Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD)

Meine Damen und Herren, be vor ich der Landesregierung das Wort erteile, möchte ich Fol gendes sagen: Es ist auch schon in der letzten Debatte zu die sem Thema von dem einen oder anderen Abgeordneten mo niert worden, dass die Staatsrätin nicht anwesend war. Zum einen erinnere ich daran, dass ich schon vor Eintritt in die Ta gesordnung die Frau Staatsrätin entschuldigt habe. Zum an deren weise ich darauf hin, dass sie seit Wochen erkrankt ist. Ich glaube, das ist Grund genug, nicht hier sein zu können. – Danke.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Gabi Rolland SPD: Wir wussten es halt nicht! – Abg. Jonas Weber SPD: Man muss es halt wissen!)

Jetzt wissen Sie es. – Vielen Dank.

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Strobl das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Bei allem Verständnis, verehrte Kolleginnen und Kol legen von der SPD-Fraktion, für schlichte und auch etwas pla kative Überschriften:

(Abg. Sascha Binder SPD: Dafür sind Sie zuständig!)

Ihr Vorwurf, die direkte Demokratie sei am Ende, ist vielleicht doch ein bisschen übertrieben.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der Vorwurf ist völlig daneben!)

Oder aber – um mit Mark Twain zu sprechen –: Die Nachricht über den Tod der Demokratie in Baden-Württemberg ist stark übertrieben. Ich weiß nicht, ob Sie sich mit solchen Titeln selbst einen Gefallen tun.

Für das Innenministerium will ich jedenfalls erklären: Wir ha ben uns bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des betref fenden Volksbegehrens lediglich an die verfassungsrechtli chen und gesetzlichen Vorgaben gehalten,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das haben Sie nicht!)

die Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, in der letzten Le gislaturperiode selbst gesetzt haben. In Artikel 59 Absatz 3 Satz 3 der Landesverfassung heißt es nun einmal:

Über Abgabengesetze, Besoldungsgesetze und das Staats haushaltsgesetz findet kein Volksbegehren statt.

Punkt.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Exakt! So steht es da! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das können wir bestäti gen!)

Wenn Sie es anders hätten haben wollen,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Nein, nein, nein!)

hätten Sie diese Vorschrift in der letzten Legislaturperiode än dern können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD: Nein! Diese Vorschrift lässt es zu!)

Das haben Sie aber nicht getan, und deshalb befolgen wir das Recht so, wie es in der Verfassung steht.

Sie haben 2015 daran nichts geändert; im Gegenteil: Sie ha ben den Ausschlusstatbestand damals sogar für das Volksbe gehren mit übernommen.

Insofern glaube ich nicht, dass das etwas mit dem Ende der Demokratie zu tun hat.

Bei der Entscheidung befinden wir uns im Übrigen in starkem Maß im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfas sungsgerichts. Es sind also nicht nur die Experten in der Lan desregierung, im Innenministerium, auf die wir bei dieser Ent scheidung vertrauen dürfen; wir haben bei dieser Entschei dung von Anfang an auch externen Sachverstand hinzugezo gen. Jetzt haben wir auch noch einmal ein Gutachten des ehe maligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts und renommierten Tübinger Staatsrechtslehrers Ferdinand Kirch hof vorliegen, der in den tragenden Entscheidungen und in den tragenden Gründen unser Vorgehen bestätigt.

Herr Minister, es gibt ei ne Zwischenfrage von Herrn Abg. Binder. Lassen Sie diese Zwischenfrage zu?

Ich würde hier gern fortfahren und einfach aus dem Gutachten zitieren.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das kennen wir doch!)

Da heißt es auf Seite 18:

§ 29 Absatz 1 Nummer 2 Volksabstimmungsgesetz ordnet die Selbstverständlichkeit an, dass das Innenministerium keinen Antrag auf ein Volksbegehren zulassen darf, wenn er der Landesverfassung widerspricht.

(Lachen der Abg. Andreas Stoch und Sascha Binder SPD)

Nach Artikel 59 Absatz 3 Satz 3 Landesverfassung findet über Abgabengesetze kein Volksbegehren statt.

(Lachen der Abg. Andreas Stoch und Sascha Binder SPD – Abg. Andreas Stoch SPD: Das wissen wir doch!)

Motiv für diese Ausnahme dürfte, wie bei den anderen Va rianten,

(Zuruf: Kindergarten!)

der Besoldungsgesetze und des Haushaltsgesetzes, sein, dass das Königsrecht des Parlaments, das Budgetrecht, in dessen Händen bleiben soll.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Um das geht es! Das ist die Frage! – Abg. Andreas Stoch SPD: Sie re den nicht von Baden-Württemberg!)

Genau so ist es. Deswegen ist es zwangsläufig, dass das In nenministerium den Antrag der SPD für unzulässig erklären musste. Wenn ein Antrag gegen die Verfassung oder das Grund gesetz verstößt,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Ich habe Ihnen gerade eben Gegenteiliges vorgelesen!)

hat das Innenministerium überhaupt keinen Ermessensspiel raum, sondern dann ist der Antrag abzulehnen. Und genau das haben wir rechtlich bzw. verfassungsrechtlich so entschieden.

(Beifall bei der CDU)

Kirchhof kommt im Übrigen zu der Auffassung, dass nicht nur ein Verstoß gegen das Verbot von Volksbegehren im Zu sammenhang mit Abgabengesetzen vorliegt, sondern dass auch das Verbot, solche Abstimmungen über das Staatshaus haltsgesetz abzuhalten, tangiert ist. Er rügt eine Kollision mit Artikel 3 des Grundgesetzes; der allgemeine Gleichheitssatz sei verletzt. Auch Artikel 12 des Grundgesetzes, die Berufs freiheit, sei tangiert.

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Dies ist im Übrigen ein Punkt, den wir im Innenministerium so gar nicht gesehen haben, aber ein weiterer Grund dafür, warum der Antrag der SPD abzulehnen gewesen ist.

(Abg. Sascha Binder SPD: Andere Auffassung des Justizministeriums!)

Herr Abg. Stoch, das mit Stuttgart 21 ist ein Argument, das jedenfalls in einem Punkt wirklich überhaupt gar nicht ver fängt. Ich sage jetzt einmal nichts dazu, dass das ein ganz an derer Weg gewesen ist, weil das nämlich die damalige Lan desregierung auf den Weg gebracht hat.

(Abg. Sascha Binder SPD: Jetzt sagt er es wieder! – Abg. Andreas Stoch SPD: Ich habe Ihnen vorhin ge sagt, dass es absurd ist!)

In einem Punkt ist Ihr Argument nun einmal wirklich über haupt nicht nachvollziehbar. Die Landesverfassung – das ist einer der tragenden Gründe unserer Entscheidung – verbietet es eben, über Abgabengesetze Volksabstimmungen abzuhal ten.

(Lachen des Abg. Sascha Binder SPD)

Die Kindergartengebühren sind jetzt einmal ganz sicher ein Abgabengesetz.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist definitiv kein Ab gabengesetz! – Abg. Stefan Räpple AfD: Dann kön nen wir sie gleich lassen!)