Zweitens. Sie tun so, als fände in der Familienpolitik, in der Politik für die Kindertagesstätten im bayerischen Haushalt eine Negativentwicklung statt. Das ist doch völlig falsch; da lügen Sie sich in die eigene Tasche. Der Freistaat Bayern stellt jährlich über 250 Millionen e für den laufenden Betrieb zur Verfügung und darüber hinaus für den Ausbau weiterer Plätze in den nächsten fünf Jahren mehr als 313 Millionen e. Das sind Größenordnungen, die zeigen, der frühkindliche Bereich ist ein Schwerpunkt bayerischer Politik. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis.
Meine Damen und Herren, wenn ich Ihre Worte gehört habe, hatte ich den Eindruck, wir leben in einer anderen Welt.
Der qualitative Ansatz in der frühkindlichen Erziehung, Bildung und Betreuung ist der entscheidende. Deswegen bin ich wie die Fraktion der Meinung, dass der Schwerpunkt nicht ausschließlich und in erster Linie auf finanztechnischen Diskussionen über die künftige Finanzierung der Kindertagesstätten liegen muss, kann, soll und darf, sondern in der Qualität und in der inhaltlichen Weiterentwicklung in den Einrichtungen, also in der Qualität und in der Struktur. In der Konsequenz bedeutet das für mich, dass wir in diesem Hause mit allen, die betroffen sind, die Entwicklung einer qualitativ hochwertigen Erziehung mit dem Erziehungs- und Bildungsplan aktiv begleiten müssen.
Wir müssen die Einrichtungen in ihren Strukturen zeitgemäß weiterentwickeln. Insofern ist der Modellversuch, der im Landkreis Landsberg am Lech und in der Stadt Bayreuth durchgeführt wird, notwendig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir in der gesamten Diskussion die Vorschläge, die Sie in Ihren Anträgen machen, nur als punktuell und zum Teil als überhaupt nicht hilfreich ansehen müssen. Was das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr betrifft, darf ich feststellen – Frau Kollegin Schopper hat das auch getan; insofern stimmen wir hier überein –, dass wir eine qualitative Verbesserung dadurch noch nicht erreichen.
Wir müssen die reale Situation betrachten. Heute besuchen 98% aller Kinder im kindergartenfähigen Alter die Einrichtungen. Ich habe erhebliche Zweifel, ob es gelingt und ob es rechtlich überhaupt möglich ist, die restlichen 2% auf die vorgeschlagene Art und Weise überhaupt zu gewinnen. Für deren Fehlen gibt es ganz andere Ursachen. Befassen Sie sich einmal damit.
Sie müssen sich einmal fragen, was die Ursachen dafür sind, dass diese Kinder die Einrichtungen nicht besuchen. Das sind gar nicht diejenigen, die Sie ansprechen wollen.
Die 70 Millionen e, die das mindestens kosten würde – ich gehe von vorsichtigeren Schätzungen als Frau Kollegin Schopper aus –, müssen wir für die gesamte Weiterentwicklung einsetzen. Wir hätten mit diesem Antrag in der Qualität überhaupt nichts gewonnen. Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass die Beiträge für Sozialschwache – wenn das Geld das Problem sein sollte – bereits heute nach dem Kinder- und Jugendhilferecht übernommen werden. Die soziale Dimension des Problems werden wir auf diese Art und Weise nicht lösen können.
Frau Kollegin Schopper, was den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN anbelangt, haben wir über Ihren Vorschlag bereits ausführlich im federführenden Ausschuss beraten. Gerade was die akademische Ausbildung von Erzieherinnen betrifft, stehen wir erst am Anfang der Diskussion. Wir müssen uns über alle Konsequenzen im Klaren sein. Wir werden das heute hier nicht ausdiskutieren können. Ich denke nicht, dass wir uns heute über alle Konsequenzen im Hinblick auf die Vergütungsstrukturen und die Gebührenstrukturen im Klaren sind.
