Und letzten Endes haben unsere Schulen eine Kultusministe rin bekommen, die massive Eingriffe in die Pädagogik vor nimmt. Man könnte auch sagen, Kollege Röhm: Plattgemacht ohne jede Evaluation, ob es nun um das Thema Schreiben geht, ob es um den – sehr gut besprochenen – Versuch der „Schule ohne Noten“ geht.
Was haben die Schulen stattdessen bekommen? Papiertiger, und zwar am laufenden Band: Rechtschreibrahmen, Handrei chung Klassenführung, Demokratieleitfaden; den Qualitäts rahmen habe ich gerade angesprochen. Was haben sie jedoch nicht bekommen? Die notwendigen Ressourcen. Es wurden keinerlei Ressourcen bereitgestellt, um diese ganzen Refor men wirklich anzupacken.
Wenn heute nun auch das Thema Zentralabitur aufgerufen wurde, Kollege Rülke, so stimme ich Ihnen an dieser Stelle zu. Frau Ministerin Eisenmann stellt sich gern hin und vertei digt den Bildungspluralismus, etwa wenn es darum geht, dass Berlin uns Geld geben will, weil die Landesregierung das The ma Digitalisierung nicht auf die Reihe bekommt. Aber wer vorschlägt, doch ein Zentralabitur einzuführen, dem empfeh le ich einmal den Blick in die Geschichtsbücher. Die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes haben nämlich bewusst ge sagt: Der Bildungspluralismus ist heilig.
Wer die Prüfungsaufgaben kontrolliert, nimmt damit massi ven Einfluss auf die Aufgabenstellung und damit auch auf die Unterrichtsinhalte. Auch darüber müssen wir nachdenken. Da geht es nicht um Mathematik und Physik; aber ich kann nur eines sagen: Hände weg von Fächern wie Gemeinschaftskun de oder Geschichte! Stellen Sie sich einmal vor, wir hätten ei ne Bundeskanzlerin namens Sahra Wagenknecht – und dann 16 Jahre Kultuspolitik?
Das will ich nicht. Ich hätte auch nicht gern mit dem Zentral abitur während der 16 Jahre Helmut Kohl aufwachsen wol len. Das muss man an dieser Stelle auch einmal ernst nehmen.
Nein, was wir beim Thema „Pädagogische Konzepte“ brau chen, sind neue Innovationen im Bereich Digitalisierung. Sie kennen den SPD-Vorschlag mit dem „Lernenden Kollegi um 4.0“.
Hände weg auch von den Ganztagsschulstandards! Wir brau chen die Rhythmisierung; diese muss auch im politischen Tun verteidigt werden.
Und nun die zentrale Forderung an die Kultusministerin: Überlassen Sie die Pädagogik bitte denjenigen, die etwas da von verstehen, und hören Sie mit Ihrem Raubbau auf.
Ja, wir erleben in den Kollegien viel Druck und viel Arbeit. Und das Minimum, das sie dafür aus diesem Haus erwarten können, sind Anerkennung und Wertschätzung.
Aber auch hierzu muss ich leider sagen: Bekommen haben sie eine Kultusministerin, die Mundverbote bei Klassentreffen ausspricht,
die Order zum Erscheinen gibt, weil sie nämlich zu wenige freiwillige Anmeldungen für ihre Vor-Ort-Termine hat.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Sie können ein Kultusministeri um, Sie können 100 000 Beschäftigte nicht mit Kälte und Macht führen.
Sie müssen es mit Offenheit, Verständnis und Wertschätzung führen. Und wenn die Frau Ministerin wissen will, wie das geht, dann kann sie einfach bei ihrem Amtsvorgänger Andre as Stoch anrufen; die Schulen loben ihn heute noch dafür.
Letzte These: Schulen brauchen Ressourcen. Frau Ministerin Eisenmann, einmal – einmal! – haben Sie mir richtig gut ge fallen. Das war im Herbst 2016, als Sie Ihrer Kollegin Sitz mann in den Arm gegriffen haben, die bereits im Mai 2016 gegenüber dem „Mannheimer Morgen“ verkündet hat, auch der Bildungsetat müsse sparen. Damals haben Sie hier gesagt: „Mit mir gibt es das nicht. Dann gibt es keine IT, keine Ganz tagsschulen und keine Inklusion.“ Das wäre inhaltlich eine Katastrophe gewesen. Ich habe gedacht: Super, Widerstand!
Und dann erschien der Scheinriese. Sie kennen vielleicht die Figur von Michael Ende. Auf der Strecke sieht er ja wirklich gigantisch aus, aber je näher man kommt, desto kleiner wird er. Das „Näherkommen“ konnten wir als „Haushaltsberatun gen“ bezeichnen, denn am Ende ist dabei eine Lehrerstellen streichung massiver Art herausgekommen. Sie haben 1 074 Lehrerstellen gestrichen.
Am Wochenende haben Sie den Fehler eingestanden. Sie ha ben nämlich gesagt: „Wir brauchen 1 080 Lehrerstellen.“ Das haben wir Ihnen schon vor drei Jahren gesagt. Nur: Den Un terrichtsausfall, den Sie zu verantworten haben, auch und ins besondere in den Gymnasien, können Sie nicht wegreden.
(Beifall bei der SPD – Abg. Winfried Mack CDU: Warum habt ihr es dann in die mittelfristige Finanz planung reingeschrieben?)
Es war ein Fehler, und es ist Ihnen nicht gelungen, den Grü nen in die Arme zu greifen. Wenn Herr Fraktionsvorsitzender Schwarz hier die Zuwächse lobt, dann sagen Sie bitte auch dazu, dass ein Großteil der Zuwächse bei Ihnen auf Tarifstei gerungen und sonstige Rückstellungen, das Personal betref fend, zurückgehen.
Der Anteil des Bildungsetats am Gesamthaushalt ist von 22,8 % in der Zeit unserer Regierungsverantwortung auf jetzt 22,3 % unter Ihrer Verantwortung gesunken. Sie haben nicht mehr Geld, Sie haben relativ weniger Geld investiert.
Frau Ministerin, es geht das Gerücht um, Sie hätten sehr viel angemeldet. Das ist auch notwendig. Aber die Gerüchte sa gen auch: Wenn Sie davon bei den Grünen überhaupt die Hälf te durchbekämen, dann wäre das schon ein Erfolg. Und ich denke, das ist in der Tat sehr optimistisch.
Die Forderung der SPD lautet daher: Wir brauchen eine Lang zeitplanung, auch mit noch größeren Kapazitäten in der Leh rerausbildung. Wir brauchen keine Kürzung bei Kindern, Ju gend und Bildung. Im Gegenteil: Mehr Ressourcen müssen auch relativ hereinkommen, und vor allem müssen wir den Grünen-Raubbau endlich stoppen.
Das sind unsere Forderungen, auch Ihnen gegenüber, Frau Mi nisterin. Nicht nur von hohen Weihen träumen! Ein Kultus ministerium ist kein Halbtagsjob, den man als Spitzenkandi datin nebenbei machen kann. Hören Sie auf, die Schuld im mer auf andere zu schieben, und machen Sie endlich Ihren Job.