Das ist, wie wenn ein Brandstifter die Feuerwehr anführt. War ten wir ab, ob und gegebenenfalls wann Lauterbachs Reform der Krankenhausfinanzierung die Kliniken unseres Landes er reichen wird.
Weitere Schwachpunkte in der Gesundheitspflege betreffen die Hebammenversorgung, die sektorenübergreifende Versor gung und die Sicherung der flächendeckenden ambulanten ärztlichen Versorgung. Beim letzten Punkt verweise ich auf das Aktionsprogramm Landärzte. Geplant sind lediglich und unverändert, Herr Minister Lucha, 2,5 Millionen €. Dabei ist dieses Programm enorm wichtig, damit der „durchgeboxte“ Strukturwandel die ambulante ärztliche Versorgung im länd lichen Raum nicht gefährdet.
Diese wird zum größten Teil durch niedergelassene Ärzte ge sichert. Viele junge Ärzte zieht es aber vor allem in die Städ te. Das ist durchaus nachvollziehbar, insbesondere wenn meh rere ungünstige berufliche und familiäre Faktoren zusammen kommen. Ich möchte deshalb explizit auf das unternehmeri sche Risiko hinweisen, das eine Praxisübergabe erschwert und dazu führt, dass junge Ärzte eine Anstellung bevorzugen.
Die AfD-Fraktion befürwortet daher eine signifikante Erhö hung der Fördersumme. 30 000 € Landesförderung pro Haus arzt sind insbesondere im ländlichen Raum nicht mal der Tropfen auf den heißen Stein, Herr Minister Lucha.
Die apoBank hat bereits 2020 die Kosten für eine Niederlas sung als Hausarzt mit durchschnittlich rund 160 000 € veran schlagt – Tendenz steigend.
Ja, Gesundheit ist Daseinsvorsorge. Werden Sie diesem An spruch gerecht, Herr Minister Lucha, und erstellen Sie end lich einen Krankenhausplan!
Großzügig ist die Landesregierung bei ihren Lieblingsprojek ten – bei der Aktion „Für Akzeptanz & gleiche Rechte“ oder bei der Bekämpfung geschlechterdiskriminierender Tenden zen in Freizeit- und Bildungseinrichtungen für Kinder und Ju gendliche.
Sehr großzügig ist die Landesregierung erst recht bei Integra tionsmaßnahmen. Hier steigen die Ausgaben von 15,6 Milli onen € auf 21,6 Millionen €. Darin nicht enthalten sind die Kosten für den Pakt für Migration. Die Bewirtschaftung die ses Titels erfolgt versteckt über die Ausgabereste. Ein Blick auf die Übersicht zu den übertragenen Ausgaberesten, aber auch auf die Denkschrift des Rechnungshofs 2021 zeigt den verschwenderischen Umgang der Landesregierung mit Steu ergeldern. So wurden für die Titelgruppe „Maßnahmen im Rahmen des Pakts für Integration“ 156,5 Millionen € geparkt, die den Gemeinden und Gemeindeverbänden zur Verfügung gestellt werden. Dabei ist interessant, wofür diese Mittel 2022 ausgegeben wurden und wie der Rechnungshof z. B. das haus haltsfinanzierte Projekt Integrationsmanager bewertet. Ich zi tiere:
Die begleitende Evaluation hat keinen empirisch gesi cherten Nachweis liefern können, dass durch das Integ rationsmanagement mit Blick auf den Arbeitsmarkt, die Sprachkenntnisse und die Wohnsituation eine schnellere Integration ermöglicht wurde.
(Abg. Udo Stein AfD: Hört, hört! – Abg. Daniel Le de Abal GRÜNE: Fragen Sie mal bei den Gemeinden nach! Absurd!)
Ein Zusammenhang zwischen der Arbeit der Integrations manager und etwaigen Integrationserfolgen war nicht messbar.
Das, meine Damen und Herren, ist, wie Sie alle wissen, die freundliche Umschreibung des Rechnungshofs für den Begriff „Steuerverschwendung“.
(Beifall bei der AfD – Abg. Daniel Lede Abal GRÜ NE: Das soll der Rechnungshof bei den Kommunen vortragen!)
Wenn nach solch vernichtender Kritik am Spaßprojekt Integ rationsmanagement festgehalten wird, dann halten Sie, Herr Minister Lucha, den Landesrechnungshof wohl für eine Spaß truppe, die man aus vollem Herzen ignorieren kann.
