Protokoll der Sitzung vom 03.04.2019

Wir brauchen die Diskussion um Schadstoffe und alternative Antriebe, aber ohne politischen Aktionismus und ohne Panik mache.

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Wir brauchen einen technologieoffenen Ansatz, bei dem der Verbrennungsmotor genauso eine Rolle spielen darf wie die Nutzung von Wasserstoff- oder Brennstoffzelle.

Wir müssen immer das Gesamtsystem sehen, nicht nur des sen Teile. Denn die Elektromobilität – dieser Hinweis sei mir an dieser Stelle gestattet – ist eine Mogelpackung, wenn es um den CO2-Ausstoß geht.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Wir alle wissen es: Solange der energetische Mix noch zu zwei Dritteln Kohlekraft umfasst, entspricht die CO2-Belastung dem, was auch ein moderner Diesel leisten kann.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zurufe der Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE und Udo Stein AfD)

Laut der Studie von e-mobil BW haben wir in Bezug auf die Mobilität durchaus viele Chancen, die sich auf die Beschäfti gung nicht in dem Maß negativ auswirken, wie man es viel leicht aufgrund des von Ihnen gewählten Debattentitels ver muten könnte. Dort wurden zwei Szenarien gegenübergestellt, nämlich zum einen nach dem Motto „Business as usual“ ein moderater Umstieg bis 2030 – da würde die Beschäftigungs quote sogar weiter ansteigen – und zum anderen ein progres siver Ansatz mit höheren Arbeitsplatzverlusten, nämlich ca. 30 000 Mitarbeiter. Aber auch, was das betrifft, haben wir, wie ich meine, genügend Industriekompetenz im Land, um Men schen auch an anderer Stelle einzubinden. Denn manchmal ist ja die Stärke einer Industriebranche der Fluch einer anderen, die eben anderes auf die Beine stellen will.

In Bezug auf Batteriezellen kann man sagen: Es macht kei nen Sinn, in Lithium-Ionen zu gehen. Wir müssen die For schungen im Bereich der Festkörpertechnik vorantreiben. Möglicherweise haben wir hier die Chance, eine Technik vo ranzubringen, die mit 30 % mehr Dichte eine insgesamt hö here Leistungsfähigkeit für die Elektromobilität mit sich brin gen würde – das gilt aber auch bei anderen Speichertechnolo gien – und die umweltfreundlicher wäre, da weniger Kobalt und andere kritische Stoffe darin einfließen.

Lassen Sie mich aber zum Schluss – ich habe nur noch eine Minute Redezeit – noch einmal auf die Frage zu sprechen kommen,

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

was Politik tun muss. Sie haben sicherlich registriert, dass Po litik in meinen Ausführungen keine sehr große Rolle spielt. Wenn es darum geht, ob die Automobilindustrie ihre Arbeit richtig macht:

(Abg. Klaus Dürr AfD: Das ist die Frage!)

Dafür braucht sie die Politik nicht.

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

Sie braucht die Politik dafür, Vorleistungen zu erbringen, die es der Industrie und allen anderen Unternehmen im Land er möglichen, ihre Arbeit erfolgreich zu machen,

(Abg. Anton Baron AfD: Richtig!)

gut zu fertigen und gut zu entwickeln. Und das sind ganz ein fache Zutaten: gut ausgebildete Fachkräfte, genügend Fach kräfte – der Fachkräftemangel wird sich für die industrielle Entwicklung unseres Landes zum Engpass schlechthin entwi ckeln –,

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Den gibt es doch gar nicht! – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

eine gute Infrastruktur mit genügend Straßen – ohne Schlag löcher –, ÖPNV und Bahn – Sie sprachen es schon an; schön, dass Sie das vorhaben, Herr Katzenstein –, die pünktlich fah ren. Wir brauchen Flächen für Logistik und für Wohnungs bau; denn wir brauchen Zuzug; ohne Zuzug werden wir die Zukunft hier im Land nicht meistern.

Was wir brauchen, sind politische Vorgaben, die noch mit ei nem vernünftigen Aufwand zu bewältigen sind, und eine di gitale Infrastruktur, die schnell und flächendeckend verfügbar ist. Denn sonst können wir die hier bereits aufgeführten Chan cen der digitalen Mobilität nicht heben.

Frau Kollegin, jetzt müs sen Sie wirklich zum Schluss kommen, bitte.

Ja. – Ich verzich te darauf, das aufzuführen, was auf Bundesebene alles noch nicht geleistet wird und was uns fehlt. Aber wir brauchen ei ne Politik, die stabile internationale und nationale Rahmen bedingungen schafft, die ihre Hausaufgaben zügig und zuver lässig erledigt, die das Geld der Steuerzahler in die Themen steckt, die allen nützen, und die gewährleistet, dass die Steu ereinnahmen in diesem Land auch morgen noch sprudeln, da mit wir das machen können, wovon wir heute schon viel ge hört haben: „Nice to have“, aber nicht immer wertvoll in der Dynamik für unser Land.

(Beifall bei der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei der AfD und der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Sehr gu te Rede!)

