Sie reden über Schneekanonen, den Flächenverbrauch und all die Dinge, die auch wichtig sind und Umweltherausforderungen darstellen. Das ist keine Frage. Das aber in Verbindung mit den letzten Hochwassern zu bringen – Sommerhochwasser 2002 und Winterhochwasser 1999 – zeugt davon, dass Sie keine Ahnung haben, weil diese Hochwasser nicht wegen des Flächenverbrauchs oder wegen der Versiegelung hervorgerufen worden sind, sondern der Boden war durch die vorhergehenden Niederschläge versiegelt, und die darauf folgenden Regenfälle haben zu einem rasanten Abfluss geführt und die Hochwasser herbeigeführt. Wenn Sie sich äußern, müssten Sie sich vorher sachkundig machen.
Ich möchte Ihnen eine kleine Empfehlung mitgeben, Frau Paulig, Herr Wörner und Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Alles, was ich bisher aus Berlin gehört habe – bis hin zu der schönen Flusskonferenz eine Woche vor der Bundestagswahl – waren wunderbare Formulierungen: 5 Punkte für den Hochwasserschutz, Uferräume freihalten, den Flüssen wieder mehr Raum geben und so weiter. Das sind schöne Formulierungen, die jeder von uns unterschreiben kann. Aber, liebe Frau Paulig – Sie sollten nicht fluchtartig den Saal verlassen –, Sie werden morgen vermutlich an der Informationsreise des Umweltausschusses nach Schwaben teilnehmen und sich dort über das große Hochwasserschutzprojekt „Seifener Becken“ an der Iller informieren.
All die schlauen Sprüche, die wir aus Berlin und von der Opposition in München ständig hören, bewegen weder beim vorbeugenden noch beim technischen Hochwasserschutz irgendetwas. Für den Hochwasserschutz braucht man Geld. Ich kann mich nur erinnern, dass die Opposition in Bayern jeden Haushalt ablehnt, und aus Berlin kommt kein müder Euro für den Hochwasserschutz in den Ländern.
Ich möchte noch einmal das festhalten, was Sie, Herr Gartzke, gesagt haben. Sie haben erklärt, der Hochwasserschutz sei unstreitig Länderaufgabe. Das will ich gerne festhalten, weil Ihre Genossen in Berlin momentan daran arbeiten, sich den Hochwasserschutz „einzuverleiben“. Es läuft wieder einmal die Masche: Wir machen nur ein Umweltgesetzbuch, wenn wir die Kompetenz für das Wasser, einschließlich den Hochwasserschutz bekommen. Bayern hat erklärt, dass die Länder näher an den Aufgaben und an den Menschen sind, egal, ob das die Trinkwasserversorgung oder den Hochwasserschutz betrifft.
Auch hier gilt: Wer zahlt, schafft an. Solange Sie nur Forderungen stellen und Deklamationen abgeben, so lange haben Sie jedes Recht verloren, beim Hochwasserschutz mitzureden. Wir finanzieren ihn und machen ihn auch.
Herr Minister, Sie haben Herrn Kollegen Gartzke missverstanden. Er hat sich nicht von der Flurbereinigung distanziert. Er wollte nur nicht als „Mister Flurbereinigung“ tituliert werden. Im Übrigen hat er sich sehr deutlich für die Flurbereinigung ausgesprochen.
Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen empfiehlt die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Entschädigung und finanzielle Hilfen nach Hochwasser- und Starkregenereignissen I; Elementarschadensversicherung (Drucksache 14/11385)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Jeder Fraktion stehen maximal 20 Minuten zur Verfügung. Als erster Redner hat Herr Kollege Döbler das Wort.
Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit 25 Jahren hat die SPD-Fraktion in allen Legislaturperioden Anträge zur Einführung der Pflicht-Elementarschadensversicherung gestellt. In dieser Zeit haben wir auch immer wieder Anträge zu Anhörungen und Berichtsanträge zum Versicherungswesen gestellt. Die CSU-Fraktion hat diese stets rigoros abgelehnt – rigoros. Es hat sich herausgestellt, dass die privatversicherungswirtschaftliche Variante, mit der Sie hofften, das Problem in den Griff zu kriegen, nicht taugt. Wir brauchen ein Solidarsystem.
Wieso taugt es nicht? – Selbst nach den einschneidenden Hochwassern 1999 und 2001 ist die Quote der Privatversicherten nicht entscheidend nach oben geschnellt. Der Versicherungsgrad beträgt 8%. Mitte der Neunzigerjahre waren gerade einmal 1% der Betroffenen versichert. Sie lassen die Leute mit dem Problem alleine, wenn Sie sich weiter weigern, die Pflicht-Elementarschadensversicherung einzuführen.
Beide Redner meiner Fraktion haben bereits dargestellt, dass Sie sich auch weigern einzugreifen, wenn Kommunen in hochwassergefährdeten Gebieten Bebauungspläne erstellen und die Leute bauen lassen. Die Leute müssten eine Privatversicherung abschließen, deren Konditionen fast unbezahlbar sind bei geringem Versicherungsschutz.
