Protokoll der Sitzung vom 26.06.2019

Bereits in der letzten Legislaturperiode wurde erkannt, dass im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung etwas geschehen muss. Daraufhin wurde im Jahr 2015 das Pilotprojekt „Gro ße Küche – Gutes Essen“ gestartet. Hier wurden zehn Pilot betriebe ausgewählt. Die zwei wichtigsten Anforderungen an die Pilotbetriebe waren die DGE-Zertifizierung – das heißt, dass bei der Lebensmittelherstellung die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung erreicht werden müssen – und die Bio-Zertifizierung; denn der Anteil von öko logisch erzeugten Rohstoffen sollte mindestens 15 % betra gen. Dabei sollten bevorzugt regional erzeugte Ökolebensmit tel zum Einsatz kommen.

Die Erkenntnisse aus diesem Pilotprojekt zeigen Grundsätz liches auf. Sie zeigen, dass im Bereich der Gemeinschaftsver pflegung ein großer Informations-, Beratungs- und Schulungs bedarf besteht. Dieser Bedarf wurde mit einem umfassenden, vom Land finanzierten Kantinen-Coaching-Projekt bedient.

Sie zeigen zudem auf, dass die regionale Biorohstoffbeschaf fung eine Herausforderung darstellt. Bei der Rohstoffbeschaf fung setze ich große Hoffnungen auf unsere neun Bio-Mus terregionen; denn mit ihnen sollen neue Wertschöpfungs- und Rohstoffbeschaffungsnetzwerke aufgebaut werden.

Trotz der hohen Anforderungen und großen Bedenken haben die Modellprojekte aber etwas Wichtiges gezeigt, nämlich, dass der Einsatz von 15 % ökologischen Rohstoffen und die Durchführung der Bio-Zertifizierung sowie der DGE-Zertifi zierung in kurzer Zeit umsetzbar waren.

Es wurde erkannt, dass die DGE- und Bio-Zertifizierungen Synergieeffekte beim Umstellungsprozess erzeugen. Ein Bei spiel: Die Umsetzung des von der DGE vorgegebenen Quali tätsstandards führte zu einer Umstellung der Speisepläne, z. B. zu einer von der DGE empfohlenen Reduzierung von Fleisch- und Wurstwaren. Dies führte zu Kosteneinsparungen, die wie derum für ökologisch erzeugte Rohstoffe eingesetzt werden konnten.

Sie sehen: Grundsätzlich besteht also das Potenzial, den Ein satz von Biorohstoffen in der Gemeinschaftsverpflegung wei ter zu erhöhen. Das Ziel von uns Grünen ist es, dass wir bis 2030 mindestens 30 % Bioanteil in den landeseigenen Kanti nen erreichen. Da geben wir keine Ruhe. Dafür setzen wir uns weiter ein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Eine interessante Erkenntnis war, dass die Herstellung von Speisen nach DGE-Standard sowie mit ökologischem Anteil quasi kostenneutral umgesetzt werden könnte. Konkret: In ei ner Schule ein Mittagessen nach DGE-Standard zuzubereiten bedeutet einen Kostenunterschied von unter 5 Cent – so eine Studie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirt schaft, und die müssen es ja wissen.

Auch ein Bioanteil von 15 bis 20 % führt nur zu einer gerin gen Preissteigerung im einstelligen Centbereich pro Mahlzeit. Das heißt: Qualitativ hochwertiges Essen mit Bioanteil ist

eben nicht erheblich teurer, wie oft behauptet wird. Ich glau be, das ist die wichtigste Erkenntnis, die wir aus diesen Pilot projekten gewonnen haben, meine lieben Damen und Herren.

Die Modellkantinen sollen natürlich auch Vorbilder sein und zeigen, dass gutes und qualitativ hochwertiges Essen in en gem Zusammenhang mit Landwirtschaft und Landnutzung steht und indirekt ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der bio logischen Vielfalt ist. Übrigens: Dort sind die Modellprojek te auch angesiedelt – im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt.

Sowieso müssen wir beim Thema „Ernährung und/oder Au ßer-Haus-Verpflegung“ in größeren Zusammenhängen den ken. Hierzu eine Erkenntnis der Delegationsreise nach Ko penhagen im Dezember letzten Jahres zu diesem Thema: Ei ne Untersuchung dort hat gezeigt, dass bei einem gesundheits förderlichen und nachhaltigen Verpflegungsangebot mit ei nem Bioanteil von 90 % – richtig gehört, ja: 90 %! –, welches übrigens mit dem gleichen Kosteneinsatz erreicht wurde, die Fehlzeiten durch Krankheiten nur noch bei etwa 2 % lagen gegenüber von vorher 9 % und höher. Gute Ernährung zahlt sich also aus. Hochwertiges, gutes Essen in Kantinen ist ein echter Wettbewerbsvorteil, gerade wenn es um die besten Fachkräfte geht. Liebe geht durch den Magen, auch bei Fach kräften, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit – Beifall bei den Grünen und Abgeordne ten der CDU sowie des Abg. Andreas Kenner SPD – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Bravo!)

Eine regional, saisonal und zugleich ökologisch ausgerichte te Essenszubereitung in der Außer-Haus-Verpflegung stärkt außerdem regionale Wertschöpfungsketten. Kurze Distanzen und Saisonalität bedeuten weniger Kosten- und Energieauf wand für Transport, Lagerung und Kühlung. Das ist Klima schutz pur.

