Protokoll der Sitzung vom 25.09.2024

Mich würde interessieren, auch von Herrn Stoch in der zwei ten Runde: Was haben Sie denn bisher getan, um den Bundes kanzler hier in die Pflicht zu nehmen?

(Beifall bei der CDU – Abg. Thomas Dörflinger CDU: Sehr gut! – Abg. Christian Gehring CDU: Sehr gut ge sagt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es stellt sich jetzt natürlich auch die Frage: Warum werden jetzt überhaupt Rückzahlun gen gefordert? Das kann ich Ihnen auch kurz und knapp be antworten.

(Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Weil es hand werklich schlecht gemacht war!)

Nein, lieber Professor Schweickert, nicht, weil es handwerk lich schlecht gemacht war, sondern weil die Ampelregierung, an der Ihre Partei beteiligt ist, mit Nachdruck darauf pocht, dies so umzusetzen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf: Genau!)

Es ist die SPD-geführte Bundesregierung, der die FDP mit an gehört, die mit Nachdruck herangegangen ist und eingefor dert hat, dass diese Rückmeldeverfahren durchgeführt werden müssen. Es kann nicht sein, dass Sie sich jetzt hier hinstellen und davon nichts wissen wollen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Warten Sie mal ab!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aufgrund des ganzen Ver fahrens wurden Rückzahlungsbescheide erlassen. Diese sind jetzt nun mal im Raum. Jetzt müssen wir schauen, wie wir da mit umgehen. Es sind rund tausend Klagen aufgelaufen. Es gibt erste Urteile. Im Juli hat das Verwaltungsgericht Freiburg in fünf Fällen geurteilt und dem stattgegeben, was die Kläge rinnen und Kläger wollten. In der letzten Woche hat das Ge richt in Stuttgart in zwei Fällen entschieden. Das müssen wir jetzt genau analysieren – dafür ist es auch wichtig, genau hin zuschauen –, aber dafür brauchen wir zunächst die schriftli che Urteilsbegründung. Auf diese warten wir jetzt. Die schau en wir uns dann ganz genau an, und dann müssen wir schau en, wie wir aufgrund dessen das weitere Vorgehen abstimmen. Ich meine, dass es ein normales Vorgehen ist, sich in einem solchen Fall gezielt die Urteile erst einmal durchzulesen, so bald sie schriftlich vorliegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen)

Der Titel der Aktuellen Debatte lautet: „... Jetzt Handel, Hand werk und Gastronomie entlasten!“ Wie machen wir das? Für uns, die CDU-Landtagsfraktion, ist die Botschaft klar, liebe SPD: 7 % Mehrwertsteuer jetzt und dauerhaft!

(Beifall bei der CDU – Abg. Christian Gehring CDU: Sehr gut! – Abg. Anton Baron AfD: Ah ja! – Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Wo ist die Bundesrats initiative? Wo ist sie?)

Auch das ist ein Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz und von – lieber Professor Schweickert – Bundesfinanzminis

ter Christian Lindner, das bis heute nicht eingelöst wurde. Das finde ich sehr traurig.

(Beifall bei der CDU – Abg. Christian Gehring CDU: Sehr gut! – Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Ich auch!)

Wie wollen wir dem Handwerk jetzt helfen? Es ist gerade schon angeklungen – auch bei Herrn Stoch –: Wir brauchen eine bürokratische Entlastung für das Handwerk. Wie wollen wir die erzielen? Indem wir dafür sorgen, dass Bürokratie ent fällt. Erst in der letzten Woche haben wir im Wirtschaftsaus schuss darüber diskutiert. Die SPD fordert seit Jahren, und jetzt wieder mit Nachdruck, dass wir das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz weiter verschärfen, weitere Bürokra tie einführen. Das kann doch wohl nicht wahr sein!

(Abg. Dr. Dorothea Kliche-Behnke SPD: Tariftreue steht in Ihrem Koalitionsvertrag!)

Genau das Gegenteil brauchen wir, und dafür setzen wir uns hier ein.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Christian Gehring CDU: Bravo! Sehr gut! Guter Mann!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die bundespolitischen Rah menbedingungen sind grottenschlecht. Es ist echt traurig, was dort abgeht. Das belastet unser Land ganz arg. Im Wirtschafts ausschuss thematisieren wir mittlerweile in jeder Sitzung, wie die Wirtschaft in unserem Land, wie alles zusammenbricht. Wer trägt hierfür die Verantwortung? Die Kanzlerpartei, die SPD. Und was machen Sie? Sagen Sie doch mal, was Sie hier machen, um irgendetwas in Bewegung zu setzen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Sebastian Cuny SPD: Und wer trägt hier die Verantwortung? – Abg. Dr. Do rothea Kliche-Behnke SPD: Was machen Sie? – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Wir sind hier in Baden- Württemberg!)