Die Evaluation durch den Rechnungshof hat gezeigt, dass die Förderung durch hohe Fördersätze teilweise überfinanziert war. Das kann man sicherlich nicht nur über das erwähnte Pro jekt Integrationsmanager sagen, sondern insgesamt über die geparkten Mittel in Höhe von 156,5 Millionen €. Diese Aus gaben sind völlig unnötig und werden von uns keinesfalls ge billigt.
Meine Damen und Herren, eines ist festzuhalten: Massenmi gration fremder Kulturen ist so nicht machbar, wie es hier ge macht wird.
Mehr Geld gibt es für islamische Krankenhausseelsorge oder für Projekte, die im letzten Haushalt nicht explizit, aber dennoch vom Sozialministerium finanziert wurden. Darunter sind Projekte wie „JUMA BaWü“ oder „Interkulturelles Promotor*innen-Projekt“. Das zuletzt genannte Projekt erhält unglaubliche 250 000 €.
Ein weiterer Schlag in das Gesicht baden-württembergischer Steuerzahler sind die Ausgaben für neue Projekte wie bei spielsweise Anlaufstelle Afghanistan. Das Modellprojekt „Ano nymer Krankenschein“, bei dem auch EU-Bürger sowie Men schen aus Nicht-EU-Ländern ohne ausreichenden Kranken versicherungsschutz oder legalen Aufenthaltsstatus medizi nisch versorgt werden, erhält ebenfalls 200 000 €. Warum ei gentlich?
Insgesamt erhöhen sich die Ansätze für diese und weitere Fan tasieprojekte von ehemals 2,2 Millionen € auf über 3 Millio nen €. Da kann man nur noch kopfschüttelnd fragen, ob das in Anbetracht der aktuellen Lage ernst gemeint ist oder einer Proseccolaune des Ministers entspringt.
Meine Damen und Herren, zum Maßregelvollzug haben mei ne Kollegen schon alles gesagt. Auch hier versagen Sie kom plett.
(Beifall bei der AfD – Abg. Daniel Lede Abal GRÜ NE: Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Frau Wolle gerade zum Prosecco eingeladen!)
Ich darf jetzt für die Landesregierung dem Sozialminister das Wort erteilen. – Bitte sehr, Herr Minister.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Proseccolaunen sind mitunter ganz vernünftig, ein schöner Cartizze aus Valdobbiadene wäre bestimmt gut. Aber jetzt arbeiten wir erst einmal.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, insgesamt wird der Haus halt unseres Ressorts fast 2,2 Milliarden € an Ausgaben im Jahr 2023 und 2,3 Milliarden € im Jahr 2024 enthalten. Auf
die sogenannten Freiwilligkeitsleistungen, die Gestaltungs musik, entfallen im Jahr 2023 119,3 Millionen € und im Jahr 2024 111 Millionen €.
Im Jahr 2016, als wir das Ministerium übernommen haben, war dieser Titel mit 53 Millionen € dotiert. Es war nur mög lich, die Summe zu erhalten, weil ich mit dem damaligen Amtschef Lämmle in harter Arbeit das Landesfamiliengeld abgeschafft und umgewidmet habe; sonst hätten wir keine an deren Beratungsdienste mehr finanzieren können. Das war die sozialdemokratische Finanzwirklichkeit, die wir übernommen haben.
Meine Damen und Herren, es ist richtig, dass wir diese Mit tel erhöht haben und auch jetzt in Zusammenarbeit mit den Regierungsfraktionen das Aktionspaket noch mal in Anträgen formuliert haben. Denn von diesen Mitteln sind die Organi sationen und Verbände existenziell abhängig. Ja, das sind ge nau die Gelder, die den Zusammenhalt stärken, für eine akti ve, vitale, verantwortungsbewusste Bürgergesellschaft als starker Grundlage für die krisenfeste Demokratie.
Der Grundgedanke dieses und auch des letzten Koalitionsver trags ist – auf Neudeutsch heißt es: Empowerment – die Hil fe zur Selbsthilfe, die Unterstützung bei der Infrastruktur und die Befähigung.
