Protokoll der Sitzung vom 10.10.2018

Die Grundwerte und Menschenrechte gelten bei Ihnen nur für einzelne Menschengruppen.

(Zurufe von der AfD, u. a. Abg. Dr. Rainer Balzer: Haben Sie zugehört?)

Sie möchten unserer Gesellschaft in allen Bereichen autoritär vorschreiben, wie sie zu leben hat – den Frauen durch Ihre Fa milienpolitik, und jetzt sollen Schülerinnen und Schüler im Schulhof auch nicht mehr so reden dürfen, wie sie es wollen und wie sie es können.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

An Integration, am Wohl aller Schülerinnen und Schüler und an einer friedlichen Gesellschaft haben Sie kein Interesse.

(Zuruf: Das stimmt! So ist es! – Zurufe von der AfD)

Sie fordern Deutsch als verpflichtende Umgangssprache an Schulen auch außerhalb des Unterrichts. Wie wenig durch dacht diese Forderung ist, sehen Sie daran, dass Sie nur Brenn punktschulen aus Berlin als Beispiel nennen. Wir haben aber auch andere Schulen,

(Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD: Aber nicht mehr so viele! – Heiterkeit bei der AfD)

z. B. internationale Schulen, bilinguale Schulen oder Privat schulen, bei denen wir stolz sind, dass dort auch Englisch, Französisch oder Chinesisch gesprochen wird.

(Beifall bei den Grünen)

Eine verbindliche Schulsprache Deutsch wäre hier ein großer Rückschritt.

(Abg. Bernd Gögel AfD: An diese Privatschulen ge hen die Kinder von den Grünen! Gratulation!)

Ihr Antrag bezieht sich mal wieder nur auf Kinder von Mig ranten und Geflüchteten,

(Zurufe von der AfD: Ach!)

denen Sie das Recht auf eine eigenständige Persönlichkeit nehmen möchten.

(Abg. Thomas Axel Palka AfD: Dann lernen wir jetzt alle Arabisch!)

Muttersprache ist laut der UNESCO ein kulturelles Menschen recht. Wir alle brauchen eine Muttersprache für unsere psy chische und emotionale Stabilität, und aus der Forschung wis sen wir, dass gute Kenntnisse in der Muttersprache das Deutschlernen erleichtern.

(Zuruf von der AfD)

Sie müssen mal zuhören, denn wer nicht zuhört – –

(Lachen bei der AfD – Abg. Bernd Gögel AfD: Sie haben doch vorhin zehn Minuten nicht zugehört! – Glocke der Präsidentin – Unruhe)

Meine Herren!

Kinder und Jugend liche haben ein Recht auf die Achtung ihrer Würde, und un sere Landesverfassung beinhaltet ausdrücklich das Recht, sich mit anderen Menschen in der eigenen Sprache zu unterhalten.

(Abg. Anton Baron AfD: Wo haben Sie denn die Quellen her?)

Das gilt für Englisch, Französisch und Türkisch genauso wie für Deutsch, Schwäbisch oder Badisch.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Oder möchten Sie auch Schwäbisch und Badisch auf dem Schulhof verbieten lassen?

(Widerspruch bei der AfD)

Ich frage mich auch, wie Sie die Verpflichtung für deutsche Sprache kontrollieren möchten. Soll es ein Bespitzelungssys tem geben, bei dem Schülerinnen und Schüler sich gegensei tig kontrollieren und denunzieren?

(Zuruf von der AfD: Unerträglich!)

Oder soll die Kontrolle den Lehrkräften noch aufgebürdet werden, oder soll es gar einen Security-Dienst auf dem Schul hof geben?

(Abg. Thomas Axel Palka AfD: Das gibt es genug!)

Das geht in die gleiche Richtung wie Ihr Vorschlag, Schüler sollen ihre Gemeinschaftskundelehrer bespitzeln und denun zieren. Wer hier keine Parallelen zur Stasi und zur Nazizeit zieht,

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Lachen bei der AfD – Zuruf von der AfD: Sie sollten sich schämen! Ein Unsinn ist das!)

ist blind, taub und geschichtsvergessen, meine Damen und Herren.

In Ihrem Antrag bezeichnen Sie eine verbindliche Schulspra che Deutsch als eine effektive Maßnahme der Integration und nennen als positive Beispiele zwei Berliner Schulen. Aber Sie ignorieren zwei entscheidende Punkte: erstens, dass die Ver einbarung zu Deutsch als Umgangssprache in diesen Schulen auf einer Initiative der Lehrer, der Schüler und der Eltern schaft basiert. Das ist etwas ganz anderes als ein Dekret aus dem Ministerium, wie Sie es fordern.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Zweitens verschweigen Sie, dass sich in diesen Schulen die gesamte Unterrichtsstruktur geändert hat: Kunstkooperatio nen wurden gebildet, der Musikunterricht wurde verstärkt.

(Lachen bei der AfD – Abg. Thomas Axel Palka AfD: Und das um die Zeit!)

Hören Sie zu! – Kleine Lerngruppen und eine individuelle sprachliche Förderung mit einem Sprachbildungskonzept und entsprechenden Fortbildungen für die Lehrkräfte wurden ins Leben gerufen. Entscheidend für den Erfolg der Berliner Schulen war also auch eine Vielzahl anderer sozialer, didak tischer und methodischer Maßnahmen.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf von der AfD)

Schule muss Lern- und Lebensraum für alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen sein. Integration ist nicht das Gleiche

wie Assimilation. Wenn Sie, Herr Balzer, im Auslandsschul dienst wären, würden Sie sicher auch einmal auf dem Schul hof Deutsch sprechen wollen.

(Lachen bei der AfD)

Die Forschung zeigt uns, dass in angenehmer Atmosphäre er folgreicher gelernt wird. Zwang, Ausgrenzung, Angst und Un terschiede in der Wertigkeit von Schülerinnen und Schülern dürfen daher in der Schule keinen Platz haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Was wir brauchen, ist eine verlässliche, frühe Sprachförde rung, und diese bieten wir im Rahmen des Pakts für gute Bil dung und Betreuung.

(Beifall bei den Grünen)

Ich möchte noch einmal daran erinnern: Es gibt die Möglichkeit für eine Kurzinterven tion vom Mikrofon aus oder auch für eine Zwischenfrage.

(Abg. Anton Baron AfD: Das wissen wir, Frau Prä sidentin! Das wissen wir! Da brauchen Sie uns nicht zu belehren!)

Wir haben uns auch Regeln gegeben, wie wir hier die Debat te führen. Ich darf noch einmal daran erinnern, dass das auch genutzt werden darf.