Dann darf ich Herrn Mi nister Hermann ans Redepult bitten.

Frau Präsiden tin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Reich-Gutjahr, ich möchte Ihnen ausdrücklich danken, dass Sie darauf hingewiesen haben, wie sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Automobilproduktion in Baden-Württem berg und insgesamt verändert hat. Denn man konnte am An fang dieser Debatte den Eindruck haben, wir lebten noch in deutschnationalen Zeiten.

(Abg. Anton Baron AfD: Oh Gott!)

Dabei hat sich in den letzten Jahrzehnten kein Sektor so sehr internationalisiert wie der Automobilsektor – und das gilt nicht nur für die großen Automobilunternehmen, sondern auch für alle Zulieferer. Selbst kleine Unternehmen und Mittelständler haben inzwischen weltweit entweder Verkaufsstellen und Ver kaufsräume oder Beratungsräume oder auch Produktionsein heiten. Selbst Mittelständler produzieren inzwischen global. Man muss ganz klar sagen: Die Arbeitsplätze hier in unserem Land, ob bei Bosch, Daimler, Porsche oder VW, wen auch im mer Sie nehmen, wären heute schon längst weg, wenn sich diese Unternehmen nicht internationalisiert hätten.

Auch die Produktion hat sich gewaltig verändert. An manchen Standorten, wo früher Zehntausende Menschen in der klassi schen Industrieproduktion beschäftigt waren, sind heute Zehn tausende in der Planung, im Bereich Engineering Design etc. beschäftigt. Die Produktion ist abgeschmolzen und findet an derswo statt. Zusammen macht das diese Unternehmen übri gens erfolgreich. Hätte dieser Bereich der Wirtschaft diesen Trend nicht erkannt und nicht gesehen, dass man nicht welt weit überallhin Autos verkaufen kann, ohne nicht auch über all zu produzieren, dann würden wir in dieser Region ziem lich alt aussehen.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Anton Baron AfD: In China ist es Vor schrift!)

Wer von vier Autos, die er produziert, drei in die Welt ver kauft, dem muss doch völlig klar sein, dass wir natürlich die se internationalen Strukturen brauchen, dass wir natürlich von internationalen Trends, von internationalen Märkten, von tech nologischen Entwicklungen, die international stattfinden, ab hängig sind. Es gibt eine ganze Reihe solcher Trends. Man kann natürlich zuschauen, oder man kann sie beklagen.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Man kann natürlich auch so wie die AfD an Verhältnissen fest halten, die es schon seit Jahrzehnten nicht mehr gibt, und ver suchen, damit in die Zukunft zu gehen. Das wird nicht gelin gen.

(Abg. Anton Baron AfD: Ach! – Zuruf von der AfD: Uijuijui!)

Entscheidend ist vielmehr, dass man sieht, wie sich diese Branche verändert. Es ist, glaube ich, nicht übertrieben, zu sa gen: Keine Branche ist so sehr der Transformation unterwor fen wie die Automobilbranche insgesamt,

(Abg. Anton Baron AfD: Das weiß die Wirtschaft besser als Sie!)

und zwar weltweit, nicht nur bei uns.

(Abg. Anton Baron AfD: Schauen Sie sich die Ab satzzahlen an!)

Die Digitalisierung, die durchschlägt, die Elektrifizierung oder die Vernetzung, all das zusammen stellt gewaltige Herausfor derungen dar. Die Frage ist: Wie begegnen wir diesen Heraus forderungen? Kann man das schaffen, indem man sozusagen an alten Produktionsmustern oder an alten Mobilitäts- und Verkehrskonzepten festhält?

(Abg. Anton Baron AfD: 2 % Elektroautos in Deutsch land!)

Oder schaut man: Was ist eigentlich der Trend, was ist zu kunftsfähig?

Ich bin schon erstaunt, was hier darüber erzählt wird, welche Interessen die Wirtschaft hat und wie sie denkt.

(Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Ja, das sind wir auch! – Abg. Anton Baron AfD: Die kennen den Markt bes ser als Sie!)

Ich meine: Keine Frage, die haben beim Diesel eine Menge Fehler gemacht. Das habe ich auch oft genug gesagt. Aber ich möchte Ihnen gern einmal etwas zitieren:

Und wir bekennen uns zu den Pariser Klimaschutzzielen ohne Wenn und Aber. Schließlich stehen wir als Autobau er ganz klar in der Verantwortung, die CO2-Emissionen im Verkehr zu reduzieren.

So der Porsche-Chef.

(Abg. Claus Paal CDU: Das ist Verantwortung! Sehr gut!)

Wenn die es können, dann sagen auch die Verantwortlichen von VW, wenn sie das hören, ganz klar: „Wir stehen mitten in einer Transformation. Wir haben eine Verpflichtung.

(Abg. Anton Baron AfD: Mal sehen, wie lange VW noch bleibt! – Gegenruf des Abg. Bernd Gögel AfD: Die sind bald in Korea!)

Wir müssen die Arbeitsplätze sichern. Wir müssen uns verän dern.“ Zum Bau eines Werks hier in Stuttgart sagt der Por sche-Chef: