Protokoll der Sitzung vom 10.10.2018

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 70. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Dr. Aden, Herr Abg. Berg, Herr Abg. Dr. Murschel sowie Herr Abg. Ne meth.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ab 12 Uhr Frau Ministerin Dr. Eisenmann und Frau Staatssekretärin Gurr-Hirsch sowie ab 16:30 Uhr Herr Ministerpräsident Kretschmann.

Meine Damen und Herren, wir haben heute ein Geburtstags kind in unseren Reihen. Sehr geehrter Kollege Stoch, lieber Andreas, im Namen des Hauses gratuliere ich Ihnen sehr herz lich und wünsche alles Gute.

(Beifall bei allen Fraktionen und auf der Regierungs bank)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Ökologische Landwirtschaft – eine Er folgsgeschichte in Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung.

Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich eben falls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.

Nun erteile ich das Wort für die Fraktion GRÜNE Herrn Abg. Hahn.

Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Ich möchte mich zuerst bei meiner Fraktion bedanken, dass wir so kurz nach dem Ende des landwirtschaftlichen Teils des Volksfests, des Landwirtschaftlichen Hauptfests, heute über das Thema „Ökologische Landwirtschaft“ sprechen kön nen. Ich glaube, es ist ein guter Zeitpunkt dafür.

Ich möchte zuerst noch einmal zurückblicken auf dieses Event, das wir jetzt hinter uns haben: neun Tage Präsentation von ökologischer und konventioneller Landwirtschaft mitten in der Landeshauptstadt. Ich glaube, es war sehr wertvoll, was sich da gezeigt hat, was dort präsentiert wurde. Das war ein wichtiger Schritt.

Ich denke, dafür gilt den Akteuren, unserem Ministerium, dem Herrn Minister an der Spitze, der Frau Staatssekretärin, unse ren Beamtinnen und Beamten, aber auch den Verbänden, die ehrenamtlich sehr viel zum Gelingen beigetragen haben, ein herzliches Dankeschön. Es war wichtig, dass es hier die Chan ce gab, dass Verbraucher und Landwirte wieder etwas mehr voneinander wissen – wissen konnten und gelernt haben. Das ist ein wichtiger Schritt, aufeinander zuzugehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Ich glaube, da ist es nur wichtig und richtig, zu betonen: Die ökologische Landwirtschaft in unserem Land hat ja einen Weg hinter sich von dem Zeitpunkt, als sie ein ganz kleiner Parti kel war, bis heute, wo sie – ich sage es mal so – in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, wo 80 % aller Verbraucher immer wieder zu ökologisch produzierten Lebensmitteln grei fen, wo sie mittendrin ist.

Ich glaube, es ist richtig, heute darüber zu reden. Der ökolo gische Landbau ist auf der einen Seite eine wichtige ökologi sche Alternative; er schützt unser Klima und hilft, die Arten vielfalt bei uns zu unterstützen. Auf der anderen Seite bringt er wertvolle Lebensmittel hervor. Ich glaube, das ist eine Sym biose, die zu unserem Land passt und wertvoll für uns ist.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Aber auch die Volkswirtschaftler unter uns können, glaube ich, damit sehr zufrieden sein. Denn ökologische Landwirt schaft passt zu unserem Land. Hervorragende Verarbeitungs strukturen, Handwerker auf allen Ebenen, die diese Produkte weiterverarbeiten, machen die Stärke aus. Es gibt Gastrono minnen und Gastronomen, die mit diesen Lebensmitteln – und mit anderen – sehr gut umgehen können und an der Spitze ste hen, und natürlich darf man auch die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht vergessen, die bereit sind, für gute Lebens mittel gutes Geld zu bezahlen. Das ist wichtig für unser Land, das ist wichtig für die ökologische Landwirtschaft. Ohne die se Verbraucherinnen und Verbraucher und ohne dieses Ge samtkonzert ginge es nicht so vorwärts, wie es vorwärtsgeht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Das Ganze hat aus meiner Sicht auch in der Hinsicht einen großen Charme: Es ist einer der wenigen Wachstumsmärkte innerhalb der Landwirtschaft. Die Ökonomen unter uns schau en natürlich gezielt auf Wachstumsmärkte, denn dort wird sich die Zukunft abspielen. Dort spielt die Musik, dort wird das entwickelt, was die Generationen nach uns umtreibt.

Deswegen ist es mir ein Anliegen, einmal ganz kurz zurück zuschauen und zu fragen: Wie haben wir das denn in der letz ten Legislaturperiode gemacht? In der letzten Legislatur ist sehr viel in diese Richtung geschehen: die Verstetigung der MEKA-Mittel für die ökologische Landwirtschaft, die Um stellung auf das FAKT-Programm mit der Erhöhung der Prä mie pro Hektar und die Einführung der Umstellungsprämie für ökologische Landwirtschaft – die betriebswirtschaftlich notwendig ist, weil die Betriebe zwei Lückenjahre haben, mit denen sie nicht umgehen können. Die Einrichtung der Fach schule für Ökologischen Landbau in Emmendingen, aber auch der ökologische Versuchsbetrieb am Kompetenzzentrum Obst bau in Bavendorf, die Stärkung des ökologischen Anbaus in unserem neuen modularen Beratungssystem sind hier zu nen nen. Ich glaube, auch schon in der letzten Legislatur ist viel geschehen, das den Weg für diese steile Entwicklung bereitet hat.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Dann muss man natürlich auch der Ehrlichkeit halber sagen – Herr Minister, Sie nehmen mir das nicht krumm –, dass es für uns grüne Agrarpolitiker nicht ganz einfach war, als uns am Ende der Koalitionsverhandlungen das Haus sozusagen, parteilich gesehen, verlassen hat. Das war nicht ganz einfach. Aber ich glaube, Herr Minister, Frau Staatssekretärin, wir ha ben nach all den Schmerzen, die es da gab – darüber muss man auch reden; da muss man ehrlich sein –, gezeigt, dass das, was unser Ministerpräsident immer Komplementärkoa lition nennt, wirklich greift, dass hier das Beste von Grünen und CDU zusammengekommen ist.