Viele Unternehmen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ha ben die Pandemie gut überstanden, weil wir auch vieles rich tig gemacht haben. Wir haben in einer Situation, die nicht leicht war, vieles sehr schnell in Bewegung gesetzt. Innerhalb von vier Tagen ist Baden-Württemberg vorausgegangen und hat es geschafft, mit Unterstützung des Hohen Hauses eine Soforthilfe zu installieren, und zwar noch vor dem Bund. Das ist natürlich eine herausragende Leistung. Hierfür danke ich nochmals der Landesregierung und insbesondere der Wirt schaftsministerin, liebe Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, herz lich.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Felix Herkens GRÜNE)

Wir haben schnell und unbürokratisch geholfen. Das ist uns auch sehr gut gelungen. Rund 245 000 Unternehmen und So loselbstständige haben bis zu 2,2 Milliarden € erhalten. Das muss jetzt – das habe ich gerade schon geschildert – alles ab gewickelt werden, weil der Bund hier maßgeblichen Druck auf uns ausübt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe sehr, dass wir jetzt in der Debatte einiges auf die Kette bekommen, dass

wir es auch in Richtung Bundesregierung hinbekommen, dass dort auf diese Rückforderungen verzichtet wird. Das wäre ein großer Beitrag, lieber Herr Professor Schweickert. Ich freue mich deswegen auf Ihre Rede. Vielleicht können Sie uns da weiterhelfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Christian Gehring CDU: Sehr gut!)

In der Tat erteile ich jetzt Herrn Abg. Professor Dr. Schweickert das Wort. Bit te sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Der Redner hält ein Überraschungsei hoch.)

Ich esse es nicht. Ich habe ein Überraschungsei mitgebracht. Das ist für die SPD, sinnbildlich für diese Aktuelle Debatte. Denn alles, was Herr Stoch gesagt hat, ist richtig. Jeden ein zelnen Satz kann ich unterschreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich gehe auch gleich auf die einzelnen Punkte der Regierung ein. Ich muss aber schon sagen: Liebe SPD, Sie haben es ge schafft, mich zu challengen, und zwar mit dem Titel. Der Ti tel heißt ja nicht: „Pleiten, Pech und Pannen mal wieder die ser Regierung“, sondern er lautet: „Erneute Corona-Pleite vor Gericht: Jetzt Handel, Handwerk und Gastronomie entlasten!“

Die Aktuelle Debatte hat zwei Teile. Einmal geht es um die Urteile und dann darum, wie wir Handel, Handwerk und Gas tronomie entlasten können. Das hat ursprünglich mal nichts miteinander zu tun. Das eine ist punktuell: Wie gehen wir mit den Rückforderungen um? Das andere ist: Welche Rahmen bedingungen schaffen wir?

(Zuruf des Abg. Jonas Weber SPD)

Deswegen hoffe ich, dass mir Kollege Stoch in der zweiten Runde bei dem, was noch an Entlastungsvorschlägen von der SPD kommt – das weiß ich bis jetzt noch nicht –, weiterhilft.

Jetzt aber an die Regierung und zu den Urteilen; das ist auch der aktuelle Bezug. Ich denke, die Rede des Kollegen Her kens hat sehr schön das Problem und die Nichteinsichtigkeit dieser Landesregierung gezeigt. Denn er hat gesagt: „Wenn es ungerechtfertigt war, dann muss man halt zurückzahlen.“ Da bin ich sogar bei ihm. Aber, Herr Herkens, Baden-Würt temberg – diese Landesregierung, diese Ministerin, dieses Mi nisterium – hat als einziges Bundesland ein Modell gewählt, bei dem der Fleißige der Dumme war. Denn die Unternehmen, die nicht am ersten Tag des Lockdowns gesagt haben: „Ich mache zu, ich bin geschlossen“ – somit Liquiditätsengpass ab dem ersten Tag –, die eineinhalb Monate lang versucht haben, Urlaub abzubauen, etwas zu machen, was sie noch nie ge macht haben, die nach eineinhalb Monaten dann festgestellt haben, dass es nicht mehr geht, wurden bestraft. Der Fleißige war der Dumme, weil er nachher bei der Berechnung theore tisch den Liquiditätsengpass nicht hatte. Er war aber da. Die Unternehmen gehen jetzt pleite, auch wenn sie damals nicht pleitegegangen sind, Herr Herkens.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der SPD und der AfD)

Die Beispiele habe ich Ihnen hier genannt. Diese Unterneh men sind heute tatsächlich pleite. Sie brauchen doch nur mal die „Tagesschau“ anzuschauen. Letzte Woche, aus einem Be reich – – Sie wissen, was ich vor meiner Zeit hier im Landtag gemacht habe?

(Abg. Petra Krebs GRÜNE: Nein!)

Nicht? Ich war Professor u. a. für BWL und VWL an der Uni. Die damaligen Geschäftsführer der Unternehmen schrei ben mich an und sagen: „Wir haben damals alles gemacht, was man uns gesagt hat, nämlich als Unternehmer Risiko zu tragen. Jetzt werden wir vom Staat bestraft.“ Warum? Weil Sie, Frau Ministerin, bei Ihren Soforthilfen Formulierungen gewählt haben, die einfach unbestimmt waren. Sie haben die Formulierung gewählt: „coronabedingte Umsatzrückgänge“. Es ist Ihre L-Bank, die heute bei den nicht trivialen Fällen die ganze Zeit nachfragt. Es ist Ihre L-Bank, die die Unterneh men in Unsicherheit bringt. Man hat zuerst die einfachen Fäl le abgearbeitet. Das hätte ich auch so gemacht. „Low hanging fruits“ – das ist doch immer die Formulierung der Regierung. Da hat man die „low hanging fruits“ genommen, die Gastro nomie war geschlossen – einfach, ja, passt.

Was ist aber mit den Unternehmen, denen der Absatzmarkt weggebrochen ist, weil er indirekt war? Das fliegt Ihnen jetzt bei den Gerichten um die Ohren.

Frau Ministerin, Sie machen das jedes Mal – so auch bei der Expo. Da bekommen Sie eine Klatsche, dass es kracht, dann heißt es: „Wir müssen erst einmal das schriftliche Urteil ab warten.“ Sie kennen die Punkte doch ganz genau. Die Unbe stimmtheit hat Ihnen das Gericht in Freiburg schon genannt. Wenn Sie Zweckentfremdung anführen, geht das gar nicht, wenn der Zweck vorher nicht definiert war. Also sagen Sie hier nachher, was bei den 10 000 offenen Fällen ein „corona bedingter Umsatzrückgang“ ist und wie Ihr Haus diesen defi niert.

Da geht es nicht um den Bund. Beim Bund gilt – da bin ich dabei –: Ungerechtfertigte Hilfen müssen zurückgezahlt wer den. Aber für die Fehler, die hier gemacht wurden, die zum Nachteil der baden-württembergischen Wirtschaft sind, ist nicht der Bund verantwortlich, sondern das sind die Regelun gen, die hier im Land gemacht wurden. Stellen Sie das bitte klar.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD)

Frau Ministerin, was ich Ihnen abnehme – das nehme ich auch dem Kollegen Hailfinger ab –, ist, dass Sie sich Sorgen um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland ma chen. Das nehme ich Ihnen ab, und das nimmt Ihnen auch die Wirtschaft ab. Aber bei einem – das ist das, was ich Ihnen hochgradig ankreide – übernehmen Sie keine Verantwortung: Sie haben mit diesen Hilfen ins Schaufenster gestellt: „nicht zurückzahlbar“. Das hat der Kollege Stoch sehr gut ausge führt. Aber jetzt stellt sich heraus – wie bei einem Haustürge schäft, wo irgendetwas ins Schaufenster gestellt wird, was nachher gar nicht der Fall ist –: Ihr müsst jetzt das Zeug zu rückzahlen.

Frau Ministerin, damit wurde in Baden-Württemberg Vertrau en der Wirtschaft in die Politik und auch in diese Landesre gierung verspielt. Das kreide ich Ihnen an. Auch das ist ein Grund, warum es im Moment in der Wirtschaft so aussieht, wie es aussieht: Die Menschen, die Unternehmerinnen und Unternehmer haben das Vertrauen in die Politik verloren. In schweren Zeiten haben nicht sie selbst ihr Geschäftsmodell kaputt gemacht, sondern die Politik hat ihnen ihr Geschäfts modell kaputt gemacht. Denn nachdem gesagt wurde: „Wir kümmern uns um euch“, wurde mitgeteilt, dass es ein Kredit ist, und dieser Kredit ist sehr teuer.

Oder erzählen Sie einmal – das hätte ich zumindest vom Kol legen Herkens erwartet –: Was sagen Sie denn dem Friseur meister, der nicht schneiden durfte und der sich die Mittel gar nicht leisten kann, um gegen diesen Rückforderungsbescheid vorzugehen? Was sagen Sie dem kleinen Friseurmeister, wenn das Gericht sagt – das macht es ja gerade –: „Die Rückforde rungen waren nicht rechtens“?

(Abg. Gabriele Rolland SPD: „Wir warten auf die Be gründung“!)