Dass die zwei vormaligen Ministerien Landwirtschaft und Forsten sowie das Staatsministerium für Arbeit, Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit ein deutlich geringeres Haushaltsvolumen verursacht haben, können nicht einmal Sie bestreiten; die Zahlen stehen ja im Haushalt. Ich darf sie einmal kurz darlegen: Das Landwirtschaftsministerium ist in seinen Ansätzen im ersten Nachtragshaushalt mit 23,7 Millionen e und jetzt im Ansatz für das Jahr 2003 mit 23,6 Millionen e völlig gleich geblieben. Man hat zwar die Kompetenzen dieses Ministeriums kräftig zusammengestutzt, die Kosten sind aber völlig gleich geblieben; da hat sich nichts getan. Die Gesamtkosten für das Ministerium im Einzelplan 10 betrugen im ersten Nachtragshaushalt 31,6 Millionen e, im vorliegenden Haushaltsplan 2003 betragen die Gesamtkosten für die zwei Ministerien einmal im Einzelplan 10 27,2 Millionen e und im Einzelplan 12 17,28 Millionen e, zusammen also 44,48 Millionen e. Dort, wo er aufgeteilt worden ist, hat sich der Ansatz von 31,61 Millionen e auf 44,48 Millionen e erhöht. Das ist eine kräftige Erhöhung, es sind gut 13 Millionen e, und das jedes Jahr. Wenn man es richtig rechnet, ist es eine Steigerung um 40%.
Die Lebensmittelkontrolleure, denen man jetzt eine Nullrunde vorschreiben will, werden für eine solche Argumentation sehr dankbar sein, wenn sie hören: Der Wasserkopf ist kräftig gewachsen, aber bei ihnen muss jetzt gespart werden.
Bei der Vorstellung Ihres ersten Haushalts stellten Sie eines in den Vordergrund: Sie wollten umpolen von der
Reaktion zur Aktion. Sie wollten mehr Lebensmittelsicherheit erreichen, und zwar mit mehr Kontrollen und aktivem Verbraucherschutz, durch innovative sichere Schlachttechniken, durch intensive BSE-Forschung, mit der geplanten DNA-Rinderdatenbank, durch Qualitätssicherungssysteme und durch intensive Öffentlichkeitsarbeit.
Man fragt sich natürlich heute: Was ist daraus geworden? Herr Minister Sinner, die Öffentlichkeitsarbeit ist sicher sehr intensiv gewesen. Das hat ja bereits im Haushaltsausschuss zu einer ganz netten Debatte geführt. Ob sie wirksam war, lasse ich einmal dahingestellt. Viel war es auf jeden Fall und vieles kam uns allen miteinander auch recht bekannt vor. Die Neuauflagen vieler Broschüren und Flyers haben sich oftmals nur dadurch unterschieden, dass das Bild von Minister Miller und Staatssekretärin Deml durch das von Staatsminister Sinner und Staatssekretärin Görlitz ersetzt worden ist, das Ersetzen von Frau Stamm war in vielen Broschüren eine ebenso notwendige Übung. Auch dafür ist furchtbar viel Geld ausgegeben worden.
Was aber, so glaube ich, schlimmer ist: Banalitäten und Rivalitäten mit Berlin prägen einen ganz beträchtlichen Teil Ihrer Presseerklärungen. Wer sich einmal die Mühe macht, Ihre Presseerklärungen einen Monat lang zu verfolgen, der wird das selber schnell erschreckend feststellen. Ob diese Öffentlichkeitsarbeit das große Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger nach echter, gesicherter Information erfüllt, das ja bei dem Bürgergutachten – Sie haben es ja vorher selber erwähnt –, das Sie selber in Auftrag gegeben haben, sehr deutlich zum Tragen gekommen ist, bezweifle ich sehr. Würden wir die Bürger heute fragen und ihnen dabei dieselben Fragen stellen, bekämen wir, da bin ich mir sicher, dieselben Antworten wie damals.