Betreffend Ausstattungsfragen und Konzeptionen lassen Sie uns den Weg gehen, den Erziehungs- und Bildungsplan und das Finanzierungsmodell weiter zu diskutieren.
Dann werden wir für die Kinder, für die Eltern, für die Erzieherinnen und für die Einrichtungen in Bayern das Beste erreichen. Das tun wir auch dadurch, dass wir diese Anträge ablehnen. Die CSU-Fraktion wird den beiden Anträgen nicht zustimmen.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der Betreuung unserer Kinder hat in unserem Hause, im Familienministerium, einen ganz besonderen Stellenwert. Ich meine, es ist dort auch gut aufgehoben. Wir haben auf zwei Ebenen zu diskutieren:
Auf der einen Seite geht es um die Weiterentwicklung der Konzeption der Betreuung der Kinder und auf der anderen Seite um die finanzielle Begleitung. Ich glaube, dass beide Ebenen in ganz besonderer Weise von unserem Hause vertreten werden.
Zunächst, was die finanzielle Situation angeht – Kollege Unterländer hat gerade noch einmal die Zahlen genannt; sie waren ja heute Vormittag auch Gegenstand der Regierungserklärung –: 520 Millionen plus diese 313 Millionen. Damit kommt zum Ausdruck, dass dieses Thema uns in der Staatsregierung und der CSU-Fraktion ein wichtiges Anliegen ist.
Wir haben aber auch die Erkenntnis: Nichts ist so stabil, dass es nicht weiterentwickelt und verbessert werden müsste. Deswegen ist diese Diskussion, die wir eben führen, auch richtig. Wir müssen ständig an diesem System weiterentwickeln und neue sowie moderne Entwicklungen mit einfließen lassen. Aber eines ist schon klar – darin besteht auch letztlich der Streit –: Wir sagen, die Eltern sollen die Wahlfreiheit haben und der Staat hat dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen. Deswegen halte ich es auch für falsch, den Eltern eine Pflicht vorzugeben, das Kind in den Kindergarten zu schicken. Im Übrigen hat auch das Bundesfamilienministerium – wenn ich das kurz zitieren darf – die Einführung eines Kindergartenpflichtjahres im Hinblick auf die Erziehungsverantwortung der Eltern als verfassungsrechtlich unzulässig angesehen. Mich wundert es daher, dass Sie im Gegensatz dazu sagen, das sei zulässig und das sei die ideale Lösung. In diesem Punkt haben wir einen Widerspruch und so können wir das nicht stehen lassen.
Eine Verpflichtung – wenn ich das noch einmal sagen darf – ist doch überhaupt nicht notwendig. Kollege Unterländer hat gerade noch einmal deutlich gemacht, dass im Alter von fünf und sechs Jahren 98% unserer Kinder im Kindergarten sind. Die Eltern, die sich anders entscheiden, werden dafür ihren Grund haben. Ich halte es auch für falsch, die 2% zu verpflichten, ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken. Sie wollen – darin besteht auch die unterschiedliche Auffassung – mehr Staat und wir wollen mehr Eigenverantwortung. Darin liegt in Wirklichkeit der Grund.
Wir brauchen eher noch den Hinweis darauf, dass die ausländischen Kinder rechtzeitig in den Kindergarten gehen, um sie auf die schwierige Situation der Sprache vorzubereiten. Wir haben dafür Konzepte entwickelt und vorgelegt, auf die ich jetzt nicht im Detail eingehen möchte. Was richtig ist, Frau Kollegin Schopper: Wir brauchen natürlich die Altersmischung, wir brauchen natürlich die Öffnung der Kindergärten, dass Kinder unter drei Jahren in diese Einrichtung gehen können, dass aber in dieser Betreuungseinrichtung auch Kinder versorgt werden können, die sieben Jahre alt sind. Jeder vierte Kindergarten in Bayern nimmt im Übrigen bereits Unter-Dreijährige und Schulkinder auf. Deswegen meine
Zur Kostenfreiheit, die bisher nur das Saarland für ein Kindergartenjahr beschlossen hat, darf ich Folgendes sagen: Ich halte eine solche Forderung für populistisch. In Bayern beträgt der Elternbeitrag im Durchschnitt 70 e – wir liegen damit am günstigsten in ganz Deutschland. Es sollen zuerst einmal die SPD-regierten Bundesländer die Kostenfreiheit vormachen. Dann sehen wir weiter.
