Protokoll der Sitzung vom 25.09.2024

Daten über den Umfang des fachfremd erteilten Unter richts und des fachspezifischen Unterrichtsausfalls liegen dem Kultusministerium nicht vor.

Aha!

Es besteht – unabhängig vom allgemeinen Mangel an Lehrkräften – ein Mangel an Lehrkräften im MINT-Be reich auch an Gymnasien und beruflichen Schulen.

Eine bahnbrechende Erkenntnis. – Nein, Bildung kann diese Landesregierung nicht, dafür aber Arroganz, und dies in Per fektion. Das sieht man hier. Davon können weder Schüler noch Lehrer profitieren.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Bevor wir die Debatte fort setzen, zwei Hinweise von mir:

Herr Abgeordneter, Sie haben die Landtagsverwaltung ange sprochen.

(Abg. Dr. Rainer Balzer AfD: Ja!)

Über die Beratungsgegenstände hier beschließt das Präsidium, in dem alle Fraktionen vertreten sind. Wenn hier manchmal Anträge vorliegen mit Daten, die schon eine ganze Zeit hinter sich haben, liegt das einfach auch daran, dass sehr viele Anträge und Anfragen gestellt werden.

(Zuruf: Auch unsinnige!)

Insoweit ist das immer ein Stück weit auch Ausdruck dafür, dass hier ein Haus mit intensiv arbeitenden Abgeordneten auf ein Haus mit intensiv arbeitenden Mitarbeitern trifft. Das ist vielleicht gar kein schlechtes Zeichen für den Parlamentaris mus.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Dr. Rainer Balzer AfD: Danke für die Information!)

Der zweite Hinweis: Es kommt jetzt gleich wieder eine Ab geordnete, die ihre erste Rede in unserem Plenum hält. Weil der letzte solche Fall schon ein bisschen her ist, erinnere ich an den Comment, dass Sie, wenn Sie sich über etwas freuen, gern applaudieren dürfen. Wenn Sie aber Zwischenrufe oder

Zwischenbemerkungen machen wollen, sollten Sie das dieses Mal nicht tun.

Damit erteile ich das Wort für ihre erste Rede hier im Haus der Kollegin der Grünen, Dr. Marilena Geugjes.

Sehr geehrter Herr Prä sident, werte Kolleginnen und Kollegen! Das neue Schuljahr hat vor Kurzem begonnen, und wir freuen uns über 15 000 neue Schülerinnen und Schüler an den Schulen in unserem Land. Neue Schülerinnen und Schüler benötigen Lehrkräfte. Wir sind dank der konstant hohen Zahl an Einstellungen von Lehrkräften in der guten Position, die Lehrkräfteversorgung in Baden-Württemberg zu sichern.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Um dies zahlentechnisch einmal einzuordnen: Zum Stichtag 27. August konnten wir für das Schuljahr 2024/2025 4 405 von 4 655 offenen Stellen besetzen. Somit erreichen wir in fast allen Bereichen einen guten Versorgungsgrad. Dieser Er folg basiert auf der wichtigen bildungspolitischen Arbeit die ser Koalition. Der starke Ausbau von Lehramtsstudienplätzen, der Direkteinstieg aus der Wirtschaft in die beruflichen Schu len und das gesamte Maßnahmenpaket gegen den Lehrerman gel sind Beispiele für wirkmächtige bildungspolitische Maß nahmen.

Dessen ungeachtet gibt es einen Bereich, der tendenziell an gespannter ist, und das ist der MINT-Bereich. Diese Heraus forderung erkennen wir selbstverständlich an, und wir stellen uns ihr. Ganz konkret bemühen wir uns hier umso mehr um den Direkteinstieg von Lehrkräften. Dieser Direkteinstieg ist ein kontinuierlicher Erfolg, wodurch auch in diesem Jahr noch einmal ein Plus von 33 % verzeichnet werden konnte – die Zahl der Lehrkräfte stieg von 300 auf 400. Diesen Direktein stieg haben wir sukzessive für alle Schularten geöffnet, und wir nutzen die Möglichkeit hier explizit auch für den MINTBereich.