Apropos Klimaschutz: Klimaschutz aktiv anzugehen ist be sonders effizient in Form der Reduzierung unserer maßlosen Lebensmittelverschwendung. Zur Erinnerung: Der CO2-Fuß abdruck von Lebensmitteln, die erzeugt, aber nicht konsumiert werden, wird auf weltweit jährlich 3,3 Gigatonnen CO2 ge schätzt. Damit ist die Lebensmittelverschwendung auf dem dritten Platz nach den USA und China als größte CO2-Emit tenten. Auch hier haben die Modellprojekte gezeigt, dass ei ne deutliche Reduzierung möglich ist. In einigen Modellkan tinen wurde die Lebensmittelabfallmenge halbiert und richtig Geld gespart, welches – Sie erraten es – wieder in die Quali tät der Speisen gesteckt wurde.

(Abg. Klaus Burger CDU: Backwaren!)

Ich glaube, es wird deutlich: Mehr Bio und Regio in der Au ßer-Haus-Verpflegung ist eine Win-win-win-Situation für Er zeuger, Verarbeiter und Verbraucher, sprich: Landwirtschaft, Gastronomie und Genussmenschen. Hier gibt es keine Verlie rer, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Bravo!)

Der Schlüssel für hochwertige ökologische Nahrungsmittel liegt in der nachhaltigen Landnutzung. Unbestritten ist die ökologische Landwirtschaft hier vorn mit dabei. Ökologisch erzeugte Produkte haben viele positive Auswirkungen: unbe

lastetes Trinkwasser, leckerer Geschmack – aber auch mehr Feldlerchen auf und mehr Regenwürmer in unseren Äckern; um nur einige zu nennen.

(Heiterkeit – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Dazu noch einmal eine kurze Erfolgsmeldung zum Thema „Ökologischer Landbau in Baden-Württemberg“: Mit einem Zuwachs von fast 20 % ist die ökologisch bewirtschaftete Flä che auf fast 200 000 ha angewachsen. Diese Koalition, mei ne Damen und Herren, macht den Ökolandbau zu einer Er folgsgeschichte in Baden-Württemberg, und das ist richtig so.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Laut den Bioverbänden – ich muss mich beeilen, sonst kom me ich nicht mehr durch – ist die Außer-Haus-Verpflegung der Markt mit dem größten Potenzial. Zudem gibt es nach Ver bändeeinschätzung ein Potenzial von annähernd 15 % umstel lungswilligen landwirtschaftlichen Betrieben, die bei siche ren Abnehmern, z. B. landeseigenen Kantinen, auf Öko um stellen würden. Lassen Sie uns diese Potenziale heben und die Erfolgsgeschichte weiterführen, meine Damen und Herren.

Zusammengefasst: Mehr Bio und Regional in der AußerHaus-Verpflegung ist ohne große Probleme möglich. Das Land sollte weiterhin mit gutem Beispiel vorangehen und die landeseigenen Kantinen und Mensen auf diesem nachhaltigen Weg begleiten und unterstützen.

Mit mehr Bio auf dem Acker und auf dem Teller tun wir viel Gutes: für unser Klima, für den Artenschutz und – davon bin ich überzeugt – auch für die Landwirtschaft in Baden-Würt temberg.

Jetzt ein letzter Appell.

Die Regenwürmer, nicht wahr?

(Heiterkeit)

Fragen Sie beim nächsten Es sen in der Kantine nach Bio aus Baden-Württemberg.

(Heiterkeit)

Jetzt ist es gut.

Denn Nachfrage schafft Ange bot.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei den Grünen und der CDU – Beifall der Abg. Dr. Rainer Balzer AfD und Nico Weinmann FDP/DVP – Bravo-Rufe von den Grünen und der CDU)

Lieber Herr Abg. Grath, bevor Sie zu den Regenwürmern kamen, wollte ich eigentlich „Guten Appetit!“ sagen.

(Heiterkeit)

Okay. – Jetzt, lieber Herr Kollege Epple, sprechen Sie für die CDU-Fraktion.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Zieht euch warm an!)

Frau Präsidentin, werte Kollegin nen und Kollegen! Ein solches Bengalo-Feuerwerk wie der Kollege Grath – mit Lob und allem Möglichen – bringe ich jetzt nicht; aber ich wusste ja, dass er das bringt. Das Minis terium lobe ich im Voraus; nicht, dass ich es vergesse.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD)

Meine Damen und Herren, Essen ist lebensnotwendig. Es treibt Körper und Geist an, hält Leib und Seele zusammen.

(Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Doch in der Arbeitswelt ist das Essen mehr als nur Nahrungs aufnahme. Die Mittagspause bietet den Mitarbeitern die Mög lichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Rainer Balzer AfD: Jawohl! Sehr richtig!)

Auch das ist Motivation. Darüber hinaus bietet die Essens pause die Möglichkeit, Kraft und Energie zu tanken. Deshalb ist es wichtig, dass die Menschen ausreichend Zeit und Mög lichkeit zum Essen haben.

Hier kommt dem Land als größtem Arbeitgeber besondere Be deutung und Verantwortung zu. Eigene Kantinen und Mensen sind ein wichtiger Mosaikstein für die Motivation der Mitar beiterinnen und Mitarbeiter und der in Obhut Stehenden. Au ßerdem sind Kantinen wichtig für ein gutes Betriebsklima. Dabei spielt nicht nur eine Rolle, wann und wie gegessen wird, sondern auch,

(Zuruf von der CDU: Wo?)

was auf den Tisch kommt.

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD)

Das Land muss hier mit gutem Beispiel vorangehen, denn in unseren Landeseinrichtungen haben wir es in der Hand, was auf den Tisch kommt.