Protokoll der Sitzung vom 10.12.2002

Haushaltsplan 2003/2004;

Einzelplan 12 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz

Das Wort hat der Herr Staatsminister für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz. Bitte schön, Herr Kollege Sinner.

Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Die Megathemen des nächsten Jahrzehnts werden Arbeit und Gesundheit sein. Sie entscheiden darüber, ob in Zukunft soziale Kälte oder die soziale Geborgenheit regiert.“ Das stellt der Zukunftsforscher Horst W. Opaschowski in seinem Buch „Deutschland 2010“ fest.

Bessere Lebensbedingungen und medizinischer Fortschritt haben in den letzten Jahren nicht nur die Lebenserwartung, sondern auch die Rentenbezugsdauer verlängert. In Großbritannien werden über 70-Jährige aus Kostengründen schon nicht mehr an die künstliche Niere angeschlossen. Auch bei uns wird über die Rationierung medizinischer Leistungen nachgedacht. Lebenserwartung und Lebensqualität, meine Damen und Herren, hängen sehr viel mehr vom individuellen Lebensstil, der körperlichen Bewegung, den Ernährungsgewohnheiten und der Lebenszufriedenheit ab als möglicherweise von Pillen und medizinischer Behandlung. Droht vielleicht eine Zwei-Klassen-Medizin, bei der sich Eltern von ihren Kindern zu Weihnachten ein neues Hüftgelenk oder einen Herzschrittmacher schenken lassen? „Frohes Fest!“ kann man da nur sagen, wenn die Visionen Opaschowskis zur Weihnacht Wirklichkeit werden.

Unsere Antwort ist ein Paradigmenwechsel in der Gesundheitspolitik, und dies gilt auch für die Verbraucherschutzpolitik insgesamt. „Prävention statt Reparatur“ muss die Devise für die nächsten Jahre sein. „Eine Krankheit zu heilen, wenn sie ausgebrochen ist, ist genauso wie einen Brunnen zu graben, wenn man Durst hat“, sagt ein chinesisches Sprichwort. Deshalb ist in der Gesundheitspolitik ein langer Atem und eine nachhaltige Strategie gefordert.

Das Megathema Gesundheit gehört seit Jahren zu den schärfsten Reizthemen in Deutschland. Die Ausgabensteigerung frisst unsere Ressourcen auf. Eine ZweiKlassen-Medizin ist schon teilweise Realität. Die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt befindet sich im freien Fall und sucht krampfhaft nach irgendwelchen Haltegriffen. Die Bundesregierung kuriert nach wie vor hilflos an den Symptomen herum und beschließt immer neue Regulierungsmechanismen, obwohl das Gesundheitswesen mit über 50 Gesetzen und über 7000 Verordnungen bereits eindeutig überreguliert ist.

Meine Damen und Herren, viele der Ursachen sind längst bekannt: Etwa jede dritte Erkrankung geht zurück auf einen ungesunden Lebensstil. Dies sind vor allen Dingen Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauf-Krankheiten. Diese verursachen auch ein Drittel der Gesundheitskosten. Wir bewegen uns immer weniger, auch hier im Plenum ist die Bewegung manchmal zu wenig. Der Missbrauch von Alkohol und Nikotin steigt an. Jeder Dritte von uns leidet unter Bluthochdruck, bei drei von vieren ist der Cholesterinspiegel zu hoch, 20% von uns wiegen zu viel – auch Kinder schon. Schuld daran ist fast immer eine falsche Ernährung, oft schon von der frühesten Kindheit an.

Meine Damen und Herren, wir haben deshalb in Bayern erstmals die beiden Aufgabenbereiche Gesundheit und Ernährung in einem Ressort vereint. Dies ist ein modernes Verständnis staatlicher Ernährungspolitik und schafft Synergieeffekte.

„Prävention statt Reparatur“ ist allerdings eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und auch die Bundesregierung ist hier gefordert: erstens mit einer konsequenten gesundheitspolitischen Strukturreform aus einem Guss, weg von Vollkasko mit Freifahrschein hin zu mehr Eigenverantwortung, für mehr Transparenz und Wettbewerb der Anbieter; zweitens mit einer vernünftigen, soliden, wachstumsorientierten Gesamtstrategie in der Finanz-, Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, die unsere Versorgungssysteme endlich wieder entlastet.