Die Pflicht-Elementarschadensversicherung ist absolut notwendig. Wir sind froh, dass Sie sich endlich entschlossen haben, in diese Richtung zu gehen und einen Antrag einzureichen. Vielleicht ist das die Kehrtwende.
Wir begrüßen das außerordentlich. Allerdings kommt die Versicherung, wenn sie kommen sollte – dieser Antrag wird das noch nicht bewirken – für viele Opfer zu spät. Wir werden genau darauf achten müssen, ob dem Antrag der CSU ein entsprechendes Verhalten im Bundesrat folgen wird.
Wenn Sie den Berichtsanträgen zugestimmt hätten, wenn wir Anhörungen gemacht hätten, könnten wir heute über die genaue Ausgestaltung der Versicherung reden. Es gibt hierzu genügend Modelle in der Schweiz und in Frankreich. Kollege Memmel hat in der Ausschusssitzung einen eigenen Vorschlag zur Grundsteuer vorgeschlagen, um das normale Versicherungssystem zu verlassen und einen Solidarbeitrag zu erheben. Es gibt also genügend Ideen, über die wir heute aber nicht
diskutieren. Wieso? – Weil Sie es bisher immer abgelehnt haben, dieses Thema inhaltlich zu behandeln. Das ist das Problem, und deshalb verzögert sich die Einführung dieser Versicherung erneut. Möglicherweise sogar um Jahre.
Wie ernsthaft Ihr Antrag ist, kann man vielleicht auch an den Äußerungen der CSU-Mitglieder in den Ausschüssen erkennen. Was soll man beispielsweise davon halten, wenn Kollege Ettengruber beispielsweise sagt, man müsse sich mit dem Thema und seinen verschiedenen Aspekten in den kommenden Jahren befassen? Das ist beispielhaft für die Äußerungen, die in den Ausschüssen fielen. Man hat also anscheinend noch Jahre Zeit, bis man diese Versicherungen einführt. Den Opfern und den Betroffenen wird dieses Verhalten nicht gerecht, denn sie drückt die Zeit. Ich hoffe deshalb, es wird jetzt etwas schneller gehandelt.
Wenn Gespräche geführt worden wären – die SPD hat das getan und am 29. November des vergangenen Jahres eine Anhörung durchgeführt –, dann hätten Sie hören können, dass die Versicherer wollen, dass auch auf Landesebene auf die Bebauungspläne Einfluss genommen wird. Man darf es den Kommunen nicht überlassen, dass weiterhin in Risikogebieten gebaut wird.
Mit der Versicherungswirtschaft werden Sie Probleme bekommen, wenn Sie sich auf diesem Gebiet nicht bewegen.
In Ihrem Antrag wollen Sie das Problem ohne finanzielle Beteiligung des Staates gelöst haben. Auch hierin sehe ich ein Problem. Mit dieser ausschließlichen Bedingung wird es sicherlich Schwierigkeiten bei den Verhandlungen geben, auch wenn es natürlich sinnvoll ist, darauf zu achten, dass für die Länder keine hohen finanziellen Risiken entstehen.
Wir begrüßen, dass die Regelung jetzt auf Landesebene eingeführt werden kann, und dass man im Bund darauf hinwirkt, den Ländern das Recht zu geben, ein Gesetz zu machen. Unser Antrag ist auch in dieser Richtung zielführend. Gleichzeitig zeigt er das Problem der Bebauungspläne auf und beschreibt ein Gesamtkonzept. Genau dies wird von der Versicherungswirtschaft gefordert. Wir haben bei der Anhörung im November in Herrn Dr. Wolfgang Kron, Fachgebietsleiter Hydrologischer Risiken von der Münchner Rückversicherungsgesellschaft einen kompetenten Ansprechpartner vor Ort gehabt, der uns in dieser Haltung bestätigte. Das ist in unseren Antrag eingeflossen.
Ich hoffe, dass Sie mit uns an diesem Thema kooperativ weiterarbeiten. Wir werden Sie jedenfalls unterstützen. Nachdem Sie den Föderalismus immer hochhalten, können Sie jetzt das Instrument einer Bundesratsinitiative in Anspruch nehmen. Darin werden wir Sie bestärken und diesen Weg mitgehen. Wir werden alles tun, damit es auf Bundesebene zu einer Regelung kommt. Ich hoffe, in Zukunft können wir Anhörungen und Berichte hierzu erleben. Ich wünsche mir, dass das Thema in Zukunft im
Landtag nicht mehr abgelehnt wird. Ich wünsche mir dies für die Versicherten, für die zukünftig Versicherten, für die Betroffenen und für die Opfer. Sie haben es nicht verdient, dass man hier weiterhin auf Zeit spielt und politisch taktische Spielchen betreibt.
Dann aber ran. Nachdem wir gerade eine Jungfernrede gehört haben, hätten Sie jetzt eine Premiere geben können, indem Sie auf Ihre Rede verzichten.
