Protokoll der Sitzung vom 07.03.2024

Schauen Sie einfach mal in die Zeitung.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Rainer Balzer AfD: Dazu muss man lesen können!)

Diese Feministin heißt Shila Behjat.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, Frau Abg. Wolle hat das Wort.

(Beifall des Abg. Emil Sänze AfD – Zuruf: Leider!)

Ich bitte um mehr Ruhe. Danke.

(Abg. Daniel Lede Abal GRÜNE: Wir sind über rascht, dass sie Zeitung liest! Wir hatten was anderes vermutet!)

Diese Feministin heißt Shila Beh jat. Sie hat iranische Wurzeln und lebt in zweiter Generation in Deutschland. Sie hat also den Vergleich zwischen einem persischen Patriarchat und dem Zustand der Gleichberechti gung hier in Deutschland.

(Zuruf: Ach so!)

Shila Behjat erlebt hier moderne, aufgeklärte und selbstbe wusste Frauen, die mit größter Selbstverständlichkeit ihre Gleichberechtigung leben – in der Familie, im Beruf, in der Politik und in jedem Bereich der Gesellschaft.

Meine Damen und Herren, was haben Sie eigentlich für ein Geschlechterbild? Shila Behjat ist eine Mutter, eine Mutter von vielen, die das bemängeln.

Meine Damen, gebären Sie eigentlich nur Mädchen?

(Zurufe von den Grünen: Oh, oh!)

Wann kämpfen Sie für Ihre Söhne? Wann kämpfen Sie für echte Gleichberechtigung?

(Unruhe)

Wir sind uns sicherlich einig, dass es immer – – Können Sie hier bitte einmal – –

Meine Damen und Herren, ich bitte nochmals um mehr Ruhe. Frau Abg. Wolle hat das Wort.

(Abg. Daniel Lede Abal GRÜNE: Möge es nutzen!)

Wir sind uns sicherlich einig, dass es noch immer offene Punkte bei der Gleichberechtigung gibt, z. B. bei den ungerechtfertigten Einkommensunterschieden, Gender-Pay-Gap, Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir sind da auf keinem guten Weg.

Auch wenn der Gender-Pay-Gap immer – –

(Abg. Daniel Lede Abal GRÜNE: Das kann man al les nachlesen!)

Auch wenn der Gender-Pay-Gap immer geringer wird, kann es nicht sein, dass nach 200 Jahren Frauenbewegung Frauen im selben Unternehmen bei gleicher Ausbildung und gleicher Tätigkeit gegenüber Männern noch immer schlechter bezahlt werden.

(Abg. Daniel Lede Abal GRÜNE: Das bestreitet Ihre Fraktion regelmäßig!)

Dann hören Sie einfach einmal zu, und hören Sie auf, da zwischenzuplappern.

Meine Damen und Herren, 2016 bin ich in den Landtag ge wählt worden und habe an keinem Frauentag davon gehört, dass unsere Mütter, Großmütter und Urgroßmütter, die mit ih ren Händen dieses Land aufgebaut und viel entbehrt haben,

(Beifall bei der AfD)

in den alten Bundesländern im Durchschnitt eine Rente von 789 € bekommen. Das liegt unterhalb der Armutsgrenze.

Dankbarkeit der Folgegenerationen sieht anders aus. Das hät te hier auch einmal thematisiert werden müssen.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Richtig!)

Die AfD-Fraktion setzt an manchen Stellen andere Prioritä ten als viele hier in diesem Hohen Haus.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist aus zwei Grün den ein wichtiges Ziel: weil oftmals die Frauen auch während ihrer Arbeit ihre Kinder erziehen wollen und deswegen in Teil zeit arbeiten. Viele Ärztinnen arbeiten in Teilzeit, weil es nicht ausreicht, dass sie durch ihren Ehemann entlastet werden. Die Vereinbarkeit ist aber vor allem deshalb ein wichtiges Ziel, weil das Realeinkommen seit den Neunzigerjahren kontinu ierlich gesunken ist,

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Bei wem? – Zuruf des Abg. Miguel Klauß AfD)

sodass heute beide Ehepartner arbeiten müssen, um eine Fa milie ernähren zu können.

(Beifall bei der AfD)

Aber von einem flächendeckenden und bedarfsgerechten Be treuungsangebot für die Kinder in unserem Land sind wir ins besondere hier in Baden-Württemberg noch weit entfernt. Da runter leidet die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der CDU)

Wie kann es sein, dass Mütter und Väter, die sich längere Zeit ihrer Familie widmen, während der Erziehungszeit oder auch als Rentner in die Armutsfalle tappen? Im Gegensatz zu ei nem Beruf, bei dem man offiziell Geld verdient, wird die Leis tung der Eltern als Vater und Mutter von der Gesellschaft nicht mehr als Leistung für die Gesellschaft anerkannt.

Durch die Reduzierung der Witwenrente werden Frauen quasi zu Berufstätigkeit auch während der Kindererziehung ge zwungen.

Frankreich macht wie bekannt eine gute Familienpolitik und könnte hier als Beispiel dienen. Durch das Familiensplitting erhält eine Familie mit drei Kindern bei einem zu versteuern den jährlichen Einkommen von 70 000 € eine maximale Ent lastung von 11 000 €.

Im Gegensatz zu Deutschland sind in Frankreich Kinderbe treuung und Ganztagsbeschulung mit Kinderbetreuung, Mit tagessen usw. garantiert und nahezu kostenlos. In Deutsch land muss oftmals das Kindergeld für die Kinderbetreuung im Kindergarten aufgebraucht werden.

Ich frage Grün und Schwarz: Wo ist hier Ihre Antwort?

(Beifall bei der AfD)

Für die Landesregierung er teile ich das Wort Frau Staatssekretärin Dr. Leidig.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Bildungs niveau der baden-württembergischen Bevölkerung liegt über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Allerdings beeinflussen Geschlechtsstereotype nach wie vor das Berufswahlverhalten. Sie schreiben Mädchen und Jungen unterschiedliche Fähig keiten, Talente und Interessen zu. Der unbereinigte GenderPay-Gap ist mit 23 % in Baden-Württemberg größer als in al len anderen Bundesländern und dann eben auch größer als der Durchschnitt in Gesamtdeutschland.

Dafür gibt es aber, sehr geehrte SPD, nur bedingt politisch umsetzbare Lösungsansätze; denn die Ursachen liegen zum einen im Privaten und zum anderen auch in der Wirtschaft. Ich zitiere jetzt Ihren Kollegen Minister Philippi von der SPD in Niedersachsen: Die Lohnlücke, das

... ist auch keine Frage der politischen Rahmenbedingun gen oder der Gesetzgebung. Wirtschaft, Unternehmen, die Arbeitgebenden, alle müssen konsequent darauf achten und Frauen genauso bezahlen wie Männer.

Uns das jetzt an die Brust zu heften und zu sagen, dass die grün-schwarze Regierung hier in die Verantwortung gehen müsse, das ist tatsächlich auch daneben. Herr Philippi von der SPD weist auch darauf hin, dass die faire Aufteilung der Care

Arbeit von Frauen und Männern tatsächlich auch nötig ist, um das Auseinanderklaffen zu verhindern. Ich denke, das sind auch Ansatzpunkte, an denen wir gemeinsam agieren sollten, um hier tatsächlich auch etwas zu bewirken.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Der Frauenanteil im Landtag von Baden-Württemberg liegt bei etwa einem Drittel. Auf der kommunalpolitischen Ebene sind noch weniger Frauen vertreten. Oberbürgermeisterinnen gibt es in nur sechs von insgesamt 103 baden-württembergi schen Städten.