Auf der einen Seite beschwören Sie hier, fast mit Schaum vor dem Mund, das demokratische Recht der jungen Leute auf Demonstration. Wenn Sie dieses Recht
dann aber wahrnehmen, hauen Sie mit dem Knüppel drauf. Das ist in diesem Hause wirklich erwähnenswert.
Sie sollten sich an die Seite der Schülerinnen und Schüler stellen, wenn sie gegen Krieg demonstrieren, und nicht gegen sie.
Ich sage es noch einmal: Stellen Sie sich an die Seite der Schülerinnen und Schüler bei deren Protest gegen diesen völkerrechtswidrigen Krieg. Das wäre Ihre Aufgabe in diesem Hause, meine Damen und Herren von der CSU.
Sie werfen uns vor, wir würden die Schüler schelten. Einen solchen Unsinn habe ich überhaupt noch nicht gehört.
Wir unterstützen deren demokratische Rechte wirklich, während Sie das nur verbal in diesem Hause tun.
In staatlichen Schulen in Nürnberg gab es 80 Verweise, die Sie nicht zurücknehmen wollen; das ist der entscheidende Punkt.
Herr Staatssekretär, die entscheidende Frage ist: Sind Sie der Meinung, dass diese Verweise zurückgenommen werden müssen, oder nicht?
Das ganze Gequatsche hier am Tisch über das demokratische Recht der Schülerinnen und Schüler zu demonstrieren, führen Sie in diesem Hause ad absurdum.
Sie sollten den Schulleitern empfehlen, von Verweisen abzusehen; das wäre eine Stärkung der demokratischen Rechte der Schüler. Sie sollten nicht einfach alles akzeptieren, was draußen gemacht wird. Wissen Sie überhaupt, dass die Schuldirektoren die Polizei geholt haben,
Wäre es denn nicht besser, diesen Unsinn zu beenden, anstatt mit blumigen Worten das demokratische Recht auf Demonstrationen zu verteidigen? – Sie bieten hier ein jämmerliches Bild, wenn es darum geht, junge Leute in ihrem Demonstrationsrecht zu unterstützen.
Offensichtlich haben Sie dabei volle Unterstützung in diesem Hause. Das ist noch schlimmer, meine Damen und Herren.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung, die in namentlicher Form erfolgen soll. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt: die Ja-Urne auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion, die Urne für Stimmenthaltungen auf dem Stenografentisch. Mit der Abstimmung kann begonnen werden. Dafür stehen fünf Minuten zur Verfügung.
Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Das Ergebnis gebe ich später bekannt.
Wir fahren in der Tagesordnung fort. Mir wurde mitgeteilt, dass in Absprache der Fraktionen die Tagesordnungspunkte 11 bis 20 auf die nächste Plenarsitzung verschoben werden. Ich rufe deshalb auf:
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Umweltausschuss und auch im Kommunalausschuss mehren sich die Beschwerden darüber und die Petitionen dazu, dass in Sachen Abwasser Landtagsbeschlüsse, insbesondere aus dem Jahr 1996, aber auch aus vorhergehenden Perioden, nicht realisiert und von den Wasserwirtschaftsbehörden bei der Genehmigung von Abwasserbeseitigungsanlagen bzw. Abwasserreinigungsanlagen nicht hinreichend berücksichtigt werden. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt, der fordert, dass endlich Beschlüsse im Abwasserbereich vollzogen werden. Die Wasserwirt
schaftsbehörden sind oft Verbündete der Landratsämter als Genehmigungsbehörden und weigern sich, entsprechende Beschlüsse zu vollziehen.
Das kann man auch daran sehen, dass es in Bayern immer noch beschämend wenige Kläranlagen in kommunaler Zuständigkeit gibt, die das Wasser mit Hilfe von natürlichen Vorgängen – Wurzelraumverfahren, Pflanzenkläranlagen – reinigen. Es reichen die zehn Finger unserer beiden Hände aus, um diese Kläranlagen in kommunaler Trägerschaft in Bayern zu zählen.
Mittlerweile gibt es Bürgerbegehren und sogar einen Bürgerentscheid in Sulzdorf an der Lederhecke im Landkreis Rhön-Grabfeld, wo sich die Bevölkerung im Rahmen der Bundestagswahl für eine dezentrale und natürliche Abwasserreinigung eingesetzt hat.
