Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

In der Zwischenzeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, fahren wir mit der Tagesordnung fort.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Umsetzung der Neuorganisation der Forst verwaltung Baden-Württemberg – Drucksache 16/5982

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – Drucksache 16/6192

Berichterstatter: Abg. Jonas Weber

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die Fraktion GRÜNE beginnt Herr Kollege Pix.

(Unruhe – Abg. Reinhold Pix GRÜNE hält sich im hinteren Bereich des Plenarsaals auf.)

Herr Abg. Pix, möchten Sie Ihre Redezeit wahrnehmen und jetzt zu Punkt 3 einsteigen?

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Der Kollege ist in ein paar Sekunden vorn! – Abg. Konrad Epple CDU: Das kann alles zu Protokoll gegeben werden! – Ver einzelt Heiterkeit)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die gesundheitsfördernde Wirkung von Waldbesuchen ist inzwischen hinreichend be legt. Insofern hoffe ich, dass Sie das strahlende Wetter nutzen und viel im Wald spazieren gehen.

(Zuruf: Mache ich jede Woche!)

Sie werden dort jedoch Zeugin und Zeuge einer dramatischen Entwicklung werden. Denn der Wald, unser zweitgrößter Koh lenstoffspeicher, wird selbst durch die Klimaveränderungen massiv bedroht.

Nach dem Rekordsommer des letzten Jahres verzeichnen wir Schäden in Millionenhöhe durch Trockenheit und in der Fol ge durch Borkenkäfer wie Buchdrucker und Kupferstecher. Der dauerhafte Erhalt unserer Waldflächen und ihre klimage rechte Gestaltung werden daher zunehmend zur Herausforde rung. Mehr denn je sind wir auf diejenigen angewiesen, die hoch qualifiziert, motiviert und naturverbunden das Gleich gewicht einer multifunktionalen Waldwirtschaft im Auge ha ben.

Im Rahmen der Forstneuorganisation übernehmen wir Grü nen daher Verantwortung und setzen jetzt ein starkes Signal für unsere Wälder, indem wir die Qualifizierung des Fachper sonals bis Ende 2021 sicherstellen.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das Land Baden-Württemberg geht hier in Vorleistung, um einen zukunftsfähigen Ausbildungspakt zu ermöglichen, denn die Forstwirtinnen und Forstwirte prägen in einem der gefähr lichsten Berufe unser Waldbild entscheidend mit.

Uns Grünen ist wichtig, dass sich der Umgang mit unserem Ökosystem Wald an klaren, nachhaltigen Zielsetzungen ori entiert. Gleichzeitig wollen wir alle Waldbesitzenden beim Auf- und Umbau hin zu klimastabilen Wäldern unterstützen. Ich möchte dabei nochmals betonen, dass die gesetzlichen Zielvorgaben hier als Grundlage, ja sogar als Voraussetzung für den Ausbau der Förderprogramme dienen. Wer also die Förderung will, muss auch Ziele wollen.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Zusätzlich zu den bisher verwendeten 7,8 Millionen € für die Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft können wir mit Bun desmitteln von ca. 800 000 €, also fast 1 Million € – das ist im wahrsten Sinn des Wortes der berühmte Tropfen auf den heißen Stein –, für die Bewältigung von Extremwetterereig nissen rechnen und wollen darüber hinaus weitere ca. 1,2 Mil lionen € in die Stärkung der Förderung der privaten und kom munalen Waldbesitzer investieren.

Dabei setzen wir vier zentrale Förderschwerpunkte:

Erstens: Wir werden die Forstbetriebsgemeinschaften und die Holzvermarktungsgenossenschaften als Keimzellen aktiver Privatwaldbesitzender in ihrer Professionalisierung fördern.

Zum Zweiten wollen wir den Waldnaturschutz und den Erhalt ökologisch wertvoller Waldtypen sowie den Vertragsnatur schutz stärken.

Drittens begegnen wir den Klimaveränderungen und Wald schäden beispielsweise durch Förderung von Aufforstung und Waldumbau oder die Erhöhung der Lagerkapazitäten.

Und last, but not least wollen wir viertens, dass sich das En gagement für Erholungsuchende lohnt, und schaffen Aus gleichssysteme und Anreize auch für Privatwaldbesitzende.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, mit einem ökologisch, ökonomisch und sozial vorbildlichen Staatswald auf der einen Seite sowie Kommunal- und Privatwäldern, die anhand nachhaltiger Zielsetzung gefördert und unterstützt werden, auf der anderen Seite bin ich der festen Überzeugung,

dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ein hervorra gendes Gesamtkonzept haben. Wir zeigen damit einmal mehr, dass die Landesregierung entgegen anderweitiger Behauptun gen in der Lage ist, sich fachlich und sachlich über Häuser, Farben und Grenzen hinweg zu verständigen und zu guten Lö sungen zu kommen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Zum Schluss bleibt mir nur noch übrig, zu sagen, dass wir si cherstellen, dass auch zukünftig der Wald auf ganzer Fläche in guten Händen ist und entlang klarer, nachhaltiger gesell schaftlicher Zielsetzungen gepflegt wird. Denken Sie bei Ih ren Waldspaziergängen zukünftig an all diejenigen, die hinter diesen wunderschönen Wäldern stehen, und scheuen Sie sich nicht, ihnen bei jeder Gelegenheit Danke zu sagen für ihren Einsatz, ihre Motivation und ihre Begeisterung für unsere Wälder in Baden-Württemberg.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Nun hat das Wort für die CDU-Fraktion Herr Abg. Dr. Rapp.