Jetzt fordert die AfD einen Strauß von nicht sonderlich hilf reichen Maßnahmen und vergisst dabei, über ein ganz zentra les Thema im MINT-Bereich zu sprechen. Lassen Sie uns über Gleichstellung sprechen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Jonas Weber SPD)

Frauen sind im MINT-Bereich stark unterrepräsentiert. Des halb setzen wir uns bereits seit 2010 auf Landesebene mit „Frauen in MINT-Berufen“ für mehr Frauen im MINT-Be reich ein. Und die Zahl der erwerbstätigen Frauen in MINTBerufen ist im Zeitraum von 2012 bis 2022 um knapp 50 % gestiegen.

Wenn wir nämlich über den Tellerrand hinausschauen, stellen wir fest, dass diese Unterrepräsentation von Frauen in MINTBerufen gar nicht sein müsste. Außerhalb von Deutschland ist das Bild nämlich sehr viel diverser, und Frauen sind dort we sentlich stärker vertreten.

Wenn wir dies erreichen wollen, ist das patriarchale Frauen bild der AfD selbstverständlich Gift. Wer weiter „Frauen an den Herd“ fordert, wird die Herausforderungen unserer Zeit nie lösen können. Und wer Frauen hinter dem Herd versteckt,

kann auch ihr Arbeitnehmerinnenpotenzial nicht heben, auch nicht im MINT-Bereich.

(Beifall bei den Grünen)

Aber lassen Sie mich gern zurück zur Sache kommen. Wir ar beiten daran – auch mit innovativen Ansätzen –, neue Ziel gruppen für das Lehramt zu erschließen. Ein Beispiel dafür ist der Modellversuch des dualen Lehramtsstudiums, den wir gerade an drei Standorten mit 60 Studienplätzen in lehramts bezogenen Masterstudiengängen starten.

Mit diesem Versuch wollen wir Theorie und Praxis besser ver zahnen, indem wir den Masterstudiengang mit dem Referen dariat verschränken. Dadurch wird die Ausbildungszeit ver kürzt, und vor allem schaffen wir eine finanzielle Vergütung bereits während des Studiums. Diese Verschränkung ermög licht die Bezahlung und wird die Option für viele Studieren de sicherlich noch attraktiver machen.

Außerdem legen wir auch mit diesem Modellversuch einen expliziten Fokus auf den MINT-Bereich. Denn diese Studien gänge richten sich an die Fächer Informatik, Physik, Mathe matik und Elektrotechnik. Zielgruppe sind Studierende mit ei nem Bachelorabschluss im MINT-Bereich.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Die Unterrichtsversorgung in Baden-Württemberg ist gut, wir arbeiten mit innovativen Ansätzen daran, die Lücke im MINT-Bereich zu schließen. Und diese Investition in den Bildungsbereich wird den Lehr kräften von heute und morgen gerecht, sichert damit die Bil dung der Kinder in unserem Land und unsere Zukunft.

Den AfD-Antrag lehnen wir ab.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Abg. Dr. Marilena Geugjes. – Es folgt Herr Abg. Andreas Sturm für die CDU-Fraktion.

(Abg. Christian Gehring CDU: Guter Mann! – Zuruf von der CDU: Bravo! – Abg. Daniel Lindenschmid AfD zur CDU: Wo ist die CDU-Fraktion? – Gegen ruf der Abg. Christine Neumann-Martin CDU: Hier!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Unterrichtsver sorgung ist eine der größten Herausforderungen der Bildungs politik.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Ha! Das ist ja inte ressant!)

Auch der Mangel an MINT-Lehrkräften stellt besondere An sprüche an uns. Das ist ein bundesweites Problem, wie man sieht. Maßnahmen wie der Direkteinstieg, Anerkennung, das duale Lehramtsstudium, das die Frau Kollegin gerade genannt hat, aber auch die Ein-Fach-Lehrkräfte sind hier Maßnahmen. Wir müssen dennoch weitere Impulse setzen.