Es gab auch eine Petition im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit, die der Staatsregierung mit verschiedenen Auflagen einstimmig zur Würdigung überwiesen worden ist. Darin steht, dass, wie gesetzlich vorgesehen, alle ein Jahr lang an den Bürgerentscheid gebunden sind und dass die Genehmigungs- und Fachbehörden gehalten sind, die Gemeinde bei ihrem Plan zu unterstützen, eine natürliche Kläranlage zu errichten.
Vor einigen Tagen wurde mit dem Bau begonnen. Aber kaum hatte man mit den Vorbereitungsarbeiten angefangen, kam die Polizei, die vom Landratsamt geschickt worden war, und die Bauarbeiten mussten eingestellt werden. So gehen die bayerischen Behörden mit Beschlüssen des Bayerischen Landtags um. So wird mit einem Bürgerentscheid in Oberessfeld im Landkreis Rhön-Grabfeld umgegangen. Ich halte das für einen Skandal.
Es wird gesagt, es liege keine Baugenehmigung für die Gesamtanlage vor. Dabei wurde nur mit den Vorarbeiten begonnen. Man hat den Eindruck, ja geradezu die Gewissheit, dass auf Zeit gesetzt wird, bis das Jahr der Bindungsfrist des Bürgerentscheids abgelaufen ist. Ein halbes Jahr ist bereits um. Die Gemeinde hat sich das nicht gefallen lassen und eine renommierte Anwaltskanzlei aus Würzburg eingeschaltet. Sie kennen Herrn Baumann, dessen Vater lange Jahre Mitglied der CSULandtagsfraktion war; aber dies nur nebenbei.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich meine, so kann es nicht weitergehen. Wir können uns doch als Gesetzgeber nicht von den Behörden auf der Nase herumtanzen lassen, wenn es um den Vollzug von Landtagsbeschlüssen geht!
Als Oppositionspolitiker stehe ich hier nicht allein. Auch Ihr Fraktionsvorsitzender Alois Glück hat schon in den Neunzigerjahren im „Münchner Merkur“ darüber geklagt, dass die Behörden den Landtag ausbremsen würden. Sie bremsen tatsächlich diesen Landtag aus. Auch Herr Kollege Walter Hofmann hat sich darüber schon beschwert.
Ein untrügliches Zeichen für Ihr schlechtes Gewissen bei der Ablehnung unseres Antrags, dass Landtagsbeschlüsse endlich umgesetzt werden sollen, ist, dass sich vier Mitglieder der CSU-Fraktion im Kommunalausschuss der Stimme enthalten haben. Ich bin jetzt seit fünf Jahren in diesem Ausschuss, aber dass sich gleich vier Mitglieder der CSU bei einem SPD-Antrag der Stimme enthalten haben, habe ich noch nicht erlebt.
Wie gesagt, ich denke, wir können uns das nicht länger bieten lassen. Wenn die Behörden sich beim Vollzug von Landtagsbeschlüssen querstellen, muss endlich die politische Spitze des zuständigen Ministeriums tätig werden und dafür sorgen, dass diese Praxis eine andere wird.
Von Staatsminister Dr. Schnappauf kann man das aber wohl nicht verlangen, weil er in seinem eigenen Haus und in seiner eigenen Fraktion umstritten ist. Damit wird seine Schwäche deutlich. Ich will gar nicht darauf hinweisen, dass er nicht Mitglied dieses Landtags ist. Sie wissen das so gut wie ich. Es wird jedenfalls Zeit, dass eine andere Praxis greift und dass die Beschlüsse des Landtags nicht nur ernst genommen, sondern endlich auch umgesetzt werden. Die Zeit ist nicht nur reif, sie ist überreif. Appellieren Sie selbst bei Fraktionssitzungen an Ihren Staatsminister Dr. Schnappauf. Nehmen Sie ihn als CSU-Mehrheitsfraktion in die Pflicht, wenn er selbst nicht in der Lage ist, Landtagsbeschlüsse umzusetzen.
Als 1998 die Zuständigkeit für Wasser und Abwasser vom Innenministerium auf das Umweltministerium übergegangen ist, hat man gedacht, dass den natürlichen Maßnahmen – Schilfkläranlagen, Wurzelraumkläranlagen – endlich mehr Gewicht beigemessen wird. Nein, man hätte es sich denken können: Nichts ist passiert. Auch daran wird deutlich, dass Ihr Minister Dr. Schnappauf ein schwacher Mann ist, der noch nicht einmal sein eigenes Haus im Griff hat.