Protokoll der Sitzung vom 21.06.2023

Das Petitionsrecht ist ein Grundrecht. Wenn Sie die Broschü re, die bei Ihnen ausliegt, lesen, sehen Sie: Das ist im Grund gesetz verankert, in der Landesverfassung verankert, wie der Petitionsausschuss arbeitet; das ist auch in der Geschäftsord nung des Landtags niedergelegt. Das ist also alles sehr offen und klar erkennbar, wie wir arbeiten. Es kann sich also jeder und jede schriftlich mit Bitten und Beschwerden an den Peti tionsausschuss wenden.

Für das Einreichen einer Petition ist auch kein Quorum, also eine bestimmte Zahl von Unterschriften, notwendig. Eine ein zige Unterschrift genügt, um eine Petition einzureichen.

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, noch eine neue Form einzuführen, analog zur Regelung im Bundestag, dass

Petitionen im Endeffekt auch öffentlich verhandelt werden können. Dazu werden sich nachher sicherlich die Fraktionen äußern.

Wir haben auch immer wieder Gäste im Petitionsausschuss: einmal die Bürgerbeauftragte und auch den Vorsitzenden der Härtefallkommission, aber auch andere Externe wie z. B. Leu te aus der Landtagsverwaltung, die in Ausbildung sind. Auch von den Fraktionen kommen gelegentlich Gäste dazu.

Wir sind auch auf Tagungen präsent. Mit meinem Stellvertre ter, meinem geschätzten Kollegen Andreas Kenner, war ich in Straßburg bei der Konferenz des Europäischen Verbindungs netzwerks der Bürgerbeauftragten und Petitionsausschüsse, dann auch bei der nationalen Tagung der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes und der Länder; das war in Wiesbaden.

Jetzt erst Mitte Mai hatten wir unsere Delegationsreise, unse re Ausschussreise nach Bern und Genf.

In Bern haben wir uns intensiv über das schweizerische Peti tionswesen und Ombudswesen sowie die Volksinitiativen un terhalten, und in Genf waren wir bei UNO-Institutionen wie dem Hohen Kommissar für Flüchtlinge und der WHO.

Zum Ende meiner Rede möchte ich mehrere Dankesworte aus sprechen. Es freut mich sehr, dass die Geschäftsstelle des Pe titionsausschusses heute komplett vertreten ist. Herrn Haas, mit dem ich ganz engen Kontakt habe, danke ich sehr herz lich, aber auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es ist wirklich eine große Freude, mit ihnen zu arbeiten.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Der Dank geht natürlich auch an Herrn Drißner, unseren Land tagsjuristen, der uns rechtlich immer wieder gut berät. Die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss werden das be stätigen.

Auch den Ministerien möchte ich danken, und zwar für die Geduld, die sie mit uns haben bei unseren vielen Nachfragen und dem, was wir immer aus dem Hut zaubern. Aber es ist wichtig für die Sache.

Ganz zum Schluss möchte ich mich bei allen Mitgliedern des Ausschusses bedanken. Wir arbeiten sehr gut und kollegial zusammen. Sehr viele Entscheidungen werden einstimmig oder mit großer Mehrheit getroffen. Ganz explizit bedanke ich mich noch mal bei meinem Stellvertreter Andreas Kenner.

Vielen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Vielen Dank, Herr Ausschussvorsitzender.

Die Aussprache erfolgt in der Reihenfolge der Fraktionsstär ke. Es spricht zunächst die Kollegin Gudula Achterberg für die Fraktion GRÜNE. – Bitte sehr, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Prä sident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich beim Ausschussvorsit

zenden Thomas Marwein für seinen Bericht über unsere Ar beit im Petitionsausschuss bedanken.

Mit dem Petitionsausschuss hat die Landesverfassung für die Bürgerinnen und Bürger eine direkte Anlaufstelle in diesem Haus vorgesehen. Mit dieser Anlaufstelle bieten wir Menschen die Möglichkeit, gehört zu werden.

Die Anliegen der Petentinnen und Petenten werden ernst ge nommen und inhaltlich geprüft. Bei der Bearbeitung der Pe titionen geht es immer um die Sache. Parteipolitische Belan ge treten hier regelmäßig in der Beschlussfassung in den Hin tergrund.

