Protokoll der Sitzung vom 21.06.2023

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Miguel Klauß AfD)

Natürlich kann man dem bayerischen Ministerpräsidenten vor werfen, er sei unsolidarisch, wenn er Abwerbungsstrategien für Lehrkräfte ausruft. Ja, das mag sein. Aber wissen Sie, lie be Kolleginnen und Kollegen von Grün-Schwarz, was die bes te Maßnahme gegen solche Abwerbungsstrategien ist? Ganz einfach: die jungen Lehrkräfte im eigenen Land angemessen zu behandeln, damit es keine Notwendigkeit gibt, abzuwan dern. Probieren Sie das doch einfach einmal aus.

Dass die FDP/DVP-Fraktion den Gesetzentwurf der AfDFraktion heute ablehnt, kann kein Freibrief dafür sein, dass das grün geführte Kultusministerium weiterhin die Hände in den Schoß legt und einfach einmal locker über die Probleme von Junglehrkräften in Baden-Württemberg hinweggeht, lie be Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf des Abg. Miguel Klauß AfD)

Zusammenfassend bleibt zu sagen: Wir Freien Demokraten lehnen mit Nachdruck den vorliegenden Gesetzentwurf ab und fordern die grün-schwarze Landesregierung mit ebenso viel Nachdruck auf, endlich zu handeln.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Miguel Klauß AfD: Dann können Sie ja gleich zustimmen!)

Der nächste Redner in der Debatte ist Herr Abg. Dr. Rainer Balzer für die AfD-Fraktion.

(Abg. Anton Baron AfD: Seit wann ist eigentlich die Linkspartei im Parlament?)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Nolle in causa est, non posset praedentitur.

Sie wissen sicher, was ich meine. So möchte ich das, was heu te gesagt worden ist – –

(Unruhe)

Es ist sehr bedauerlich, wenn Sie es nicht wissen. Ich sage es Ihnen aber: „Nicht wollen ist der Grund, nicht können die Ausrede“ oder „der Vorwand“.

So möchte ich die Erste Beratung im Plenum und die Bera tung im Ausschuss charakterisieren. Nichtsdestotrotz zähle ich auf Ihre Vernunft. Die Begründung dafür werde ich nach liefern. Denn das Gute in unserem Gesetzentwurf kann nur ein Blinder – aber die gibt es natürlich auch – nicht sehen.

Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir, dass junge Lehrer nach ihrer erfolgreich bestandenen Zweiten Staatsprüfung ei nen guten Start in die neue Lebensphase, für die sie ausgebil det worden sind, nämlich für das Berufsleben, für die Schule, finden können. Wir wollen nicht, dass sich die Nachwuchs kräfte – hier im Raum heißt es immer: die Fachkräfte, die wir sinnvollerweise selbst ausbilden sollten – beim Jobcenter mel den müssen.

Ich freue mich, dass ich fachlich nichts mehr sagen muss. Herr Dr. Fulst-Blei, Herr Dr. Kern, Sie haben genau begründet, wa rum unser Gesetzentwurf so notwendig ist.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Unsinn!)

Sie von der SPD haben sogar die Begründung der Ablehnung genannt, nämlich die Mauer. Was mit Mauern zur richtigen Zeit passiert, haben wir im November 1989 alle miteinander erleben dürfen.

(Beifall bei der AfD – Abg. Anton Baron AfD: Ge nau!)

Frau Saint-Cast – da sind Sie ja –, Lehrer ist eine Berufung und kein Job, den man einfach mal sechs oder acht Wochen an den Nagel hängt, um die Füße ins Waschbecken zu stellen. Das ist eine Berufung – das möchte man tun –, und dafür ist Anerkennung notwendig, dafür ist Wertschätzung notwendig. Diese Wertschätzung hat man nicht, wenn man die Leute in die Sommerarbeitslosigkeit entlässt.

Wenn Sie dann sagen: „Sechs Wochen, na ja, das ist ja nicht wirklich lang, andere Leute suchen auch sechs Wochen“, zeigt das schon, wo Sie denkenderweise stehen oder sitzen.

Herr Dr. Miller hat nach den Zahlen gefragt. Das kann man sehr leicht nachlesen; das muss ich nicht mal selbst recher chieren. Ich habe aber, meine ich mich dunkel zu erinnern, auch im Ausschuss schon darauf hingewiesen: In der Stellung nahme zum Antrag der SPD, Drucksache 17/2971, steht der Kostenfaktor genau drin.

Worum geht es noch tatsächlich? Das Fachliche ist ja schon gesagt worden. Aber ich möchte es noch mal präzisieren. Die Vorbereitungszeit bis zum tatsächlichen Schulbeginn im Sep tember soll nicht honoriert werden, wird nicht honoriert, und sie wird hier einfach ignoriert. Aber das ist ja das, was ich ein gangs schon gesagt habe: nicht können wollen oder nicht wahrnehmen wollen.

(Zuruf der Abg. Nadyne Saint-Cast GRÜNE)

Die Vorbereitungszeit ist Arbeitszeit. Natürlich arbeitet der ei ne oder andere nicht sechs Wochen lang acht Stunden jeden Tag durch. Herr Fulst-Blei hat gemeint, die sechs Wochen wä ren eine ganz harte Kärrnerarbeit. Hier gibt es sicher Unter schiede. Trotzdem ist es ein Zeichen der Wertschätzung.

Es wurde ja hier von den Kollegen – ich nehme an, nachher stimmen die meisten dem Gesetzentwurf auch zu; lachen darf man jetzt ruhig an dieser Stelle – vorhin deutlich gesagt: Wir stehen in einem Wettbewerb um Lehrkräfte. Und wenn Lehr kräfte abwandern, muss ich mir eben irgendetwas einfallen lassen. Das könnte ein Baustein für eine Lösung sein.