(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Frau Werner- Muggendorfer (SPD): Wenn Ihnen nichts Besseres einfällt!)
Im Übrigen: Wenn Sie permanent von stabilen Finanzen reden, dann sollte man auch einmal überlegen, ob es richtig ist, an dem Punkt anzusetzen, wo wir tragbare finanzielle Belastungen haben und der Staat, zusammen mit der kommunalen Familie, schon einen großen Beitrag einbringt. Ich habe eben die Summe noch einmal genannt und ich glaube schon, dass sie sich sehen lassen kann. So weit sind wir ja gar nicht auseinander, Frau Kollegin Werner-Muggendorfer. Der Bildungs- und Erziehungsplan wird kommen, darüber wird man reden, der wird auch von Fachleuten gemacht; Gott sei Dank sind da nicht nur Politiker beteiligt, sondern wir haben die Fachleute eingeschaltet, Frau Kollegin; nicht dass der Vorwurf kommt, es hätten nur Politiker daran gearbeitet.
Was die Ausbildung der Erzieherinnen angeht, gebe ich Ihnen, Herr Kollege Unterländer, Recht: Es wird in unseren Erziehungseinrichtungen exzellente Arbeit geleistet. Wir sollten heute einen Dank an die Erzieherinnen, an die Kinderpflegerinnen und all diejenigen, die in diesen Einrichtungen arbeiten, sagen. Das ist exzellente Arbeit. Herzlichen Dank dafür.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Schieder?
Herr Staatssekretär, wenn Sie so deutlich zwischen Fachleuten, also denen, die etwas davon verstehen – so wie ich Sie interpretiere – und den Politikern unterscheiden: Wozu zählen Sie denn die Ministerin und den Staatssekretär?
Ich danke für diese Bemerkung, ich kann Ihnen dann die Antwort noch mitgeben: Es ist zunächst einmal gut, dass man aus eigener Erfahrung reden kann.
Auch das, Herr Kollege Odenbach. Auch Staatssekretär und Ministerin haben Kinder. Wenn alle, die da mitreden, so viele hätten, wäre das in Ordnung. Wir haben auch eigene Lebenserfahrung.
Ich halte es nur für wichtig und richtig – um das noch einmal deutlich zu machen –, dass wir auch externen Sachverstand beiziehen. Ich habe aber den Eindruck, dass in der SPD und bei den GRÜNEN so viel Sachverstand vorhanden ist, dass man niemals jemanden von außen fragen muss. Deswegen machen Sie auch eine so schlechte Politik, weil Sie nicht nach draußen hören.
Ich meine, wir haben gemeinsam einen wichtigen Auftrag zu erfüllen. Wir sollten uns bei der Neukonzeption Zeit lassen, auch was die Fördersituation angeht, über die in diesen Tagen so vehement diskutiert wird. Die Modellversuche laufen bis Ende dieses Jahres, wir haben dann die Evaluation und dann werden wir wiederum die Fachleute von außen fragen. Liebe Frau Kollegin Steiger, Sie brauchen das nicht, Sie haben das alles so im Auge und deswegen können Sie das auch nicht. Dann werden wir 2005 – so wie es vorgesehen war – ein Gesamtkonzept auf den Weg bringen, das beispielhaft für ganz Deutschland sein wird.
Wir kommen zur Abstimmung, die in namentlicher Form durchgeführt wird. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.
Ich lasse zunächst über den Tagesordnungspunkt 8 – das ist der Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 14/10528 abstimmen. Der federführende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik empfiehlt die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Die Ja-Urne steht auf der Seite der SPD, die Nein-Urne steht auf der Seite der CSU und die Urne für die Enthaltungen auf dem Stenografentisch.
Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Das Ergebnis gebe ich später bekannt.