Daher ist die Arbeit im Petitionsausschuss in besonderer Wei se geprägt von einer kollegialen Zusammenarbeit über die Fraktionsgrenzen der demokratischen Parteien hinweg. Im Pe titionsausschuss beweisen wir mit unserer Arbeit, dass wir in nerhalb der demokratischen Parteien gemeinsam für die de mokratischen Grundwerte einstehen. Dafür möchte ich mich explizit bei den Kolleginnen und Kollegen bedanken.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP sowie des Abg. Dr. Uwe Hellstern AfD)

Ich freue mich aber auch, dass wir uns mit dem Istzustand nicht zufrieden geben, sondern das Petitionswesen weiterent wickeln wollen. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kolle gen der Fraktionen GRÜNE, CDU, SPD und FDP/DVP wer den wir in der morgigen Ausschusssitzung den Antrag auf Ver abschiedung von Verfahrensgrundsätzen einbringen, welche die Mitzeichnung öffentlicher Petitionen ermöglichen wird.

Mithilfe dieser Verfahrensgrundsätze können Petentinnen und Petenten bei uns in Baden-Württemberg zukünftig Petitionen, die von öffentlichem Interesse sind, auf einer digitalen Platt form des Landtags veröffentlichen, um unterstützende Unter schriften zu sammeln. Wenn diese innerhalb von sechs Wo chen 10 000 oder mehr Unterschriften von Mitbürgerinnen und Mitbürgern als Unterstützung erhalten, verpflichtet sich der Petitionsausschuss, innerhalb von sechs Monaten eine öf fentliche Anhörung zu der jeweiligen Petition abzuhalten. Da mit bieten wir den Bürgerinnen und Bürgern eine Plattform an, um ihre Anliegen öffentlich in einen demokratischen Pro zess einzubringen, und wir schaffen so die Voraussetzungen, Petitionen, die bisher öffentlichkeitswirksam auf diversen pri vaten Internetplattformen aufgesetzt werden, in unser Regel werk zu überführen. Wir schließen damit eine Lücke im Peti tionswesen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Denn im Unterschied zu den privaten Internetplattformen, die für öffentliche Petitionen werben, sind die im Landtag einge reichten Petitionen bereits mit der Veröffentlichung an der Stelle, an der sie auch bearbeitet werden. Diesen Schritt müs sen private Plattformen nach Abschluss der Unterschriften sammlung und Versendung an den Landtag oder den Bundes tag immer erst noch erbringen.

Ich freue mich sehr, dass wir diese Möglichkeit gemeinsam geschaffen haben, und ich möchte mich ausdrücklich bei mei nen Kollegen Dr. Matthias Miller, Andreas Kenner und Den

nis Birnstock bedanken, weil wir das im Vorfeld gut auf die Beine gestellt und konstruktiv und vertrauensvoll zusammen gearbeitet haben. Dafür vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Dr. Matthias Miller CDU)

Ich hoffe, dass das Petitionswesen mit dieser Option noch ei nen Schub in der Außenwirkung erfährt. Denn mir ist letztes Jahr bei dem Bürgerinnen- und Bürgerfest im Landtag aufge fallen, als ich mit Bürgerinnen und Bürgern am Stand des Pe titionsbüros gesprochen habe, dass viele Menschen nicht wis sen, dass es nur eine Stimme zur Einreichung einer Petition braucht; Thomas Marwein hat es gerade dargelegt.

Deswegen würde ich mich sehr freuen, wenn wir in der Öf fentlichkeitsarbeit für das Petitionswesen bei uns in BadenWürttemberg nicht nur deutlich machen können, dass es nur eine Stimme für eine Petition braucht, sondern künftig auch vermelden können, dass es möglich ist, öffentliche Petitionen direkt auf der Webseite des Landtags einzureichen und zu ver öffentlichen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Auch ich möchte mich am Schluss noch bedanken. Zum ei nen gilt mein Dank den Landesbehörden, die uns mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wir benötigen, in al len Belangen der Petitionen mit ihrer Sachkenntnis zur Ver fügung stehen und uns beraten. Ohne das wäre unsere Arbeit einfach nicht möglich. Zum anderen gilt mein besonderer Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auf der Be suchertribüne sitzen. Vielen Dank stellvertretend an Herrn Haas und auch an Herrn Drißner für die juristische Beratung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Nach der Kolle gin Achterberg spricht jetzt für die CDU-Fraktion Herr Kol lege Dr. Matthias Miller.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, dass wir heute den mündlichen Bericht des Ausschussvorsit zenden zum Petitionsausschuss gehört haben. Einen solchen mündlichen Bericht gibt es nicht in jedem Bundesland. Das zeigt, welche Bedeutung wir dem Petitionsrecht beimessen, indem wir hierüber auch im Plenum diskutieren.