Der Begriff faire, fachliche und sachliche Information stammt aus dem Bürgergutachten. Wenn ich dagegen stelle, was an Informationspolitik läuft, muss ich sagen: Ein Drittel – ich habe es ein bisschen durchgezählt – dieser Pressemitteilungen setzen sich mit Künast auseinander, und zwar in zum Teil, man kann fast sagen, bissiger Form. Ich habe ab und zu den Eindruck, Sie haben ein bisschen Probleme mit der Popularität und den Erwartungen, die die Bürger an Künast stellen, weil Sie denen einfach nicht nachkommen können.
Da täuschen Sie sich ganz gewaltig, da kennen Sie die echten Daten nicht oder Sie wollen sie nicht zur Kenntnis nehmen.
Die Mittel für die DNA-Rinderdatenbank sind in dem neuen Haushalt auf weniger als ein Fünftel zurückgestutzt worden. Statt der geplanten 2,6 Millionen e weisen sie nur noch 427000 e aus; im Jahr 2004 genau das Gleiche. Es ist relativ einfach zu definieren: weniger Geld bedeutet auch hier weniger Quantum, weniger Qualität und weniger Informationen, um Verbraucherschutz wirklich durchzuführen.
Erhöhte Forschungsmittel für BSE, wie Sie sie vorhin angekündigt haben, konnte ich in Ihrem Haushalt in der Summe nicht finden. Innovativere, sichere Schlachttechniken waren ein Begriff – Schlachttechniken, die über das Maß hinaus gehen, wie sie in anderen Bundesländern praktiziert werden, sind ausgeblieben. Um das „Ingolstädter Modell“, über das man am Anfang viel diskutiert hat, ist es mehr als ruhig geworden.
Qualitätssicherungssysteme – ein Wort dazu: Im Oktober 2000 haben Sie gemeinsam mit Miller oder Miller mit Ihnen das Qualitäts- und Herkunftszeichen „geprüfte Qualität in Bayern“ vorgestellt. Sie haben in Ihrem Hause die Aufgabe der Kontrolle der Kontrolleure. Mehr als Presseerklärungen liegen derzeit nicht vor. Es kann wohl auch nicht anders sein – ich will es auch nicht so sehr kritisieren –, es ist ja gerade einen guten Monat her. Aber das dann bereits als Erfolg zu verkaufen, übersteigt die Realitäten. Wer miterlebt hat, wie schwer die Geburt dieses Zeichens war, wird warten müssen. Wir wünschen uns einen großen Erfolg, aber den sollten wir erst dann feiern, wenn er tatsächlich eingetreten ist.
Was dabei auch ein bisschen aufgefallen ist: Wenn man in der letzten Woche das Wochenblatt richtig gelesen hat, konnte man sehen, dass sich der Bauernverband in seiner Herbsttagung intensiv mit Verbraucherschutz und Qualitätssicherung auseinandergesetzt hat. Entweder Sie sind nicht vorgekommen oder Sie waren nicht eingeladen.
Von Verbraucherschutz war dort auf jeden Fall nichts mehr zu hören. Minister Miller hat es mit den Bauern wieder alleine gemacht. Ich habe den Eindruck, dort sind sie schon ausgegrenzt. Sie braucht man in diesem Bereich nicht mehr.
Was die BSE-Kontrollen anbelangt, so ist zwar mächtig kontrolliert worden, doch der Skandal über die Qualität der Prüfung in zugelassenen und nichtzugelassenen Laboren hat das Vertrauen in die Lebensmittelkontrollen sicher schwer geschädigt. In diesem Zusammenhang, Herr Staatsminister, wo ist eigentlich das zweifelhaft getestete Fleisch gelandet? Wir haben nie wieder etwas von dem Fleisch gehört, das damals vom Markt genommen und eingelagert werden musste. Ich hoffe im Interesse der Verbraucher und Erzeuger, dass das Ausschreibungsverfahren mit klaren und nachvollziehbaren Qualitätsstandards die Qualität der Tests auch wirklich gewährleistet. Wenn dabei noch Kosten gesenkt und darüber hinaus Verwaltungskosten eingespart werden können, ist das sicher zu begrüßen. Eines aber ist sicher: Einen zweiten Fehlschuss bei diesen Testverfahren werden Sie, Herr Minister, als Minister nicht mehr überleben.
Wenn Sie heute und hier an den Nitrofen-Skandal erinnern und dabei kräftig in Richtung Berlin und Frau Künast schlagen, dann sehen Sie nicht besonders gut aus, Herr Minister. Jeder denkt dann sofort an Ihr dama
Über die Sinnhaftigkeit und die Notwendigkeit von BSETests bei der Schlachtung von Rindern unter 30 und vor allem unter 24 Monaten Lebensalter darf nachgedacht werden, das zeigen die Untersuchungsergebnisse. Was uns aber nach wie vor fehlt sind gesicherte Forschungsergebnisse. Sonst wäre man sicher in der Lage, relativ schnell Entscheidungen zu treffen.
Was aber ist aus den anderen Kontrollen geworden, was ist zu erwarten gewesen? – Ich glaube, das zeigt ein ganz aktuelles Beispiel. Am letzten Donnerstag wurde in diesem Hause durch die Änderung des Lebensmittelsüberwachungsgesetzes die Zuständigkeit für die Kontrollen bei der Rindfleischetikettierung auf Ihr Haus übertragen. Seit September 2000 ist die Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit bei Rindfleisch von der Theke bis zum Erzeuger ein zentrales Thema des Verbraucherschutzes geworden. Seit 01. 01. 2002 muss angegeben werden, wo die Tiere geboren, gemästet, geschlachtet und zerlegt worden sind. Dies ist notwendig und muss kontrolliert werden, darin sind wir uns einig. Klar ist auch, dass die Zuständigkeit besser in Ihrem Hause als im Landwirtschaftsministerium untergebracht ist. Was aber bisher vollzogen worden ist – im Kern wohl nichts –, und wie die Beratungen dieses Gesetzentwurfs hier im Haus abgelaufen sind, das ist für den bayerischen Verbraucherschutz ein Trauerspiel.
Ich möchte aufzeigen, wie das abgelaufen ist: In der ersten Drucksache mit der Nummer 14/9150 – ich denke, sie wird noch Seltenheitswert bekommen, weil sie ganz schnell wieder aus dem Verkehr gezogen worden ist – war noch zu lesen:
Im staatlichen Bereich ist der Gesetzentwurf insoweit kostenneutral, als an die Stelle von staatlichem Kontrollpersonal der Landesanstalt für Ernährung, das staatliche Personal der Landratsämter tritt. Hinzuweisen ist aber darauf, dass die Landesanstalt für Ernährung über derartiges Personal nicht verfügt.
Diese Version wurde also ganz schnell aus dem Verkehr gezogen. Anschließend wurde darauf hingewiesen, dass man künftig wohl 40 zusätzliche Stellen und weitere 6 Verwaltungsbeamte mit einem Kostenvolumen von 1,5 Millionen e braucht, um diesen Gesetzentwurf umzusetzen. Als der Gesetzentwurf dann im April 2002 beraten wurde, hat man uns erklärt, die Landratsämter seien bereits angewiesen, diese Kontrollen vor Ort durchzu
führen. Ich habe mich daraufhin vor Ort etwas erkundigt und musste feststellen, dass die Lebensmittelkontrolleure weder Vollzugsrichtlinien hatten noch dass sie eingewiesen waren. Sie sollten aber bereits Tätigkeitsberichte nach München liefern. Sie haben also noch nicht gewusst, was sie machen sollen, aber sie haben bereits die Erfolge gemeldet.
In den Verhandlungen über den Entwurf des Doppelhaushalts 2003/2004 ist zu klären, ob die Überwachung der Rindfleischetikettierung im Geschäftsbereich des Staatsministeriums mit bereits vorhandenen Stellen und Mitteln erledigt werden kann. Wenn nein muss geklärt werden, in welchem Umfang Stellen und Mittel wegen der Änderung des Lebensmittelüberwachungsgesetzes zusätzlich erforderlich sind.
Durch die Aufgabenzuweisung an die Lebensmittelüberwachungsbehörden (Landratsamt, Kreisfreie Städte) fallen auf kommunaler Ebene zusätzliche Kosten in derzeit nicht qualifizierbarer Höhe an.
Bei der Mitberatung im Landwirtschaftsausschuss stand die Kostenfrage dann wieder im Mittelpunkt. Die Staatsregierung konnte auch keine Angaben zu den Kosten machen. Der Landwirtschaftsausschuss hat dann einstimmig beschlossen, folgenden Satz in die Begründung aufzunehmen: „Die Finanzausgleichsmittel sind bei Bedarf entsprechend zu erhöhen“. Im Haushaltsausschuss räumte die Staatsregierung dann ein, dass die notwendigen Personalmehrungen nicht Eingang in den Haushaltsplan gefunden hätten. Das bedeute, dass die Kontrollen künftig mit dem vorhandenen Personal durchgeführt werden. Herr Kiesel verwies damals im Ausschuss auf die Möglichkeit der Fremdvergabe aus Mitteln des Einzelplanes 12 in Höhe von 2 Millionen e. Man hat ihn aber dann schnell belehrt, dass diese Mittel bereits für den Vollzug der Trinkwasserverordnung verplant sind.
Zum Schluss bleibt also die Aussage: „Wenn Verstöße festgestellt werden, können Gebühren erhoben werden.“ Deshalb ist die Einsparung weder von Stellen noch von Mitteln geplant. – Ist das nicht ein wunderbares Beispiel für Herrn Traublinger, wie in Bayern der Mittelstand entlastet und gefördert wird?
Eines aber haben Sie geschafft, Herr Minister, bevor das Gesetz in Kraft getreten ist: Das Faltblatt war bereits fertig. Es war auch schon an die Ämter verteilt.
Das Faltblatt ist mit der großen Hoffnung formuliert worden, dass die Anbieter mehr auf das Etikett schreiben, als gesetzlich dafür vorgeschrieben ist. Dann sind Sie für die Kontrollen nicht mehr zuständig, und man kann kräftig auf Berlin verweisen und darauf, dass man es dort gefälligst ordentlich zu machen hat. Das sind die vertrauensbildende Maßnahmen, Herr Minister. Sie sollten Hausaufgaben machen, anstatt in blumigen Reden die eigene Probleme zu beschreiben und in bösen Reden über andere herzuziehen.
Was ich geschildert habe, ist die Realität. So sieht es aus, wenn es um Geld für den bayerischen Verbraucherschutz geht. Es ist nicht so, wie in den schönen Reden, die Sie vorhin gehalten haben. Realität ist vielmehr, dass die Verbraucherzentrale in Bayern ein Schattendasein führt, weil die nötige Finanzausstattung fehlt. Von einem flächendeckenden Angebot, wie es in anderen Bundesländern vorhanden ist, ganz zu schweigen. Schon eine geringfügige Verbesserung der Finanzausstattung haben Sie abgelehnt. Realität ist auch, dass sich in der Ernährungsberatung nichts verändert hat. Sie haben heute unter dem Titel „Kompetenzzentrum“ in den Landratsämtern das Gleiche, was Sie früher an den Landwirtschaftsämtern gemacht haben. Vormals hat man denen vor Ort misstraut, weil sie Teil der Landwirtschaftsverwaltung waren. Heute sind sie dem Landrat unterstellt, dass ist nicht viel besser. In der Zwischenzeit zeichnet sich immer mehr ab, dass sie jetzt der Veterinärabteilung unterstellt werden.
Herr Minister, auch ich habe Tierernährung studiert. Wenn Sie mich anschauen, sehen Sie ein lebendes Beispiel dafür, dass ich als Ernährungsberater nicht geeignet bin.
Sie sollten das den Ernährungsberatern und Ernährungsberaterinnen vor Ort auch nicht zumuten, indem Sie sie unter die Kuratel der Veterinäre stellen.
Über die Realität im Gesundheitswesen und bei der Prävention wird Frau Kollegin Hirschmann noch sprechen. Ich darf noch einmal zusammenfassen: Die Realität in Bayern beim Verbraucherschutz, bei der Verbraucherinformation und bei der Prävention ist die, dass sich kaum etwas verbessert hat.