Dabei müssen wir aber das Rad nicht neu erfinden. Es gibt Räder in Baden-Württemberg, die bereits gut rollen; wir müs

sen sie nur bekannt machen. Damit meine ich eine Ausbildung für Lehrkräfte, die auch zu unterschiedlichen Lebensentwür fen passt. Es genügt nicht, wenn wir nur Menschen im Blick haben, die um die 20 Jahre alt sind und jetzt ein Studium be ginnen möchten. Wir müssen auch die Menschen in den Blick nehmen, die bereits eine Ausbildung hinter sich haben, die vielleicht Ende 20, Anfang, Mitte, Ende 30 sind und bereits eine Familie haben.

Ich spreche von den pädagogischen Fachseminaren zur Fach lehrerausbildung in Karlsruhe, in Kirchheim/Teck oder in Schwäbisch Gmünd. In drei Jahren gibt es hier eine Vollaus bildung zur Fachlehrkraft im künstlerisch-musisch-techni schen Bereich. Direkt zu Beginn finden Kurse in den Fachse minaren und begleiteter Unterricht in der Schule statt. Die Voraussetzungen sind ein mindestens mittlerer Bildungsab schluss, eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine ein jährige Berufspraxis.

Viele engagierte Lehrkräfte, beispielsweise im Fach Technik, wurden hier ausgebildet. Die Fachlehrerseminare sind eine große Säule unserer Lehrkräfteversorgung. Eine Fachlehrer ausbildung in Informatik wäre hier zu prüfen; denn es gibt zahlreiche ausgebildete Informatiker, die nicht noch mal ein ganzes Studium absolvieren möchten, weil sie bereits gut aus gebildet sind, die auch eine Familie haben und das nicht kön nen, die aber in den Fachlehrerseminaren didaktische, metho dische und pädagogische Inhalte in drei Jahren vermittelt be kommen können.

Die Fachlehrerausbildung ist also, wie gesagt, ein wertvolles Instrument; Teile der Lösung haben wir also. Neben den be reits genannten sollten wir auch diese weiter fortentwickeln und bekannter machen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Es folgt für die SPD-Frakti on Herr Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei.

Vielen Dank. – Herr Präsi dent, Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist richtig, das Thema Lehrkräftemangel im Bereich MINT beschäftigt uns in Ba den-Württemberg – ebenso wie andere Bundesländer – schon sehr lange. Dabei geht es nicht um ein „Nice to have“, son dern mit Blick auf den Fachkräftemangel, die Start-up-Szene, neue Technologien wie Wasserstoff etc. um zentrale Kompe tenzfelder. Kurz: Wir brauchen hier Lehrkräfte, weil wir in Baden-Württemberg, zumal als Wirtschaftsstandort, ganz vie le Erfinderinnen und Erfinder sowie Fachkräfte brauchen.

Ich möchte heute aber einmal einen anderen Schwerpunkt set zen. Denn der Wettbewerb besteht ja nicht nur zwischen den Bundesländern. Vielmehr ist er auch insbesondere mit der Wirtschaft als Arbeitgeber sehr groß. Aber wie steht es denn um die Attraktivität des Arbeitgebers Land Baden-Württem berg? Während Unternehmen mit attraktiver Bezahlung lo cken, schmeißt Baden-Württemberg frisch ausgebildete Re ferendarinnen und Referendare über die Sommerferien raus. Das ist völlig kontraproduktiv.

(Beifall bei der SPD)

Ja, wir haben dank der Bundesregierung im Bereich der digi talen Ausstattung an unseren Schulen viele Fortschritte ge macht. Das Land selbst hat lange Zeit viel zu wenig investiert, zweimal eine Bildungsplattform mit hohen Kosten an die Wand gefahren und bis heute das Thema IT-Administration an unseren Schulen nicht zufriedenstellend gelöst. Auch das ist nicht attraktiv.