(Heiterkeit)

Das drückt sich aus in den Erfolgen dieser Regierungsarbeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Schwarz und Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sehr gut!)

Das sage ich – ich glaube, das muss man auch klar sagen –, auch wenn der eine oder andere Funktionär, wie letzte Woche in einer der hiesigen Zeitungen zu lesen war, vor lauter Schmerzen – die er immer noch hat – vielleicht das Zählen verlernt hat. Zählen ist aber wichtig. Denn man sieht: Wenn man Politik wirklich bewerten will, muss man genau schau en, was passiert ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Herr Abg. Hahn, lassen Sie ei ne Zwischenfrage des Abg. Dr. Fiechtner zu?

Das machen wir am Schluss.

Am Schluss nur, wenn Sie dann noch Redezeit haben.

Ja, genau.

(Heiterkeit)

Manche Fragen werden sich dann erübrigen. – Ich glaube, auch in dieser Legislaturperiode hat sich gezeigt, dass die Ein richtung der vier Bio-Musterregionen wichtig und wertvoll war, dass die Stärkung des Ökolandbaus im universitären Be reich an der Uni Hohenheim eine wichtige Maßnahme für die Fortschreibung der Entwicklung war, dass die Stärkung der Premiumtierhaltungsverfahren im Agrarförderprogramm Ba den-Württemberg eine wichtige Entwicklung für die Tierhal tungsfragen in der ökologischen Landwirtschaft war, dass die Einbeziehung des ökologischen Landbaus in die Ernährungs strategie Baden-Württembergs ein wichtiges Element war – da wird mit Verbraucherinnen und Verbrauchern kommuni ziert; da wird deutlich gemacht, um was es geht.

Die Fortschreibung der Ökomodellregionen ist gerade neu ausgeschrieben worden. Wir brauchen diese Reallabore für unser Land. Denn dort wird entwickelt, wie das, was wir in Zukunft anbieten, in der Breite wachsen kann. Deshalb brau chen wir diese Bio-Musterregionen als Reallabore. Das ist ei ne ganz wichtige Maßnahme.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Und zuletzt ist für mich auch noch eine wichtige Maßnahme, dass wir in der VwV Beschaffung eine Quote für ökologische Lebensmittel eingeführt haben. Da geht es darum – das The ma behandeln wir heute Mittag noch fundiert –, darüber zu sprechen, wie wir als Beschaffer, als Einkäufer daran mitwir ken können, wie es mit der ökologischen Landwirtschaft wei tergeht.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Die ökologische Landwirtschaft ist für mich eine reine Er folgsgeschichte: von 2011 bis heute eine Entwicklung von 90 000 ha auf 160 000 ha, von 6 500 Ökobetrieben auf 8 500 Ökobetriebe – und das in einer Zeit, in der der Strukturwan del rasant in die andere Richtung geht und wir viele Betriebe leider verloren haben. Da haben wir im ökologischen Bereich massiv dazugewonnen. Ich glaube, das sind Erfolge, die sich gewaschen haben: 40 % mehr – über den Daumen –, das ist erfolgreiche Politik.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr Minister, Ihr Ziel – das haben Sie schon mehrfach betont – sind 30 % ökologische Landwirtschaft. Das ist mir sehr wichtig; denn wir können sagen: Das ist auch unser Ziel. Die ses Ziel ist keine Utopie. Wenn wir die Wachstumsraten bzw. die Steigerungsraten anschauen, dann sehen wir, dass das re al erreichbar ist. Ich sage sogar, es geht noch mehr – und das auf der Grundlage des Marktes. Wir müssen uns immer dar über im Klaren sein, dass wir als Politiker nur flankieren, dass wir Bedingungen schaffen, wie sich ein Markt entwickeln kann.

Das Schöne an der ökologischen Landwirtschaft ist, dass sie marktgetriggert ist. Ich denke oft an die etwas schleppende Entwicklung im Energiebereich. Da wäre ich ganz froh, wenn

wir mehr über den Markt berichten könnten. Der Bereich wür de sich dann etwas schneller entwickeln.

(Beifall des Abg. Andreas Glück FDP/DVP – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Mehr Markt!)

Diese Koalition, meine Damen und Herren, schafft den Rah men. Die bäuerlichen Betriebe ergreifen die Chance. Ich fin de, so funktioniert Politik, wenn es richtig gut läuft.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Rapp.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die ökologische Landwirt schaft hat in den vergangenen Jahren immer größere Bedeu tung erlangt – sowohl aus Gründen des Tierschutzes als auch aus Gründen des Natur- und Umweltschutzes, aber auch auf grund der veränderten Sichtweisen und Erwartungen von Ver braucherinnen und Verbrauchern. Diese Entwicklung, meine Damen und Herren, wird von der CDU-Landtagsfraktion aus drücklich begrüßt und unterstützt.