Aber was ist die Wirklichkeit? Der „Economist“, auf Visite beim kranken Mann Europas, Deutschland, stellt eine verheerende Diagnose: „Time for a change in Germany“ war das Rezept nicht nur für die Gesundheitspolitik. Ohne eine schlüssige Gesamtstrategie für Wirtschaftsund Finanzpolitik wird die fällige Reform des Gesundheitswesens in Deutschland scheitern. Eher bekommt ganz Europa Grippe, wenn Deutschland weiter hustet.

Ich sage sehr deutlich: Das heutige System vernachlässigt die Motivation der Versicherten, den Wettbewerb der Anbieter und wird durch falsche Anreize fehlgesteuert.

Es honoriert weder einen gesundheitsbewussten, vorsorgenden Lebensstil noch die eigenverantwortliche Inanspruchnahme kurativer Versicherungsleistungen.

Das Bayerische Gesundheitsministerium sieht sich hier als Innovationsmotor. In diesem Sinn wollen wir neue Schwerpunkte setzen. Für den notwendigen Paradigmenwechsel in der Gesundheitspolitik steht unsere Gesundheitsinitiative „Bayern Aktiv“. Alle am Gesundheitswesen Beteiligten wirken darin als Partner zusammen: Ärzte, Kliniken und Krankenkassen, Behörden, Verbände, Unternehmen und auch die Kommunen. Wir wollen jeden einzelnen Bürger unter dem Motto „Unternehmen Gesundheit, Gesundheit unternehmen“ zum Mitmachen motivieren. Die Handlungsfelder dieser Gesundheitsinitiative reichen von gesunder Ernährung, Bewegung über die Früherkennung von Krankheiten bis zur Auswertung gesundheitsstatistischer Daten mit dem Ziel einer stärker evidenzbasierten Medizin.

Meine Damen und Herren, Gesundheit und medizinischer Fortschritt sind wichtige Wirtschaftsfaktoren. Dazu einige kleine Beispiele: Die direkte Behandlung eines Schlaganfallpatienten kostet ambulant 12000 e pro Jahr, in einer Klinik etwa das Dreifache. Diese Zahlen nennt ein Präventionsprojekt der Gesundheitsinitiative, das Erlanger Schlaganfallregister. Wir fördern in Erlangen auch ein Projekt „Talking eyes“, das Schlaganfallrisiken frühzeitig erkennen soll.

Überaus effizient sind auch Kampagnen zur Verhütung und Früherkennung von Darmkrebs. Mit Hilfe solcher Aktionen ist es in den USA gelungen, die Sterblichkeitsraten bei dieser Diagnose fast zu halbieren. Deshalb fördern wir im Rahmen von „Bayern aktiv“ gezielt Projekte zur Darmkrebsprävention.

Bayern ist seit langem auch der Gesundheitsstandort Nummer eins in Deutschland. Je mehr wir den Wachstumsmarkt Gesundheit fördern, desto kraftvollere, neue Impulse erhält Bayern auch als Wirtschaftsstandort. Allein neun Millionen Deutsche haben Interesse an einem Gesundheitsurlaub. Die Gesundheitswelle mit Wellness und Fitness wächst lawinenartig. Den bayerischen Kur- und Fremdenverkehrsorten eröffnen sich realistische Chancen für neue Märkte. Wir fördern dieses neue Gesundheitsbewusstsein. Wir wollen unsere Bäder zu Gesundheitsregionen vernetzen. Wer hier tatenlos abwartet, verschwendet Ressourcen. Prävention schafft Lebensqualität und spart Geld.

Ich bedanke mich beim Haushaltsausschuss dafür, dass es gelungen ist, trotz schwieriger Haushaltssituation unsere Gesundheitsinitiative, die wir im letzten Jahr mit 5,1 Millionen e dotiert hatten, für die kommenden Haushaltsjahre jeweils auf 8 Millionen e aufzustocken. Neben dieser Gesundheitsinitiative haben wir natürlich im Bereich der Prävention weitere erhebliche Mittel für das staatliche Impfprogramm an Schulen und zum Kampf gegen AIDS eingeplant. Unsere Prävention gegen AIDS ist hervorragend. Aber weltweit gerät AIDS mit Zuwachsraten von 1300% im Ostblock außer Kontrolle, sodass hier kein Nachlassen der Prävention angezeigt ist. Wir planen ein neues Programm zur Suchtbekämpfung und zur Drogentherapie. Wer heute in der politischen Arena

die Freigabe von Cannabis fordert, ist eindeutig auf dem falschen Dampfer.

(Beifall bei der CSU)

Wir müssen legale Drogen stoppen und können keine neuen illegalen Drogen zulassen, wie es die GRÜNEN immer wieder versuchen. Wir haben in diesem Bereich Ansätze in Höhe von insgesamt 14,5 Millionen e.

Auch das Thema „Frauen und Gesundheit“ gewinnt an öffentlicher Bedeutung. Ich bin Frau Staatssekretärin Görlitz dafür dankbar, dass sie das Forum „Frauen und Gesundheit“ ins Leben gerufen hat, das den Erfahrungsund Informationsaustausch insbesondere zwischen Wissenschaft, Praxis und Politik herstellen soll, und das auch den gesundheitspolitischen Handlungsbedarf transparent macht. Die Themen sind: Osteoporose, AIDS, Sucht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie „Frauen und Arbeitswelt“. Auch der Bayerische Landtag bestärkt uns mit einem entsprechenden Beschluss zur Frauengesundheit auf diesem Weg.

Weitere wichtige Felder unserer Politik sind das Arbeitsumfeld und eine gesunde Umwelt. Arbeitsplatz und Umwelt sind wichtige Felder staatlicher Risikovorsorge. Das Thema „Gesundheit am Arbeitsplatz“ verlangt unsere ganze Aufmerksamkeit. Wir stellen fest, dass wir in Bayern einen ganzheitlichen Ansatz haben, während im Gegensatz dazu die Bundesregierung diese Aufgabe auf die Ressorts Arbeit, Gesundheit und Umwelt verteilt hatte. Jetzt hat sie die Situation noch „verschlimmbessert“. Superminister Clement hat inzwischen auch den Arbeitsschutz und die Arbeitsmedizin anvertraut bekommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, dass Clement schon mit dem Arbeitsmarkt überfordert ist, seit er versucht hat, das Hartz-Konzept umzusetzen. Wir wissen mit Sicherheit, dass er auch von der Arbeitsmedizin absolut gar nichts versteht. Deswegen werden von dort keine Impulse kommen.

Arbeit ist nicht mehr das halbe Leben. Die neue Formel der Arbeitswelt heißt: 0,5 x 2 x 3. Das heißt, die Hälfte der Mitarbeiter verdient doppelt so viel und muss dafür dreimal so viel leisten wie früher. Mit dieser griffigen Formel beschreibt Opaschowski die Arbeitswelt der Zukunft. Die Mitarbeiter von morgen werden etwa 20 bis 30 Jahre Höchstleistungen in der Erwerbswelt bringen müssen. Danach – so die Prognose – sind sie verbraucht, werden sie nicht mehr gebraucht oder sind nur schwer vermittelbar, obwohl noch 30 Lebensjahre auf sie warten.

Die Ursachen sind bekannt, und das Belastungsspektrum verschärft sich insgesamt immer mehr. Die Folge sind Fehlzeiten und Frühpensionierung in großem Umfang. Dies summiert sich in Deutschland inzwischen zu ganz erheblichen volkswirtschaftlichen Kosten in der Größenordnung von annähernd 100 Milliarden e pro Jahr.

Lebensqualität zu erhalten und Kosten dieser Art zu senken, sind unser Ehrgeiz und unsere Aufgabe als Gesundheitsministerium. Wir setzen dabei an den Wurzeln an: bei den psychischen Belastungen, bei den Krankheits- und bei den Unfallursachen. Diese können

wir durch Folgendes reduzieren: Motivation und gezielte Informationen, professionelle Projektarbeit, Förderung der Eigenverantwortung und durch die Einführung des von uns zu diesem Zweck eigens entwickelten Arbeitsschutzmanagements – Occupational health and risk management system – in möglichst vielen Betrieben. Diesen Aufgaben widmen sich unsere Gewerbeaufsichtsämter und das Landesamt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik. Sie alle leisten eine gezielte, sehr effiziente Arbeit.

Der Verbraucherschutz wird national und international immer mehr zu einer Kernaufgabe des Staates. Vorreiter waren die Vereinigten Staaten von Amerika. Schon 1962 formulierte J. F. Kennedy die „Grundrechte der Verbraucher“, nämlich ihre Rechte auf sichere Produkte, auf freie Wahl, auf politische Interessenvertretung und auf umfassende Information. Zu den wichtigsten Antworten auf diese Forderungen zählt heute die U.S.Food and Drug Administration – FDA –, die in den USA für die Sicherheit von Lebens- und Arzneimittel sowie sonstigen Produkten bürgt – seit langem mit bestem Ruf und in starker Position, sonst wäre ihr aktueller Haushalt 2002/2003 nicht um ein Drittel erhöht worden.

Europa hat demgegenüber das Thema „Verbraucherschutz“ erst viel später entdeckt. Der Präsident der EUKommission Romano Prodi hat 1998 die Generaldirektion „Gesundheit und Verbraucherschutz“ gebildet. Im Jahr 2002 wurde eine neue Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit gegründet. Deshalb gilt es umso energischer, auch in Deutschland den Verbraucherschutz voranzutreiben. Bayern ist damit schon immer vertraut. Das älteste Lebensmittelgesetz der Welt ist das Bayerische Reinheitsgebot für Bier von 1516.

(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Berliner brauchten bis 1873, bis ein Deutsches Reinheitsgebot kam. Diesen Unterschied merkt man auch heute noch ab und zu, dass Bayern beim Reinheitsgebot und bei anderen Dingen der Vorreiter war.

(Beifall bei der CSU)

Weitgehend in Vergessenheit geraten ist die bayerische Gründung der Stiftung Warentest in Nürnberg. Trotzdem kam diese Idee aus Nürnberg, auch die Franken haben den Verbraucherschutz in Deutschland bahnbrechend vorangebracht.

Wir haben im letzten Jahr spiegelbildlich zu den Brüsseler Entscheidungen das Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz aufgebaut. Dies ist ein zukunftsweisender Schritt. Inzwischen haben vier Ländern nachgezogen und die Bezeichnung „Verbraucherschutz“ in einem Geschäftsbereich angenommen. Sachsen-Anhalt kommt dabei unserem Modell am nächsten. Dieser neue Geschäftsbereich mit seinen drei Säulen – Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz – ist im politischen Programm der Bayerischen Staatsregierung ein neuer Schwerpunkt.

Zu den zentralen Prämissen unserer Gesundheit gehören chemisch und biologisch einwandfreie Lebensmittel. Dafür sind nach dem Prinzip der Produzentenhaftung in erster Linie die Hersteller verantwortlich. In Bayern sind es über 210000 Betriebe, die Lebensmittel herstellen, verarbeiten oder vertreiben. Wir alle wissen, dass dies in der Praxis leider nicht ohne konsequente Kontrollen funktioniert. Unser Ziel ist allerdings kein Überwachungs- oder Polizeistaat, sondern das Orten schwarzer Schafe, die Beseitigung von Mängeln und die Motivation der Unternehmen zur Selbstkontrolle. Im Mittelpunkt steht die Sicherheit des Verbrauchers; denn dieser hat ein Recht auf gute Ware und gute Leistung für sein gutes Geld.

Der CSU-Fraktionsvorsitzende Alois Glück formulierte im Sonderplenum des Bayerischen Landtags am 9. Januar 2001:

Wir werden wachsam und konsequent sein und das Mögliche für die Gesundheitsvorsorge der Menschen und die wirtschaftlich Betroffenen tun. Darauf können sich die Menschen in Bayern verlassen.

Der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes Gerd Sonnleitner erwartet in einer Presseerklärung vom 21. Januar 2001

rigoroses Vorgehen gegen alle, die in der Schweinemast kriminell handelten. Schwarze Schafe in den eigenen Reihen werden nicht gedeckt.

Zitatende. Leider, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind schwarze Schafe eine „Tierart“, die mit Sicherheit nicht vom Aussterben bedroht ist. Wir sollten ihnen aber das Überleben und ihr parasitäres Dasein zulasten der vielen weißen Schafe so schwer wie möglich machen.

Konkret heiß das: Wir werden unabhängig von der Eigenverantwortung der Erzeuger in Bayern unser dreistufiges Kontrollmodell mit in der Regel gut funktionierenden Eigenkontrollen, mit Systemkontrollen über Qualitätssicherungssysteme, ergänzt durch die regelmäßige amtliche Überwachung in Bayern versuchen, die Lebensmittelsicherheit so weit wie möglich zu garantieren.