Ich darf auch Besucherinnen und Besucher, die sich hier un ten im Saal aufhalten dürfen, bitten, Ruhe zu bewahren und keine Gespräche am Rande des Plenums zu führen – hinten links, bitte.

Herr Abg. Dr. Rapp, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zu Beginn eine persönliche Anmerkung: Ein Drittel der Landesfläche Baden-Württembergs sind Wälder, ein Drit tel davon ist Staatswald, der Rest befindet sich in kommuna lem und in privatem Besitz. Dafür ist mir persönlich die Be setzung hier im Parlamentssaal etwas dürftig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der AfD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Auf der Re gierungsbank! – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Die ersten zwei Reihen sind hier! – Abg. Anton Baron AfD: Selbstkritik!)

Ja, das sehe ich auch. Deswegen sage ich es.

Am Beginn der umfangreichen und sachlich orientierten Ver handlungen über die Forstreformgesetzgebung stand zunächst für alle Beteiligten das Ziel, sowohl für den kommunalen und den privaten Waldbesitz als auch für den Staatswald einen Rahmen zu schaffen, der die bisherigen, qualitativ hochwer tigen, nachhaltigen Standards der Waldbewirtschaftung auch in der Fläche garantieren kann.

Deswegen möchte ich an dieser Stelle zunächst einmal allen danken, die an diesem Prozess, der über zwei Jahre gedauert hat, beteiligt waren, seien es die Forstkammer, die kommuna len Landesverbände, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter des Ministeriums und der Forstverwaltung, federfüh rend auch Herrn Minister Peter Hauk.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Herr Abg. Dr. Rapp, las sen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Balzer zu?

Nein, im Moment nicht. Da kommt eh nichts Vernünftiges.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Im Laufe des Prozesses gab es aber unterschiedliche Auffas sungen über die Definition und die Notwendigkeit der Aus weitung, Ergänzung von sogenannten Grundpflichten für die Waldbesitzer. Diese haben teilweise erhebliche Sorgen und Unsicherheiten gerade bei Privatwaldbesitzern ausgelöst.

Alle Beteiligten haben sich nach Abschluss der Verbändean hörung nochmals zusammengesetzt und auch über diese Grund pflichten diskutiert. Es wurden Lösungen gefunden, die we der die Förderung gefährden noch die Pflichten der Waldbe sitzer in einem nicht umsetzbaren Maß ausweiten.

Hier sind wir auch den Kolleginnen und Kollegen von der grü nen Fraktion für ihre Bereitschaft dankbar, dass auf ohnehin von Beginn an nicht vereinbarte Erweiterungen der Grund pflichten letztendlich weitgehend verzichtet wurde.

Aber neben den Grundpflichten stand auch die Frage – Herr Kollege Pix hat es gerade angeführt – nach der Fortführung der Ausbildung von Forstwirtinnen und Forstwirten im Mit telpunkt. Wir haben uns – auch im Rahmen der Ausschussbe ratungen – gemeinsam auf die Fortführung der landesfinan zierten Ausbildung im bisherigen Umfang für weitere zwei Jahre einigen können, und dies aus zwei Gründen: Zum einen haben wir im nächsten Jahr erhebliche strukturelle Umset zungsaufgaben vor uns und müssen die Beratung und Unter stützung der Waldbesitzer aufrechterhalten. Zum anderen kämp fen die Waldbesitzer – Staat, Privat- wie Kommunalwaldbe sitzer – derzeit mit den katastrophalen Dürrefolgen, auch mit Blick auf den Käferbefall, und somit auch mit existenzgefähr denden Situationen.

Es ist daher für uns ein Gebot der Vernunft, hier die Ausbil dung neuer Forstwirte nicht zu gefährden, sondern nach wie vor dafür zu sorgen, dass qualitativ gut ausgebildetes Perso nal zur Verfügung steht. Auch hier sind wir unserem Koaliti onspartner dankbar, dass zumindest die zwei Jahre machbar sind und wir diese Ausbildung fortführen können.

(Beifall der Abg. Martina Braun GRÜNE)

Es ergibt sich aber auch die Möglichkeit, den bereits vor ei nem Jahr im Lenkungskreis zu dieser Reform beschlossenen Pakt für Ausbildung, an dem sowohl Kommunen, Staat wie auch Private beteiligt sein sollen, jetzt in den kommenden zwei Jahren auf- und auszubauen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation – ich habe es an gesprochen – der Wälder Baden-Württembergs und der heu te zu beratenden Forstreformgesetzgebung gestatten Sie mir auch noch einen Blick in die Zukunft: