Protokoll der Sitzung vom 07.12.2021

Ich möchte behaupten, das war ein richtiger Schritt. Was wir gemacht haben, war, auf mobile Impfteams zu setzen,

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

auf kleinere Impfzentren zu setzen, die viel beweglicher sind, darauf zu setzen, dass die Kommunen dort, wo es angesagt ist, selbst solche Impfzentren aus dem Boden stampfen – was sie jetzt auch machen. Es war richtig, dass die Ärzteschaft die gesamte Regelversorgung übernehmen musste.

Kollege Hagel hat in der vorletzten Debatte gesagt, dass in ei nem zu großen Teil der Praxen gar keine Impfungen vorge nommen wurden. Gott sei Dank ist das alles nun nicht mehr so. Wir haben auch die Vergütung erhöht, damit die Praxen nicht in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Heute haben wir eine ganz andere Situation. Überall fahren Ärzte und Be triebsärzte das Impfen hoch, und es ist eine unglaublich tolle Bereitschaft da, dies zu machen, sodass wir einen enormen Hochlauf bei den Impfungen haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Deswegen ist das, glaube ich, richtig.

Ich kann zum Schluss nur noch mal dazu aufrufen, dass sich mehr Menschen impfen lassen müssen. Man muss sehen – das ist ganz einfach –: Wenn wir durch Appelle oder durch die

2G-Regeln zu so hohen Impfquoten kommen, wie wir sie an sonsten nur durch eine Impfpflicht erwarten können, dann werden wir uns das noch mal überlegen. Alles andere stünde rechtlich auch auf sehr tönernen Füßen. Wir können eine Impfpflicht nur dann vorsehen, wenn mildere Mittel dasselbe Ziel nicht erreichen. Das sehe ich erst mal nicht, Kollege Rül ke. Aber dafür sind wir immer offen; das ist klar.

Insofern noch mal der dringende Appell an alle: Lassen Sie sich impfen! Das hat in der Regel nur verkraftbare Nebenwir kungen. Der Anteil der Fälle mit schweren Nebenwirkungen ist minimalst bei Milliarden von geimpften Personen. Dage gen sind die Beschwernisse – der Kollege Hagel hat es noch einmal drastisch geschildert –, die man durch eine Covid-Er krankung haben kann, in völlig anderen Größenordnungen und wirklich ein Drama für die Betroffenen und ihre Angehö rigen. Deswegen noch mal der Appell an alle, die Skepsis und Bedenken haben: Schauen Sie sich die Sachen und die Fak ten noch mal genau an. Dann werden Sie sehen, dass es ein Segen ist, dass wir solche Impfstoffe haben.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Wir dürfen der Wissenschaft, aber auch den Betrieben dank bar sein, dass es ihnen gelungen ist, gegen solch ein neues, gefährliches Virus so markante und wirklich wirksame Stof fe zu entwickeln, wie wir sie, seit wir impfen, noch gar nie hatten. Es ist also eine riesige Chance. Ich kann nur noch mal an alle Bürgerinnen und Bürger appellieren: Haben Sie Ver trauen in die Wissenschaft! Haben Sie Vertrauen in die Ärz teschaft! Lassen Sie sich impfen!

(Anhaltender Beifall bei den Grünen und Abgeord neten der CDU)

Unsere Geschäftsordnung sieht nach § 82 Absatz 4 vor, dass es nach der Rede des Herrn Ministerpräsidenten eine Runde der Fraktionsvorsitzenden gibt.

Zunächst erteile ich das Wort für die SPD-Fraktion Herrn Fraktionsvorsitzenden Andreas Stoch.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einer Bemerkung einsteigen, die der Ministerpräsident zu Beginn der zweiten Runde ge macht hat, mit der er zu erklären versucht hat, dass Verord nungen manchmal mit heißer Nadel gestrickt werden müssen, weil man unter erheblichem Zeitdruck steht, nämlich die Aus sage: „In einer aufsteigenden Welle zählt jeder Tag.“ Herr Mi nisterpräsident, ich denke, da haben Sie recht.

Aber jetzt machen wir mal einen kleinen Faktencheck, ob Sie dem Anspruch, den Sie damit formuliert haben, in den letzten Wochen auch gerecht geworden sind. Da würde ich mir nicht nur anschauen, wie lange es braucht, um Verordnungen zu er stellen und dann zu veröffentlichen, sondern da würde ich mir auch mal anschauen, wie das Verhältnis zwischen dem ist, was Sie hier im Land auf der Basis von Recht und Gesetz tun kön nen und konnten, und dem, was auf Bundesebene passiert ist.

Sie haben gerade gegen Ende Ihrer Rede gesagt, es sei ja ganz einfach, im Nachhinein irgendwelche Dinge besser zu wissen. Jetzt schauen wir mal zurück. Ich glaube, wir brauchen nicht

so lange zurückzugehen. Gehen wir mal bis Mitte, Ende Ok tober zurück. Bereits in dem Zeitraum war eine aufsteigende Welle zu beobachten, was die Inzidenzen, was die Hospitali sierungszahlen angeht. Ich erinnere daran – weil Sie sagen: „Das habe ich von niemandem gehört“ –, dass zu diesem Zeit punkt z. B. wir davor gewarnt haben, Masken im Unterricht wegzulassen. Wir haben damals gesagt: Es ist zu gefährlich, vor allem, wenn wir uns die Entwicklung im vergangenen Jahr anschauen. Wir wissen, dass die Kommunen und Landkreise bereits zu diesem Zeitpunkt, im Oktober, begonnen hatten, ih re Impfkapazitäten wieder hochzufahren, weil die Signale „steigende Inzidenzen, steigende Hospitalisierung“ auch bei den Menschen angekommen sind, die Impfungen brauchen. Die Nachfrage nach Impfungen ist bereits damals gestiegen. Warum hat also die Landesregierung – übrigens auf der Ba sis des bis dahin noch geltenden Infektionsschutzgesetzes – nicht schon viel früher Maßnahmen ergriffen?

Wir haben auf Bundesebene eine Debatte über die Aufhebung der pandemischen Lage nationaler Tragweite. Ich sage: Das ist eine schwierige Debatte – aber nicht wegen des Inhalts,

(Zuruf: Wegen der FDP!)

denn die Frage der Aufhebung dieses Regelungskorsetts hieß nur, Verantwortung wieder stärker an die Parlamente zurück zuübertragen. Das ist der Kern dieser Aktion.

Übrigens – nur, damit die CDU nicht übermütig wird –: Der erste Anstoß in diese Richtung

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Spahn!)

kam vom damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

(Beifall bei der SPD)

Wir hatten aber auch für das Land noch den von Ihnen so oft genannten vollen Instrumentenkasten oder das Tafelsilber, wie Sie es so schön nennen.

(Abg. Manuel Hagel CDU: Gut aufgepasst!)

Bis Mitte November hatten wir das vollständige Arsenal. Die Übergangsfrist, nachdem der Bundestag beschlossen hat, die se pandemische Lage aufzuheben, lief bis zum 24. November, was übrigens dazu geführt hat, dass andere Bundesländer, z. B. die Ministerpräsidentin Manuela Schwesig in Mecklen burg-Vorpommern, schon damals dort auf der Basis der noch geltenden Regelung eine 2G-Plus-Regel eingeführt haben.

Stimmt also der Eindruck, den Sie hier zu vermitteln versu chen, Herr Ministerpräsident, dass Sie ja gar nicht handeln konnten? Er stimmt dezidiert nicht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜ NE)

Jetzt kommen wir zurück auf die Ereignisse von letzter Wo che, nämlich die Gespräche, die am Dienstag vergangener Wo che geführt wurden, und die Beschlüsse, die am letzten Don nerstag von den Ministerpräsidenten gefasst wurden. Ich darf hier an dieser Stelle noch mal ganz deutlich machen, dass ei ne Ministerpräsidentenkonferenz nicht in der Lage ist, Recht zu setzen. Das heißt, Ihre Aussage oder der Eindruck, den Sie

hier zu vermitteln versuchen, dass Sie erst nach den Beschlüs sen der Ministerpräsidentenkonferenz überhaupt handeln konn ten, ist rechtlich falsch.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Grundfalsch!)

Basis für die Entscheidungen, die Sie getroffen haben, sind die Grundlagen, die der Bundestag im Infektionsschutzgesetz des Bundes angelegt hat. Das, was eine Ministerpräsidenten konferenz von Anfang an getan hat, war, eine Abstimmung zwischen den Ländern auf der Basis der geltenden Rechts grundlagen herbeizuführen.

Herr Ministerpräsident, wenn Sie den Eindruck erwecken, Sie hätten erst am Donnerstag handeln können, ist auch dieses falsch.

(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP)

Deshalb fällt Ihr argumentatives Kartenhaus – mit Verlaub – zusammen. Denn so zu tun, als ob Sie erst am Freitag mit hei ßer Nadel irgendetwas hätten stricken können – – Das stimmt nicht. Sie hätten schon viel früher auf der Basis des bis dahin geltenden Infektionsschutzgesetzes des Bundes handeln kön nen, und diese Maßnahmen wären erst zum 15. Dezember – das ist nämlich das Ende der Übergangsfrist – ausgelaufen. Es gelingt Ihnen einfach nicht, Herr Ministerpräsident, die Ver antwortung von sich wegzuschieben und irgendwo anders hin, auf den Bund oder auf irgendjemand anderen, zu schieben. Sie allein tragen die Verantwortung dafür, was in diesem Land von Ihrer Regierung auf der Basis des geltenden Rechts ge macht wird, und Sie haben zu spät gehandelt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Jetzt kommen wir zu dem Thema, das Sie hier gerade ausge führt haben, Sie hätten keine Kritik in der Sache gehört. Sie haben im ersten Teil Ihrer Regierungsinformation die Aussa ge getroffen: „Wir haben besonders hohe Inzidenzen im Ver gleich zu anderen Bundesländern, also müssen wir auch här tere Maßnahmen ergreifen.“ Das ist plausibel, wenn man dann auch sagt: Dann machen wir eine 2G-Plus-Regelung. Die heißt ja nichts anderes, als dass Geimpfte und Genesene zu sätzlich einen Test vorlegen müssen, weil – das ist nun mal die aktuelle Erkenntnis – auch Geimpfte oder Genesene Trä ger und damit Überträger des Virus sein können. Wir können damit möglicherweise ein noch höheres Maß an Sicherheit ge winnen.

Nur war alles das, was seit Freitagmittag passiert ist, offen sichtlich nicht geleitet von tieferer Einsicht oder von Wissen schaftlichkeit, sondern offensichtlich von politischen oder sonstigen Erwägungen, die irgendjemand in der Regierung oder gar nur eine CDU-Fraktion auf der Strecke hatte.

(Abg. Manuel Hagel CDU: Was heißt denn da „nur“? Ein bisschen mehr Respekt vor Fraktionen!)

Das Wort müssen Sie jetzt hinnehmen, Herr Kollege Hagel.

Herr Fraktionsvorsitzender Stoch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Schütte von der CDU-Fraktion?

(Zuruf: „Jawohl“!)

Nein, Herr Präsident, ich möchte bitte meinen Gedanken ausführen, damit Herr Schütte seine Frage auch gar nicht stellen muss. Denn er bekommt wahr scheinlich schon die Antwort.

(Zuruf des Abg. Manuel Hagel CDU)

Wunderbar.

Wir haben seit Freitagmittag – al so schon vor dem Bekanntwerden – die Debatte um eine Ver ordnung. Kollege Dr. Rülke hat es zu Recht gesagt: In Län dern wie Rheinland-Pfalz oder Niedersachsen gab es bei 2G Plus eine Ausnahme für die sogenannten Geboosterten, also für die frisch Drittgeimpften, für die Menschen mit Auffri schungsimpfungen. Da hieß es zunächst aus dem Sozialmi nisterium: „Nein, das widerspricht ja der Logik; denn diese Leute können theoretisch auch Überträger sein. Die Wahr scheinlichkeit ist gering, aber sie können es sein.“

(Zuruf)

Bis zum Abend hat man sich eines anderen besonnen. Ich ha be extra noch einmal die Verordnung genommen, die heute hier im Parlament ausliegt. In diesem Dokument, das heute zur Abstimmung steht, steht nur etwas von einer Ausnahme für diejenigen, die eine Auffrischungsimpfung erhalten haben.

(Zuruf: Stimmt!)