Ich möchte es einfach noch mal sagen: In der guten Tradition der föderalen Verantwortung sind die Länder dafür verant wortlich, dass Dienste in Anspruch genommen werden kön nen, dass sich die Bürger beteiligen können. Wir sind sozusa gen die Infrastrukturgeber mit vielen Freiwilligkeitsleistun gen. Leistungsrechtliche Erfordernisse sind von der Gesetz gebung her Bundespolitik, und häufig erfolgt die Administ rierung mit kommunaler Unterstützung, die dann wiederum, wie beim Unterhaltsvorschuss, mit viel Landesgeld unterstützt wird – und das aus gutem Grund.
Ja, nach knapp drei Jahren multipler Krisen müssen wir fest stellen, dass nicht nur das Gesundheitssystem und die Versor gungsstrukturen für vulnerable Gruppen betroffen sind. Es sind alle gesellschaftlichen Bereiche gefordert, sich auf ver änderte Gefährdungslagen einzustellen. Wir müssen natürlich genau den Personenkreis im Auge haben, der schon vor der Pandemie unter Druck war; keine Frage.
Sie kennen unsere Aktivitäten, die wir drei Mal in Folge mit der Bertelsmann Stiftung, mit unseren elf Items zum gesell schaftlichen Zusammenhalt unterlegt haben. Wir wussten vor her schon, dass alleinerziehende Personen mit niedrigem Bil dungsstand, Menschen, die chronisch krank sind, vom Zusam menhalt nicht so profitieren, ihn nicht so erleben, nicht so gut mitgenommen werden – materiell wie immateriell. Darum set zen unsere Projekte und Programme genau da an, diesen Per sonenkreis zu befähigen.
Wenn ich daran denke, stelle ich fest: Sie haben das schon ein bisschen kleingeredet, was wir im Beirat für Armutsbekämp fung und -prävention im letzten halben Jahr dialogisch mit ei nem Personenkreis auf den Weg gebracht haben, der noch vor wenigen Jahren – wie die Landesarmutskonferenz – gar kei ne Plattform hatte. Als wirkliche Experten in eigener Sache wurden gemeinsam mit uns Programme entwickelt wie
z. B. Begegnungsstätten, besonders wichtig jetzt im Winter, in der Situation der Energieknappheit. Ja, ich bin sehr froh, dass wir diesen partizipativen Stil weiterhin haben.
Wir alle müssen uns noch einmal vergegenwärtigen: Wir brau chen Versorgung, Hilfe, Unterstützung und Befähigung – die gute alte Hilfe zur Selbsthilfe – bei Krankheit und Pflegebe dürftigkeit, bei sozialen und materiellen Notlagen, bei Gewalt erfahrung, in belastenden familiären Situationen, bei Ausgren zung und bei Behinderung. In all diesen Punkten konnten wir – auch durch Sie, liebe Koalitionsfraktionen – deutliche Mar kenzeichen setzen und deutliche Handlungsimpulse geben. Dafür noch einmal ganz herzlichen Dank.
Sie haben dankenswerterweise die Vielschichtigkeit unseres Tuns erwähnt. Lieber Kollege Reith, das kleine Programm haus, das wir sind, hat bewiesen, dass wir ein starkes, ein über zeugtes Programmhaus sind.
Ich gebe zu – diese Minute erlauben Sie mir –: Sozialminis terien in ursprünglich eher konservativen Landesregierungen waren von der Struktur her eher etwas größere Landesober behörden zur Umsetzung unbedingt nötiger bundespolitischer Vorgaben. Das sehen Sie auch: Von den 2,2 Milliarden € sind über 2,1 Milliarden € zur Umsetzung von gesetzlichen Vorga ben vorgesehen, die wir gar nicht steuern, sondern die wir so zusagen für unterschiedliche Pflichtaufgaben administrieren.
Dieses Selbstbewusstsein und diese Eigenständigkeit erkämp fen wir uns Jahr für Jahr, natürlich auch in Zeiten von Res sourcenkonkurrenz, von schwierigen Haushaltssituationen.
Ich gebe dem Finanzminister recht: Mir ist es lieber, dass wir im Laufe des Jahres – wie der Finanzminister, Kollegin Krebs und der Ministerpräsident gesagt haben –, wenn wir Notwen digkeiten zur Nachsteuerung erkennen – Herr Fraktionsvor sitzender Schwarz, heute kam das auch in Ihrer Rede – und die nötigen Rücklagen haben, schnell, konsequent und pass genau etwas umsetzen können,