Nicht nur freie Rede, sondern gute Rede, Herr Kollege! Chapeau!)