(Beifall bei der AfD)

Sie wissen also ganz genau, dass das Gesetz notwendig ist, überfällig ist und von den Betroffenen erwartet wird. Es geht hier nicht um Bildung, sondern es geht um Wertschätzung und um Bildung. Ihnen hier geht es aber offensichtlich um partei politische Manöver. Es geht nämlich nicht um die Menschen, die eigentlich im Mittelpunkt stehen sollten.

(Zuruf von der AfD: So ist es!)

Das Kultusministerium tut sehr viel – das ist bekannt –, und es gibt viel Geld aus. Es werden x verschiedene Modellver suche finanziert. Aus meiner Zeit – 25 Jahre Lehrer – weiß ich selbst: Es gibt Modellversuche, die 20 Jahre und länger lau fen. Es gibt sehr, sehr viele Projekte, und nichts hilft, um vor wärtszukommen. Die Hyperaktivität der Bildungspolitik ist ein Charakteristikum par excellence für die totale Inkompe tenz dieser Landesregierung hier in diesem Punkt.

(Beifall bei der AfD)

Ich möchte zum Schluss noch mal darauf hinweisen: Sie in vestieren viel in multiprofessionelle Teams, pädagogische As sistenten, sozialindexbasierte Ressourcensteuerung. Und ich sage Ihnen: Diese ganzen Projekte werden uns keinen einzi gen Schritt weiterbringen. Weiterbringen wird uns die Lösung nur dann, wenn wir das Problem an der Wurzel packen, das heißt, Lehrkräfte zur richtigen Zeit einstellen – und am bes ten die, die schon ausgebildet und da sind.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Es folgt die Landesregierung. Ich erteile Herrn Staatssekretär Volker Schebesta das Wort.

(Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Die Landesregierung ist da, und die Landesregierung redet jetzt.

(Abg. Anton Baron AfD: Aber die Regierungsbänke sind relativ leer, Herr Präsident! – Gegenruf des Abg. Daniel Lede Abal GRÜNE)

Sehr geehrter Herr Präsi dent, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei der Debat te über diesen Gesetzentwurf geht es natürlich ums Geld. Des halb werde auch ich zu Beginn, wie das die Kollegin SaintCast gemacht hat, darauf hinweisen, mit wie viel Geld wir über den Einzelplan des Kultusministeriums ausgestattet sind und welche Steigerung dieser Haushalt erfahren hat. Das sind

nämlich 13,3 Milliarden €, und damit beträgt der Anteil des Kultusetats am Landeshaushalt insgesamt mehr als ein Fünf tel.

Das, was wir damit im aktuellen Haushalt umsetzen können, ist ein glasklares Bekenntnis der Landesregierung, trotz der historischen Herausforderungen und Belastungen gerade bei der Bildung nicht zu sparen, sondern gezielt an der richtigen Stelle in die wichtigste Ressource unseres Landes zu inves tieren, nämlich in die Zukunft der Kinder und Jugendlichen in unserem Land.

Da können Sie von der Opposition natürlich leicht sagen: Geld ist da, aber mehr wäre noch besser. In der Regierungsverant wortung geht es dabei immer auch um eine Abwägung des sen, was mit dem zur Verfügung stehenden Geld gemacht wer den kann, wofür man es einsetzt und wie dabei auch die poli tischen Entscheidungen getroffen werden. Diese Aufgabe wird mit dem Ausblick nach der Steuerschätzung im Mai ja auch nicht kleiner. Denn mit den nach der Steuerschätzung zum ers ten Mal zurückgehenden Steuereinnahmen haben wir auch noch mal eine Zäsur bei dem, wie wir in die Haushaltsbera tungen gehen.

Bei dieser Abwägung geht es um die Frage, was wir mit den vorhandenen Mitteln umsetzen können. Nach vielen Versu chen in der Vergangenheit ist es im letzten Jahr gelungen, die notwendigen Mittel für die Durchbezahlung der Sommerferi en für befristet beschäftigte Lehrkräfte in dem jetzt bekann ten Rahmen bereitzustellen. Wir haben gerade für die vielfach und lange Jahre diskutierten Fragen bewusst eine Entschei dung mit den zur Verfügung stehenden Mitteln getroffen und haben damit unterstrichen, welchen Wert wir der Bildung in Baden-Württemberg geben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Alle diese Maßnahmen sind auch Zeichen der Wertschätzung, um die es in der Diskussion gegangen ist. Sie sind auch ein Zeichen dafür, dass wir uns darum bemühen und dabei auch Erfolg haben

(Zuruf von der AfD)

das will ich Ihnen belegen –, die Attraktivität des Zugangs zum Lehrerberuf weiter zu steigern.

Natürlich brauchen wir mehr Lehrerinnen und Lehrer, weil wir offene Stellen haben, weil es diejenigen, die in den Ruhe stand gehen, in so großer Zahl gibt. Aber im Vergleich zum Jahr 2015 ist es für das Lehramt Grundschule nahezu zu ei ner Verdopplung der Studienanfängerzahlen gekommen. Im Bereich der Sonderpädagogik haben wir eine Steigerung um über 50 % und für das Lehramt der Sekundarstufe I eine Stei gerung um rund 10 %.

Das zeigt, dass der Lehrerberuf als attraktiv wahrgenommen wird, dass es Lehrerinnen und Lehrer gibt, die diesen Beruf ergreifen wollen, wir aber gern noch mehr hätten. Deswegen werden ja auch die Studienanfängerplätze weiter ausgebaut.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen und der CDU)