Nach der eben gehörten Premiere gibt es von mir keine zweite. Vielleicht erleben wir es ein anderes Mal, Herr Präsident, dass ich verzichte.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie in den Ausschüssen werden wir auch im Plenum den Anträgen zur Einführung einer Zwangs-Elementarschadensversicherung, genauer zur Schaffung der Grundlagen für diese Versicherung, nicht zustimmen. Die Anträge haben, das ist bereits angeklungen, eine spannende Vorgeschichte. Korrespondierend mit Hochwasserereignissen und der Regulierung der dabei entstandenen Schäden gab es im Landtag immer wieder Vorstöße und Diskussionen zur Schaffung einer solchen Elementarschadensversicherung.
Ich bekenne, es gab Zeiten, das ist allerdings schon sehr lange her, in der die grüne Landtagsfraktion die Einführung einer solchen Elementarschadensversicherung forderte und beantragte. Später war es dann nur noch ein einzelner Kollege, der aber nicht die Mehrheitsmeinung unserer Fraktion vertrat. Aber jedesmal wurden die Vorstöße, die von der SPD-Fraktion oder von den GRÜNEN kamen, von der CSU und der Staatsregierung niedergebügelt. Ich erinnere mich gerade daran, was Herr Minister Schnappauf gerade sagte: „Guten Morgen, Herr Gartzke! Guten Morgen, Herr Wörner! Guten Morgen, Frau Paulig!“. Jetzt könnte man das an Sie zurückgeben. Sie haben in diesem Fall wesentlich länger geschlafen, falls man vorhin überhaupt hätte behaupten können, dass geschlafen wurde. Das war nicht der Fall. Beim Antrag der SPD-Fraktion ging es um ein Fünf-PunkteProgramm und darum, dass sie in Bayern endlich gelebt werden. Bislang ist das nämlich nicht der Fall. Jetzt aber könnte die SPD-Fraktion sagen: „Guten Morgen, liebe CSU-Fraktion!“.
Nein, Herr Haedke, zu uns kann sie das nicht sagen, weil wir anderer Meinung sind. Sie können es in den Protokollen zur Diskussion dieser Pflicht-Elementarschadensversicherung gerne nachlesen. Im Protokoll vom Juni 1996, also zu Zeiten, als wir nach meiner Erinnerung eine Bundesregierung hatten, die aus der CDU, der CSU und der FDP bestand, kann man lesen, dass die
Einführung dieser Versicherung aufgrund der EU-Verträge nicht möglich sei. Das bedeutet, damals hat man das Untätig sein auf die böse Europäische Union geschoben. Jetzt haben wir bekanntermaßen eine andere Bundesregierung. Was liest man jetzt im CSUAntrag? – Jetzt heißt es, eine rechtlich tragfähige Lösung ist nur auf Bundesebene möglich. Sie jonglieren also immer so, wie Sie es gerade brauchen.
Der weitergehende Antrag, so ich die beiden Anträge richtig interpretiere, ist der Antrag der SPD-Fraktion auch in seiner geänderten Form. Dort heißt es: Die Staatsregierung wird aufgefordert, Sorge zu tragen, dass über eine bundeseinheitliche Regelung auch in Bayern eine verpflichtende Elementarschadensversicherung eingeführt wird. Der CSU-Antrag ist wesentlich kryptischer. Erst wird festgestellt, nur auf Bundesebene könne man die Grundlagen schaffen. Dann heißt es, nachdem mehr Schadensereignisse registriert werden, muss eine Pflicht-Elementarschadens-versicherung geschaffen werden. Dann aber lesen wir in dem Text, dass dies nur für alle Hochwasserzonen gelten soll. Ich bin bereits auf die Abgrenzungen gespannt.
Wir, das wiederhole ich hier noch einmal, sind mit einer solchen zwingenden Pflicht-Elementarschadensversicherung nicht einverstanden. Zum einen, weil wir vonseiten der Staatsregierung und der CSU immer wieder das Argument hören, den Bürgerinnen und Bürgern könne man keine weitere Belastung zumuten. Hier aber kommt die Forderung nach einer weiteren Zwangsabgabe.
Wir befürchten außerdem, dass bei einer solchen Kollektivversicherung mit Baugenehmigungen und Baulandausweisungen noch schludriger umgegangen wird, als dies bisher schon der Fall war. Man würde also in die Retentionsflächen, in die Überschwemmungsgebiete, in die vom Hochwasser gefährdeten Gebiete bauen. Auch wenn Sie den Kopf schütteln, diese Erfahrung haben wir gemacht und wir machen sie schon länger. Es droht dann auch, dass man im Einzelfall weniger tut. Es gäbe dann beispielsweise weniger wasserdichte Wannen, wo sie eigentlich notwendig wären.
In der Diskussion in den Ausschüssen wurde immer der Vergleich mit der Gebäudebrandversicherung angeführt. Hierzu gibt es aber einen elementaren Unterschied. Ein Brand kann jeden Hausbesitzer treffen, Schäden durch Hochwasser, Überschwemmungen, Muren oder Lawinenabgänge aber nicht. Eher wäre das noch bei Sturmschäden der Fall. Die Versicherung letzterer dürfte in der Prämienhöhe aber keinen großen Anteil haben. Wir halten die Einführung einer Zwangsversicherung nicht für zielführend.