Dafür haben wir die Kompetenzzentren an den Landratsämtern. Wir sagen auch deutlich, dass Verbraucherschutzpolitik mehr leisten muss als nachlaufende Kontrollen und Krisenbewältigung. Sie muss Gefahren und Risiken schon im Vorfeld identifizieren und präventiv Gegenstrategien entwickeln – und zwar im Interesse der Verbraucher und im wohlverstandenen Interesse der Wirtschaft.

Zugleich müssen wir den Verbraucher durch offene Risiko-Kommunikation risikomündig machen. Wir dürfen ihm keine 100-Prozent-Sicherheit vorgaukeln, sondern wir müssen ihn in die Lage versetzen, Risiken objektiv zu bewerten und sein Verhalten darauf abzustellen. Risikoanalyse, Risikovorsorge und Risikokommunikation müssen untrennbar Hand in Hand gehen. Meine Damen und Herren, es gibt bei uns und überall auf der Welt kein NullRisiko. Das muss mit aller Deutlichkeit gesagt werden.

Wie beugen wir Risiken der Verbraucher frühzeitig vor? – Wir haben dazu die beiden Landesuntersuchungsämter Nord und Süd zu einem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vereinigt. Die Behörde hat über 800 Mitarbeiter. Die alten Ämter waren sehr leistungsstarke Großlabors. Das neue Amt erfüllt weitere und schwierigere Aufgaben als Scharnier zwischen Wissenschaft und Praxis, als Denkfabrik des Ministeriums und als Dienstleister der Kompetenzzentren an den Landratsämtern. So entsteht eine Art RisikoLandkarte. Das LGL arbeitet auch selbstständig bei anwendungsorientierten Forschungsprojekten mit – etwa zur Antibiotika-Belastung des Trinkwassers. Wir wollen eine Partnerschaft mit der bayerischen Lebensmittelwirtschaft. Als Ziel streben wir den „Pakt für sichere Lebensmittel“ und den „Pakt für sichere Futtermittel“ an, der über gesetzliche Forderungen hinausgehend die Qualitätssicherungssysteme der Wirtschaft mit denen des Staates vernetzt und damit eine breite Basis für Risikoanalyse und Risikovorsorge schafft.

Meine Damen und Herren, der Verbraucherschutz in Bayern ist aber nicht nur durch sein Konzept und seine Ressourcen stark, sondern auch durch seine effiziente Organisation.

Die Staatsregierung hat bei der Gründung des Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz größten Wert auf die saubere Trennung der Ressortzuständigkeiten gelegt. Wer die Erzeugung fördert, soll nicht in Interessenskonflikte geraten, wenn er seine Politik zugleich kontrollieren und möglicherweise korrigieren muss. Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft von Renate Künast als Umsetzung der fixen Idee „Produktion und Kontrolle unter einem Dach“ beweist, dass es zu unlösbaren Zielkonflikten kommen kann.

Rot-Grün preist wie Sauerbier ein Ressortmodell, das Verbraucherschutz zum Anhängsel der Landwirtschaftspolitik und umgekehrt Landwirtschaftspolitik zum Anhängsel des Verbraucherschutzes degradiert. Der verbraucherpolitisch zentrale Schlüsselbereich Produktund Gerätesicherheit, Chemikaliensicherheit und Arbeitsschutz ist in Berlin auf eine Vielzahl von Ministerien verteilt. – Falsch gestrickt.

(Beifall bei der CSU)

Dieser Organisationsansatz ist ideologisch begründet. Es wurde zwar nachgebessert. Doch nach wie vor gibt es Schwachstellen.

Fast schon vergessen ist der Nitrofen-Skandal und Frau Künasts überhastete Pressekonferenz mit der Schnellmeldung: „Alles ist aufgeklärt“ – richtig war exakt das Gegenteil. Doch warum kennt sie die Details bis heute noch nicht? – Weil zu viele getrennte Ämter und Ministerien beteiligt waren. Die Folge sind Missverständnisse, Irrläufer, Chaos.

Dieselbe Zersplitterung setzt sich auch in den neuen Bundesbehörden fort. Ihre Aufgaben sind Risikobewertung und das Risikomanagement im Krisenfall und die ohnehin schon schwierige Vermittlung zwischen der EU