Wir haben es gehört: Das Petitionsrecht ist ein Grundrecht. Artikel 17 des Grundgesetzes schreibt vor:

Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemein schaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwer den an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.

Das Petitionsrecht ist im Grundgesetz und in der Landesver fassung verankert. Darüber hinaus ist der Petitionsausschuss ein ganz besonderer Ausschuss, weil er in Artikel 35a der Lan desverfassung festgeschrieben ist.

Wir haben vom Ausschussvorsitzenden gehört, dass in der 17. Legislaturperiode bisher schon über 2 000 Petitionen be arbeitet wurden, und ich denke, dass noch viele weitere fol gen werden. Ich kann Ihnen versichern, dass wir – ich denke, das gilt fraktionsübergreifend – die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst nehmen; denn unsere Verfassung gibt uns den Auftrag, dass wir sämtliche Petitionen gewissenhaft bearbeiten.

Der Petitionsausschuss ist wie die „Notrufsäule“ für die Bür gerinnen und Bürger. Wenn man ein Thema hat und sich viel leicht von Ämtern oder Behörden ungerecht behandelt fühlt, kann man sich direkt an uns Abgeordnete wenden.

Wir behandeln die Petitionen nach einem institutionalisierten und bewährten Verfahren. Jeder kann eine Petition einreichen; wir haben es gerade gehört. Man muss da vielleicht einmal Unklarheiten richtigstellen. Tatsächlich reicht eine einzelne Stimme. Eine einzelne Person kann eine Petition auf schrift lichem Weg oder über die Homepage des Landtags einreichen.

Ich höre immer wieder einmal, dass man gewisse Quoren – 10 000, 25 000 Stimmen – erreichen müsse. Das ist nicht der Fall. Jeder einzelne Bürger und jede einzelne Bürgerin kann eine Petition durch das Ausfüllen der Onlinemaske oder auf schriftlichem Weg per Brief einreichen. Jede einzelne Petiti on wird dann von uns im Petitionsausschuss behandelt.

Aus dem Petitionsrecht möchte ich besonders eine Verfahrens möglichkeit herausgreifen, die ich sehr schön finde: die Durch führung von Ortsterminen. Wir können uns also vor Ort die Probleme anschauen. Das ist vor allem bei Bauangelegenhei ten häufig sehr hilfreich. So war ich z. B. anlässlich einer Pe tition zu einer geplanten Erweiterung eines Legehennenbe triebs in Oberschwaben. Bei einem solchen Termin kommt man mit dem Bürgermeister, den Vertretern der Regierungs präsidien und dem Petenten in einen guten Austausch. Dem nächst habe ich einen Vor-Ort-Termin zu einem Basketball spiel auf einem Schulhof. Da wird man auch die unterschied lichen Eindrücke mitbekommen und kann dann den Menschen vor Ort wahrscheinlich sehr konkret Lösungswege aufzeigen.

Wir haben auch die Möglichkeit, dass wir Petitionen im Ple num einzeln zur Abstimmung bringen und sogar einzeln na mentlich zur Abstimmung bringen. Ich möchte Sie jetzt nicht motivieren, dass wir das in der Zukunft häufiger machen.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Petra Krebs GRÜNE: Nein!)

Aber es kam bereits vor. Wir haben also die Möglichkeit, in diesem Hohen Haus Petitionen zu behandeln.

Dann gibt es noch die Möglichkeit, wenn eine Petition veröf fentlicht wurde, auch den Beschluss hierzu zu veröffentlichen. Diese Veröffentlichung in anonymisierter Form in einer Land tagsdrucksache kann jeder einsehen und daraus erkennen, wel che Petition wir wie bearbeitet haben. Auch das gibt es nicht in allen Ländern.

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt eingehen, den mei ne Kollegin Gudula Achterberg schon angesprochen hat: die Modernisierung des Petitionsrechts. Wir haben uns als Auf gabe gesetzt, das Petitionsrecht zu modernisieren und eine On