Protokoll der Sitzung vom 10.12.2002

Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Biedefeld, ich möchte eines richtig stellen und klarstellen: Wir haben immer gesagt, Wahlfreiheit bedeutet für uns, Erwerbstätigkeit und Familie wählen zu können. Das, was Sie hier behauptet haben, ist von uns noch nie in irgendeiner Form gesagt worden. Es heißt immer: Erwerbstätigkeit und Familie. Das stelle ich noch einmal klar. Alles andere ist eine Unterstellung.

(Beifall bei der CSU)

Bayern hat mit 69% die höchste Erwerbsquote bei den Frauen in den westlichen Ländern.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Teilzeit!)

Deshalb können die Rahmenbedingungen für die Frauen in Bayern gar nicht so schlecht sein. Das möchte ich Ihnen ganz klar sagen.

(Beifall bei der CSU)

Zum Familienbegriff. Unser Familienbegriff ist eindeutig definiert. Familie ist da, wo Eltern für ihre Kinder Verantwortung tragen. Über die elterliche, väterliche und mütterliche Verantwortung definieren wir die Familie. Das heißt, dass wir selbstverständlich sehen, dass es sehr unterschiedliche Formen von Familie gibt, auch viele alleinerziehende Mütter. Den jeweiligen Lebensbedingungen tragen wir in unserer Politik Rechnung. Das ist ganz klar unsere Definition von Familie.

Lassen Sie mich noch kurz etwas zum Gender Mainstreaming sagen. Gender Mainstreaming kam in den Konzepten Hartz I und II überhaupt nicht vor. Fast alle Frauenverbände und Familienverbände haben an den Bundeskanzler geschrieben, weil es diesen Begriff in der Arbeitsmarktpolitik überhaupt nicht gibt. Dort müssen wir aber ansetzen, meine lieben Kolleginnen. Schauen Sie sich doch einmal das Regierungsprogramm der rot-grünen Koalition an: Was die Frauenpolitik anbelangt, ist es ausgesprochen mager. Das möchte ich Ihnen sagen, nachdem Sie schon darauf verweisen.

(Lachen bei der SPD)

Lassen Sie mich noch eine Richtigstellung vornehmen. Von dem 313-Millionen-e-Programm gehen 50 Millionen e in Baukosten und Investitionsförderung. Mit dem verbleibenden Betrag können bis zu 40% der Personalkosten gefördert werden.

Wenn man den kommunalen Anteil dazurechnet, dann muss man den Betrag noch wesentlich erhöhen. Denn die 313 Millionen e sind ausschließlich Finanzierungsmittel des Freistaates. Die Kommunen werden gerade bei den kommunalen Krippen und Horten in den fünf Jahren um insgesamt 112 Millionen e entlastet.

(Frau Biedefeld (SPD): Das stimmt nicht!)

Ich kenne dieses Programm sehr genau. 40% unserer Personalkosten haben in dieses Programm Eingang gefunden. Auch das möchte ich noch einmal ganz klar sagen.

(Frau Biedefeld (SPD): Sie nennen ständig falsche Zahlen!)

Ich bin auch der festen Überzeugung, dass wir mit unserer Frauenpolitik – –

Definieren Sie bitte Frauenpolitik nicht allein über die Kinderbetreuung.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Das war der Schwerpunkt Ihrer Diskussion. Wir definieren Frauenpolitik über die unterschiedlichsten Bereiche.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Biedefeld (SPD))

Wir wollen gemeinsam mit der Wirtschaft ein Arbeitsleben gestalten, in dem die Frauen einen gerechten Lohn für ihre Arbeit bekommen und in dem sich die Frauen frei entscheiden können. Das halte ich für richtig.

In der Bildung und Ausbildung haben die Mädchen schon längst gleichgezogen. Wenn ich heute auf die Jugend blicke, dann sehe ich eine sehr selbstbewusste Jugend und insbesondere selbstbewusste junge Frauen, die ihre Chancen wahrnehmen wollen. Für uns ist wichtig, dass wir in diesem Bereich gemeinsam die politischen Rahmenbedingungen verbessern. In dieser Beziehung sind wir in Bayern auf einem sehr guten Weg.

(Beifall bei der CSU – Frau Biedefeld (SPD): Ankündigungen!)

Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Schopper.

(Unruhe)

Meine Herren, etwas mehr Höflichkeit bei der Frauendebatte!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich wegen der Ausführungen unseres Kollegen von Rotenhan gemeldet. Er hat das wahre Gesicht der CSU gezeigt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Er hat gezeigt, dass er Frauen an dem Ort haben will, wo sie jahrzehnte- und jahrhundertelang von Ihnen hingestellt wurden. Sie wollen die Frauen an Heim und Herd.

Sie haben über die Benachteiligung bei der Rente gesprochen. In diesem Punkt könnten wir sogar zusammenkommen. Wir wollen ebenfalls keine Benachteiligung der Frauen bei der Rente.

(Zuruf des Abgeordneten von Rotenhan (CSU))

Die CSU muss doch ihre Politik ändern, wenn man sieht, dass 40% der Akademikerinnen kinderlos bleiben, weil sie ihren Beruf und ihren Kinderwunsch nicht vereinbaren können, obwohl sie dies wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb muss die Politik die Weichen stellen. Sie können sich nicht auf Politik von gestern verlassen, wenn die Politik von gestern nicht mehr funktioniert. Dabei können Sie, Ihre Produktivität in allen Ehren, mit vollen Hosen gut stinken, aber Sie müssen auch anderen Men

schen zugestehen, dass es bei ihnen vielleicht nicht möglich ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sich nicht bewegen, dann werden Sie noch mehr bei den Frauen verlieren, weil diese halbscharigen Anwandlungen und was Sie mit deprivierten Frauen – –

Manche Frauen sind allein erziehend und müssen arbeiten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nicht nur so, dass die allein Erziehenden arbeiten müssen, sondern viele Frauen habe gute Noten, die gute Ausbildung und den Anspruch, dort hineinzuwollen, wo Sie Ihre Pfründe haben. Sie wollen Ihnen an den Kragen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Das bedeutet: gleicher Lohn für gleiche Arbeit, und das heißt, dass wir Bedingungen haben müssen, die es uns Frauen erlauben, in die Chefetagen aufzusteigen. Sie fürchten, dass man Ihnen den Chefsessel absägt. Das ist der Dreh- und Angelpunkt, warum Sie sich mit der Frauenpolitik so schwer tun. Wir Frauen sind nämlich nicht mehr geduldig und wollen Ihnen nicht mehr den Steigbügel auf dem Weg zur Macht halten, sondern wir wollen sie selber.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kaul (CSU): Das war wenigstens ehrlich!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.

Wir stimmen jetzt über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 14/11211 ab. Die Abstimmung soll in namentlicher Form erfolgen. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in diesem Text muss das Datum geändert werden. Wo es im 6. Spiegelstrich auf Seite 2 heißt: – aktive Beteiligung der Staatsregierung an dem jährlich durchgeführten „Girl‚s-Day“, wird das Datum gestrichen. In dieser Form steht der Antrag zur Abstimmung.

Die Abstimmungsurnen stehen rechts und links an den Eingangstüren. Die Urne für die Enthaltungen ist auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden. Dafür stehen 5 Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 16.45 bis 15.51 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Zeit für die Abstimmung ist abgelaufen. Die Stimmabgabe ist beendet. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Das Ergebnis kann dann später bekannt gegeben werden.

Wir fahren zwischenzeitlich in der Tagesordnung fort. Darf ich die Kolleginnen und Kollegen bitten, wieder Platz zu nehmen, alle Rundfunkräte der SPD und der CSU und alle Landwirtschaftsexperten. Können wir uns darauf verständigen, dass wir weiterarbeiten oder soll die Sitzung unterbrochen werden? Es wäre sehr freundlich, Herr Kollege Egleder und Herr Kollege Hartmann, wenn Sie sich ebenfalls entscheiden könnten, die Sitzung nicht weiter zu stören.

Außerhalb der Tagesordnung darf ich bekannt geben, dass die Tagesordnungspunkte 20 und 21 im Einvernehmen zwischen den Fraktionen von der Tagesordnung abgesetzt werden. Es handelt sich dabei um die Zweite Lesung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten Maget, Irlinger, Goertz und anderer (SPD) zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes, Drucksache 14/8602, und um die Zweite Lesung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes und des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs, Drucksache 14/9152. Die Konnexität lässt grüßen. Vertagt.

Jetzt rufe ich auf:

Tagesordnungspunkt 14

Haushaltsplan 2003/2004;